Krankes spital

"Skalpell-Diplomatie" soll Böhler-Streik abwenden

Krisengespräch zwischen Betriebsrat und Management, ein offener Brief: Wie das Spital ums Überleben kämpft.

Protestaktion von Mensch und Tier gegen die Schließung des Wiener Lorenz Böhler Krankenhauses am 6. März 2024
Protestaktion von Mensch und Tier gegen die Schließung des Wiener Lorenz Böhler Krankenhauses am 6. März 2024
Sabine Hertel
Christian Nusser
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Viel Zeit ist nicht mehr, dann ist das Lorenz Böhler Krankenhaus in Wien-Brigittenau selbst ein Fall für die Intensivstation. Am Mittwoch läuft das Ultimatum ab, das die Belegschaft der AUVA gestellt hatte. Hinter den Kulissen wird versucht zu flicken, was noch zu flicken ist. Scheitert die Not-OP, dann wird gestreikt, wohl am Donnerstag oder Freitag dieser Woche. Die Ärztekammer hatte die Streikfreigabe schon letzte Woche erteilt.

Streik? Nur wenn es unbedingt sein muss Nachdem zwischen Management und Personal lange keinerlei Gesprächskontakt vorhanden war, kam es zu Beginn dieser Woche zur Mobilisierung. Auch weil keine der beiden Seiten ein gesteigertes Interesse an einem Arbeitskampf hat. Das Management, das ohnehin schon in der Defensive ist, sowieso nicht, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des "Traumazentrums Wien" ebensowenig. Man sieht sich eher in der Behandlung von Patienten verortet, als in der Therapie des eigenes Krankenhauses. Also wurde mit einer "Skalpell-Diplomatie" gestartet.

Diskreter Gipfel Am Montag fand im "MyHive" in Wien ein Treffen statt. Der Titel "Krisengipfel" wurde elegant umschifft, man nannte es "Spitzengespräch" und die Spitzen waren tatsächlich alle da. Mitglieder des AUVA-Verwaltungsrates, die drei Generaldirektoren und der Personaldirektor auf der einen Seite, die betroffene Betriebsräte aus dem Böhler, aus Meidling, dazu die Zentralbetriebsratsvorsitzenden der AUVA und der AUVB (Allgemeine Unfallversicherungs-Betriebsgesellschaft). Sagen wir so: Der dreistündige Krisengipfel verlief konstruktiv.

Drei Forderungen, sonst Streik Die Ausgangslage war klar. Der Betriebsrat hatte schon am 4. März drei Forderungen an die Eigentümer gestellt: Eine rechtlich verbindliche Sozialvereinbarung fürs gesamte Personal, ein schriftliches Konzept plus Zeitplan für die Sanierung und die Vorlage aller Unterlagen und Gutachten, auf Basis derer die AUVA die Entscheidungen getroffen hat. Bis Mittwoch dieser Woche erwarte man eine Antwort, sonst sei die eigene Antwort der Streik.

AUA lenkt sachte ein Montagabend dann begann sich der Bettenturm abzubauen. Die AUVA signalisierte, auf alle drei Forderungen eingehen zu wollen. Der Hut brennt. Im Böhler haben nämlich bereits die ersten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekündigt. Sie wollen sich den Übersiedlungszirkus nicht antun. Es handelt sich um hochqualifiziertes Personal, das keine Probleme hat, woanders einen Job zu finden.

Außenaufnahme des Lorenz Böhler- Krankenhauses: Die überraschende Schließung sorgt weiter für viel Kritik
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Brandgutachten ist noch nicht fertig Die AUVA sagte also einen Sozialplan zu, dafür gebe es schon weit gediehene Vorarbeiten, schrieb der Betriebsrat nach dem "Spitzengespräch" an die Belegschaft. Das Management versprach eine bessere und direktere Kommunikation, an Konzept und Zeitplan für die Belegschaft werde gearbeitet, die Unterlagen über den Brandschutz werden übermittelt. Problem dabei: Das Gutachten des Sachverständigen ist noch gar nicht fertig. "Das abschließende Dokument ist im Austausch mit Behörden im Entstehen", schreibt die AUVA.

Warum plötzlich dünner, weißer Rauch aufsteigt? Grund ist vielleicht auch ein Brandbrief, den Erik Lenz, Vorsitzender des Böhler-Zentralbetriebsrates, am Wochenende an AUVA-Generaldirektor Alexander Bernart geschrieben hatte. Er trägt den Betreff "Vertrauen" und ging parallel auch an die gesamte Belegschaft. Zentraler Satz: "Ich schreibe Ihnen dieses Mail im Auftrag unzähliger Mitarbeiter:innen, die mich aufgefordert haben, Ihnen mitzuteilen, dass sie das Vertrauen in die Führung der AUVA und besonders in Sie verloren haben." Das saß.

Auch wenn nun Licht am Ende des Tunnel zu sehen ist: Der Streikbeschluss bleibt aufrecht. Mit Lichtern in Tunnels hat Österreich nicht immer die besten Erfahrungen gemacht.

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