waffenverbot

"Man sollte damit nicht die Hoffnung verbinden, dass Waffen dann weg sind"

Die Regierung plant, Waffen im öffentlichen Raum zu verbieten. Walter Hammerschick ist Jurist und Kriminologe. Was er von der Idee hält.

Die Regierung plant, im öffentlichen Raum Waffen (vor allem Messer) zu verbieten
Die Regierung plant, im öffentlichen Raum Waffen (vor allem Messer) zu verbieten
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Christian Nusser
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In Österreich soll das Mitführen von Waffen außerhalb der eigenen vier Wände untersagt werden. Diesen Vorschlag unterbreitete Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und die Zustimmung ist breit. Der Koalitionspartner Grüne, die SPÖ und der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig unterstützen die Idee. Aber was sagen Experten dazu?

Walter Hammerschick hat in Salzburg Rechtswissenschaften studiert, heute ist er stellvertretender Leiter am "Institut für angewandte Rechts- und Kriminalsoziologie" in Innsbruck. Er hat ein Kriminologiestudium an der Bowling Green State University, Ohio, absolviert, war dort Forschungsassistent und von 1991 bis 1993 Mitarbeiter der Geschäftsführung des "Verein für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit". Das sagt Hammerschick über:

Ob ein Waffenverbot im öffentlichen Raum sinnvoll ist
Es geht in erster Linie um Stichwaffen, Schusswaffen dürfen im öffentlichen Raum ohnehin nur von ganz wenigen, besonders berechtigten Menschen getragen werden. Bei Messern und ähnlichem hat dieses Ansinnen schon viel Richtiges, aber es kann auch Probleme bringen.

Welches Problem gemeint ist
Es besteht die Gefahr, dass Überprüfungen selektiv passieren, bestimmte Gruppen dann im Fokus stehen und mitunter auch kriminalisiert werden. Das ist das Heikle daran.

Anzunehmen, dass ich mit der Senkung der Strafmündigkeit das Problem in irgendeiner Form löse, das ist, mit Verlaub, ein Holler.
Walter Hammerschick

Ob ein Messerverbot grundsätzlich zu befürworten ist
Messer haben im öffentlichen Raum nichts verloren. Bei Erwachsenen nicht und bei Jugendlichen auch nicht.

Ob es sich bei Messergewalt um ein neues Problem handelt
Ich kenne keine aktuellen Untersuchungen, meines Erachtens aber nein. In meiner mehr als dreißigjährigen Beschäftigung mit Kriminalität ist das Thema immer wieder in Wellen in den Medien aufgepoppt.

Warum es diese Wellenbewegungen gibt
Solche Diskussionen werden regelmäßig durch in irgendeiner Form aufsehenerregende, meist aber Einzelfälle ausgelöst, die, so unerfreulich das ist, passieren. Besondere Aufmerksamkeit wird solchen Fällen vor allem dann gewidmet, wenn politische Botschaften damit vermittelt werden sollen.

Warum es so wenige Studien zum Thema gibt
Dafür brauchen sie zumindest zweierlei: Ein Interesse am Thema und eine Finanzierung.

Walter Hammerschick ist Jurist und Kriminologe am "Institut für angewandte Rechts- und Kriminalsoziologie" in Innsbruck
Walter Hammerschick ist Jurist und Kriminologe am "Institut für angewandte Rechts- und Kriminalsoziologie" in Innsbruck
iStock, privat

Was ein Verbot von Messern im öffentlichen Raum bewirken wird
Man sollte damit nicht die Hoffnung verbinden, dass Waffen dann wirklich ganz weg sind. Es wird Menschen geben, die ihre Messer daheim lassen, weil sie wissen, dass es nun riskanter ist, andere werden vor allem darauf achten, nicht damit erwischt zu werden, sie im Fall einer Kontrolle also rechtzeitig los zu werden.

Wie er die Diskussion um Jugendkriminalität wahrnimmt
Zu einseitig. Jugendliche, die furchtbare Delikte begehen, lassen uns alle nicht unberührt. Aber die Diskussion über die Strafmündigkeit ist ein Politikum geworden, die der Sache nicht dienlich ist.

Ob die politische Diskussion die wirkliche Diskussion kaputt macht
Ja, das ist zu befürchten. Eine umfassende, nicht politischen Phrasen überlassene und Expert:innen einbeziehende Debatte ist vernünftig. Und man muss wirklich sehr gut überlegen, wie man mit Unmündigen umgeht, die schwere Straftaten begangen haben. Dabei spielt vor allem die Jugendwohlfahrt und welche Möglichkeiten diese hat, eine zentrale Rolle. Aber anzunehmen, dass ich mit der Senkung der Strafmündigkeit das Problem in irgendeiner Form löse, das ist, mit Verlaub, ein Holler.

Anzunehmen, dass ich mit der Senkung der Strafmündigkeit das Problem in irgendeiner Form löse, das ist, mit Verlaub, ein Holler
Walter Hammerschick

Warum?
Mit Kriminalisierung erreiche ich nichts. Schon gar nicht, wenn ich einen unmündigen Minderjährigen ins Gefängnis stecke. Man kann doch nicht ernsthaft annehmen, dass das Strafrecht und sein Instrumentarium wie immer geartete Probleme von Kindern lösen können, im Gegenteil.

Wie die Politik die Debatte verunmöglicht
Sie ist zu sehr schwarz-weiß.

Was nun getan werden müsste
Es kann und soll für Jugendliche nicht reaktionslos bleiben, wenn sie ein Mädchen vergewaltigen oder eine andere schwere Straftat verüben. Das bleibt es auch nach der geltenden Rechtslage nicht. Die Frage ist aber: Wie kann besser, geeignet reagiert werden? Welche Möglichkeiten soll die Jugendwohlfahrt in diesen Bereichen haben? Welche Ressourcen braucht es dafür?

Welche braucht es?
Es ist zweifellos viel, viel günstiger, wenn hier öffentliche Gelder in die Hand genommen werden, um so massiv problematischen Jugendlichen zu helfen und sie in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Gefängnisse sind besonders teuer und schaffen das in der Regel nicht.

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