Hübsche Gage, Privatjet zur freien Verfügung, Büro daheim: Der neue "Starbucks"-Chef Brian Niccol bekam ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte. Warum der Wunderwuzzi so begehrt ist, allein seine Verkündigung machte "Starbucks" 19 Milliarden reicher.
Vielleicht erklärt das ein bisschen, warum ihn viele für den derzeit fettesten Happen auf dem amerikanischen Fastfood-Markt halten: Am Tag nach seiner Bestellung stürzte die Aktie seines bisherigen Arbeitgebers um 14 Prozent ab, die seines neuen Dienstherren schoss 21 Prozent in die Höhe.
Brian Niccol ist soeben 50 geworden, da kann man sein bisheriges Leben überdenken, aber das erledigten in diesem Fall andere für ihn. Aktuell ist er noch Boss der mittelgroßen Tex-Mex-Kette "Chipotle" (knapp 3.000 Filialen). Am 9. September übernimmt der gebürtige Kalifornier den Chefsessel von "Starbucks" (39.000 Läden weltweit), dem Coffeeshop-Riesen aus Seattle, Bundesstaat Washington, ganz im Nordwesten des Landes. Er soll den seit Jahren strauchelnden Riesen wieder zurück in die Erfolgsspur bringen.
Das lässt sich "Starbucks" einiges kosten: Niccol bekommt Geldpaket in die Hand gedrückt, das insgesamt 113 Millionen Dollar wert sein kann, dazu zahlreiche weitere Vergünstigungen. Warum sich Konzerne um ihn reißen, welche Probleme bei "Starbucks" auf ihn warten, wo er mit seinem Mega-Gehalt im Manager-Vergleich liegt:
Wer ist Brian Niccol?
Ein klassischer amerikanischer Manager: Verheiratet, drei Kinder, spielt Golf und fotografiert gern. Niccol stammt aus Philadelphia, als Teenager besserte er sein Taschengeld mit Rasenmähen in der Nachbarschaft auf. Er studierte an den Unis von Miami und Chicago, bekam dann einen Praktikumsplatz bei Procter & Gamble, blieb zehn Jahre.
Sein erster echter Job.: Als stellvertretender Markenmanager das Mundwasser Scope neu am Markt platzieren. Er machte Kaugumme-Drops daraus, beim Zerkauen spritze Mundwasser heraus. Das erfrischte den Atmen, aber die Rückstände im Mund schrecken die Käufer ab. Eine Lektion. Als Brand Manager bei P & C kümmerte er sich auch um die Marke ThermaCare, dann ließ er es bei "Pringles" krachen. Der groß gewachsene Schlacks gilt seit Jahren als Superstar der amerikanischen Fastfood-Szene. Nicht zuletzt durch sein Wirken bei "Pizza Hut".
Woher rührt sein Ruf als Innovator?
Als Marketingchef führte er bei "Pizza Hut" 2008 als einem der ersten Fastfood-Anbieter überhaupt ein Online-Bestellsystem ein, 2009 ließ er eine Bestell-App entwickeln. Richtig bekannt wurde er, weil er Tacos mit Doritos-Geschmack in die Speisekarte von Taco Bell aufnehmen ließ – und damit einen Hit landete.
Danach wechselte er zum Konkurrenten "Taco Bell", auch ein Sanierungsfall. Dem Unternehmen wurde vorgeworfen, dem Rindfleisch Füllmaterial beizumemgen. Niccol mengte sich selbst ein, setzte einen Image-Wandel durch, die Umsätze gingen in die Höhe. Im März kam er zu "Chipotle", die Burrito-Kette war ein Sanierungsfall. Noroviren, E. coli, Salmonellen, "Chipotle" hatte sie alle, in Dutzenden Filialen landesweit, Hunderte erkrankten. Niccol baute die Marke neu auf. Binnen fünf Jahren verdoppelte er bei "Chipotle" den Umsatz, die Aktien von Chipotle stiegen während seiner Amtszeit um fast 800 Prozent.
Warum wird er jetzt zu "Starbucks" geholt?
Die Coffeeshop-Kette hat auch schon bessere Zeiten gesehen. Zwar gehört man mit etwa 400.000 Mitarbeitern zu den größten Systemgastronomie-Anbietern der Welt. Doch das Geschäft floriert nicht mehr wie in den Nuller- und Zehner-Jahren des 21. Jahrhunderts, die Expansion geriet zuletzt in mehreren Bereichen ins Straucheln und auch das Image der Marke ist längst nicht mehr dort, wo es angesichts der aufgerufenen Produktpreise sein sollte. Kurzum: "Starbucks" hat viele verschiedene Probleme – und man ist der Meinung, Brian Niccol ist der Mann, der diese Probleme in den Griff bekommt.
Was lässt sich "Starbucks" seinen neuen Super-CEO kosten?
Enorm viel Geld, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, der der komplette Vertrag von Niccol vorliegt (hier können Sie ihn nachlesen). Demnach bekommt der 50-Jährige zu einem Grundgehalt von 1,6 Millionen Dollar pro Jahr einen Bonus von 10 Millionen für die Vertragsunterzeichnung, dazu einen jährlichen Bonus, der an das Erreichen von Umsatz- und Gewinnzielen gekoppelt ist, in der Höhe von bis zu 7,2 Millionen, sowie jährlich steigende Aktienoptionen für fünf Jahre, die am Ende einen Mindestwert von 75 bis 80 Millionen Dollar haben sollen. Insgesamt soll Brian Niccol damit auf ein Gesamt-Salär von bis zu 113 Millionen Dollar kommen.
Und das war's schon?
Nicht ganz. Brian Niccol hat sich auch ausverhandelt, dass er seinen Job grundsätzlich aus dem Home Office wahrnehmen kann. In seinem Haus in Newport Beach in Kalifornien wird ihm deshalb auch auf "Starbucks"-Kosten ein eigener Bürotrakt errichtet. Und auch ein Assistent wird ihm für sein Home Office bezahlt. Sollte Niccols Anwesenheit in der Konzernzentrale in Seattle, Bundesstaat Washington (1.500 Kilometer Luftlinie entfernt) unbedingt nötig sein, so wird er mit dem Firmenflugzeug eingeflogen. Dieses darf Niccol auch privat nutzen, im Gegenwert von maximal 250.000 Dollar pro Jahr.
Hat sein Vorgänger auch so viel verdient?
Bei weitem nicht. Laxman Narasimhan, den Niccol als CEO ablöst, hatte um etwa 75 Prozent weniger Verdienst. Er wird das Unternehmen Ende August verlassen, Niccol soll offiziell am 9. September beginnen.
Weshalb nimmt man jetzt plötzlich so viel Geld in die Hand?
Das Drängen maßgeblicher Anteilseigner auf Veränderungen an der Spitze wurde offenbar immer massiver. Für eine gewisse Hektik bei den Vorgängen spricht auch, dass die Verpflichtung Niccols mit 9. September erst am 13. August bekanntgegeben worden ist. Scheinbar wurde versucht, den Wunschkandidaten so rasch wie möglich von seinem bisherigen Arbeitgeber loszueisen, was sich dieser durch finanzielle Zugeständnisse abkaufen ließ. Diese Zugeständnisse musste wohl "Starbucks" auf der anderen Seite bereitstellen, um Niccol überhaupt dazu zu bringen, sich auf den Deal einzulassen.
Wie reagierte die Börse auf die Wechsel-Ankündigung?
Gelinde gesagt euphorisch. Die Aktie legte am Tag der Bekannthabe um mehr als 21 Prozent zu, Analysten haben errechnet, dass alleine die Ankündigung, dass Brian Niccol zu "Starbucks" wechseln wird, den Börsenwert des Unternehmens um 19 Milliarden Dollar (!) erhöht hat, nachdem die Aktie in den Monaten zuvor insgesamt knapp ein Viertel ihres Werts eingebüßt hatte. Und gleichzeitig sank der Börsenwert von Niccols bisherigem Arbeitgeber "Chipotle" um 14 Prozent nach der Ankündigung seines nahen Abgangs.
Gehört Brian Niccol damit zu den bestverdienenden Managern der Welt?
Ja, aber ganz vorne mischt er damit bei weitem nicht mit. Es rangieren ein paar Manager mit noch höheren Gesamt-EInkommenssummen vor ihm:
Welche Probleme soll Brian Niccol bei "Starbucks" lösen?
Tatsächlich hat sich der Konzern, der 1971 von drei Studentenfreunden gegründet worden ist, in den vergangenen Jahren vom Muster eines Coffeeshops zum Problemfall entwickelt, wofür mehrere Faktoren verantwortlich sind:
Es ist also viel Holz zu hacken, für den neuen "Super-Barista" von "Starbucks". Und es bleibt abzuwarten, ob er all diese Probleme tatsächlich aus seinem Home Office in Südkalifornien wird lösen können. Oder ob der Firmenjet doch öfter die Reise nach Seattle antreten muss, als es dem leidenschaftlichen Kalifornier Niccol lieb ist.