Präpotent-doofe Wessis treffen auf gutmütig-schlaue Ossis – diese Mischung funktioniert auch 35 Jahre nach dem Ende der DDR noch. Die Komödie "Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße" zeigt die Unterschiede zwischen West und Ost humorvoll auf – jetzt neu im Kino.

Spreewaldgurken.
Vor 22 Jahren ließ der (west-)deutsche Filmemacher Wolfgang Becker die (zu diesem Zeitpunkt bereits seit 13 Jahren nicht mehr existierende") DDR noch einmal auferstehen. In seiner grandiosen Tragikomödie "Good Bye, Lenin" beschwindelt ein junger Mann seine todkranke Mutter, um ihr jede Aufregung zu ersparen.
Und so macht er der glühenden DDR-Bürgerin vor, die Wende hätte es nie gegeben und die DDR würde weiter blühen und gedeihen. Dafür nimmt er jede Anstrengung auf sich und beklebt sogar "West-Gurkengläser" mit alten Spreewaldgurken-Etiketten aus dem Osten.
Die Diskrepanz zwischen Sein und Schein ist generell ein starkes Thema im Verhältnis von "West"- und "Ost"-Deutschen zueinander, auch 36 Jahre nach dem Mauerfall und 35 Jahre nach dem Ende des kommunistischen Deutschlands. Und Wolfgang Becker (der vor einem Jahr starb) schöpfte daraus die Ideen für seine Arbeit.
Der letzte Film des Regisseurs, der sich abermals um das Thema DDR-Ostalgie dreht, läuft diese Woche in den heimischen Kinos an: "Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße" erzählt, wie ein einfacher Mann zum Helden hochstilisiert wird, weil es einigen Menschen grade so ins Konzept passt. Er soll 1984 eine Massenflucht aus der DDR organisiert haben – dabei war alles nur ein großer Zufall.
Eine nette Geschichte – aus der Regisseur Wolfgang Becker jedoch noch einmal eine formidable Komödie bastelte. Großartige Darsteller, liebevolle Figurenzeichnung, scharfe Beobachtungsgabe. Ein großer kleiner Film, dessen Besuch sich lohnt. Eine schöne Kino-Woche!

Worum es geht Micha Hartung (Charly Hübner), ein Berliner Videothekenbesitzer, steht vor dem finanziellen Ruin. Da taucht kurz vor dem 30. Jahrestag des Mauerfalls ein Journalist auf – und stilisiert Micha wider Willen zum vermeintlichen Drahtzieher der größten Massenflucht aus der DDR.
Plötzlich wird aus dem unscheinbaren Alltag eines erfolglosen Videothekars ein Mythos: Micha ist der gefeierte "Held", doch die ganze Geschichte beruht nur auf Halbwahrheiten und Lügen. Für die Medien ist die Sache natürlich ein gefundenes Fressen, indes gerät Michas Leben völlig aus den Fugen. Mit jeder neuen Schlagzeile bröckelt das Kartenhaus seines Mythos … und Micha muss sich irgendwann der Frage stellen, wer er wirklich ist.
Lohnt sich das? Die Verfilmung basiert auf dem gleichnamigen Bestsellerroman von Maxim Leo. Regie führte Wolfgang Becker, der 2003 mit "Good Bye, Lenin" deutsche Filmgeschichte schrieb und mit "Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße" sein letztes Werk realisierte.
Becker verstarb im Dezember 2024, kurz nach Abschluss der Dreharbeiten, das Projekt wurde in seinem Sinne von seinem Team rund um Wegbegleiter Achim von Borries fertiggestellt.

Das Ergebnis ist eine heiter-nachdenkliche Reflexion über die Macht der Medien, über Identität und die Frage, wie Geschichte und Erinnerung zu Mythen werden können, die ihre eigene Wirkung entfalten.
"Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße", Komödie, Drama. Deutschland 2025, 113 Minuten, ab 12. Dezember im Kino

Worum es geht? Billy Chapman (Rohan Campbell) muss als Fünfjähriger mit ansehen, wie seine Eltern an Heiligabend brutal von einem Mann in einem Weihnachtsmann-Kostüm ermordet werden. Viele Jahre später kehrt er, nun erwachsen, als mörderischer "Santa" zurück und beginnt einen blutigen Rachefeldzug: Jeder, den er für "unartig" hält, muss sterben, mit jedem Türchen des Adventkalenders öffnet sich ein neues Tor zur vorweihnachtlichen Hölle.
Während seines neuesten Blutrausches trifft Billy auf Pam Varo (Ruby Modine): Zwischen beiden entwickelt sich eine Beziehung, durch Pam lernt Billy erstmals menschliche Gefühle kennen, die er sein Leben lang vermisst hat. Zerrissen zwischen der Hoffnung auf Erlösung von seinem Trauma und Mordlust öffnet sich Türchen um Türchen …
Lohnt sich das? Regie bei diesem Reboot führte Mike P. Nelson, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet und bereits mit "Wrong Turn: The Foundation" bewies, dass er totgeglaubten Horror-Franchises frisches Leben einhauchen kann.

"Silent Night, Deadly Night" ist nun eine Neuadaption des Originals aus 1984, das seinerzeit heftige Kontroversen auslöste: Ein mordender Santa, das ging gar nicht. Und so wurde der Film bereits nach kurzer Zeit aus den Kinos genommen. Trotzdem - oder gerade deswegen - erlangte er Kultstatus und zog mehrere Sequels nach sich. Nelson baut in seiner Version auch psychologische Aspekte und eine tragische Liebesgeschichte ein, während das Vorbild ein reiner Slasher war. Die ersten US-Kritiken sind begeistert: Einer der seltenen Fälle, wo das Remake besser als das Original ist.
"Silent Night, Deadly Night", Horror. USA / Kanada 2025, 95 Minuten, ab 11. Dezember im Kino

Worum es geht Musiker Y. (Ariel Bronz) und seine Frau Yasmin, eine Tänzerin (Efrat Dor), kämpfen im Tel Aviv der Gegenwart ums künstlerische und finanzielle Überleben, sie müssen ihre kleine Wohnung bezahlen und sich und ihren Sohn ernähren und nehmen so jeden Auftrag an. Nicht selten führt sie das zu ausgelassenen Privatpartys der Tel Aviver Elite, bei denen die beiden für Unterhaltung sorgen, während ihr Publikum die Traumata vom 7. Oktober 2023 vergessen will.
Als ein russischer Oligarch Y. damit beauftragt, eine neue israelische Nationalhymne zu schreiben, die die anhaltenden Angriffe auf den Gazastreifen durch die israelische Armee feiern soll, gerät er in einen Gewissenskonflikt. Gemeinsam mit seiner Ex-Partnerin Leah, die für das Verteidigungsministerium arbeitet, reist er nach Gaza, um sich selbst ein Bild zu machen.
Lohnt sich das? Regisseur Nadav Lapid gehört zu den wichtigsten israelischen Filmschaffenden der Gegenwart, immer wieder kombiniert er in bester "Auteur-Tradition" Höchstpersönliches mit Politischem, Subjektives mit scharfer Kritik an seiner Heimat. Auch "JA" ist ein eigenständiger Blick auf eine traumatisierte, zerrissene Nation und eine Bestandsaufnahme der israelischen Gesellschaft. Lapid dazu: "Der Film folgt meiner persönlichen Wahrheit und Perspektive, nämlich jener derjenigen, die den Krieg ausführen."
"JA!", Satire. Deutschland / Frankreich / Israel / Zypern 2025, 159 Minuten, ab 10. Dezember im Kino

Worum es geht Eva (Nora Navas) ist gerade 50 geworden und denkt, ihr Leben sei in sicheren Bahnen: Über 20 Jahre ist sie verheiratet, zwei Kinder hat sie großgezogen, alles nicht außergewöhnlich, etwas langweilig, aber solide. In ihrer Ehe mit Partner Victor ist das Feuer längst erloschen, doch damit hat sich Eva mehr oder weniger abgefunden.
Bis sie auf einer Geschäftsreise den attraktiven Drehbuchautor Alex (Rodrigo de la Serna) kennenlernt: Denn der entfacht plötzlich Schmetterlinge in ihrem Bauch, sie fühlt etwas, das sie lange vermisst und nicht mehr gefühlt hat – und stellt sich nun die Frage, ob sie ihre Ehe "einfach so" verlassen und noch einmal neu durchstarten darf.
Lohnt sich das? Die spanische Romanze von Cesc Gay stellt die Frage, was "Frauen mittleren Alters" in einer allfälligen Midlife-Crisis machen, was sie machen können oder dürfen. Der Regisseur ließ sich dazu von der Geschichte einer Freundin inspirieren, die der Hauptfigur Eva als Vorbild diente.
"Ein Leben ohne Liebe ist möglich, aber sinnlos", Romantische Komödie. Spanien 2025, 101 Minuten, ab 12. Dezember im Kino

"Hilfe, die Herdmanns kommen!"
Die sechs Herdmann-Geschwister gelten als die "schlimmsten Kinder der Welt": Sie schimpfen, fluchen, lügen, raufen, belästigen andere Schuldkinder, lassen jeglichen Anstand vermissen und tyrannisieren die Gemeinde. Als die engagierte Grace (Judy Greer) die Inszenierung des alljährlichen Krippenspiels in der lokalen Kirche übernimmt, melden sich die Herdmann-Kids zur Überraschung aller freiwillig als Darsteller: Die Gemeinde steht unter Schock, sieht eine langjährige Tradition den Bach runtergehen – doch Grace will es schaffen, den kleinen Satansbraten Manieren und nebenbei den Glauben an Gott und die Geschichte von Jesu Geburt beizubringen.
Die (Neu-)Verfilmung des besonders in den USA bekannten gleichnamigen Kinderbuchs aus 1971 kam dort bereits 2024 in die Kinos, bei uns wurde die durchaus gut gemachte Familien-Komödie ohne Vorankündigung vor einigen Tagen in den Online-Videotheken veröffentlicht. Man kann "Hilfe, die Herdmanns kommen!" durchaus vorhalten, zu brav zu sein und sich zu sehr an ein religiös-konservatives (US-)Publikum anzubiedern. Und tatsächlich nimmt der Film seine christliche Botschaft sehr ernst. Trotzdem: ein durchwegs unterhaltsamer und sehenswerter Geheimtipp für die Weihnachtszeit, der sein absolutes Nischendasein nicht verdient hat.
"Hilfe, die Herdmanns kommen!" Weihnachts-Komödie. USA 2024, 95 Minuten, als Video-on-Demand erhältlich

"Icefall - Bis das Eis bricht!"
Nach seiner Festnahme werden der Wilderer Harlan (Joel Kinnaman) und die Rangerin Annie (Cara Jade Myers) mitten im Schneegestöber von einer Bande angegriffen: Die Gangster wollen von Harlan das Versteck einer millionenschweren Beute wissen, die in einem zugefrorenen See in einem dort abgestürzten Flugzeug liegt. Auf der Flucht müssen nun Annie und ihr Gefangener zusammenarbeiten, um der Bande zu entkommen …
Österreichs Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky kehrt mit "Icefall" zum Genre-Film zurück, der ihm mit "Anatomie" im Jahr 2000 seinen ersten Mainstream-Erfolg brachte: Ein straighter Action-Thriller in eisiger Winterlandschaft, neben Hollywood-Star Joel Kinnaman gibt hier auch der erst kürzlich verstorbene Graham Greene ("Der mit dem Wolf tanzt") seinen letzten Film-Auftritt.
"Icefall – Bis das Eis bricht!", Action-Thriller. Bulgarien / USA 2025, 96 Minuten, als Blu-ray / DVD und VoD erhältlich
