Newsflix.at Logo
Alle Neustarts

Die Kinofilme der Woche sind märchenhaft (aber nicht alle)

So haben Sie "Aschenputtel" vermutlich noch nie gesehen – als blutigen Horrorfilm, in dem für die Schönheit sogar zu Hammer und Meißel gegriffen wird. Aber auch die meisten anderen neuen Kinofilme sind der Hammer.

The Ugly Stepsister: Ach Gottchen, der Prinz bittet Elvira um den ersten Tanz
The Ugly Stepsister: Ach Gottchen, der Prinz bittet Elvira um den ersten TanzMarcel Zyskind
Christian Klosz
Akt. 04.06.2025 22:10 Uhr

Wenn die Norweger was anpacken, dann gleich richtig. Deshalb landen Nadeln im Auge und auch sonst geht es deftig zu. Man darf "The Ugly Stepsister" aber nicht als müden Abklatsch des Märchens der Brüder Grimm abtun. Wer ein bisschen genauer hinschaut, erkennt Parallelen zur heutigen Welt. Zum Schönheitswahn, der TikTok-Sucht und dem Laufsteg Instagram.

Der 109 Minuten lange Streifen heißt im Original "Den Stygge Stesøsteren", was hübsch klingt und Norwegisch ist. Der Cast bringt viele frische neue Gesichter. "Ruckedigu, Blut ist im Schuh" gibt es natürlich auch, aber ein bisschen anders. Lassen Sie sich überraschen!

Überraschen ist ein gutes Stichwort für diese Kinowoche. Erzählt wird nämlich auch eine Geschichte, die sich so oder so ähnlich zugetragen hat, aber vielen bisher unbekannt war. Nazi-Schlächter Adolf Hitler hatte nämlich Vorkosterinnen, eine Riege junger, natürlicher deutscher Frauen, die vorab aßen, was für den "Führer" bestimmt war.

Wer bekannteren Stoff will, ist bei "From the World of John Wick: Ballerina" gut aufgehoben. Fans der Reihe von Keanu Reeves kommen auf ihre Rechnung und die sollte man nie ohne den Wirt machen. Willkommen in der Kino-Woche!

Verschönerung? Elvira (Lea Myren) wird von Ane Dahl Torp aufgehübscht
Verschönerung? Elvira (Lea Myren) wird von Ane Dahl Torp aufgehübscht
Marcel Zyskind

Film der Woche: "The Ugly Stepsister"

Worum es gehtIm fiktiven Königreich "Swedlandia" werden die beiden jungen Frauen Elvira (Lea Myren) und Agnes (Thea Sophie Loch Næss) nach der Heirat von Elviras Mutter Rebekka und Agnes' Vater Otto zu Stiefschwestern. Anfangs verstehen sie sich noch gut, wenngleich die etwa pummelige Elvira Agnes um deren Schönheit beneidet.

Als Otto plötzlich stirbt, stellt sich heraus, dass er seiner Patchwork-Familie entgegen der Versprechungen nichts hinterlassen hat. So stehen Rebekka und ihre Tochter, die alle Hoffnung in die vermeintlich "gute Partie" gesetzt hatten plötzlich mittellos da. Da der in der Nähe residierende Prinz Julian gerade auf Brautschau ist, setzt die Mutter nun alles auf ihre Tochter: Eine Diät muss her, dazu einige Schönheits-OPs, um sie "herzeigbar" zu machen, mit dem Ziel, durch Elviras Verheiratung an den Prinzen schnell wieder an Vermögen zu kommen.

Die Schöne und das Biest: Dabei hatten sie sich doch am Anfang so gut verstanden
Die Schöne und das Biest: Dabei hatten sie sich doch am Anfang so gut verstanden
Marcel Zyskind

Elvira hat sich in den feschen Prinzen, der in seiner Freizeit Gedichtbände herausgibt, ohnedies schon verschaut und ist bei dem "Project Makeover" engagiert dabei. Sie scheut keine Mühen und Schmerzen, denn: Wer schön sein will, muss eben leiden. Agnes scheidet derweil um das Rennen ums Herz des Prinzen aus, da sie mit dem Stallburschen erwischt wurde und daher nicht an der großen Ballnacht teilnehmen darf.

Dort läuft anfangs alles ideal für das durchtriebene Mutter-Tochter-Gespann, Elvira ist der Hit des Abends und die Verehrer stehen Schlange. Schließlich bittet sie sogar der Prinz um den ersten Tanz. Doch dann taucht Agnes auf, und der Abend nimmt eine dramatische Wendung.

Weshalb es sich lohnt Wem diese Geschichte bekannt vorkommt, der irrt nicht: "The Ugly Stepsister" ist eine (post-)moderne Adaption des Grimm'schen Aschenputtel-Märchens. Die norwegische Regisseurin Emilie Blichfeldt setzt in ihrem beeindruckenden Debüt auf gut gemachten, ekeligen Body-Horror, ihr Film weist auch sonst einige Parallelen zu "The Substance" auf, wenngleich er den Erfolg mit Demi Moore sogar knapp übertrifft.

Was für ein Name: Thea Sophie Loch Næss spielt die hübsche Agnes
Was für ein Name: Thea Sophie Loch Næss spielt die hübsche Agnes
Marcel Zyskind

Dem Film gelingt es, seine allegorische Geschichte, blutigen Horror und eine clever geschriebene und subversive Reflexion über "Schönheit" in Einklang zu bringen. "The Ugly Stepsister" verbindet auf verschiedenen Ebenen Altes mit Neuem: Die Ästhetik erinnert an die osteuropäischen Märchen-Verfilmungen des letzten Jahrhunderts, während der Soundtrack auf heute wieder hippen Synthie-Sound setzt. Und das alte Aschenputtel-Märchen wird um hochaktuelle Themen wie die Vor- und Nachteile von Schönheits-OPs ergänzt.

Besonders beeindruckt die Figurenzeichnung, die Grauzonen auslotet: Es geht um weibliche Unterdrückung und weibliche Macht, keine der Charaktere ist eindeutig gut oder böse. Ein unbedingt sehenswerter Geheimtipp, nicht nur für Horror-Fans.

"The Ugly Stepsister", Horror, Comedy. Norwegen 2025, 109 Minuten, ab 5. Juni im Kino

"Die Vorkosterinnen" erzählt eine wahre Geschichte
"Die Vorkosterinnen" erzählt eine wahre Geschichte
Busch Media Group

"Die Vorkosterinnen"

Worum es gehtHerbst 1943: Die NS-Zeit neigt sich langsam dem Ende zu, der Hitler-Krieg nagt zunehmend an der deutschen Bevölkerung. Auch Rosa Sauers (Elisa Schlott) Ehemann kämpft an der Front. Nachdem Berlin bombardiert wird, flüchtet sie ins ländliche Ostpreußen, wo sie bei den Eltern ihres Mannes unterkommt.

In der Nähe des Dorfes befindet sich auch Hitlers Hauptquartier "Wolfsschanze". Eines Tages stürmt die SS Rosas Unterkunft, sie und andere Frauen aus der Gegend werden zwangsrekrutiert. Sie wissen nicht, wie ihnen geschieht, werden in einem kleinen Raum gemeinsam an einen Tisch gesetzt, vor ihnen stehen unterschiedliche Mahlzeiten: Sie wurden als "junge, gesunde, deutsche Frauen" eben als Vorkosterinnen für die Mahlzeiten Hitlers ausgewählt. Sie müssen fortan dreimal täglich testen, ob die Führer-Gerichte auch giftfrei sind.

An Weihnachten erfährt Rosa, dass ihr Mann "vermisst" sei. Sie weiß, was das bedeutet, und bricht zusammen. Desillusioniert beginnt sie eine Affäre mit dem neuen Kommandanten Albert Ziegler (Max Riemelt), von dem sie sich zugleich angezogen und abgestoßen fühlt. Währenddessen rückt die Rote Armee immer näher und Hitler überlebt das Stauffenberg-Attentat nur knapp.

Weshalb es sich lohnt"Die Vorkosterinnen", eine italienisch-belgisch-schweizerische Koproduktion, basiert auf dem Leben von Margot Woelk, die 2012 gestand, eine der Verkosterinnen Hitlers gewesen zu sein. Der Film schildert dies solide, aber nicht immer mit dem nötigen Gespür für den richtigen Ton. Beizeiten überwiegt Sensationsgier über Sensibilität für die Situation der Protagonistinnen und historisches Fingerspitzengefühl.

Trotz dieser Schwächen (und einer zu lange geratenen Laufzeit von 2 Stunden) überzeugt das Drama aufgrund der weitgehend unbekannten, delikaten Geschichte. Lobenswert ist auch das Schauspiel, wobei Elisa Schlotts Darstellung als emotional gebeutelte und moralisch hin und her gerissene Kriegswitwe positiv heraussticht. Schlott war erst im Herbst in der ARD-Serie "Der Informant" zu sehen.

"Die Vorkosterinnen", Drama. Italien / Belgien / Schweiz 2025, 123 Minuten, ab 6. Juni im Kino

Statt Keanu Reeves prügelt sich diesmal Ana de Armas durch die Gegend
Statt Keanu Reeves prügelt sich diesmal Ana de Armas durch die Gegend
2025 LEONINE Studios

"From the World of John Wick: Ballerina"

Worum es geht Wie bereits der sperrige Titel klar macht, ist "Ballerina" Teil des "John Wick"-Universums und spielt während der Ereignisse von "John Wick: Kapitel 3".

Nach einem brutalen Blutbad ist die Familie Macarro praktisch ausgelöscht, nur Eve (Ana de Armas) hat überlebt. Und sie schwört Rache. Hilfe sucht sie bei der Familie der Ruska-Roma, um sich dort nach deren alter Tradition an einer Ballettschule durch die Lehrerin Nogi (Sharon Duncan-Brewster) zur kaltblütigen Killerin ausbilden zu lassen. Während der Zeit steht sie unter dem Schutz von Winston Scott (Ian McShane) and Charon (Lance Reddick) im New York Continental Hotel.

Doch das Leben in der geschlossenen Ruska-Roma-Gemeinschaft gestaltet sich für Eve alle andere als einfach, zumal die Direktorin der Ballettschule (Anjelica Huston) ein straffes Regiment führt.

Weshalb es sich lohnt Nach der Miniserie "The Continental", das die Vorgeschichte von John Wick erzählt, ist "Ballerina" nun das zweite Spin-Off der Actionreihe. Die Produzenten haben es geschafft, vor dem Start für Geheimhaltung zu sorgen - bisher wurden nicht einmal in den USA Kritiken oder Bewertungen veröffentlicht. Man setzt ganz auf die breite Fan-Basis des Franchises und hofft auf einen Kinoerfolg des Streifens, der rund 90 Millionen Dollar gekostet haben soll.

Und für "John Wick"-Fans hat "Ballerina" tatsächlich einiges zu bieten: Zum einen wird auch Keanu Reeves als Titelheld einen Kurzauftritt hinlegen. Zum anderen gibt es ein Wiedersehen mit bekannten Gesichtern der Filmreihe, allen voran Ian McShane als Winston und Lance Reddick als Charon. Für letzteren war es sein finaler Auftritt vor seinem zu frühen Tod. Chad Stahelski, Regisseur der John Wick-Filme, ist als Produzent mit an Bord.

Der Trailer verspricht zahlreiche Kampf- und Actionszenen, ganz im typischen Wick-Stil, wenngleich mit Len Wieseman diesmal ein anderer Regisseur das Ruder übernahm. Für eine opulente Kulisse sorgen die Drehorte Prag und Budapest.

"From the World of John Wick: Ballerina", Action. USA 2025, 125 Minuten, ab 5. Juni im Kino

Auch in "From the World of John Wick: Ballerina" geht einiges zu Bruch
Auch in "From the World of John Wick: Ballerina" geht einiges zu Bruch
2025 LEONINE Studios

Außerdem neu im Kino:

"Last of The Wild"
Essayistischer Dokumentarfilm aus Österreich, der Fragen nach dem "Wilden" stellt: Regisseurin Bernadette Weigel porträtiert eine deutsche Raubtiertrainerin, einen ukrainischer Wildhüter und eine mexikanische Aktivistin, die ihre "animalische" Seite im Spannungsfeld zwischen Natur und Zivilisation leben. Premiere bei der Diagonale 2025.

"Last of The Wild", Dokumentation. Österreich 2024, 91 Minuten, ab 6. Juni im Kino

"Last of The Wild": Diesem Gesellen möchte man nicht einmal bei Tag begegnen
"Last of The Wild": Diesem Gesellen möchte man nicht einmal bei Tag begegnen
Stadtkino Filmverleih

"Die Bonnards – Malen und Lieben"
Das biografische Drama von Martin Provost erzählt die bewegte Liebesgeschichte des Künstlerpaares Pierre und Marthe Bonnard im Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Der Film beleuchtet ihre künstlerische Synergie und persönliche Konflikte vor einer malerischen Kulisse. Ein Tipp für kunstbegeisterte Cineasten.

"Die Bonnards – Malen und Lieben", Drama. Frankreich 2023, 122 Minuten, ab 6. Juni im Kino

"Die Bonnards – Malen und Lieben": Louis Garrel spielt den flugbegeisterten Autor
"Die Bonnards – Malen und Lieben": Louis Garrel spielt den flugbegeisterten Autor
Panda Film

"Tandem – In welcher Sprache träumst du?"
Claire Burgers sensibles Coming-of-Age-Drama handelt von der Freundschaft zweier Austauschschülerinnen zwischen Leipzig und Straßburg: Fanny und Lena überwinden Sprachbarrieren und persönliche Differenzen in einer zarten Annäherung. Als sich Fanny in Lena verliebt, erfindet sie ihre Biografie neu. Premiere im Wettbewerb der Berlinale 2024.

"Tandem – In welcher Sprache träumst du?", Drama. Frankreich / Deutschland / Belgien 2024, 105 Min., ab 6. Juni im Kino

"Tandem – In welcher Sprache träumst du?", Drama. Frankreich / Deutschland / Belgien 2024, 105 Min., ab 6. Juni im Kino
"Tandem – In welcher Sprache träumst du?", Drama. Frankreich / Deutschland / Belgien 2024, 105 Min., ab 6. Juni im Kino
Julien Poupard_Les Films de Pierre

"Siccin 8"
Die türkische Horrorsaga geht in seine 8. Runde. Unter der Regie von Alper Mestçi taucht der Film erneut in die Welt dunkler Magier und Dschinns ein. Fans der Filmreihe können sich auf Jump-Scares und eine beklemmende Atmosphäre freuen. Wenn sie davon in den vorigen 7 Teilen nicht schon genug bekamen.

"Siccin 8", Horror. Türkei 2025, 104 Minuten, ab 6. Juni im Kino

Christian Klosz
Akt. 04.06.2025 22:10 Uhr