Vision Pro

12 Kameras: "Apples Headset ist unheimlicher, als alle dachten"

Außen sieht sie aus wie eine Skibrille, innen sind massenweise Kameras uns Sensoren verbaut. Was diese erfassen, das dürfte vielen Trägern nicht klar sein.

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Der Hype um Apples Mixed-Reality-Headset "Vision Pro" war riesig – dann war die Hightech-Skibrille plötzlich da und fast niemand wusste so richtig, wofür man sie eigentlich einsetzen sollte.

Die Bestückung ist beeindruckend, hinter Glas und Aluminium verbergen sich je Auge ein Display, zwölf Kameras, fünf Sensoren, Lüfter und zwei Apple-Prozessoren. Träger werden trotz der Skibrillen-Optik aber nicht von der Umgebung "abgetrennt", sondern das Display zeigt beim Tragen einerseits die Umstehenden und die Szenerie an, andererseits können verschiedenste Apps, Videos oder andere Inhalte auf diese eingeblendete Umgebung projiziert werden.

Die "Vision Pro" von Apple, verwendet beim Match FC Dallas gegen CF Montreal im Toyota Stadium, Frisco, Texas
Die "Vision Pro" von Apple, verwendet beim Match FC Dallas gegen CF Montreal im Toyota Stadium, Frisco, Texas
USA TODAY Sports via Reuters Con

Monitore und Tastatur werden hinfällig Nur wenige Tester durften die Apple "Vision Pro" bisher in Händen halten beziehungsweise am Kopf tragen – und deshalb ist bisher nur ein Bruchteil davon bekannt, was man mit dem Headset anstellen kann. Dabei dürfte das Headset ein echter Alleskönner sein. Bei der Büroarbeit werden Monitore und Tastatur hinfällig, die blendet man sich einfach am Display ein und tippt auf der virtuellen Tastatur in der Luft. Video- und Spielefans pinnen sich virtuelle Fenster mit ihren Lieblingsinhalten in der "erweiterten Realität" an, exzessives "Binge Watching" wird damit ganz neu definiert. Oder aber das Headset lehrt uns das Klimpern am Klavier, indem es uns die richtigen Tasten im korrekten Moment einblendet.

Wir geben alle Kontrolle ab Bedenklich ist, wie weit wir die Apple "Vision Pro" in unsere Leben "einladen" können, damit sie mit ihren Sensoren und Kameras unser Zuhause, unser Leben und unsere Gewohnheiten erfasst. Richtig unheimlich wird es aber, wenn es um die Daten geht, über die wir die Kontrolle völlig abgeben – in vielen Fällen, ohne es überhaupt zu wissen.

Apple weiß, was wir denken Selbst kann man das noch recherchieren und Vorkehrungen treffen – ob man seinen Iris-Scan in die Weiten der Apple-Welt schickt oder den Konzern wissen lässt, was man wie lange und wo arbeitet. Doch das Daten-Risiko reicht noch viel tiefer, warnt die "NZZ": "Worauf Sie schauen, und für wie lange, kann preisgeben, was Sie denken." Das gibt übrigens auch Apple selbst ganz offen zu: "Der Inhalt, den wir betrachten, und wie lange wir ihn betrachten, kann unseren Denkprozess offenbaren."

So schaut das Innenleben von Apples "Vision Pro" aus, wenn man das Headset im Laden in den USA kaufen kann
So schaut das Innenleben von Apples "Vision Pro" aus, wenn man das Headset im Laden in den USA kaufen kann
Picturedesk

Unsere Augen sind der Schlüsselbund Apples Headset funktioniert nämlich hauptsächlich mit den Augen des Trägers – worauf er schaut, was er mit Augenbewegungen und -blinzeln aktiviert, was er das Headset im Sichtfeld aufzeichnen lässt. Die "Vision Pro" weiß im Gegenzug alles vom Träger, von Form, Farbe und Identifikationsmerkmalen der Augen bis hin zu dem, was er sich gerne ansieht. Noch dramatischer: Umstehende und Passanten sind der Daten-Sammlung hilflos ausgeliefert, so die "NZZ". Während Träger des Headsets noch in den meisten Fällen um ihre Zustimmung zur Datenverarbeitung und -sammlung gefragt werden, werden diese Daten von Vorbeikommenden einfach ohne Zustimmung erfasst.

Kamera speichert, was wir ansehen Die "Augen-Daten" dürften ein Goldschatz für Technologie-Unternehmen werden, denn anders als bei einem emotionslosen Fingerabdruck können virtuelle Augen-Modelle nicht nur als Bezahl-, Identifikations- und Entsperr-"Werkzeug" in digitalen und virtuellen Systemen genutzt werden, sondern geben außerdem Auskunft über die Gefühle des Menschen, der hinter den Daten steht. Was sich ein Mensch beispielsweise auf einem Werbeplakat ansieht, bevor er oder sie einen Kauf tätigt, musste bisher mit teuren Studien herausgefunden werden, nun kommen Konzerne quasi automatisch zu diesen Daten. Wie auch zu Aufzeichnungen darüber, ob die Nutzer aufgrund ihrer Pupillen-, Kopf- oder Körperbewegungen Krankheitsanzeichen aufweisen oder ob sie in Konferenzen die Wahrheit sagen.

Außen wie eine Skibrille, innen lauter Kameras: Die "Vision Pro" von Apple wurde auf der Entwicklerkonferenz in Cupertino, Kalifornien, gezeigt
Außen wie eine Skibrille, innen lauter Kameras: Die "Vision Pro" von Apple wurde auf der Entwicklerkonferenz in Cupertino, Kalifornien, gezeigt
Reuters

Nicht mehr löschbar Nicht umsonst weist die KI-Expertin Brittan Heller von der Universität Stanford gegenüber der "NZZ" auf die bisher fast völlig fehlenden gesetzlichen Regelungen der Datensammlung hin, aber auch darauf, dass sie dieser Datenerfassung nicht einmal ihre Zustimmung erteilen könnten, weil sie deren Ausmaß schlichtweg nicht verstehen würden. Und einmal auf der Brille erfasst, würden sich die Daten auch nicht mehr löschen lassen – und auf ewig den erfassten Nutzer identifizieren können. Dazu sei nicht einmal ein Iris-Scan notwendig, heißt es bei der "NZZ" weiter.

Forschern sei es gelungen, Personen nur aufgrund ihrer Bewegungen eindeutig zu identifizieren – oft genug erfasst, wäre nicht nur der Träger selbst, sondern auch kein Nachbar, kein Passant und kein Verwandter im Umfeld eines Headset-Trägers mehr anonym.

Apple wehrt ab Der Konzern selbst verweist indes darauf, Datenschutz als "Menschenrecht" anzusehen und die erfassten Iris-Daten nicht selbst zu nutzen oder anderen Apps zur Verfügung zu stellen, sondern sie "nur" am Gerät zu speichern. Selbiges Versprechen gilt aber nicht für Hand- und Kopfbewegungen, sollte der Nutzer einfach alle Daten-Anfragen des Headsets bejahen – und schon gar nicht für die Personen, die das Headset nicht tragen, sondern davon im Vorbeigehen erfasst werden.

Das könnte übrigens bereits in absehbarer Zeit auch in Österreich der Fall sein. Einen offiziellen Starttermin hierzulande gibt es für die bisher US-exklusive "Vision Pro" zwar noch nicht, noch im Jahr 2024 will Apple aber weitere Länder mit dem hauseigenen Headset versorgen.

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