30 Hochkaräter stellten heimlich, still und leise eine Initiative auf die Beine, die dem Land Beine machen soll. Die Idee, die Mitmischer, die Ziele.
Man könnte das – vielleicht etwas geschraubt – als "Think Tank" bezeichnen, was da präsentiert wurde. Wenn man das präzise ausspricht, dann wissen alle, es geht nicht um sinkende Panzer oder Panzer, die singen, sondern um Menschen, die sich Gedanken gemacht haben und so war es auch hier. In Wien wurde am Donnerstag eine Initiative namens "Mehr Grips" aus dem Taufbecken gehoben, die dem Land neues Leben einhauchen möchte und das ziemlich flott.
Es sind 30 Führungskräfte, die ihre Kräfte bündeln wollen, um Österreich aus den multiplen Krisen herauszuführen, in denen das Land momentan steckt. Manche dieser Krisen sind mit freiem Auge gar nicht so leicht zu sehen, denn sie haben mit der Zukunft zu tun. Und darin ist sich der neue Expertise-Rat einig: die schaut in Österreich nicht rosig aus, wenn wir nicht schnell Farbe bekennen.
Start vor sechs Wochen Also begann sich vor ein paar Monaten ein kleiner Kreis zu treffen. Die Teilnehmer der Runde kamen aus den unterschiedlichsten Branchen, Fachbereichen, politischen oder unpolitischen Richtungen. Man redete offen, ohne Scheuklappen oder anderes Gerätewerk, das den Kopf einengt, das führte zu einem Art Erweckungserlebnis. Bald war ein strategischer Prozess aufgesetzt, die Mitwirkenden kannten das ja aus ihren Brotberufen. Vor sechs Wochen fing dann die inhaltliche Arbeit an. Die Öffentlichkeit bekam davon nichts mit. Es war beiden Seiten recht so.
Eine kleine, große Runde mit gelben Buttons Am Donnerstag stellte sich die Gruppe schließlich im Complexity Science Hub, Raum E02, in der Josefstädter Straße in Wien vor, ein guter Teil der Teilnehmerrunde tauchte physisch auf, WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr war aus Berlin zugeschaltet. Die Runde ist breit aufgestellt, sie reicht von Infineon-Vorstandschefin Sabine Herlitschka über Fiskaltrat-Präsident Christoph Badelt und AMS-Vorstandsvorsitzenden Johannes Kopf bis zur Migrationsforscherin Judith Kohlenberger und dem ehemaligen Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber. Die Kommunikationsberaterin Heidi Glück erledigt die Kommunikationsberatung. Es gibt eine Webseite, ein Logo und hübsche gelbe Buttons, die alle angesteckt hatten.
Keine Partei geplant Das neue Gremium weiß, was es sein will und was nicht. "Wir möchten mit allen Mitteln, über alle Grenzen hinweg an den für Österreich und Europa großen und wichtigen Zukunftsfragen arbeiten", definierte das Sabine Herlitschka. "Wir sehen das als Chance". Diese Chance wurde nicht ergriffen, um eine neue Partei zu formen. "Wir sind alle als Privatpersonen hier, wir sind keine Berufspolitiker", sagt Herlitschka und dann fügte sie einen Satz an, um das Ergebnis der Beratungen greifbar zu machen. Aber dieser eine Satz hat in Österreich mindestens so viele Klangwelten wie eine Harfe: "Ein Hoch auf den Kompromiss".
Vier Themenfelder Die Initiative, die Initiative bleiben will, möchte vor allem der Politik, aber auch der Öffentlichkeit, den Medien Reformideen vorlegen, denn der Hut brennt. Österreich stürzt in maßgeblichen Indices ab. "Mehr Grips" will sich vier Themenfeldern widmen: Bildung, Ökologischer Transformation, Digitaler Transformation, Soziale Stabilität in der Gesellschaft. Für jedes dieser Gebiete soll es eine einseitiges Zusammenfassung der Pläne geben, dazu eine Handlungsanleitung. Vorab wünscht man sich von der Politik "eine stärkere Konzentration auf entscheidende Zukunftsfragen und mehr Sachlichkeit in einem gemeinsamen, konstruktiven Diskurs."
Präsentation bis Ende Juni Die Debatten darüber, die man etwas feinsinniger Diskurs nannte, dürften recht weit fortgeschritten sein, auch wenn keine Details dazu verraten wurden. Bereits zwischen Mitte Mai (Ökologische Transformation) und Mitte Juni (Soziale Stabilität) sollen alle Programmpunkte fix und fertig sein und präsentiert werden. Die anstehenden Wahlen sollen als Zeitfenster genutzt werden, Politiker haben in diesen Phasen ein offenes Ohr für so manches. Die Hände für die Umsetzung vielleicht nicht mehr, aber auch daran wurde gedacht. Scheitern ist nicht erwünscht, aber möglich. "Wir probieren was, wir riskieren was", sagte einer der Teilnehmer, "und dann schauen wir, was passiert".