Neue verordnung

Macht eine Pflanzen-Polizei bald Jagd auf den Kirschlorbeer?

Die Schweiz verbietet ab 1. September Verkauf und Weitergabe einiger nicht einheimischer Pflanzen. Was das für das "Drüsige Springkraut" und den "Großen Wassernabel" heißt. Und wie das bei uns ist.

Kirschlorbeer ist eine beliebte Heckenpflanze, aber heimisch ist sie nicht
Kirschlorbeer ist eine beliebte Heckenpflanze, aber heimisch ist sie nicht
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Newsflix Redaktion
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Ab Herbst müssen sich der "Verlotschte Beifuss" und das "Glatte Zackenschötchen" warm anziehen. Auch für die "Falsche Mimose", das "Afrikanische Lampenputzergras" und das "Ausläuferbildende Fettkraut" wird es eng. Am schlimmsten trifft es aber den "Kirschlorbeer", besser gesagt die Besitzer des beliebten Heckenkleschers. Denn für insgesamt 38 Pflanzen ist ab 1. September in der Schweiz Ende Gelände. Sie dürfen nicht mehr eingesetzt werden, korrekt heißt es, das "Inverkehrbringen" ist nicht mehr gestattet. Also: Das Verkaufen, Tauschen, Schenken, Vermieten, Verleihen und Zusenden zur Ansicht, sowie die Einfuhr – alles verboten.

Pflanzen-Tourismus Die Schweiz packt jetzt ein Problem bei der Wurzel, das vielen Ländern unter den Sonnensegeln brennt. Die Globalisierung bringt mit sich, dass auch Pflanzen globalisieren, wenn alle Welt verreist, wollen die "Neubelgische Aster" und das "Japanische Geissblatt" auch nicht mehr daheim bleiben. Ortsfremde Arten sind aber eine Gefahr für das ansässige Gesträuch, biologisch korrekter müsste man sagen: Invasive Neophyten bedrohen die Biodiversität. Nicht mit der Schweiz.

Paninibörse für Hobbygärtner In Richterswil am Zürichsee steht man schon länger Schaufel bei Fuß. Hier fand 2023 zum zweiten Mal eine "Neophyten-Eintauschaktion" statt, eine Art Paninibörse für Hobbygärtner. Die knapp 14.000 Einwohner bekamen einen Flyer zugeschickt, auf dem sechs Problempflanzen abgebildet waren, der "Seidige Hornstrauch", der "Runzelblättrige Schneeball", die "Immergrüne Kriech-Heckenkirsche", dazu "Goldrute", "Sommerflieder" und natürlich der "Kirschlorbeer". Alle eingeschleppt.

Sind die Thujen die großen Gewinner der Jagd auf die Neophyten?
Sind die Thujen die großen Gewinner der Jagd auf die Neophyten?
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Schneeballeffekt Die Einwohner sollten angeben, welche der Unholde sie in ihrem Garten ausgraben wollen und konnten dann aus einer Liste das gute Zeug als Ersatz auswählen. Also Bioware, die in der Schweiz heimisch ist, etwa "Schwarzer Hollunder", "Liguster", "Efeu", oder den "Wolligen Schneeball". Der Geiselaustausch fand an zwei Tagen Ende Oktober 2023 statt. Den Richterswilern wurde noch mitgegeben, wie sie die Neophyten-Brut richtig ausgraben sollten. Mit allen Rhizomen nämlich. Und dann ab in die Kehrichtverbrennungsanlage.

Auch der "Baumwürger" muss weg Was klein begann, wird nun richtig groß. Denn die Schweiz beschloss am 1. März eine bundesweite "Anpassung der Freisetzungsverordnung" (FSV). Darunter ist grundsätzlich keine Weihnachtsamnestie wie beim Bundespräsidenten zu verstehen, es ist ja auch erst März. Für 27 Pflanzen wird das "Umgangsverbot" erweitert, etwa für das "Drüsige Springkraut", den "Großen Wassernabel" und den "Baumwürger". Sie dürfen nicht mehr auf den Markt gebracht, angepflanzt oder vermehrt werden. 38 weitere Arten wurden komplett verboten, aber zumindest ein Teil der Verwandtschaft darf aufatmen. Pflanzen, die sich bereits in Gärten befinden, sind vom Verbot nicht betroffen.

Das war ursprünglich anders geplant Denn 2019 sollte das Umweltschutzgesetz radikal geändert werden. Dreh- und Angelpunkt war eine "Bekämpfungspflicht". Kantone hätten "private Grundstückbesitzer zur Ausrottung von Neophyten in ihrem Garten verpflichten können", schreibt die "Neue Zürcher Zeitung". Die Rede war von einer "Neophytenpolizei" oder "Kirschlorbeerpolizei" mit weitreichenden Befugnissen. Schließlich sollten im Umweltschutzgesetz drakonische Strafen festgelegt werden: "Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich Vorschriften über invasive gebietsfremde Organismen verletzt", hieß es. Das kommt nun nicht, der Schweizer neigt nicht zu Umstürzen.

Auch der Blauglockenbaum zählt zu den invasiven Arten
Auch der Blauglockenbaum zählt zu den invasiven Arten
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Was stellen wir der Invasion entgegen? Auch in Österreich gibt es natürlich invasive Arten, von 2.000 ist die Rede, vor allem sind es auch Tiere, ihrer will sich die Schweiz in einem nächsten Schritt annehmen. Österreich auch irgendwie, vorerst werden einmal Listen gemacht, das aber durchaus im Auftrag der EU. Brüssel hatte schon mit 1. Jänner 2015 die Verordnung Nr. 1143/2014 auf den Weg gebracht. Die Union listete darin 88 invasive Tier- und Pflanzenarten auf.

Auch der Waschbär gehört da nicht her In Österreich übernahm das Umweltbundesamt, 2019 und 2021 wurden Aktionspläne an die EU übermittelt. In der letzte Fassung war von 66 Tier- und Pflanzenarten die Rede, die meisten kennen wir bereits von der Schweiz, ein paar kamen dazu, etwa Der "Falsche Wasserfreund" und die "Blaustängelige Besensegge". Im Tierreich sind etwa der Neuseeland-Plattwurm, die Schwarzkopf-Ruderente, der Waschbär oder die Asiatische Hornisse nicht heimisch.

Rahmen für eine Grundlage für eine Festlegung Passiert dürfte noch nicht rasend viel sein, zusammengefasst wurde das so: "Der vorliegende Aktionsplan für die Pfade invasiver gebietsfremder Arten in Österreich, 2. Fassung, stellt für die betroffenen Akteure einen Rahmen dar, der ihnen eine Grundlage für die Festlegung und Implementierung der konkret zu ergreifenden und auszugestaltenden Maßnahmen für ihre jeweiligen sachlichen und örtlichen Zuständigkeits- bzw. Verantwortungsbereiche bietet. Der "Falsche Wasserfreund" bibbert schon.

Hoch an der Zeit, was zu tun, wäre es. Denn invasive Arten bedrohen, verdrängen, vertreiben die einheimischen Tiere und Pflanzen immer massiver, rotten sie aus, richten irreparable Schäden an der Umwelt an und verursachen dadurch hohe Kosten. Die "Rotborstige Himbeere" mag schön sein. Aber Schönheit muss eben manchmal leiden.

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