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Warum in den Himmel bald keine Stiege mehr führt

3.922 Stufen, ein spektakulärer Blick, für Instagrammer ein fast heiliger Ort. Nun wird die Himmelstreppe auf Hawai'i abgerissen. Warum? Darum!

Illegal, aber schön: Der Aufstieg über die Haʻikū Stairs auf Hawaii
Illegal, aber schön: Der Aufstieg über die Haʻikū Stairs auf Hawaii
Friends of Haʻikū Stairs
Christian Nusser
Akt. Uhr
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Am besten ist es, den Interstate H-3 zu nehmen. Man lässt also auf O'ahu die Hauptstadt Honolulu hinter sich, fährt auf der Stelzenautobahn durch das Halawa Valley, durchstößt im eineinhalb Kilometer langen Tetsuo Marano Tunnel die Koolau Mountains und landet dann im Haʻikū Valley. An den meisten Tagen hat man auf der Fahrt über die rund 25 Kilometer ein paar Klimazonen überwunden, Regen und Sonne im Wechsel erlebt, Wolken, die auf der Straße spazieren gehen, begrüßt, dazwischen Regenbögen in einer Bilderbuch-Landschaft gesehen, wie adrett zurechtgemacht für jede Form der Kitsch-Malerei.

Jurassic Park Die H-3, also eigentlich der John A. Burns Freeway, wurde oft schon für Filmarbeiten genutzt, etwa für "Magnum P.I." mit Tom Selleck, aktueller für "Hawaii Five-0" oder auch den Netflix-Film "Triple Frontier" (auf Deutsch "Dreifache Grenze") mit Ben Affleck. Die Ostseite von O'ahu ist in Wahrheit der schönere Fleck der Insel, atemberaubend, wenig hektisch, grellgrün mit üppigem Bewuchs, in "Jurassic Park" bekommt man eine Anmutung davon, die Kinoannäherung an die Epoche der Saurier wurde zum Teil hier gedreht.

Ganz schön steil Für Menschen mit Liebe zu außergewöhnlichen Plätzen hat dieser Landstrich eine besondere Kostbarkeit zu bieten, aber nicht mehr lange. Die Haʻikū-Stairs, oft auch Stairway to Heaven, also Himmeltreppe genannt, schauen ein bisschen aus wie die Chinesische Mauer, ohne Mauer halt. Sie ziehen sich über einen Bergkamm, der beidseitig steil abfällt. Das schaut aber nicht so schlimm aus wie am Großglockner, weil links und rechts vom Weg alles wie von Zauberhand begrünt wurde.

188 Unfälle in zehn Jahren Die Haʻikū-Stairs sind nichts für Menschen, die nach einem Bürostockwerk Pause machen müssen. Sie gehen auf 860 Meter nach oben, es sind 3.922 Stufen zu bewältigen, dafür braucht man etwa fünf Stunden. Der Ausblick von oben mag das entschädigen, aber es gibt ein paar Probleme. Einerseits können die Stufen glitischig werden, wenn es regnet, und das tut es nicht selten, sonst wäre das Zeug ja nicht so grün. Wer unachtsam ist, der ist flott auf dem Allerwertesten wieder dorthin unterwegs, wo er hergekommen ist. Zwischen 2010 und 2022 sollen 188 Menschen von dem Pfad gerettet worden sein, schreiben US-Medien.

Ungebremste Selfie-Jagd Dann brauste im Februar 2015 ein Sturm übers Land. Er nahm einiges mit, unter anderem auch Teile der Haʻikū-Stairs. Die Gefahr, eine Rutschfahrt am Allerwertesten talwärts hinzulegen, hat dadurch an Wahrscheinlichkeit zugenommen. Das sollte allerdings eigentlich keine Rolle spielen, denn der Zutritt zu den Haʻikū-Stairs – und das ist Problem Nummer 3 – ist seit 1987, also seit 37 Jahren, verboten. Seit Instagram erfunden wurde, kümmert das aber noch weniger Menschen.

Es gibt zwar viele Warnschilder, ein Sicherheitsdienst geht auf Patrouille und fängt auch jeden Tag Wanderer ein, das hat den Zustrom aber nicht eingedämmt. In Reiseführern wird auf das Verbot hingewiesen, allerdings mit Augenzwinkern, es sei sehr schön da, der Aufstieg zwar untersagt, aber eventuell trage das dazu bei, die Gegend als noch traumhafter zu empfinden. Eine kriminell schöne Landschaft mischt sich mit dem Bauchkribbeln einer kleinkriminellen Aktivität. Wer wenn nicht wir Österreicher könnte das Glück besser nachempfinden, wenn sich das beste aus zwei Welten offenbart.

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    Bis zu 1.000 Dollar Strafe zahlt, wer die Haʻikū-Stairs begeht und erwischt wird, aber nun wird das Stiegenhaus in den Himmel abgerissen. Diesen Beschluss fasste der Honolulu City Council zwar schon im August 2021, aber das ließ vorerst nur einmal die Wogen hochgehen. Eine Bürgerinitiative namens "Save Hawai'i's Stairway to Heaven" wurde gegründet, die im August 2023 auch eine Klage gegen den Abriss einbrachte.

    Einheimische wütend Auf der anderen Seite des Zauns stehen die Einwohner von Haʻikū, die mit den Wanderern so gar keine Freude haben. Einige der Zugänge zu den Haʻikū-Stairs liegen auf Privatgrundstücken, was die Instagrammer nicht weiter stört. Wenn du unterwegs zu einem illegalen Steig bist, dann ist es dir auch schon egal, wenn der Weg dorthin auch illegal ist. Deswegen lassen sich bizarre Momente erleben. Rucksacktouristen, die in der Morgendämmerung durch Gärten schleichen etwa.

    Die Gegner des Abrisses führen eine Lawine an Gründen an, warum das Bauwerk bestehen bleiben müsste. An der Spitze der Liste stehen die angeblich zehn Millionen Dollar Kosten für die Abtragung der Himmelstreppe und der Umstand, dass sich an der Situation nichts ändern würde. Die Instagrammer würden den Hügel auch so erklimmen und die Privatgärten durchschneiden, es sei einfach zu schön da. Sie wollen einen kontrollieren Zugang mit Eintrittsgeld, an die 100 Dollar pro Person waren angedacht.

    Hatschen für den hashtag Die Haʻikū-Stairs wurden eigentlich nicht dafür gebaut, um Instagrammer glücklich zu machen. Sie wurden ihm Zweiten Weltkrieg errichtet, weil sich auf der Ko'olau-Bergkette eine geheime Funkstation der Amerikaner befand, die auch erreichbar sein sollte. Nicht nur des guten Ausblicks und des Hashtags #haikustairs wegen.

    Am 10. April kündigte nun Richard John Blangiardi, früher Medienunternehmer und nun Bürgermeister von Honolulu, die Ankunft der Abrissbirne an. Schon am Mittwoch dieser Woche startete das Unternehmen "The Nakoa Companies Inc." mit den Vorarbeiten, ab Ende April werden die einzelnen Stufenmodule entfernt. die Prozedur soll ein halbes Jahr dauern und laut Bürgermeister "nur" 2,6 Millionen Dollar kosten. Der Weg in den Himmel ist eben nicht immer gratis. Selbst dann nicht, wenn man ihn nicht mehr antreten kann.

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