alter brauch, neu belebt

Weshalb sich ein bayrischer Bischof auf YouTube zerkugelt

Mit seinem herzlichen, ansteckenden Lachen im Ostergottesdienst begeistert der Passauer Bischof Stefan Oster auf Social Media gerade die Massen.

Der Passauer Bischof Stefan Oster erzählt seiner Gemeinde jedes Jahr im Ostergottesdienst einen Witz und führt so die alte katholische Tradition des Osterlachens fort. Dieses Jahr lachte er selbst am meisten über seine heitere Anekdote, das Video davon geht auf YouTube viral und hat bereits knapp eine Million Aufrufe.
Der Passauer Bischof Stefan Oster erzählt seiner Gemeinde jedes Jahr im Ostergottesdienst einen Witz und führt so die alte katholische Tradition des Osterlachens fort. Dieses Jahr lachte er selbst am meisten über seine heitere Anekdote, das Video davon geht auf YouTube viral und hat bereits knapp eine Million Aufrufe.
Bistum Passau
Newsflix Redaktion
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Es ist eine uralte Sitte, die der Passauer Bischof Stefan Oster seit einigen Jahren mit zunehmendem Erfolg wiederbelebt: das Osterlachen, oder – in der Sprache der katholischen Kirche – risus paschalis. Eigentlich soll dabei der Geistliche seine Gemeinde zum Lachen bringen um auszudrücken, dass die Gläubigen zu Ostern dem Tod ein Schnippchen geschlagen haben. Doch im diesjährigen Ostergottesdienst war es der Gottesmann selbst, der am meisten über seinen Witz lachte. Und das tat er so herzlich und sympathisch, dass nicht nur die ganze Kirche, sondern mittlerweile hunderttausende Menschen auf YouTube mitlachen.

Die Oster-Anekdote von Bischof Stefan Oster im Wortlaut:

"Die ganze Sache spielt im Bayrischen Wald in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts, wo das mit dem Tourismus langsam angegangen ist, es aber noch nicht überall fließendes Wasser gegeben hat", beginnt der Bischof seine Erzählung.

Gegen Anfang der 20er-Jahre wandte sich eine Städterin schriftlich an die kleine Landgemeinde, in der sie Urlaub zu machen gedachte. Besorgt fragte sie nach, ob auch ein WC zur Verfügung stünde. Der Bürgermeister samt Gemeinderat war über die eigenartige Anfrage und Abkürzung völlig ratlos. Zuletzt wurde sogar der Dorf-Geistliche befragt. Und der vermutete, dass es sich dabei eigentlich nur um das Waldkapellchen handeln könnte, das die neumodischen Städter inzwischen mit C schreiben.

So verfassten die Mitglieder des Gemeinderates gemeinsam mit dem Pfarrer folgenden Antwortbrief an die besorgte Touristin:

Sehr verehrte gnädige Frau,

herzlichsten Dank für Ihre erfreuliche Anfrage, zu der wir Ihnen erfreulicherweise erwidern dürfen, dass Sie an unserem Ort alles zu Ihrer vollsten Zufriedenheit vorfinden werden. Selbstverständlich verfügt unser Dorf auch über ein WC, und dies bereits seit über 300 Jahren. Das WC ist günstig mitten im idyllischen Wald gelegen und kann bequem in einer Viertelstunde zu Fuß erreicht werden. Es hat etwa 30 Sitzplätze, ist tagsüber ständig geöffnet und steht zu Ihrer Verfügung. Meistens wird unser WC von den Menschen alleine aufgesucht, aber an Fest- und Feiertagen versammeln sich dort oftmals mehrere, um gemeinsam den Zwecken zu huldigen, für die unser WC erbaut wurde. Dies geschieht meist unter sachkundiger Anleitung des Herrn Pfarrer, der auch unter der Woche öfter im WC anzutreffen ist. Zu besonderen Anlässen gibt es in unserem WC auch musikalische Begleitung durch unsere Blaskapelle. Auf Anregung des Herrn Pfarrers werden bei diesen Anlässen in unserem WC Zettel bereitgehalten, damit Sie es bequemer haben, der Veranstaltung zu folgen. Wir hoffen, dass damit Ihrem Aufenthalt in unserem schönen Ort nichts mehr im Wege steht, es freut uns immer wieder, wenn die Menschen von weit herkommen, nur um unser WC zu benutzen. Hochachtungsvoll, der Gemeinderat

Uralte katholische Tradition Woher die Idee des Osterlachens stammt, ist bis heute unbekannt. Sicher ist nur, dass es vor allem in Bayern zwischen dem 14. und dem 19. Jahrhundert ein fester Bestandteil des christlichen Brauchtums gewesen ist. Das Osterlachen ist die einzige Form, in der das Lachen in die christliche Liturgie einbezogen wurde, und das Grundanliegen dieses Brauchs war es, die Osterfreude zum Ausdruck zu bringen. Es sollte damit die Überlegenheit und der Sieg über den Tod symbolisiert werden.

Kritik an der Obrigkeit Es war außerdem eine Art, in heiterer Form Kritik an der weltlichen oder kirchlichen Obrigkeit zu üben (so wie es auch die Hofnarren tun durften). Vor allem der aus Deutschland stammende Prediger am Wiener Kaiserhof, Abraham a Sancta Clara, gilt mit seinem Predigtstil dafür als exemplarisch. Doch vor allem mit dem stärker werdenden Protestantismus in Deutschland geriet das katholische Osterlachen immer mehr in Verruf und um die Mitte des 19. Jahrhunderts verschwand es schließlich vollends aus der Liturgie. Erst Anfang des 21. Jahrhunderts begannen einige Priester in Süddeutschland  damit, das Osterlachen wieder in ihre Ostermessen aufzunehmen. Der bekannteste unter ihnen ist der Passauer Bischof Stefan Oster.

Lachen, bis die Tränen kommen: der Passauer Bischof Stefan Oster während der Ostermesse 2024
Lachen, bis die Tränen kommen: der Passauer Bischof Stefan Oster während der Ostermesse 2024
Bistum Passau

Vom Journalisten zum Bischof Stefan Oster, den sein Lachanfall bei der Osterpredigt 2024 nun zum Internetstar gemacht hat, gehört seit vielen Jahren zu den medial präsentesten katholischen Geistlichen Deutschlands. Was wohl zu einem Gutteil an seiner eigenen bunten Vita liegt. Denn Oster erlernte zunächst den Journalistenberuf und war in Zeitung und Hörfunk tätig, ehe er sich den Salesianern Don Boscos anschloss und zum Ordensmann wurde. "Ich wollte mithelfen, dass das Leben von jungen Menschen gelingt", erklärte er einmal seinen Schritt zur Geistlichkeit. 2014 wurde Stefan Oster zum Bischof von Passau geweiht.

Lachender Gottesmann, ernste Themen Doch während Bischof Oster mit seinem Lach-Video Bonuspunkte sammelt, gehört er in vielen aktuellen Fragen zur erzkonservativen Fraktion innerhalb der katholischen Kirche Deutschlands und fordert damit immer wieder Kritik nicht nur von Interessensverbänden, sondern auch von anderen Kirchenmitgliedern heraus. So vertritt Stefan Oster bei Fragen zur Sexualmoral, zu Homosexualität, Intersexualität und dem Zölibat für Priester die Lehrmeinung der Kirche. Auch gegen die  Priesterweihe von Frauen hat sich Bischof Oster ausgesprochen: "Zum Geheimnis von Schöpfung und Erlösung" gehöre, dass Jesus ein Mann war. Und die Interkommunion, also die Zulassung protestantischer Ehepartner katholischer Gläubiger zur gemeinsamen Eucharistie, lehnt Oster ab. Aber immerhin können die Gläubigen bei ihm zum gemeinsamen Lachen in die Kirche kommen.  

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