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"The Alto Knights"

Nanu, sehe ich doppelt? De Niro spielt zwei Gangsterbosse

Der großartige Gangsterfilm "The Alto Knights" hat es bei uns unverständlicherweise nie ins Kino geschafft. Nun wurde er aber als Video-on-demand veröffentlicht. Superstar Robert De Niro spielt darin gleich zwei Mafiosi. Zeitgleich – und er tut das hinreißend gut.

Der doppelte De Niro: Die Hollywood-Legende spielt in "The Alto Knights" die beiden Mafiosi Vito Genovese (l.) und Frank Costello, moderne Tricktechnik macht's möglich
Der doppelte De Niro: Die Hollywood-Legende spielt in "The Alto Knights" die beiden Mafiosi Vito Genovese (l.) und Frank Costello, moderne Tricktechnik macht's möglich©Warner Bros / Everett Collection / picturedesk.com
Christian Klosz
Akt. 30.05.2025 23:02 Uhr

Dass Robert de Niro einer der größten Schauspieler aller Zeiten ist, muss nicht extra erwähnt werden. Gerade Figuren aus dem Mafia-Milieu kann kaum einer besser und überzeugender darstellen als der mittlerweile 81-Jährige. Filme wie "Hexenkessel", "GoodFellas", "Casino" und "The Irishman" (alle von Martin Scorsese) oder seine Darstellung des jungen Vito Corleone in Francis Ford Coppolas "Der Pate II" (für die er einen seiner Oscars bekam) legen Zeugnis davon ab.

Trump-Feind De Niro Der gebürtige New Yorker ist aber auch ein wacher, kritischer und politischer Zeitgenosse, wie er erst kürzlich bei der Entgegennahme der Goldenen Palme für sein Lebenswerk bei den Filmfestspielen in Cannes bewies. Während viele seiner Schauspielkollegen seit Donald Trumps Amtsantritt erstaunlich ruhig geblieben sind, wurde er sehr deutlich: Er nannte den Republikaner einen "philisterhaften Präsidenten", einen Feind der Kunst und der Freiheit, gegen den es deutlich aufzutreten gilt.

Wird von seinem Jugendfreund Vito Genovese aus dem Geschäft gedrängt: Frank Costello (Robert De Niro, l.) als feinsinniger Mafiosi im New York der 1950er-Jahre
Wird von seinem Jugendfreund Vito Genovese aus dem Geschäft gedrängt: Frank Costello (Robert De Niro, l.) als feinsinniger Mafiosi im New York der 1950er-Jahre
©Warner Bros / Everett Collection / picturedesk.com

Flop in den USA Trotz alledem – oder gerade deswegen? – war sein neuer Film "The Alto Knights", in dem De Niro gleich doppelt zu sehen ist, in den USA ein Flop: Gerade 10 Millionen spielte das Mafia-Epos ein – bei Produktionskosten von etwa 40 Millionen Dollar.

Blockbuster nur im Heimkino Das mag wohl eine Rolle gespielt haben, warum der Verleih Warner Bros. auf einen Kinostart des Mafia-Streifens in Österreich verzichtete. Seltsamerweise lief der Film aber in Deutschland schon im Kino - die selbe etwas fragwürdige Vorgehensweise hatte man schon bei Clint Eastwoods letztem Kinofilm "Juror #2" gewählt.

Frank Costellos Ehefrau Bobbie (Debra Messing, bekannt aus "Will and Grace") ist auf die Hunde gekommen
Frank Costellos Ehefrau Bobbie (Debra Messing, bekannt aus "Will and Grace") ist auf die Hunde gekommen
©Warner Bros / Everett Collection / picturedesk.com

Fragwürdige Veröffentlichungs-Politik Wie auch immer: Seit kurzem kann nun endlich auch das österreichische Publikum dem doppelten De Niro – der Star spielt nämlich gleich zwei Rollen – bei seiner Schauspielkunst zusehen. Denn "The Alto Knights" ist mittlerweile bei diversen Plattformen als Video-on-demand online verfügbar.

Worum geht es? Der Film handelt, nach wahrem Vorbild, von der Rivalität zwischen den beiden New Yorker Mobsters Frank Costello (Robert de Niro) und Vito Genovese (ebenfalls Robert de Niro). Seit früher Kindheit miteinander befreundet, drängt Vito nach seiner Rückkehr aus Sizilien Mitte der 1950er-Jahre darauf, Frank Costello als Oberhaupt der größten New Yorker Mafia-Familie abzulösen.

Nach einem Attentat, das von Vito Genovese beauftragt wurde, verzichtet Frank Costello freiwillig auf die Führung "seiner" Familie
Nach einem Attentat, das von Vito Genovese beauftragt wurde, verzichtet Frank Costello freiwillig auf die Führung "seiner" Familie
©Warner Bros / Everett Collection / picturedesk.com

Mafia-Bosse unter sich und gegeneinder Als Frank ein von Vito in Auftrag gegebenes Attentat nur knapp überlebt, entscheidet er sich dazu, sich zurückzuziehen: Er will Vito die Geschäfte überlassen und fortan ein ruhigeres Leben mit seiner Gattin Bobbie (Debra Messing) führen. Doch die Amtsübergabe, für die ein großen Treffen aller Mafia-Bosse der USA in den Appalachen organisiert wird, läuft nicht reibungslos ab, da die Polizei einen Tipp bekommen hat …

Geschliffene Dialoge "The Alto Knights" präsentiert also durchaus Bekanntes, doch das ist keineswegs schlecht, ganz im Gegenteil: Dafür sorgt schon das Drehbuch von Autor Nicholas Pileggi, auf dessen Buch-Vorlagen "Wise Guys" (für "Goodfellas") und "Casino" bereits Martin Scorseses Mafia-Filme aufbauten. Die typischen Pileggi-Dialoge bekommt man auch hier zur Genüge zu hören – der Autor ist ein unerreicht penibler Beobachter und Rekonstrukteur der einzigartigen Mafia-Milieu-Sprache.

Beeindruckend in jeder Beziehung: Robert De Niro als Vito Genovese (l.) und Frank Costello beim Zwiegespräch in einem Diner
Beeindruckend in jeder Beziehung: Robert De Niro als Vito Genovese (l.) und Frank Costello beim Zwiegespräch in einem Diner
©Warner Bros / Everett Collection / picturedesk.com

Alte Bekannte, großes Talent Auch Barry Levinsons Regie ist stilvoll und zeugt von hoher Handwerkskunst. Die inzwischen 83-jährige Hollywood-Ikone (u.a. "Good Morning Vietnam", "Rain Man" und Sleepers") muss aber auch wirklich niemandem mehr etwas beweisen. Seine Inszenierung - die Vergleich drängt sich auf - ist etwas zurückgenommener als Scorseses virtuos-temporeicher Regiestil, entfaltet aber trotzdem ihre Wirkung. Und auch hinter der Kamera nahm ein alter Bekannter Platz: Dante Spinotti war für die einzigartige Bildsprache von Streifen wie  "Heat" und "Insider" (Regie Michael Mann) oder "L.A. Confidential" (Curtis Hanson) verantwortlich.

Große Schauspielkunst Schließlich zu Robert de Niro selbst, der "The Alto Knights" mit seiner Doppel-Performance trägt: Der Star legt hier eine gleich zweifache Meisterleistung in großer Schauspielkunst hin. Es ist faszinierend, wie er durch kleinste Veränderungen im Verhalten und der Sprechweise, unterstützt durch eine überragende Maske, die beiden Mafiosi wie zwei völlig unterschiedliche Persönlichkeiten erscheinen lässt.

Viele Bezugspunkte Frank Costello ist der "kultiviertere" der beiden, er pflegt Kontakte zur Politik, sein Habitus ist zurückgenommen, er spricht überlegter, ist vorsichtiger. Sein Charakter erinnert an Sam Rothstein in Scorseses "Casino" ebenfalls von De Niro gespielt. Vito Genovese hingegen ist rüde, ungehobelt, laut - und erinnert, auch in seinem Duktus eher an den in "GoodFellas" von Joe Pesci dargestellten Tommy DeVito. Googelt man die realen Vorbilder, ist man verblüfft, wie nahe die Filmfiguren an diese heran reichen.

Legenden bei der Arbeit: Robert De Niro (Mitte) mit Regisseur Barry Levinson (r.) am Set von "The Alto Knights"
Legenden bei der Arbeit: Robert De Niro (Mitte) mit Regisseur Barry Levinson (r.) am Set von "The Alto Knights"
©Warner Bros / Everett Collection / picturedesk.com

Fazit: Zu gut fürs heutige Kino "The Alto Knights" vereint großes Talent vor und hinter der Kamera und ist ein wunderbares Beispiel für anspruchsvolles Filmhandwerk abseits plumper Effekte. Das Drama braucht einige Zeit, um sich zu entfalten - und es nimmt sich diese Zeit auch. Das ist letztlich zum Wohle aller. Wer dem Film seine Zeit gibt, wird dafür belohnt. Am Ende ist es wohl so, dass es dieser absolut sehenswerte Film in der aktuellen Kinolandschaft deshalb so schwer zu haben scheint, weil er schlicht zu gut gemacht ist.

"The Alto Knights", Krimi, Thriller, Drama. USA 2025, 120 Minuten, als Video-on-Demand u.a. bei Amazon, Apple oder Rakuten. Ob der Film auch als Blu-Ray/DVD mit deutscher Tonspur veröffentlicht wird, ist unklar, eine US-Disc ist vor wenigen Tagen erschienen.

Christian Klosz
Akt. 30.05.2025 23:02 Uhr