Die Hitzewelle hat Österreich im Griff. Beileid, wer jetzt anpacken muss. Arbeitsrechts-Spezialistin Katharina Körber-Risak erklärt, wie wenig man im Dienst anhaben darf, ob ein Tanktop den Job kosten kann, ob Chefs Bekleidung vorschreiben können.
"Die Hitze der Stadt ist im Sommer brutal,
weil man fürchterlich matt ist wird das Leben zu Qual."
Was Rainhard Fendrich vor mehr als 40 Jahren noch eher als Ausnahmeerscheinung besungen hat, gehört in Zeiten des Klimawandels längst zum alljährlichen Sommer-Standard. Tage- oder sogar wochenlange Hitzewellen, die sich tonnenschwer auf das Land legen und jeden Aufenthalt in der prallen Sonne nahezu unerträglich machen.
Bis zu 38 Grad Hitze In dieser Woche, so die Meteorologen, erreicht die erste Hitzewelle des noch jungen Sommers 2025 unser Land voll – so früh wie selten im Jahr. Temperaturen von bis zu 38 Grad lassen vor allem den Osten Österreichs schmelzen, am Donnerstag steht der vorläufige Höhepunkt der Hitzewelle bevor, so Geosphere Austria.
Die Städte werden zu Backöfen Bleierne Hitze, die umso unerträglicher wird, je weniger Wiesen und Bäume die Kraft der Sonne zumindest ein wenig lindern. Beton, Asphalt und Teer machen die Innenstädte zu Backöfen, in denen die Temperaturen in der Sonne auf bis zu 70 Grad steigen können. Autos werden unter diesen Bedingungen binnen Minuten zu lebensgefährlichen Fallen.
Ausziehen, ausziehen! Verständlich, dass die Menschen solcher Hitze vor allem dadurch begegnen, dass sie so viele Kleidungsstücke wie nur möglich ablegen. Und so sind die Fußgängerzonen in den Innenstädten derzeit weitestgehend textilbefreit, als wäre man am Lido von Caorle unterwegs. Nackte Haut so weit das Auge reicht, Shorts, Tanktops und Flip-Flops sind die modischen Standards.
Aber im Job? Alles kein Problem, solange man in der Freizeit durch die Innenstädte flaniert, anstatt sich einen Schattenplatz am Wasser zu suchen. Aber was, wenn man keinen Urlaub hat, sondern arbeiten muss, während die Quecksilbersäule durch die Decke geht?
Welche Bekleidungs-Regeln für Arbeitnehmer gelten, was der Chef diesbezüglich verlangen darf und ob man schlimmstenfalls sogar seinen Job verlieren kann, wenn man mit Shorts und Flip-Flops ins Büro kommt: Arbeitsrechts-Spezialistin Katharina Körber-Risak sagt, was Arbeitnehmer bei Extrem-Hitze anziehen dürfen – und welche Looks selbst im Hochsommer gar nicht gehen:
Darf ich bei extremer Hitze mit kurzen Hosen und Flip-Flops in die Arbeit gehen?
Das hängt maßgeblich von der Art des Jobs, der Ausstattung des Arbeitsplatzes und den Vorgaben des Arbeitgebers ab. Daher gibt es auf diese Frage keine allgemein gültige Antwort, jede Situation muss im Zweifel einzeln bewertet werden.
Darf mir mein Arbeitgeber vorschreiben, wie ich mich am Arbeitsplatz anziehen muss?
Ja, grundsätzlich darf der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern bestimmte Standards bezüglich der Kleidung am Arbeitsplatz vorgeben. Diese müssen allerdings in einem gewissen Rahmen bleiben und sich aus der Art der Tätigkeit oder des Betriebes ergeben.
Wie streng dürfen diese Bekleidungsregeln sein?
Das hängt von den Gegebenheiten am Arbeitsplatz ab. Aber wenn der Arbeitgeber Bekleidungsvorschriften aufstellt, muss er im Rahmen seiner Fürsorgepflicht auch darauf achten, dass für seine Mitarbeiter dadurch keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen entstehen.
Was heißt das bei besonders hohen Temperaturen?
Wenn etwa am Arbeitsplatz keine Klimatisierung besteht und / oder im Freien gearbeitet wird, müssen die Kleidungsvorschriften entsprechend gelockert werden.
Vor allem im Gastgewerbe gibt es aber oft vorgegebene Kleidungs-Standards …
Natürlich haben Gastronomen Interesse an der Erkennbarkeit ihres Personals. In vielen Wiener Kaffeehäusern wird noch Anzug oder Kleid mit Schürze getragen, auf einer Almhütte oft eine Lederhose und ein kariertes Hemd. In der gehobenen Gastronomie oder bei Franchise-Ketten gibt es "Corporate Branding", also uniformähnliche Arbeitskleidung. Das alles gilt üblicherweise unabhängig von der Temperatur. Ob sich das bei einer Hitzewelle durchhalten lässt, steht auf einem anderen Blatt.
Wie ist die Situation bei Open Air-Jobs im technischen Bereich?
Wo arbeitnehmerschutzrechtliche gesetzliche Bestimmungen bestehen, die eben nicht gelockert werden dürfen – etwa bei Helmpflicht oder dem Tragen von Sicherheitsschuhen oder anderer Ausrüstung – , muss der Arbeitgeber auf andere Art sicherstellen, dass es zu keinen Gesundheitsbeeinträchtigungen bei seinen Mitarbeitern kommt. Etwa durch zusätzliche Pausen oder Beschattungs-Maßnahmen.
Wie locker darf ich mich im Büro anziehen?
Es kommt darauf an. Jede Branche hat ihre eigenen Usancen, was als "angemessene Arbeitskleidung" definiert werden kann. Anwälte tragen in der Regel nach wie vor Anzüge, wenn sie Klienten treffen oder Verhandlungen führen. Von Mitarbeitenden in Kreativ-Jobs hat man andere Vorstellungen.
Muss mein Arbeitgeber seine Bekleidungsvorschriften vorab bekannt geben?
Es empfiehlt sich in jedem Fall, wenn ein Arbeitgeber seine Vorstellungen davon, was kleidungsmäßig "geht", zumindest grob umreißt und seinen Mitarbeitern kommuniziert, damit es nicht zu Missverständnissen kommt. Idealerweise kann die Kleidungsfrage gleich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses angesprochen werden. Eine vertragliche Regelung schadet nicht, ist aber nicht zwingend notwendig.
Was kann mir passieren, wenn ich mich nicht an die Bekleidungsvorschriften meiner Firma halte?
Wenn sich ein Mitarbeitender wiederholt nicht an die Kleidungs-Vorgaben hält, kann es zu einer Ermahnung oder Abmahnung kommen.
Kann ich dafür auch gekündigt werden?
In Österreich gilt das Prinzip der Kündigungsfreiheit, ein Arbeitgeber kann seinen Mitarbeiter grundsätzlich jederzeit kündigen, ohne dafür einen bestimmten Grund angeben zu müssen. Allerdings kann eine Kündigung im Nachhinein angefochten werden. Dann muss der Arbeitgeber unter Umständen Gründe darlegen, um zu zeigen, dass die Kündigung nicht auf einem unzulässigen Motiv beruht.
Sind Flip-Flops im Büro ein zulässiger Kündigungsgrund?
Das käme auf den Einzelfall an: Trägt der Mitarbeiter die Flip-Flops nur im eigenen, nicht öffentlich zugänglichen Büro und wechselt bei Kundenkontakt das Schuhwerk, wird das rechtlich anders zu beurteilen sein als bei wiederholtem Erscheinen in Meetings oder im Kundenbereich mit unpassender Kleidung. Es handelt sich immer um eine situationsabhängige Bewertung.
Wie viel nackte Haut darf man zeigen?
Da gibt es nach wie vor große Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Die Zeiten, als Frauen am Arbeitsplatz auch im Hochsommer Strumpfhosen tragen mussten, sind vorbei und so etwas könnte man auch rein rechtlich heute nicht mehr einfordern. Auch offene Schuhe scheinen bei Frauen im Sommer kein No-go mehr zu sein – anders als bei Männern. Wobei man schon fragen kann, warum es da unterschiedliche Standards zwischen den Geschlechtern gibt.
Also dürfen Männer nicht mit Sandalen in die Arbeit kommen?
Es hängt, wie gesagt, immer davon ab, in welchem Beruf und an welchem Arbeitsplatz man arbeitet. Offene Schuhe oder auch kurze Hosen werden bei Männern aber in den meisten Jobs nach wie vor nicht akzeptiert bzw. gelten nicht als professionell.
Wie schaut es mit ärmellosen Shirts aus?
Generell gilt für alle Mitarbeiter, auch ohne Kundenkontakt: Ein Mindestmaß an Pflege und Bedeckung des Körpers sollte vorausgesetzt werden, damit sich die Kollegen nicht irritiert fühlen und der Charakter eines Arbeitsplatzes erhalten bleibt. Im Tanktop oder im Bikinioberteil ins Büro – das geht nicht.
Und wenn Kundenkontakt zum Job gehört?
Dann kann der Arbeitgeber die Kleidungsanforderungen an seine Mitarbeiter noch einmal "verschärfen", das gilt auch im Hochsommer. Eine schriftliche Weisung für männliche Mitarbeiter, etwa keine armfreien Kleidungsstücke zu tragen, sehe ich zwar nur selten, ist aber nach wie vor Common Sense.
Sind diesbezüglich auch Tätowierungen und Piercings ein Thema?
Auch das hängt von der Beschaffenheit des jeweiligen Jobs ab, aber grundsätzlich ändern sich die Standards laufend und müssen sich auch an den gesellschaftlichen Gegebenheiten orientieren. War es vor einigen Jahrzehnten etwa noch umstritten, dass Männer in bestimmten Berufen mit Kundenkontakt ein Halskettchen sichtbar tragen, sind heute in vielen Berufen auch sichtbar tätowierte oder gepiercte Mitarbeiter vorstellbar.
Wie sieht es mit Kopfbedeckungen aus?
Bei Open Air-Jobs kann gegen einen Hut oder eine Kappe als Sonnenschutz im Grunde nichts eingewendet werden. Diese sollten allerdings nicht als religiöse oder weltanschauliche Symbole missverstanden werden können.
Katharina Körber-Risak ist Gründerin und Partnerin der Körber-Risak Rechtsanwalts GmbH und seit 2004 schwerpunktmäßig im Arbeitsrecht tätig. Sie ist Autorin zahlreicher Fachpublikationen, Lektorin an Unis und gefragte TV-Expertin