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Ukraine-Friedenskonferenz: Das ist der Luxus-Tagungsort

Ab 15. Juni treffen sich bis zu 160 Regierungschefs in der Schweiz, um über die Zukunft der Ukraine zu reden. Das geschichtsträchtige Hotel, wer kommen soll, wer aus Österreich dabei ist.

Blick auf den Tagungsort, das Schweizer Luxushotel Bürgenstock bei Luzern am Vierwaldstättersee
Blick auf den Tagungsort, das Schweizer Luxushotel Bürgenstock bei Luzern am Vierwaldstättersee
Bürgenstock Hotel AG
Christian Nusser
Akt. Uhr
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Es war der zweite Anlauf für den ersten Anlauf. Am 23. Jänner hätte Viola Amherd ihren österreichischen Amtskollegen Alexander Van der Bellen besuchen sollen, so ist das Tradition. Die erste Reise eines Schweizer Staatsoberhaupts ist immer für Österreich reserviert. Amherd ist seit 1. Jänner im Amt, in der Schweiz wird der Bundespräsident (oder die Bundespräsidentin) jeweils im Dezember von der Bundesversammlung aus dem Kreis der Bundesräte gewählt, und das für ein Jahr. Amherd aber wurde krank, sie verschob.

Also reiste sie am 9. April nach Wien und sie kam nicht einfach so, sondern sie hatte Alexander Van der Bellen auch etwas zu erzählen. Tags darauf wurde offiziell: Die Schweiz wird eine Friedenskonferenz für die Ukraine abhalten, auf Wunsch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Rund ein Monat lang liefen die Vorbereitungen, nun werden die Delegation der Ländern eingeladen, auch Österreich. Das müssen Sie über die Friedenskonferenz wissen:

Wann findet die Konferenz statt?
Am 15. und 16. Juni 2024.

Wo wird konferiert?
Auf dem Bürgenstock, exakt im "Bürgenstock Resort Lake Lucerne" mit Blick auf den Vierwaldstätter See, den Luzerner Hausberg Pilatus (2.128 Meter) und mit etwas Wetterglück auf das Jungfraumassiv (4.158 Meter). Der Hotelkomplex liegt acht Kilometer Luftlinie von Luzern entfernt.

Die neue Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd war im April zu Gast bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen
Die neue Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd war im April zu Gast bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen
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Wer wird zur Konferenz eingeladen?
Angesprochen wird die "Executive-Ebene", also Regierungschefs. Über 160 Delegationen werden eingeladen. Darunter Mitglieder der G7, der G20, der Brics-Staaten, zahlreiche weitere Länder aus allen Kontinenten sowie die EU, drei internationale Organisationen (UNO, OSZE und Europarat) und zwei religiöse Vertreter (Vatikan und der Patriarch von Konstantinopel).

Wer lädt ein?
Offiziell die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd, die Abwicklung obliegt aber dem Außenministerium, das in der Schweiz etwas eleganter "Aussendepartement" (EDA) heißt.

Wie wird Österreich eingeladen?
Am Donnerstag wurde offiziell mit der Verschickung der Einladungen begonnen, es handelt sich um einen diplomatischen Prozess, er erstreckt sich über mehrere Tage. Am Montag wurden der ukrainische und der Schweizer Botschafter im Kanzleramt in Wien vorstellig und übergaben die offizielle Einladung.

Wer fährt für Österreich hin?
Mutmaßlich Bundeskanzler Karl Nehammer. Es handelt sich um das Wochenende nach der EU-Wahl. Die Einladung ist aber vage gehalten. Es kann also auch der Außenminister geschickt werden.

    Blick auf das Schweizer Luxushotel "Bürgenstock" bei Luzern am Vierwaldstättersee
    Blick auf das Schweizer Luxushotel "Bürgenstock" bei Luzern am Vierwaldstättersee
    Bürgenstock Hotel AG
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    Was weiß man über den Tagungsort?
    Es ist vor allem eine riesige Anlage auf 60 Hektar (rund 84 Fußballfelder) aus zwei Luxushotels, errichtet ab 1873, mehrfach renoviert. Der Komplex wirkt wie ein Kreuzfahrtschiff, hat zehn Restaurants und Bars, zwei Spas, 30 Veranstaltungsräume, Platz für 600 Gäste. Das klassische Palace Hotel wurde 1903 gebaut, vor wenigen Jahren renoviert, verfügt über 109 Zimmer (bis 120 Quadratmeter). Das neu errichtete "Bürgenstock Hotel & Alpine Spa" hat 102 Zimmer und Suiten, die größte misst 678 Quadratmeter. Für Schwindelfreie gibt es einen Aussichtsturm in 1.132 Metern Höhe.

    Was kosten die Zimmer?
    Unter 1.000 Euro die Nacht geht fast nichts. Ein klassisches Zimmer mit Blick auf den Vierwaldstättersee gibt es für 1.600 Euro, alles noch ohne Steuer und Gebühren.

    Wem gehört die Anlage?
    Bis 2008 übernahmen schrittweise Investoren aus dem Emirat Katar die Eigentümerschaft. Seit 2012 ist die Katara Hospitality Switzerland AG Betreiber.

    Warum sind die Hotels am Bürgenstock bekannt?
    Weil sie im Lauf ihrer Geschichte viel Glamour hatten. Politiker von Konrad Adenauer abwärts verbrachten hier ihre Sommerfrische, Jimmy Carter und Henry Kissinger nächtigen vor Ort. Der indische Ministerpräsident Nehru Jawaharlal Pandit stieg mit seiner Tochter Indira Gandhi ab, traf 1953 auch Österreichs Außenminister Karl Gruber. Audrey Hepburn und Mel Ferrer heirateten 1954 in der Kapelle auf dem Hügel. Sophia Loren und ihr Mann Carlo Ponti lebten sieben Jahre in einem Chalet – aus pragmatischen Gründen, Ponti war frisch geschieden, Scheidungen in Italien aber nicht erlaubt, er galt also in seiner Heimat als Bigamist, berichtet die "NZZ". "James Bond" Sean Connery schlief eine Nacht hier, als er "Goldfinger" drehte.

    Wie kann man anreisen?
    Mit so gut wie allem. Es gibt einen Hubschrauber-Landeplatz auf der Anlage, der frühere Militärflugplatz Buochs liegt in der Nähe und kann für Privatflugzeuge genutzt werden. Eine eigene Schrägseilbahn führt auf den Bürgenstock, der Zug fährt von der Unterseite direkt in die Hotelanlage ein.

    Warum wurde das Resort ausgewählt?
    Wegen der Größe, vor allem aber aus Sicherheitsgründen. Die Lage ist abgeschieden, liegt auf einer Anhöhe, die Zufahrtswege lassen sich gut kontrollieren.

      Tradition am Korrespondenten-Dinner: Man lacht über sich und über andere
      Tradition am Korrespondenten-Dinner: Man lacht über sich und über andere
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      Wer kommt von den großen Nationen?
      Darüber herrscht noch immer ein großes diplomatisches Ringen geben. US-Präsident Joe Biden dürfte sich die hochkarätige Konferenz nicht entgehen lassen, aber es gibt noch keine verbindliche Zusage. Allerdings: Unmittelbar vor der geplanten Konferenz findet in Italien das Gipfeltreffen der G-7 statt. Da ist Biden fix dabei. Die Einladung lässt, wie gesagt auch dazu, dass Länder "nur Außenminister oder Diplomaten entsenden.

      Was ist mit China?
      Das wird spannend. Peking hatte zuletzt die Nähe zu Russland gesucht (oder umgekehrt). An der Reaktion auf die Einladung und vor allem ob und wer aus Peking kommt, wird sich die Orientierung der Weltmacht für die nächste Zeit ablesen lassen. China favorisiert eine Friedenskonferenz unter Beteiligung Russlands.

      Chinas Xi Jinping (hier beim Bäumepflanzen im Tongzhou District in Peking) gilt als Schlüsselfigur der Konferenz
      Chinas Xi Jinping (hier beim Bäumepflanzen im Tongzhou District in Peking) gilt als Schlüsselfigur der Konferenz
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      Wird Russland eingeladen?
      Nein, nach aktuellem Stand. Die Schweiz hätte das gerne gehabt, konnte sich aber nicht durchsetzen. Sinn der Konferenz ist es unter anderem, einen "konkreten Fahrplan für die Beteiligung Russlands am Friedensprozess" zu erarbeiten. Heißt: Die Teilnehmerländer sollen sich darauf verständigen, wie mit Putin verhandelt werden soll und unter welchen Bedingungen. Schlüsselstaaten wie Indien, Südafrika, Brasilien oder Saudi-Arabien betreiben eine völlig andere Russland-Politik als etwa Europa.

      Wie soll es Frieden ohne Russland geben?
      Gar nicht, das ist allen Beteiligten klar. Es werde nach der Konferenz eine Kommunikation mit Russland geben, und Moskau könne an Verhandlungen beteiligt werden, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba der US-Zeitschrift "Foreign Policy". Natürlich sei es so, dass man den Krieg nicht ohne Beteiligung beider Seiten beenden könne.

      Worum geht es eigentlich?
      Einmal um Geld, mit dem der Wiederaufbau der Ukraine finanziert werden soll. Die Schweiz will sich bis 2026 mit rund fünf Milliarden Euro beteiligen. Aber die Hilfe ist umstritten. In der Schweiz gibt es eine Schuldenbremse, sie wurde per Volksabstimmung 2001 paktiert, steht im Verfassungsrang. Die Schweiz hat eine sehr moderate Schuldenquote von nur 30 Prozent (Österreich 77,8 Prozent). Nun soll für die Ukraine Geld umgeschichtet werden, das heißt Hilfsgelder für andere Länder werden zurückgefahren.

      Geht es auch um einen Friedensplan?
      Jein, die Konferenz war ja eine Idee der Ukraine. Sie verfolgt seit September 2022 einen 10-Punkte-Plan, genannt "Friedensformel". Gefordert werden unter anderem die Einstellung der Kampfhandlungen, kompletter Rückzug der Russen, Wiedergutmachung, Bestrafung der Verantwortlichen. Das wäre in diesem Teilnehmerkreis nicht durchsetzbar. Also geht es "nur" um nukleare Sicherheit, humanitäre Maßnahmen wie die Rückführung von verschleppten Kindern und die Sicherheit von Nahrungsmitteltransporten.

      Was ist dann die Hoffnung?
      Zweierlei: Dass aus der Konferenz eine Dynamik erwächst. Und dass das geplante Gruppenfoto der Regierungschefs ein Signal in die Welt trägt: Wir wollen Friedensverhandlungen.

      Was kostet der Wiederaufbau der Ukraine?
      450 Milliarden Euro, nach Schätzung der Weltbank.

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