kampf mit allen Mitteln

Doktor Hardcore: Österreichs härteste Veganerin ist Ärztin

Auf Social Media kennt man sie als "Militante Veganerin" – die Wiener Medizinerin Raffaela Raab wurde mit ihrem lautstarken Einsatz für Tierrechte zum Internet-Star.

Voller Einsatz im Namen der Tiere: Die Wienerin Raffaela Raab, auf Social Media als "Militante Veganerin" und auch als "Wilde Veganerin" aktiv, bei einer Kundgebung gegen das Schreddern von Hühnerküken in Köln im Sommer 2023.
Voller Einsatz im Namen der Tiere: Die Wienerin Raffaela Raab, auf Social Media als "Militante Veganerin" und auch als "Wilde Veganerin" aktiv, bei einer Kundgebung gegen das Schreddern von Hühnerküken in Köln im Sommer 2023.
Panama Pictures / Action Press / picturedesk.com
Newsflix Redaktion
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Wenn sie nur nicht immer so kreischen würde. Hunderte Videos von Raffaela Raab im Einsatz für die Rechte von Tieren und gegen die Fleischindustrie kursieren auf Social Media. YouTube, TikTok, Instagram, Facebook – keine halbwegs prominente Plattform ohne die  "Militante" bzw. "Wilde Veganerin". Unter diesem Kampfnamen tritt die gebürtige Wienerin Raab seit gut zwei Jahren im gesamten deutschsprachigen Raum in Erscheinung als lauteste und schrillste Fürsprecherin von Nutztieren. Dafür ist ihr fast jedes Mittel recht.

Kampf mit allen Mitteln Um auf die ihrer Meinung nach unhaltbare Situation von Tieren in der Lebensmittelindustrie aufmerksam zu machen, exponiert sich Raffaela Raab auf allen möglichen Social-Media-Plattformen nach Leibeskräften – und das mit hunderten Videos. Da sind einerseits die selbst gedrehten Clips, in denen sie ihre Sicht der Dinge erklärt - selten rein sachlich, meistens sehr plakativ, aber dadurch auch für Menschen mit geringer Aufmerksamkeitsspanne gut verständlich.

Infight für die gute Sache Oder es sind Videos, die bei diversen Protestaktionen auf der Straße entstanden sind. Dabei fragt sie alle, die sich zu ihr trauen, ob sie denn bereits Veganer seien. Wenn die Antwort nein ist, gibt's ein Argumentationsfeuerwerk von der "Wilden Veganerin", dem kaum einer ihrer Gesprächspartner beikommt. Wenn sich jemand beim Argumentieren gar einfältig oder bockig anstellt, rutscht ihre Stimme gern eine Oktave höher – das alles immerhin in klarer, wienerisch gefärbter Sprache mit einem Hauch Schönbrunner Deutsch unterlegt.

Nicht vegan sein ist nicht okay
Der Leitspruch von Raffaela Raab, der "Militanten Veganerin"

Die "Militante Veganerin" ist eigentlich Ärztin Raffaela Raab, mittlerweile der Gottseibeiuns der gesamten Fleischindustrie im deutschsprachigen Raum, ist Wienerin und stammt aus einer angesehenen Ärztefamilie. Sowohl ihre Mutter, als auch ihre Großmutter haben Medizin studiert, und so absolvierte auch Raffaela Raab ein Medizinstudium in München, promovierte und arbeitete als Assistenzärztin in einem Krankenhaus. Doch dann sei etwas Einschneidendes passiert, berichtet die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" in einer Reportage über die "Militante Veganerin".

Bruch mit der Familie Bei einem spielerischen Geplänkel daheim am Familientisch, bei dem es um die Frage ging, was man denn als allmächtiger Diktator tun würde, wenn man es nur könnte, habe Raffaela, damals "nur Lifestyle-Veganerin", gesagt, sie würde alle tierischen Produkte verbieten, erzählt sie der "Zeit". Daraus habe sich ein Streit ergeben, der schließlich zum Bruch mit der Familie geführt habe.

Ob das der einzige Grund war, oder ob es noch weitere Zwistigkeiten gegeben hat, ist unklar, aber für die Sache auch unwichtig. Klar ist jedenfalls, dass Raffaela Raab nach dieser Auseinandersetzung damit beginnt, ihren Kampf gegen die Ausbeutung von Nutztieren und für ihre vegane Überzeugung auf die Straße zu tragen. Zuerst neben dem Job im Klinikum, aber schon bald hauptberuflich. Sie kündigt als Ärztin und wird Tierrechtlerin.

Nackt, um Tierschutz zu finanzieren Ihren Wohnsitz verlegt sie nach Hessen, weil sie von da aus alle großen Städte im deutschsprachigen Raum leicht erreichen kann. Sie lebt zunächst von ihren Ersparnissen und beginnt dann, Nacktaufnahmen und -videos von sich zu produzieren und gegen Geld im Internet zu vertreiben, um ihr Leben und ihren Kampf für die Tiere zu finanzieren. Raab postet in den sozialen Medien unzählige Clips, die sie in lasziven Posen zeigen, auch auf der Erotik-Bezahlplattform "Onlyfans" ist sie aktiv.

Dass sie keine Scheu hat, ihren Körper für ihre Überzeugungen einzusetzen, beweist sie immer wieder auch bei Demonstrationen, wie etwa auch im Sommer 2023 in der Wiener Innenstadt. Auch davon gibt es ein Video, das sie auf YouTube teilt.

Vollkommen schmerzbefreit Aber nicht nur Passanten auf der Straße versucht Raffaela Raab mit ihrem lauten Protest zu überzeugen und zum Veganismus zu bekehren, sie geht auch keiner richtigen Diskussion aus dem Weg. Wobei – so wirklich diskutieren will niemand mit ihr, was sich im Internet findet sind Pseudo-Veranstaltungen von lustigen YouTubern oder sonstigen Social-Media-Figuren, die sich einen Spaß daraus machen, die "Militante Veganerin" zu sich einzuladen und vor laufender Kamera zu brüskieren oder zu provozieren.

"Diskussionen" mit Witzfiguren Aber auch diese Herausforderung nimmt die Überzeugungstäterin an, es geht ihr um die Sache. Und während irgendwelche Web-Witzfiguren vor ihr Burger oder Kebab in sich hineinschaufeln und dabei dreckig grinsen, wiederholt sie laufend ihre Botschaften: Es gibt keine "gute" Fleischindustrie, Tiere haben Rechte und dürfen nicht ausgebeutet werden, wer sich Produkte aus toten Tieren kauft, tut einem Lebewesen Gewalt an …

"Das sind ja nur Tiere" In ihrer Wortwahl ist die Wienerin dabei oft nicht trittsicher. Immer wieder kommen ihr Holocaust-Vergleiche über die Lippen, wenn sie über die Massentierhaltung spricht, oder sie setzt das System der Fleischindustrie mit Sklaverei gleich. In einem Video auf TikTok erklärt sich Raffaela Raab dazu so: "Bei mir hat es Klick gemacht, als mir einmal jemand gesagt hat, du kannst doch die Tierindustrie nicht mit Massenvernichtungslagern von Menschen und mit Sklaverei vergleichen, das sind ja nur Tiere. Aber was wir mit den Tieren machen, ist systematische Unterdrückung, ist systematischer Massenmord." Nun ja!

Ich mache Deutschland vegan
Das TikTok-Motto von Raffaela Raab

Keine Widerrede Die "Militante Veganerin" möchte keine Verbesserung der Situation für Nutztiere herbeiführen, sie möchte ein Ende der Nutztierhaltung. Nicht umsonst lautet ihr Motto auf TikTok: "Ich mache Deutschland vegan".

Und so lässt die gelernte Ärztin auch keine andere Meinung als die ihre gelten. Die Journalistin der "Zeit", die sie für ihr Porträt interviewt, wird zunächst gefragt, ob sei denn auch schon Veganerin sei – es ist Raabs Einstieg in fast jedes Gespräch. Als die Reporterin verneint, weil sie "mit Fleisch aufgewachsen" und das Essen von Fleisch "Teil ihres Dorfes und seiner Kochkultur" sei, wird Raab augenblicklich so ruppig, wie sie es auch in ihren hunderten Videos mit Passanten ist, die ihr nicht auf ihrem Weg folgen wollen. Jeder, der weiter tierische Produkte – ob Fleisch oder Milchprodukte ist dabei einerlei – konsumiert, ist in ihren Augen ein Mörder. Der "Zeit"-Journalistin schickt sie hinterher noch einen kleinen Video-Gruß auf TikTok.

Der Lauteste wird gehört So aufdringlich und mühsam Raffaela Raabs Auftreten in Social Media auch erscheinen mag: Auf TikTok ist die Veganerin längst ein Star mit mehr als 500.000 Followern. Im deutschsprachigen Raum ein sehr guter Wert. Viele empfinden sie als Nervensäge, anderseits versteht sie es durch die einfache und sich ständig wiederholende Form, Botschaften zu platzieren. Sie durchdringt mit ihrer Lautstärke das ständige Grundrauschen auf Social Media – und nur wer das schafft, findet überhaupt erst Gehör bei den Usern des Mediums.

Veganer auf dem (zaghaften) Vormarsch Veganismus wächst, Massenmarkt ist er keiner. Der Anteil an Menschen, die sich zu veganem, vegetarischen oder zumindest flexitarischen Lebensstil bekennen, steigt aber stetig leicht an. In Österreich gaben bei einer repräsentativen Umfrage 2023 etwa fünf Prozent an, rein vegan zu leben, mehr als in allen anderen europäischen Ländern. Der Fleischkonsum hierzulande sinkt im Gegenzug leicht, wohingegen der Konsum von Milchprodukten derzeit zunimmt – der aktuelle Protein-Hype in der Ernährung schlägt hier offenbar durch.

"Die Welle reiten" Für Raffaela Raab ist das allerdings alles nur Geplänkel. Sie will nicht nur die Massentierhaltung abschaffen, sie möchte generell keine Tierhaltung mehr, und dafür kämpft sie mit allem, was sie hat. "Man muss die Welle in den sozialen Netzwerken jetzt reiten, auch wenn es nur ein Hype ist", so die "Militante Veganerin" in der "Zeit". "Wenn wir keine Gefühle verletzen wollen und unsere Worte keine Emotionen mehr erwecken, dann wird sich auch nichts ändern."

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