Wetter-kapriolen

Saharastaub, 30 Grad: Das müssen Sie übers Wetter jetzt wissen

Ist der Staub giftig, wann kommt die Wolke zu uns und warum ist es am Wochenende so warm? Eine Experten-Einordnung des "Hochsommers im Frühling".

Wien am 30. März 2024, vom Leopoldsberg aus gesehen: Gelber Staub aus der Sahara färbt den Himmel, die Temperaturen steigen bis knapp unter 30 Grad.
Wien am 30. März 2024, vom Leopoldsberg aus gesehen: Gelber Staub aus der Sahara färbt den Himmel, die Temperaturen steigen bis knapp unter 30 Grad.
Max Slovencik / picturedesk.com
Newsflix Redaktion
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Das zweite Wochenende in Folge lässt sich der noch junge Frühling an, Hochsommer zu spielen. Mit Temperaturen bis zu 30 Grad und einer weiteren Ladung Saharastaub, die sich von Westen nähert und den Himmel über halb Europa wieder gelbrot färben wird. Der Ausnahmezustand am Himmel führt auch zu einem Ausnahmezustand bei Mensch und Umwelt: Pflanzen sprießen, als gäbe es kein Morgen, die Böden gieren nach Feuchtigkeit, die Tiere verstehen die Welt nicht mehr. Was das für uns heißt:

Was das mit der Gesundheit macht

Wetterfühlige und Menschen mit einem schwachen Herz-Kreislauf-System sollten sich möglichst schonen. Allergiker leiden, weil die Natur angesichts der Temperaturen alles an Pollen rauswirft, was geht. Menschen mit Atemwegserkrankungen fürchten sich vor dem vielen Feinstaub in der Luft.

Warum die Wüstenluft "nicht hierher gehört"

Der deutsche Meteorologe Özden Terli erklärte in der deutschen "Zeit", was von der gegenwärtigen Wettersituation mit Temperaturen bis zu 30 Grad und zigtausend Tonnen Saharastaub in der Luft zu halten ist: "Die Großwetterlage ist schon eher ungewöhnlich", so Terli. "Es herrscht eine starke Zufuhr von Luftmassen aus Nordafrika. Die sind extrem warm – und diese Wüstenluft gehört hier gar nicht her. Man kann sich das wie einen Sog vorstellen: Ein starkes Tiefdruckgebiet über dem Atlantik saugt diese warme Luft, inklusive Saharasand, an. Diese Wetterlage ist eigentlich typisch für den Sommer."

Wieso das historisch ist

Der Meteorologe hütet sich zwar davor, allein dem Klimawandel die Schuld an der momentanen Hitzewelle zu geben, findet aber im Gespräch mit der "Zeit" dennoch klare Worte: "Grundsätzlich leben wir in einem wärmeren Klima, und das geht auch nicht mehr weg. Man muss sich vorstellen: Vor etwas mehr als zwei Wochen war erst Frühlingsanfang. Und jetzt erwarten wir in Mitteleuropa 25 Grad Celsius und mehr. Das ist Sommer! Würden an diesem Wochenende irgendwo wirklich die 30 Grad erreicht, wäre es ein historischer Hitzetag. Was derzeit passiert, ist ein Extremwetterereignis, das derzeit viele Experten besorgt."

Gab es Saharastaub nicht auch früher?

Zusätzlich zu den für die Jahreszeit untypisch hohen Temperaturen, sind das zweite Wochenende in Folge auch wieder massive Beeinträchtigungen durch Saharastaub in der Luft über Mitteleuropa zu erwarten. Das kam auch bisher schon vor, wie Bilder aus ganz Europa aus den letzten Jahren zeigen, aber die Häufung ist ungewöhnlich.

    Aussichtsterrasse oberhalb von Lyon am 6 Februar 2021.
    Aussichtsterrasse oberhalb von Lyon am 6 Februar 2021.
    KONRAD K. / Action Press/Sipa / picturedesk.com
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    Was jedoch sehr wohl außergewöhnlich ist, ist die Frequenz, mit der diese Ereignisse derzeit stattfinden. Dass zwei Wochen in Folge so riesige Massen an Saharastaub in Bewegung sind, überrascht auch viele Experten. Für Newsflix analysiert der Meteorologe und Luftschadstoffexperte Marcus Hirtl von "GeoSphere Austria", der ehemaligen ZAMG, die Saharastaubwolke. Marcus Hirtl über …

    Wann mit dem Saharastaub zu rechnen ist

    "Seit Freitag breitet sich die Saharastaubwolke über Westeuropa aus, das hat in Portugal und Spanien begonnen und erreicht im Laufe des Samstags Frankreich und wird dann weiter Richtung Norden und Osten ziehen. Der Rand dieser Saharastaubwolke wird am Sonntag auch den Westen Österreichs erreichen, also Vorarlberg, Tirol und eventuell Salzburg. Es ist nicht auszuschließen, dass die Wolke am Dienstag auch bis nach Ostösterreich kommt, aber so weit gehen unsere Wettermodelle nicht."

    Wie stark der Saharastaub die Menschen beeinträchtigen wird

    "Das kommt darauf an, in welcher Höhe dieser Saharastaub Österreich erreicht. Oft ist es so, dass diese Staubpartikel sich auf einer Höhe von etwa fünf Kilometern aufhalten, dann ist der Himmel ein bisschen getrübt und bei einem bestimmten Sonnenstand ist eine gelbliche Färbung des Himmels zu beobachten. Aber es kann auch passieren, wie am vergangenen Wochenende, dass der Sandstaub sich in niedrigeren Schichten befindet und dass man auch durchaus mit Sichteinschränkungen am Boden zu rechnen hat. Das sieht man dann zum Beispiel in Tallagen, wenn der Blick so getrübt ist, dass man keine gute Fernsicht mehr hat. In höheren Lagen kann sich dieser Saharastaub am Schnee absetzen, das färbt sich der orange-gelb. Wenn es Niederschlag gibt, wäscht dieser den Staub aus der Atmosphäre und dann lagert sich dieser auf Dächern oder Autos ab."

    Woher der Saharastaub kommt

    "Das bevorstehende Wochenende sehe ich einen Schwerpunkt in Algerien und Tunesien, also eher aus dem Nordwesten Afrikas."

    Woraus der Saharastaub besteht

    "Saharasand ist ein Mineralstoff und in jeder Wüste ist der Sand anders zusammengesetzt. Sand besteht im Prinzip aus Kalzium, Magnesium und Eisen aber die genaue chemische Zusammensetzung kann man nur durch eine Analyse feststellen. Aber es sind ganz kleine Teilchen, denn wenn diese zu schwer sind, fallen sie gleich wieder zu Boden. Das, was hier als Saharastaub transportiert wird, sind Partikel in der Größe von Feinstaub, also im Durchmesser zehn Mikrometer groß, das sind 0,01 Millimeter."

    An diesem Wochenende wird der Saharastaub in der Atmosphäre aus Algerien und Tunesien sein
    Meteorologe und Luftschadstoffexperte Marcus Hirtl, "GeoSphere Austria"

    Welche Sandmengen in so einer Wolke enthalten sind

    "Das ist vorab schwer zu beantworten. Letztes Wochenende hatten wir zwischen 200 und 300 Mikrogramm Staub pro Kubikmeter Luft, aber wie viel da jetzt wirklich transportiert wird kann man sehr schwer einschätzen."

    Wie dieses Phänomen entsteht

    "Starke Windböen in Afrika wirbeln den Sand auf, und wenn das großflächig geschieht, dann wird dieser Sand mehrere Kilometer hoch in höhere Atmosphärenschichten transportiert. Wenn es die Wetterlage zulässt, dann wird der Sand hunderte oder auch tausende Kilometer weiter transportiert, bis es sich immer mehr verdünnt, ausgewaschen wird oder in niedrigere Luftschichten getrieben wird und sich schließlich am Boden absetzt."

    Ob der Saharastaub mit den warmen Temperaturen zusammenhängt

    "Es ist umgekehrt, wenn der Wind aus dem Süden kommt, so wie jetzt, dann bringt er nicht. ur den Saharastaub, sondern auch die warme Luft von da zu uns."

    Ob eine Gesundheitsgefahr durch den Saharastaub besteht

    "Die Feinstaubpartikel haben einen Durchmesser von zehn Mikrometer, so wie auch anderer Feinstaub, etwa aus dem Verkehr oder der Industrie. Der Feinstaub aus der Sahara ist von gleicher Größe und hat die gleichen Effekte. Das längerfristig einzuatmen ist für den Organismus natürlich nicht gut."

    Ob man aus Sicherheitsgründen eher daheim bleiben sollte

    "Das würde ich nicht empfehlen, weil man noch nicht weiß, in welcher Höhe der Saharastaub Österreich erreichen wird. Wenn er in fünf Kilometern Höhe ist, dann sieht man vielleicht einen getrübten Himmel, aber er trägt nicht zu den Konzentrationswerten am Boden bei. Ich denke nicht, dass es bedenklich ist, an diesen Tagen rauszugehen."

    Ob der Staub toxisch sein könnte

    "Nein, toxisch ist der Saharastaub sicher nicht."

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    #Menschenwelt
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