Alle Neustarts
Diese Kino-Filme der Woche sollten wir uns vorknöpfen
Tiefsee-Thriller, Bodyslasher-Horror und eine mörderische Wette: Die aktuellen Kino-Starts sind nichts für schwache Nerven. Zum Glück steht auch eine bittersüße Liebesgeschichte aus Norwegen und eine rührende Hunde-Story auf dem Programm. Anschauen!

Kennen Sie "Steamboat Willie"? Der nicht einmal 8 Minuten lange Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1928 ist filmhistorisch eine Ikone. Denn erstens ist es der erste vertonte Zeichentrickfilm aus der Werkstatt des noch jungen Walt Disney, und zweitens führte der Regisseur mit diesem Kurzfilm die Figuren Mickey Mouse, seine Freundin Minnie und den bösen Kater Karlo in die Filmhistorie ein.
Umso respektloser – und witziger –, was die Macher der Horror-Persiflage "Screamboat" aus dem klassischen Stoff gemacht haben. Ihr Mickey ist eine mörderische Kampfmaus, die auf einer Fähre in New York die Passagiere reihenweise abschlachtet. Klingt zwar nach Sakrileg, ist aber eine ziemlich gelungene Angelegenheit – zumindest wenn man Horrorfilme mag, die sich selbst nicht ernst nehmen.
Aber auch sonst hat diese Kino-Woche vor allem atemlose Spannung zu bieten: Vor Schottland muss Hollywood-Veteran Woody Harrelson in 100 Metern Meerestiefe um das Leben seines Kollegen kämpfen (in "Last Breath"), in Las Vegas läuft ein Spielesüchtiger im wahrsten Sinne des Wortes um sein Leben im Austro-Film "The Million Dollar Bet".
Wer mehr was fürs Herz sucht, wird bei der norwegischen Coming of Age-Story "Oslo Stories: Träume" fündig, die die erste Liebe einer 16-Jährigen kitschfrei und einfühlsam schildert. Und die Schweizer Komödie "Hundschuldig" stellt einen treuherzig dreinblickenden Vierbeiner vor Gericht – und auch hier geht es um Leben und Tod. Eine ganz schön schlauchende Kino-Woche – gute Unterhaltung!

Film der Woche: "Last Breath"
Worum es geht Die drei Tiefsee-Handwerker Chris Lemons (Finn Cole), Duncan Allcock (Woody Harrelson) und David Yuasa (Simu Liu) machen sich vor der schottischen Küste auf Richtung Meeresboden, um dort ein defektes Unterseekabel zu reparieren. Für den alten Haudegen Duncan ist es der letzte Einsatz dieser Art, er überwacht die Arbeiten von der Wasseroberfläche aus. Und der junge Chris steht erst am Anfang seiner Taucher-Karriere, auch wenn seine Verlobte von seinem risikoreichen Job eher weniger begeistert ist.
Das Mutterschiff lässt David und Chris in einer Taucherglocke auf 100 Meter Tiefe hinab. Doch als das Schiff durch einen plötzlich aufziehenden Sturm in Turbulenzen gerät, wird Chris von der Sauerstoffzufuhr abgetrennt. Während David es noch rechtzeitig zurück zur Glocke schafft, bleibt Chris am Meeresboden zurück, sein Restsauerstoff reicht nur mehr für 10 Minuten. Die Crew arbeitet fieberhaft, um das Schiff unter Kontrolle zu bringen und eine Rettungsaktion für ihren Kollegen zu starten. Doch der ist inzwischen ohnmächtig geworden. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt und die Chance, Chris lebend zu bergen, wird mit jeder Minute geringer.
Weshalb es sich lohnt Regisseur Alex Parkinson verfilmte mit "Last Breath" seinen gleichnamigen Dokumentarfilm aus dem Jahr 2019 als knackigen Katastrophen-Thriller, der die reale Geschichte eines missglückten Tiefseetauchgangs nacherzählt. Parkinson orientiert sich bei seiner Umsetzung stilistisch eindeutig an den typischen Katastrophen-Thrillern der 1990er-Jahre ("Armageddon", "Speed", "Twister"), verzichtet dabei aber auf Pathos oder schwülstige Romantik und fokussiert minimalistisch auf das Unglück, während die Hauptfiguren nur recht knapp vorgestellt werden. "Last Breath" ist mit knapp unter 100 Minuten Laufzeit auch eher kurz geraten.
Positiv hervorzuheben ist, dass völlig auf CGI-animierte Effekte und plumpe Effekthascherei verzichtet wird. Das sehenswerte Resultat ist ein dichter, enorm spannender und geradlinieger Thriller ohne Firlefanz, der sich auf die Stärken des Mediums Film besinnt und zeigt, wie solides Handwerk aussieht. Dass man "Last Breath" eine halbe Stunde mehr Laufzeit gegönnt hätte spricht für seine Qualität.
"Last Breath", Thriller. Großbritannien 2025, 98 Minuten, ab 8. Mai im Kino

"Screamboat"
Worum es geht Ein lauer Abend auf der Staten Island Ferry: Die Passagiere begeben sich an Bord und erwarten eine ruhige Überfahrt Richtung New York. Was sie nicht wissen: Auf der Fähre treibt die mörderische Maus Steamboat Willie (David Howard Thornton) ihr Unwesen, die sich für den Tod seiner früheren Gefährtin Minnie rächen will und beginnt, nach und nach Passagiere und Crew-Mitglieder niederzumetzeln. Als es eine ganze Gruppe partywütiger Girls, den Kapitän und "Matrose" Pete erwischt, liegt es an der Neo-New Yorkerin und Designerin Selena (Allison Pittel) und ihrem kreativen Talent, es mit der Mördermaus aufzunehmen.
Weshalb es sich lohnt Wer groß budgetierte Blockbuster oder filigrane Arthouse-Filme präferiert – Finger weg! Für alle Fans von humorigen Slashern und des neuen "Public Domain Horror"-Genres ist "Screamboat" aber ein echter Geheimtipp, der im Fahrwasser der "Winnie the Pooh: Blood and Honey"-Filme äußerst gut navigiert.
Wie dieses 2023 erschienene Vorbild, ist auch "Screamboat" eine trashige Horror-Comedy-Neuadaption eines 100 Jahre alten Stoffes, in dem Fall von "Steamboat Willie", dem ersten vertonten Zeichentrickfilm von Walt Disney mit Mickey Mouse als Helden. Nur ist dieser Mickey hier keine süße, tollpatschige Maus, sondern ein mörderisches Monster. Den Unterhaltungswert bekommt der Film durch seine teils absurden Kills, die genialen One-Liner, die durch gut platzierte Disney-Zitate ergänzt werden ("Say cheese, Motherf*cker!"). Und durch das lächerliche Maus-Kostüm, in dem "Terrifier"-Darsteller David Howard Thornton steckt und das - so wie der ganze Film - höchst selbstironische "so bad it's good"-Vibes versprüht.
"Screamboat", Horror, Comedy, Slasher. USA 2025, 101 Minuten, ab 8. Mai im Kino

"The Million Dollar Bet"
Worum es geht Die Pokerspieler Jack (Justin Cornwell) und Hank (Douglas Smith) leben in Las Vegas. In ihrem Leben dreht sich alles um Glücksspiel und Geld. Nach einer durchzechten Nacht kommt Hank die Idee einer ultimativen Wette: Er will die Distanz von 70 Meilen innerhalb von 24 Stunden laufen – gewinnt er, bekommt er von Jack eine Million Dollar.
Jack hält die Idee erst für hinrrissig und will damit nichts zu tun haben, doch Hank gibt keine Ruhe und schließlich willigt sein Kumpel ein. In alten Sportschuhen, die zuvor Geldbündel beherbergt hatten, macht er sich auf und dreht seine Runden um den Block: 478 davon muss er schaffen, um die Wette zu gewinnen. Mit der Zeit verbreitet sich das verrückte Vorhaben auch in der Nachbarschaft und Publikum findet sich ein, um Hank zu unterstützen, der trotz zunehmender Erschöpfung keine Anstalten macht, aufzugeben.
Weshalb es sich lohnt "The Million Dollar Bet" ist ein Spielfilm des Kärtner Regisseurs Thomas Woschitz, der auch das Drehbuch schrieb und sein Vorhaben Grpßteils mit US-amerikanischen Darstellern umsetzte. Der Film feierte bei der Viennale 2024 seine Premiere und beruht auf einer wahren Begebenheit. Das Resultat ist ein sehenswerter, in (beinahe typisch österreichischem) gemächlichem Tempo erzählter Indie-Film mit internationalem Flair, der nebenbei auch ein gelungenes Porträt des Las Vegas der "normalen Menschen" abseits von Glitzer und Glamour ist. Auch so kann "österreichischer Film" sein!
"The Million Dollar Bet", Independent-Drama. USA / Österreich 2024, 90 Minuten, ab 9. Mai im Kino

"Hundschuldig"
Worum es geht Die Anwältin Avril (Lætitia Dosch) hat ein Faible für aussichtslose Fälle. Ihrem Chef gefällt ihr Idealismus weniger, er will Ergebnisse, also Erfolge vor Gericht sehen. Avril gelobt Besserung, doch als der verzweifelte Dariuch (François Damiens) mit seinem bissigen Hund Cosmos in ihrem Büro steht, der nach wiederholten Attacken auf Menschen eingeschläfert werden soll, kann sie nicht Nein sagen. Sie vertritt Cosmos vor Gericht, obwohl die Chancen auf einen Freispruch gleich null sind. Doch die Anwältin stürzt sich in den Fall, der immer größere Kreise zieht und schließlich zum medialen Großereignis wird.
Weshalb es sich lohnt Lætitia Doschs Spielfilmdebüt feierte in Cannes 2024 Premiere, die schweizerisch-französische Co-Produktion soll die Eidgenossen im nächsten Jahr bei den Oscars vertreten. Der auf den ersten Blick absurde Plot täuscht darüber hinweg, dass "Hundschuldig" auf clevere Weise auch ernstere gesellschaftliche Themen anspricht. Im Zentrum dieser emotionalen Achterbahnfahrt steht trotzdem der Unterhaltungswert, den dieser ungewöhnliche Film über "den besten Freund des Menschen" zweifelsohne mitbringt.
"Hundschuldig", Komödie. Schweiz / Frankreich 2024, 85 Minuten, ab 9. Mai im Kino

"Oslo Stories: Träume"
Worum es geht Die 16-jährige Schülerin Johanne (Ella Øverbye) verliebt sich in ihre Sprachenlehrerin Johanna (Selome Emnetu), aufgrund ihrer Jugend und des Wissens um die Unmöglichkeit dieser Liebe weiß sie aber nicht recht, was sie mit ihren Gefühlen anfangen soll. In einem selbsttherapeutischen Unterfangen schreibt sie alles nieder, ihre Mutter und Großmutter bekommen ihre Ergüsse zu lesen – und sehen darin vor allem Johannes literarisches Talent. Die Auseinandersetzung hilft und bringt das junge Mädchen dazu, ihr Gefühlsleben zu be- und verarbeiten.
Weshalb es sich lohnt Das einfühlsame Drama des norwegischen Regisseurs Dag Johan Haugerud ist der dritte Teil seiner Osloer "Liebes-Triologie". Auf zurückgenommene Weise schildert "Oslo Stories: Träume" eine junge und jugendliche Liebe, die nicht gelebt werden darf und die daher vor allem für die Protagonistin verwirrend ist. Aus der Not des Nicht-Verstehens, Nicht-Leben-Könnens und Nicht-Verstanden-Werdens durch ihr Umfeld macht sie eine Tugend und widmet sich dem Schreiben, das ihr Ausweg werden soll.
Der Film wurde bei der Berlinale 2025 mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. Kritiken feiern Haugeruds Werk als toll gespielten und sensiblen Coming-of-Age-Film über das Mysterium der "ersten Liebe" und gesellschaftliche Zwänge, der die Kraft der Kommunikation als wichtigste menschliche Tugend in der Vordergrund stellt.
"Oslo Stories: Träume", Drama. Norwegen 2024, 110 Minuten, Ab 8. Mai im Kino
Außerdem neu im Kino:
"Balconettes" Mischung aus feministischer Buddy-Komödie und Body-Horror um 3 Frauen, die einen benachbarten Fotografen töten. ab 9. Mai
"Grüße vom Mars" Kinderfilm um einen 10-jährigen Autisten, der die Sommerferien bei seinen Großeltern am Land überstehen muss. ab 9. Mai
"Nebelkind – The End of Silence" Drama um die Aufarbeitung einer traumatischen, mehrere Generationen umfassenden Familiengeschichte in der österreichisch-tschechischen Grenzregion. ab 9. Mai