Lokale Kritik
Auch in den Kornaten ist's, wie's isst: Fisch muss schwimmen
Die Cuisinière & Der Connaisseur schwimmen ausnahmsweise in getrennten Meeren, seiner Thunfisch-Festa steht sie kritisch gegenüber, ihren Neid spürt man trotzdem.
Die Cuisinière zeigte sich alles andere als beglückt, Der Connaisseur offenbarte ihr seine Pläne, dem geneigten Newsflix-Leser und der interessierten Newsflix-Leserin wesentliche Einblicke und Ratschläge in die Kulinarik der dalmatinischen Inselwelt zu gewähren. Sei es doch sie gewesen, die in den 80ern ("des vorigen Jahrhunderts", wie er spitz einwerfen musste) Jahr für Jahr "mit der 'Free and Easy' die Adria rauf und runter gesegelt" ist.
"Wie hat sich das auf deine kulinarische Prägung ausgewirkt?", wollte Der Connaisseur in Vorbereitung der Mission von der zuhause Bleibenden wissen. In einigen Buchten habe es schon Konobas gegeben. Sie sei "in dieser Zeit quasi mit Seafood aufgezogen" worden.
Und jetzt soll die kulinarische Neu-Vermessung der Kornaten zwischen Zadar und Šibenik nicht Die Cuisinière, sondern statt ihr Admiral Duck vornehmen? Sie war empört und kündigte schwerere Retorsionsmaßnahmen nach ihrer bevorstehenden Istrien-Reise an, bei der sie dann ebenfalls Admiral Duck begleiten werde. "Der kann sich nicht wehren", murmelte Der Connaisseur.
"Una festa sui prati" summte Der Connaisseur in akzentfreiem Kroatisch, als sie sich der Insel Žut näherten.
Das – frei nach Celentano - "Festa" findet jetzt nicht auf einer prati statt. "Derer es auf den Inseln des Kornati Archipels insgesamt wenige gibt." "Stimmt", bewundert Der Connaisseur das Langzeitgedächtnis der Cuisinière. Gemeint ist nämlich dieses Fešta in einer wunderbaren Bucht auf dem nicht ständig bewohnten Eiland. Dafür gibt es einen für die Gäste kostenlosen Yachthafen, wo sich im Sommer eine Voranmeldung als dienlich erweist. "'Fešta' ist also ein Fest für den Marineur", mutmaßt Die Cuisinière nach Begutachtung des Fotos.
"Unter den teilweise Jahrhunderte alten Olivenbäumen auf der Terrasse mit Blick auf das Meer lässt es sich aushalten", bestätigt Der Connaisseur. Und Admiral Duck stimmt freudig zu.
Und schon ging es los mit dem Gruß aus der Küche. Des Connaisseurs Kalauer "die sollen nicht grüßen, sondern kochen" findet Die Cuisinière übrigens noch immer nicht rasend lustig.
Durch die "Bonito Schwertfisch-Pastete" auf den Geschmack gekommen, war die nächste Bestellung ökologisch korrekt "einmal Tuna alles".
Tatsächlich gibt es in diesem Teil der Adria Thunfische, auch erste Zuchterfolge werden vermeldet, nimmt er das kritische Stirnrunzeln der Cuisinière vorweg. Aber das ist ein Thema, dem auch die Wirte, mit denen Der Connaisseur im Rahmen seiner Fact-Finding-Mission darüber gesprochen hat, lieber ausweichen. Jedenfalls gibt es den θύννος tatsächlich in fast jeder Konoba zwischen Zadar und Šibenik. Und zwar in Sashimi-Qualität und -Preis.
So auch diese Thunfisch-Variationen (von Tataki über die Avocado-Röllchen, Ceviche, Sashimi, Tartare) mit einer süß-scharfen Kapern-Oliven-Sauce mit Orangenkonfitüre – "nur das Wasabi entstammte nicht aus dem eigenen Anbau?!", schloss Die Cuisinière schärfer als die grüne Paste. Ebenso der Preis: 120 Euro.
Aber wenn das Couvert schon mit 7,50 Euro zu Buche schlägt, überrascht das nicht mehr sehr. "Du musst bedenken, das müssen sie alles auf die Insel bringen", war Die Cuisinière wieder mal auf der Seite ihrer Kollegen. Der Connaisseur versucht einen Widerstand: "Speziell der Fisch, die Oliven, das Gemüse …" Sich der Zwecklosigkeit hingebend, gesteht er: "Aber gut war es schon!" Er kann nicht das letzte Wort haben. "Deswegen haben sie wohl zwei Hauben", ergänzte die bestens studierte Cuisinière. "Trotz allem ein saftiger Preis, die anderen müssen ja auch ihre Ware anschippern!"
Keine fünf Seemeilen entfernt, "wahrscheinlich auch nur mit dem Boot erreichbar?", argwöhnt Die Cuisinière richtig. Und sinniert über ihre schon erwähnte Seefahrer-Vergangenheit. Als sie und ihr Stiefbruder "an der Reling angeleint, während Eltern und Tanten des öfteren alle Segel, Steuerrad und Leinen unter Kontrolle zu halten versuchten …" - "und es mit größtem Einsatz schafften, wie man sichtlich merkt", unterbricht Der Connaisseur - "… und das Geschirr aus den Regalen flog …!", lässt sie sich nicht beirren.
Der Connaisseur denkt kurz über die nachträgliche Einschaltung der Fürsorge nach, lässt sich dann aber doch nicht beirren und setzt erneut an: "Also: keine fünf Seemeilen entfernt liegt in der Bucht der Insel Katina die "Konoba Mare"; erneut ein Juwel, der Blick aufs türkisfarbene Mare und der unglaubliche Sternenhimmel (ohne Lichtverschmutzung). "Konoba heißt Wirtshaus", versucht Die Cuisinière den Connaisseur zu belehren. Dieser ergänzt nickend, "ja, und zwar jedes Lokal, von der echten Windn bis zum Sternentempel".
Auch in der "Konoba Mare" konnte Der Connaisseur nicht vom Thunfisch lassen. Doch das Tataki auf Letscho mit Paprika-Pünktchen konnte mit der vorhergegangenen Thunfisch-Festa, außer beim Preis (25 Euro), nicht wirklich mithalten.
"Das kommt davon, wenn man verwöhnt ist", stichelt Die Cuisinière. Meinte aber vielmehr, weil sie nicht dabei gewesen sei. Und damit eine weitere Haube verpasst hat. "Aber ja, bei dieser Garung wundert es mich nicht", stimmt sie schließlich doch zu.
Die Risottos (Scampi und Nero, je 28 Euro) hingegen – sensationell.
Aber dann, der Branzino, fangfrischer geht gar nicht. Al forno - aus dem Backrohr: unglaublich!!! Jeden einzelnen der 93 Euro für das Kilo wert. "Saftig, bissfest und geschmacklich ausgezeichnet", is(s)t Der Connaisseur im Fischhimmel.
Nicht zu vergessen die frischen Lobster (165 Euro für das Kilo). Da müsse man nur Obacht geben, so Kenner, zwei Kilo seien gleich weg in den Spaghetti … Was den Connaisseur preislich an maßlose Trüffelzeiten erinnert!
"Daytime drinking", bringt sich Die Cuisinière mit unwiderlegbaren Tatsachen ein. "Das ist wohl Teil der Mission", behauptet Der Connaisseur – und fühlt sich ertappt.
Dass in der traumhaften, fast karibischen Bucht dubiose Zustände hinsichtlich "Ankergebühren" herrschen, muss Erwähnung finden. Auch, dass die junge, ambitionierte Truppe des "Babalu" nichts dafür kann. Manche sprechen sogar von Raubrittertum. Zumal bei anderen Konabas das Ankern bei entsprechender Konsumation, wie erwähnt, gratis ist. Wir sagen eben, wie es ist!
"Und da kommt man überall nur mit dem Boot hin!?!?", ereifert sich Die Cuisinière mit einer rhetorischen Frage.
Kommentare, Wünsche, Beschwerden, Anregungen bitte an Die Cuisinière & Der Connaisseur [email protected]
Die Cuisinière & Der Connaisseur
- Die Cuisinière und Der Connaisseur arbeiten schon länger projektweise zusammen, haben sich gefunden, um über das Essen zu reden. Und nun auch andere daran teilhaben zu lassen. Es ist, wie es isst!
- Die Cuisinière ist Jacqueline Pfeiffer, Grand-Master Chef – bis vor kurzem Chef, jüngst She-Chef – genannt. War Kochlöffel in diversen Hauben- und Sternehütten in Mitteleuropa ("Adlon", Gstaad, "Marc Veyrat" usw.), irgendwann "Köchin des Jahres" und hatte in den 10er-Jahren im Wiener "Le Ciel" vier Hauben (nach neuer Gault Millau-Zeitrechnung) erkocht. Nunmehr ist sie als Enjoyment-Consultant mit ihrem PfeiffersGIG fast ausschließlich im diskreten gastronomischen Spitzenbereich unterwegs.
- Der Connaisseur heißt Wolfgang Fischer, war Journalist und Medienmanager, zehn Jahre CEO der Wiener Stadthalle, nunmehr Geschäftsführer der DDSG Blue Danube, bester Freund von Admiral Duck – und Gourmet wie Gourmand seit Jahrzehnten. Also ein klassisch übergewichtiger weiser alter Mann.