US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy warf alle 17 Mitglieder eines Impf-Gremiums raus und besetzte einen einflussreichen Beirat mit Impfstoff-Skeptikern und Ideologen. Für Impf-Quoten und Impf-Forschung ist das ein Rückschlag – er betrifft auch uns.
Wenn es um Impfstoffe geht, hat US-Präsident Donald Trump manchmal einen guten Instinkt bewiesen. Im Mai 2020 startete er die Operation Warp Speed, die in beispiellosem Tempo und Umfang Impfstoffe gegen Covid-19 hervorbrachte – auf Basis einer neuen mRNA-Technologie .
Schätzungen zufolge konnten durch Covid-Impfstoffe in zwei Jahren 18,5 Millionen Krankenhausaufenthalte und 3,2 Millionen Todesfälle in den USA verhindert werden. Und Trump ließ sich klugerweise selbst impfen. Aber warum lässt er nun seinen Gesundheitsminister Robert F. Kennedy junior das Ökosystem der Impfstoffherstellung des Landes demontieren?
Kennedy ist, höflich ausgedrückt, ein "Impfstoffskeptiker" und, unhöflich ausgedrückt, ein Spinner. Er untergräbt das Vertrauen in eines der größten Wunder der modernen Medizin, seine sinnvolle Überprüfung und die Anreize, in dieses Wunder zu investieren.
Immer wieder sät er falsche Zweifel an der Sicherheit von Impfstoffen. Sein Ministerium hat einen Verschwörungstheoretiker engagiert, um einen längst widerlegten Zusammenhang zwischen Impfstoffen und Autismus zu untersuchen.
Er warnt vor der Impfung gegen das humane Papillomavirus (HPV), die Schätzungen zufolge die Zahl der Todesfälle durch Gebärmutterhalskrebs in den USA in den letzten zehn Jahren um 62 Prozent gesenkt hat.
Er hat die Empfehlung verworfen, dass schwangere Frauen gegen Covid geimpft werden sollten, so wie es 120 andere Länder halten.
Er bezeichnete die Masernimpfung als "persönliche" Entscheidung und drängte darauf, Kindern Vitamin A zu geben. Mehrere Kinder wurden wegen Leberschäden durch Vitamin-A-Überdosierungen ins Krankenhaus eingeliefert, und Masern breiten sich in Amerika wieder aus. Ebenso wie Keuchhusten, eine weitere durch Impfungen vermeidbare Krankheit. In diesem Jahr sind mindestens acht Menschen gestorben.
Im Februar hatte Bill Cassidy, republikanischer Senator und Arzt, die entscheidende Stimme beigesteuert. Sie bestätigte Robert F. Kennedy Jr. als Leiter des US-Gesundheitsministeriums.
Cassidy begründete seinen Schritt so: Kennedy, ein erklärter Impfkritiker, habe versprochen, sich nicht in die Arbeit eines einflussreichen Gremiums von Impfstoffexperten, des Centers for Disease Control and Prevention (CDC), einzumischen. Für Cassidy war diese Zusicherung unter anderem entscheidend.
In diesem Monat entließ Kennedy alle 17 Mitglieder eines Ausschusses, der darüber entscheidet, welche Impfstoffe empfohlen (und damit finanziert) werden. Die Empfehlungen des Advisory Committee on Immunisation Practices (ACIP) haben Einfluss darauf, welche Impfstoffe die Bevölkerung erhält und wer dafür bezahlt.
Ein neuer achtköpfiger Ausschuss verfügt über weniger Fachwissen und mehr Zweifel; ihm gehören zwei ehemalige bezahlte Zeugen in Gerichtsverfahren gegen Impfstoffhersteller an. Kennedy beharrt darauf, dass dies sicherstellen werde, dass die Amerikaner sicherere Impfstoffe erhalten. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie weniger Impfstoffe erhalten werden.
Die vor einer Sitzung veröffentlichte Tagesordnung gibt einen beunruhigenden Einblick in die mögliche Ausrichtung des neu zusammengesetzten ACIP. Sie enthält einen Vortrag von Lyn Redwood, einer Krankenschwester und Impfgegnerin, über Thimerosal. Es handelt sich um einen quecksilberhaltigen Konservierungsstoff, der seit langem im Fokus von Impfgegnern steht.
Die Skepsis gegenüber Impfstoffen nimmt zu. Mehrere republikanisch regierte Bundesstaaten haben bereits Gesetze eingeführt, die den Verkauf von Lebensmitteln mit Impfstoffen verbieten. Hintergrund ist die unbegründete Theorie, dass mRNA über Nutztiere in die Bevölkerung gelangt.
Die Verbreitung von Skepsis könnte sich auf die Verfügbarkeit von Impfstoffen auswirken. Die Entwicklung von Vakzinen ist ein gnadenloser Bereich der Pharmabranche.
Da Impfstoffe in der Regel prophylaktisch an gesunde Menschen verabreicht werden, müssen sie in umfangreichen klinischen Studien auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit geprüft werden. Und im Gegensatz zu einfachen kleinmolekularen Medikamenten, deren Herstellungskosten nur wenige Cent pro Tablette betragen können, kostet die Herstellung einer Impfstoffampulle das 25- bis 200-Fache.
Kennedy kürzt auch Mittel. Ein Schritt ist die Auflösung von Bundesverträgen zur Entwicklung von Impfstoffen etwa gegen HIV. Im Mai kündigte die Trump-Regierung einen 766-Millionen-Dollar-Vertrag mit Moderna zur Entwicklung eines Impfstoffs gegen die Vogelgrippe. Unternehmen werden wahrscheinlich nicht in riskante neue Impfstoffe investieren, wenn sie Widerstand von einer unangemessen feindseligen FDA oder ACIP befürchten.
Ein weiterer Schritt ist die Verweigerung, globale Bemühungen zu unterstützen, die darauf abzielen, Impfstoffe in armen Ländern einzuführen – obwohl das Resultat auch den Amerikanern zugute kommt, da dadurch die Ausbreitung von Infektionskrankheiten begrenzt wird.
Diese Denkweise betrifft aber auch Länder wie Österreich. Wenn weniger an neuen Impfstoffen geforscht wird, wenn weniger Geld in die Entwicklung gesteckt wird, dann nimmt die Qualität der medizinischen Vorsorge weltweit ab, auch bei uns.*
Um zu verhindern, dass lästige Klagen die Impfstoffproduktion zu einem Verlustgeschäft machen, haben viele Länder Programme. Sie wägen die Beweislage ab und entschädigen diejenigen, die unter beispielsweise allergischen Reaktionen, Nervenschäden oder Blutgerinnseln leiden, direkt.
Niemand behauptet, dass Impfstoffe niemals Schaden verursachen, sondern nur, dass der Nutzen die Kosten bei weitem übersteigt. Kennedy kritisiert die Impfstoff-Haftungsschutzregeln, die Prozessanwälten das Leben erschweren. Wenn er seinen Einfluss nutzt, um das US-System zu behindern, könnten Pharmaunternehmen Impfstoffe vom Markt nehmen, die Preise drastisch erhöhen oder die Forschung einschränken.
Sein Chef steht also vor einer Entscheidung. Wird er seinen exzentrischsten Handlanger weiterhin die öffentliche Gesundheit untergraben lassen? Oder wird er denselben gesunden Menschenverstand an den Tag legen, den er bei der Einführung der Operation Warp Speed bewiesen hat? Wenn Trump klug ist, wird er sich dem Zorn seiner impfkritischen Anhänger stellen und seinen Gesundheitsminister zügeln – oder entlassen.
"© 2025 The Economist Newspaper Limited. All rights reserved."
"From The Economist, translated by www.deepl.com, published under licence. The original article, in English, can be found on www.economist.com"
* Der Text wurde erklärend hinzugefügt