Kunstkrimi

Heiland gesucht: Das teuerste Bild der Welt bleibt verschollen 

Das Gemälde "Salvator Mundi" soll angeblich von Leonardo da Vinci gemalt worden sein und wurde 2017 um 450 Millionen Dollar versteigert. Seither ist es verschwunden.

Von 45 Pfund auf 450 Millionen Dollar: Das Gemälde "Salvator Mundi" soll von Leonardo da Vinci um das Jahr 1500 geschaffen worden sein, jahrhundertelang wurde es zuvor seinem Umfeld zugerechnet. In den 1950ern wechselte es noch für 45 Pfund den Besitzer, seit dem Rekorderlös bei einer Auktion im Jahr 2017 ist das Kunstwerk aus der Öffentlichkeit verschwunden.
Von 45 Pfund auf 450 Millionen Dollar: Das Gemälde "Salvator Mundi" soll von Leonardo da Vinci um das Jahr 1500 geschaffen worden sein, jahrhundertelang wurde es zuvor seinem Umfeld zugerechnet. In den 1950ern wechselte es noch für 45 Pfund den Besitzer, seit dem Rekorderlös bei einer Auktion im Jahr 2017 ist das Kunstwerk aus der Öffentlichkeit verschwunden.
Dennis Van Tine / Zuma / picturedesk.com
Newsflix Redaktion
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Die internationale Kunstwelt ist ein rätselhaftes Paralleluniversum, dessen Regeln und Gesetze sich Uneingeweihten oft nur schwer erschließen. Etwa die Sache mit dem teuersten Gemälde der Welt. Es heißt "Salvator Mundi", was so viel bedeutet wie "Heiland" oder "Erlöser der Welt" und wurde jahrhundertelang der Schule von Universalgenie Leonardo da Vinci zugeschrieben. Keine große Sache, solche Bilder gibt es Hunderte, wahrscheinlich Tausende.

Wo ist der Erlöser? Anfang der 2000er-Jahre wollten jedoch einige Experten plötzlich die höchstpersönlichen Pinselstriche des Schöpfers so einzigartiger Werke wie der "Mona Lisa" darin erkennen, und das Gemälde erlebte einen atemberaubenden Wertzuwachs. Höhepunkt: Eine Auktion in New York, bei der ein damals unbekannter Bieter 450 Millionen Dollar für das knapp 66 mal 46 Zentimeter große Bild locker machte – Weltrekord! Doch seither ist das Gemälde wie vom Erdboden verschluckt – und das liegt eher nicht daran, dass sich ein anonymer Sammler still und heimlich daran erfreut.

500 Jahre vollkommen unauffällig Was man über das Gemälde mit Sicherheit weiß: Es wurde um das Jahr 1500 gemalt, mit Ölfarben auf einer Walnussholztafel. Es zeigt angeblich Jesus Christus, in der linken Hand eine Glaskugel, die die Welt symbolisieren soll, die rechte Hand zum Segen erhoben. Das Kleid, das der Heiland trägt, könnte auch eine Frau anhaben, auch der Brustansatz hat durchaus weibliche Züge. Das Bild wurde dem Umfeld von Leonardo da Vinci zugeordnet, es könnte von einem seiner Schüler gemalt worden sein. Die Provenienz des Gemäldes ist sehr lückenhaft, es soll irgendwann in der Sammlung des englischen Königs Charles I. (1600 bis 1649) gelandet und von dort in andere Sammlungen übergegangen sein.

"Entdeckung" in Amerika Irgendwann kam es ins Haus einer englischen Textilhändlerfamilie, aus deren Nachlass wurde es für 45 britische Pfund von einem gläubigen Christen in den USA ersteigert, der das Bild in seinem Treppenhaus aufhängte. Von dort gelangte es Mitte der 2000er-Jahre schließlich zu einem Kunsthändler in New York, der es im Online-Katalog eines Auktionshauses in Louisiana entdeckt hatte und um angeblich 10.000 Dollar erwarb. Ab da machte das Bild eine einzigartige Karriere.

Die Auktion von "Salvator Mundi" bei Christie's in New York dauerte gerade einmal 18 Minuten, bis zum Schuss blieben zwei Bieter im Rennen.
Die Auktion von "Salvator Mundi" bei Christie's in New York dauerte gerade einmal 18 Minuten, bis zum Schuss blieben zwei Bieter im Rennen.
Julie Jacobson / AP / picturedesk.com

Ein elektrisierender Verdacht Das Gemälde, obwohl mit der Zeit teilweise dilettantisch übermalt, hatte offenbar etwas an sich, das die Kunstwelt in ihren Bann zog, einen "Magic Touch". Es könnte nicht von einem seiner Schüler, sondern vom großen Leonardo selbst gemalt worden sein, so die Vermutung. Die Quellenlage war dürftig, doch das sprach nicht zwangsläufig gegen diese Hypothese. Also wurde es wurde von einer der größten Expertinnen auf diesem Gebiet, Dianne Dwyer Modestini, sechs Jahre lang restauriert, alle Änderungen, die sie dabei vornahm, hielt sie für die Nachwelt fest, diese können auf ihrer Homepage nachverfolgt werden (salvatormundirevisited.com).

Wertzuwachs 1.275.000 Prozent In der Folge wurden weitere internationale Experten bemüht und Ausstellungen organisiert, inzwischen war man sicher: das ist ein Leonardo! Die Kunstwelt hatte Blut gewittert, hier war Großes möglich. 2013 dann schließlich der erste Coup: Der Genfer Kunsthändler Yves Bouvier kaufte den "Salvator" um angeblich 80 Millionen Dollar und gab ihn bald darauf weiter an den russischstämmigen Oligarchen Dmitri Rybolowlew, der sein Milliardenvermögen u.a. mit Düngemitteln gemacht hatte und zu jener Zeit Milliarden in Kunstwerke investierte. Kolportierter Kaufpreis: 127,5 Millionen Dollar. Mehr als eine Million Prozent Wertsteigerung in acht Jahren.

Erst bei 400 Millionen Dollar fiel bei der Auktion in New York am 15. November 2017 der Hammer. Inklusive Aufgeld betrug der Kaufpreis 450,3 Millionen Dollar. Damit ist das Leonardo da Vinci zugeschriebene Gemälde "Salvator Mundi" das mit Abstand teuerste Bild der Welt.
Erst bei 400 Millionen Dollar fiel bei der Auktion in New York am 15. November 2017 der Hammer. Inklusive Aufgeld betrug der Kaufpreis 450,3 Millionen Dollar. Damit ist das Leonardo da Vinci zugeschriebene Gemälde "Salvator Mundi" das mit Abstand teuerste Bild der Welt.
TIMOTHY A. CLARY / AFP / picturedesk.com

Rekord-Auktion in New York Doch das sollte es noch nicht gewesen sein. Vier Jahre später warf der Russe mit zypriotischem Pass, der auch Mehrheitseigentümer des Fußballklubs AS Monaco ist, den Leonardo wieder auf den Markt. Im Rahmen einer Auktion bei Christie's in New York wurde das Gemälde am 15. November 2017 ausgerufen und nach einer knapp 18-minütigen Bieterschlacht um den Rekordpreis von 400 Millionen Dollar einem unbekannten Bieter zugeschlagen. Gesamtpreis inklusive Aufgeld: 450,3 Millionen Dollar. Oligarch Dmitri Rybolowlew hatte mehrt als 270 Millionen Dollar Gewinn gemacht mit dem Leonardo.

Öl-Millionen für den Leonardo Schon bald danach wurde geoutet, dass der Leonardo, das nunmehr teuerste Gemälde der Welt, als Zugpferd für den neuen Louvre-Ableger in Abu Dhabi fungieren sollte. Zudem sollte das mit Petro-Dollars finanzierte Bild auch der Star einer großen Leonardo-Schau im Pariser Louvre sein, die für Oktober 2019 angesetzt gewesen ist. Doch in Paris tauchte die Kunst-Preziose niemals auf – jedenfalls nicht offiziell …

Zweifel an der Echtheit Der Dokumentarfilmer Antoine Vitkine recherchierte, dass der "Salvator" sehr wohl im Louvre ankam, und zwar bereits im Jahr 2018. Monatelang befassten sich die Experten des Kunstmuseums, in dem u.a. auch die "Mona Lisa" beherbergt wird, mit dem "Salvator" – und erklärten schließlich, das Gemälde sei ihrer Expertise nach doch kein eigenhändiger Leonardo, der Meister hätte allenfalls einen Beitrag dazu geleistet. Bei den arabischen Neo-Eigentümern kam diese Botschaft naturgemäß nicht so gut an. Diplomatische Verstimmungen auf höchster Ebene beschäftigten den Elyssée-Palast noch lange danach. Doch in der Leonardo-Schau im Louvre wurde nur eine andere Variante des Motivs gezeigt, die unstrittigerweise "nur" aus der Werkstatt Leonardos stammt.

Hatte das teuerste Gemälde angeblich auf seiner Yacht "Serene" ausgestellt: Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman.
Hatte das teuerste Gemälde angeblich auf seiner Yacht "Serene" ausgestellt: Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman.
SERGEI SAVOSTYANOV / AFP / picturedesk.com

Wo ist der Erlöser? Seither ist das teuerste Gemälde der Welt wie vom Erdboden verschluckt. Zwar meldete das "Wall Street Journal", dass das Bild danach eine Zeit lang angeblich auf der königlichen Yacht "Serene" von Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman gewesen sein soll, doch auch von dort wurde es wieder entfernt, nachdem die Yacht zum Make-Over in eine niederländische Werft kam. Und seither fehlt davon jede Spur. 

Prozess gegen Auktionshaus Zuletzt in die Schlagzeilen kam das teuerste Bild der Welt Ende Jänner dieses Jahres. Monaco-Oligarch Dmitri Rybolowlew, der bereits zuvor mehrere Klagen gegen den Genfer Kunsthändler Yves Bouvier eingebracht hatte, weil er sich durch dessen Aufschläge beim Kauf mehrerer Gemälde, u.a. des Leonardos, betrogen fühlte, hatte auch das Auktionshaus Sotheby's geklagt, weil dieses angeblich Bouvier bei diesem Betrug geholfen hätte (das hatte nichts mit der erfolgreichen Auktion 2017 zu tun, die fand bei Christie's statt). Die Geschworenen sahen das allerdings anders, Sotheby's wurde nach kurzer Beratung freigesprochen. Immerhin auch eine Form von Erlösung. Bis der Weltenretter von Leonardo oder sonst wem irgendwann wieder auftaucht – vielleicht. 

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