Was die neue rechte Vierparteien-Regierung, eingefädelt von Geert Wilders, vor hat: Aufkündigung des Migrationspakts der EU (er ist erst drei Tage alt), Tempolimit auf Autobahnen rauf, mehr Atomkraftwerke.
Sie nennen es nicht Koalitionspakt oder Regierungsprogramm, sondern offiziell "Hauptrahmenvereinbarung 2024 – 2028". Unterzeichnet wurde er von vier Parteien, sie bilden in den nächsten vier Jahren (oder wie lange es immer dauert) die neue Regierung der Niederlande. Auch bei der Präsentation am Donnerstag war immer noch nicht klar, wer neuer Premierminister werden soll, darüber wird noch beraten. Die "Hauptrahmenvereinbarung 2024 – 2028" aber gibt schon einen recht klaren Einblick, wohin sich das Land in den nächsten Jahren bewegen möchte.
Diese Richtungsentscheidung ist auch für die EU von zentraler Bedeutung. Denn wenn es Widerstand gegen Beschlüsse aus Brüssel gibt, dann wird man in Zukunft nicht allein nach Ungarn oder in die Slowakei oder nach Polen blicken, sondern auch in die Niederlande. Einen ersten Vorgeschmack gab es darauf bereits am Donnerstag, denn im Regierungspakt, der nicht Regierungspakt heißt, steht der Satz: "Drittens wird der Europäischen Kommission schnellstmöglich eine Ausstiegsklausel für die europäische Asyl-und Migrationspolitik vorgelegt.
Konkret heißt das: Die Niederlande wollen das erst am Dienstag dieser Woche beschlossene 10-Punkte-Paket der EU möglichst schnell umsetzen und es dann möglichst schnell über Bord werfen (oder die EU schwenkt auf den neuen, strengen Kurs der Niederländer ein). Das muss man über das neue Holland wissen:
Wie kam es zu der Regierung?
Am 22. November 2023 fanden in den Niederlanden vorgezogene Parlamentswahlen statt. Die Koalition unter dem rechtsliberalen Mark Rutte war am 7. Juli zerbrochen. Die Partei des Premierministers, die VVD, wollte eine Beschränkung beim Familiennachzug durchsetzen, aber die Regierungspartner zogen nicht mit. Wahlsiegerin wurde die Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders. Sie holte über ein Viertel der Stimmen, konnte ihr Ergebnis im Vergleich zur letzten Wahl mehr als verdoppeln. Rutte trat nicht mehr an (er will NATO-Chef werden).
Was passierte danach?
Ein langes, zähes Ringen, das Wilders schließlich aufbrach. Am 13. März gab er bekannt, auf das Amt des Premierministers zu verzichten. Trotzdem dauerte es noch fast zwei Monate, ehe am Mittwoch die Einigung auf eine Koalition von vier Parteien verkündet wurde.
Wer regiert nun das Land?
Bisher regierte die Niederlande ein bunter Viermix aus linken, rechten und mittigen Parteien, ziemlich unentschieden, ziemlich zerstritten. Nun rückt das Land ein ordentliches Stück nach rechts. Das Regierungsprogramm diktierte der Rechtspopulist Wilders, auch wenn er große Abstriche machen musste. Der Ukraine wird doch geholfen, die EU-Positionen wurden abgeschliffen, Moscheen werden nicht zugesperrt. Aber: Von den vier Parteien in der neuen Regierung sind zwei deutlich rechts, zwei Mitte-rechts.
Warum jetzt wieder "die Sonne aufgeht"?
Die Präsentation des Regierungsprogramms in Den Haag geriet am Donnerstag etwas blumig. "Wir schreiben heute Geschichte", sagte Wilders, "die Sonne wird wieder scheinen in den Niederlanden".
Wie schaut die neue Regierung aus?
Wer Premierminister wird, ist noch unklar. Fix ist, dass es keiner aus der Riege der vier Parteichefs wird. Und: Die Regierung soll zur Hälfte aus Politikern und zur Hälfte aus Experten bestehen.
Was steht nun im Regierungsprogramm?
Es heißt "Hoffnung, Mut und Stolz" und ist mit 26 Seiten nicht übertrieben opulent ausgefallen. Es gibt zehn Kapitel mit Plänen, die zentralen Anliegen sind Asylpolitik, Landwirtschaft, Gesundheit, Wohnen. "Die Niederlande sind ein wunderschönes Land", heißt es in der Einleitung, "ein Land, auf das man stolz sein kann. Wir müssen hart arbeiten, um das Vertrauen der Niederländer zu gewinnen. Jeden Tag wieder."
Was ist im Aslywesen geplant?
Im Regierungspakt wird nicht weniger als die "strengste Asylpolitik, die es jemals gab" angekündigt und "das strengste Aufnahmeregime für Asyl aller Zeiten". Die Koalition will eine "Asyl-Krise" ausrufen, um Notmaßnahmen durchsetzen zu können.
Was ist nun konkret im Asyl geplant?
Es gibt ein ganzes Bündel an geplanten Maßnahmen. "Die Niederlande müssen strukturell zu der Kategorie Mitgliedsstaaten mit den strengsten Zulassungsregeln von Europa gehören", heißt es in der Koalitionsvereinbarung. "Die Niederlande sind für Asylwerber zu attraktiv."
Warum das für die EU ein Warnsignal ist?
Der erst am Dienstag final vom EU-Rat beschlossene Asyl- und Migrationspakt steht schon wieder vor dem Scheitern. Die Niederlande wollen aussteigen, einige Länder wie Polen, die Slowakei und Ungarn hatten erst gar nicht zugestimmt. Kommt es bei der EU-Wahl Anfang Juni wie erwartet zu einem Rechtsruck in Europa, wird das Paket wohl aufgeschnürt oder von den Ländern nicht umgesetzt. Sie hätten zwei Jahre Zeit dafür.
Was sonst noch geplant ist?
Die neue Regierung hat sich ein Fülle an Maßnahmen vorgenommen. Vieles davon ist nur stichwortartig erfasst.