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Die besten Bücher 2024: Diese Auswahl ist ziemlich erlesen
Bestseller, Publikumslieblinge, preisgekrönte Bücher: Machen Sie sich selbst nach Weihnachten ein Geschenk. Welche Neuerscheinungen des Jahres 2024 sich wirklich lohnen – Angela Szivatz hat reingelesen.

Bücher machen sich nicht unterm Christbaum hervorragend. Und in den Tagen nach dem Fest steigen auch die Chancen, sich mit einem guten Buch für ein paar Stunden zurückzuziehen.
Nur: Was lesen? Die Zahl der Neuerscheinungen ist nach wie vor schier unüberschaubar. Daher hier eine Zusammenstellung jener Bücher, die Literatur-Experten wie Leser 2024 am meisten überzeugt haben.
Die Kraft der Verweigerung
"Und alle so still" von Mareike Fallwickl, Roman, 368 Seiten, Rowohlt Verlag, 24,50 Euro
Worum geht's
An einem Sonntag im Juni gerät die Welt aus dem Takt: Frauen liegen auf der Straße. Reglos, in stillem Protest. Hier kreuzen sich die Wege von Elin, Nuri und Ruth. Elin, Anfang 20, eine erfolgreiche Influencerin, der etwas zugestoßen ist, von dem sie nicht weiß, ob es Gewalt war. Nuri, 19 Jahre, der die Schule abgebrochen hat und versucht, sich als Fahrradkurier, Bettenschieber und Barkeeper über Wasser zu halten. Ruth, Mitte 50, die als Pflegefachkraft im Krankenhaus arbeitet und deren Pflichtgefühl unerschöpflich scheint.
Weshalb es sich lohnt
Der mit viel Spannung erwartete Gesellschaftsroman der Autorin von "Die Wut, die bleibt" – ihr 2022 erschienener Titel wurde zum Bestseller. Außerdem wurde er dramatisiert und 2023 bei den Salzburger Festspielen aufgeführt. Fallwickl erzählt, dass die Idee zum neuen Buch direkt aus einer Stelle ihres Bestsellers entstand: "Stellt euch vor, die Frauen gehen nicht zur Arbeit, kochen nicht, putzen nicht, lenken keinen Bus, sitzen nicht an der Supermarktkassa und unterrichten keine Klasse, sie erzwingen einen umfassenden Stillstand." Es geht um die Kraft von Verweigerung, Streik und Solidarität. Was bedeutet das, wenn ein System zusammenbricht? Was geschieht? Wo fängt es an zu bröckeln? Wie schnell geht das? Und was für Konsequenzen hätte das?

Adeliger Autist trifft heimliche Mathe-Mutti
"Pi mal Daumen" von Alina Bronsky, Roman, 272 Seiten, Kiepenheuer & Witsch, 25,50 Euro
Worum geht's
Sie begegnen einander erstmals Mal in einer Mathematik-Vorlesung: Der hochbegabte Oscar ist 16, hat einen Adelstitel, ist noch nie mit der U-Bahn gefahren und hat vermutlich Anteile aus dem Autismus-Spektrum. Die warmherzige und patente Moni Kosinsky ist 52, hat drei Enkel, eine völlig überforderte Tochter, mehrere Nebenjobs, liebt knalligen Lippenstift und schrille Kleidung. Ständig hat sie einen ihrer kleinen Enkel und tausend Taschen im Schlepptau mit auf der Uni. Moni möchte sich heimlich den Traum von einem Mathe-Studium erfüllen. Ihre Familie, vor allem aber ihr Ehemann, sollen davon nichts erfahren.
Weshalb es sich lohnt
Die unabhängigen Buchhandlungen Deutschlands haben "Pi mal Daumen" zu ihrem "Lieblingsbuch der Unabhängigen 2024" erkoren. Mit diesem Roman legt Bestseller-Autorin Alina Bronsky eine Komödie über zwei Menschen vor, die aus völlig unterschiedlichen Welten stammen. Oscar kämpft mit dem Alltag. Ständig isst er zu wenig, ist bleich und neben der Spur. Als er krank wird und zusammenbricht, findet er ausgerechnet in der fürsorglichen und mütterlichen Moni eine Vertraute, die seinem Leben eine entscheidende Wendung gibt. Bis auf Oscars Mathe-Idol – irgendwer muss das Scheusal sein – wachsen einem die Figuren ans Herz, man fühlt und bangt mit ihnen.

Der #BookTok Bestseller des Jahres – Planlos auf Rügen
"Windstärke 17" von Caroline Wahl, 256 Seiten, DuMont, 25,50 Euro
Worum geht's
Ida nimmt für immer Abschied von ihrem alten Leben in der Kleinstadt. Nur einen alten Koffer, einige Lieblingsklamotten und ihr Notebook hat sie dabei, als sie ihr Zuhause verlässt und schließlich auf der Ostseeinsel Rügen landet. Planlos und aufgewühlt streift sie umher, bis sie schließlich den Kneipenbesitzer Knut und seine Frau Marianne trifft, bei denen sie unterkommt. Gemeinsam teilen sie sich Arbeit und Freizeit, bis dann auch noch Leif hinzukommt, den das Leben genauso wenig wie Ida verschont hat. Eine Zeitlang fühlt sich alles leichter an in ihrem Leben. Doch kurz darauf wird Idas Welt wieder aus den Angeln gehoben.
Weshalb es sich lohnt
Nach ihrem riesigen Erfolg "22 Bahnen", das 2023 der Sieger bei den "Unabhängigen" war und im Rahmen der Frankfurter Buchmesse 2024 als #BookTok "Bestseller des Jahres" ausgezeichnet wurde, setzt Caroline Wahl im Nachfolger "Windstärke 17" die Geschichte von Ida fort. Eine sehr intensive Geschichte rund um Mütter und Töchter, Schuld und Vergebung sowie den Kampf darum, dem Leben unter schwierigen Bedingungen etwas Schönes abzugewinnen.

Zwischen grauem Alltag und der Weite des Internets
"Hey guten Morgen, wie geht es dir?" von Martina Hefter, Roman, 224 Seiten, Klett-Cotta, 23,50 Euro
Worum geht's
Juno, Mitte 50, ist schlaflos. Ihr MS-kranker Mann Jupiter sitzt im Rollstuhl, sie kümmert sich um ihn. Nur selten hat sie Aufträge als Performerin, die meiste Zeit ist sie daheim. Nachts chattet sie auf Social Media mit sogenannten Lovescammern, Liebesschwindlern. Meist provoziert Juno sie und die Männer brechen den Kontakt wieder ab. Doch mit Benu aus Nigeria entwickelt es sich anders.
Weshalb es sich lohnt
Bei "Deutschen Buchpreis 2024" sorgte der Autor Clemens Meyer mit einem Wutausbruch für Aufsehen. Weil er mit seinem Buch "Die Projektoren" auf der Shortlist stand, wähnte er sich bereits als Sieger und beschimpfte die Jury lauthals, als statt dessen Martina Hefter ausgezeichnet wurde. Ihr Buch stellt die Frage, wer wen ausbeutet – und was passiert, wenn wider Erwarten die Grenzen zwischen digitalem Spiel und realer Zuneigung verschwimmen. Faszinierend verbindet der Roman zermürbenden Alltag mit mythologischen Figuren und kosmischen Dimensionen, navigiert zwischen Melancholie und Euphorie, reflektiert über Vertrauen und Täuschung.

Der Sieger des Österreichischen Buchpreises 2024
"Brennende Felder" von Reinhard Kaiser-Mühlecker, Roman, 368 Seiten, S. Fischer Verlag, 25,70 Euro
Worum geht's
Die aufgrund der Hitze brennenden Felder in ihrer Nachbarschaft interessieren Luisa Fischer nicht weiter. Verbrannte Erde hinterlässt sie allerdings häufig. Unfähig zu Empfindungen, ist sie für ihre zwei Kinder von unterschiedlichen Vätern eine unzuverlässige Mutter. Der Kontakt zu ihrer eigenen Mutter bricht endgültig ab, als sie eine Beziehung mit ihrem Stiefvater eingeht. Als dieser bei einem Einbruch umgebracht wird, zieht es Luisa zu dessen Mörder. Von jedem neuen Mann erhofft sie sich, er möge sie aus ihrem tristen Alltag, aus ihrer Unzufriedenheit befreien. Aus einer Familie, deren Mitglieder mit Sprachlosigkeit ringen, sich gegenseitig nicht trauen und dennoch nicht voneinander bzw. von der Gegend abkönnen – so beschrieb die Jury für den "Österreichischen Buchpreis 2024" ihr Siegerbuch.
Weshalb es sich lohnt
"Brennende Felder" gewann den "Österreichischen Buchpreis 2024", der vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels und der AK Wien ausgerichtet wird und mit 20.000 Euro dotiert ist.

Neues von der "Lieblingsautorin der Millennials"
"Intermezzo" von Sally Rooney, Roman, 496 Seiten, Claassen, 25,50 Euro
Worum geht's
"Intermezzo" erzählt die Geschichte zweier ungleicher Brüder. Peter, Anfang 30, ist ein charismatischer, desillusionierter Menschenrechtsanwalt mit chaotischem Beziehungsleben. Sex und Trost sucht er bei der viel jüngeren Naomi, die offiziell Studentin ist, meist bekifft ist und sich für Geschenke und Geld online und im echten Leben anbietet. Sein zehn Jahre jüngerer Bruder Ivan ist ein hochbegabter, ernsthafter, introvertierter Schachspieler. Als Ivan klein war und Peter ein Teenager, standen die beiden sich nahe, entfremdeten sich aber mit der Zeit. Jetzt haben sie ihren geliebten Vater verloren, was alte Wunden aufreißt.
Weshalb es sich lohnt
Der Roman stellt seine Protagonisten vor große Lebensaufgaben. Sie müssen lernen zu trauern, Schuldgefühle verarbeiten, verzweifelt ihren eigenen Sinn und die Nähe zu anderen suchen und wirklich zu lieben lernen.

Berührende Reise in die Vergangenheit statt Mord mit Aussicht
"Ein anderes Leben" von Caroline Peters, Roman, 240 Seiten, Rowohlt, 24,50 Euro
Worum geht's
Am Grab ihres Vaters streiten gleich zu Beginn die Protagonistin und ihren beiden älteren Halbschwestern. Und sie, die Jüngste, beginnt, sich Gedanken über die schon länger verstorbene Mutter zu machen. Wer war Hanna?
Weshalb es sich lohnt
Die aus Filmen und der Fernsehserie "Mord mit Aussicht" bekannte Schauspielerin Caroline Peters, die lange Jahre auch am Wiener Burgtheater engagiert war, hat ihren ersten, feinen und amüsanten Roman veröffentlicht. Peters führt in die eigene Kindheit im Rheinland der Siebziger- und Achtziger-Jahre, zeigt die Mechanismen und Beengungen von Familiensystemen und wie die Mutter immer wieder dafür gesorgt hat, dass die Tage etwas anders laufen als üblich ― bis sich Hanna entscheidet, die Familie zu verlassen und ihr Leben allein von vorn zu beginnen. Mit einer ganz eigenen Stimme und Leichtigkeit erzählt Peters von den Fragen einer Tochter an die verstorbene Mutter und an sich selbst. Ein sehr persönliches und berührendes Buch mit der richtigen Dosis Humor.

Die Literaturnobelpreisträgerin: Wer ist Han Kang?
Han Kang Der diesjährige Literaturnobelpreis ging an Han Kang. Die südkoreanische Schriftstellerin gilt als wichtigste literarische Stimme Koreas. Wer sie entdecken möchte, fängt am besten mit ihrem bekanntesten Werk an. Mehr zur Autorin unter han-kang.net.
Ihre Bücher Mit ihrem 2016 erschienenen Roman "Die Vegetarierin", der den renommierten Man Booker International Prize erhielt, wurde Han Kang international bekannt. Im Aufbau Verlag sind Han Kangs Werke "Die Vegetarierin", "Menschenwerk", "Deine kalten Hände", "Weiß" und "Griechischstunden" ebenso erhältlich wie ihr eben erschienener Roman "Unmöglicher Abschied".

Nachschub für alle, die blutige Spannung bevorzugen
"Dunkles Wasser - Ein Kate-Linville-Thriller" von Charlotte Link, 576 Seiten, Blanvalet, 26,50 Euro
Worum geht's
Eine stürmische Nacht an der Westküste Schottlands. Zwei Familien, die in einer Bucht zelten, werden im Schlaf von mehreren vermummten Männern überfallen. Die Gewalt eskaliert, nur Iris überlebt, die älteste Tochter einer der Familien, weil es ihr gelingt, sich zu verstecken. Die Kilbride-Morde, wie sie von da an genannt werden, können nicht aufgeklärt werden. Viele Jahre später wird Iris plötzlich von einem unheimlichen Stalker verfolgt. Kurz darauf verschwindet ihre Freundin auf einer gemeinsamen Ferienreise spurlos. Opfer eines Verbrechens, das eigentlich Iris galt? Zufällig trifft Iris auf Ex-Inspector Caleb Hale. Zusammen mit Kate Linville beginnt er zu ermitteln und gerät, auch persönlich, immer tiefer in einen Albtraum ...
Weshalb es sich lohnt
Mit dem bereits 5. Band aus der Kate-Linville-Reihe zieht die deutsche Thriller-Autorin Charlotte Link ihre Fans wieder einmal in ihren Bann. Viele ihrer Bücher haben die Bestsellerlisten im Sturm erobert. Nicht unwesentlich für eine Bücher-Reihe wie jene um die Kriminalistin Kate Linville: Alle Bücher der Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden.

Eine sichere Bank: der neue Fitzek
"Das Kalendermädchen" von Sebastian Fitzek, 400 Seiten, Droemer Knaur, 25,70 Euro
Worum geht's
Was, wenn der Tod deine einzige Chance ist, zu überleben? Vor 11 Jahren wurde Alma als Baby unter mysteriösen Umständen zur Adoption freigegeben. In ihrer streng unter Verschluss gehaltenen Adoptionsakte steht der Vermerk: "Identität der Eltern darf unter keinen Umständen ans Licht kommen! Mutter droht Todesgefahr!!!" Doch nun ist Alma lebensgefährlich erkrankt und braucht dringend einen Knochenmarkspender …
Weshalb es sich lohnt
Ob Begeisterung oder Verriss seitens der Kritiker, der Beliebtheit Fitzeks bei seinen Lesern tut derlei keinen Abbruch. Kaum veröffentlicht, springen seine Bücher sofort an die Spitze der Belletristik-Bestsellerlisten. Heuer gelang ihm das mit dem "Kalendermädchen". Sebastian Fitzek ist, könnte man sagen, ein deutschsprachiger John Grisham: Seit 2006 schreibt er Jahr um Jahr mindestens einen Psychothriller, die allesamt zu Bestsellern wurden.

Kein Handtaschenraub, sondern Gedankendiebstahl
"Beklaute Frauen" von Leonie Schöler, 416 Seiten, Penguin Verlag, 23,50 Euro
Worum geht's
Wie Frauen Geschichte schrieben - und Männer dafür den Ruhm bekamen … Den Satz "Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau", sieht Autorin Leonie Schöler doppeldeutig. Einerseits romantisch verklärend, andererseits buchstäblich, wie die Historikerin in ihrem Buch vielfach belegt. Muse, Sekretärin, Ehefrau - es gibt viele Bezeichnungen für Frauen, deren Einfluss aus der Geschichte radiert wurde. Für deren Leistungen Männer die Auszeichnungen und den Beifall bekamen: Wissenschaftlerinnen, deren Errungenschaften nicht anerkannt wurden. Autorinnen, die sich hinter männlichen Pseudonymen versteckten. Oder Künstlerinnen, die im Schatten ihrer Ehemänner in Vergessenheit geraten sind. Lebendig und unterhaltsam erzählt Schöler ihre Geschichten. Zeigt, wer die Frauen sind, die unsere Gesellschaft vorangebracht haben. Und verdeutlicht, wie wichtig die Diskussion um Teilhabe und Sichtbarkeit ist.
Weshalb es sich lohnt
Manchen geht das Thema auf die Nerven – das scheint auch der Autorin bewusst zu sein. "Oje, bitte das Buch noch nicht wieder zuklappen", steht in ihrer Einleitung. Sehr vielen Menschen sind die neuen Perspektiven auf die Geschichte der Menschheit noch unbekannt. Umso erfreulicher, dass der Titel seit 38 Wochen in der Spiegel-Bestsellerliste Sachbuch gelistet ist! Schöler erläutert, wie es zu den Geschlechter-verzerrten Blickwinkeln kommen konnte, sachlich, ohne Vorwürfe, dafür mit Witz und guten, frechen Fragen.

Neues vom großen Welten-Erklärer
"Nexus" von Yuval Noah Harari, 656 Seiten, Penguin Verlag, 29,50 Euro
Worum geht's
Die Menschheit hat in den letzten 100.000 Jahren mit Entdeckungen, Erfindungen und Eroberungen viel Macht erlangt. Dennoch befinden wir uns heute in einer existenziellen Krise. Die Welt steht am Rande des ökologischen Zusammenbruchs, Fake News werden verbreitet und die ganze Welt stürzt sich kopfüber – manche sagen auch kopflos - in das Zeitalter der Künstlichen Intelligenz, jenes neuen Informationsnetzwerkes, das uns auszulöschen droht.
Weshalb es sich lohnt
Das Buch ist in drei Abschnitte unterteilt. "Menschliche Netzwerke" beschäftigt sich mit der Entwicklung menschlicher Informationssysteme, von der Antike bis in die Moderne. "Das anorganische Netzwerk" erläutert den Computer, der 1940 entwickelt wurde und auf dem alle heute zur Verfügung stehen IT-Technologien basieren. Und in "Computerpolitik" geht Harari der Frage nach, wie unterschiedliche Gesellschaften mit den Chancen und Gefahren neuer Technologien umgehen könnten. "Nexus", so der Verlag, erkunde den hoffnungsvollen Mittelweg zwischen diesen Extremen und zeige, wie sich unser gemeinsames Menschsein wieder entdecken lässt.
