im Free-TV
Weihnachten im Fernsehen: Es muss nicht immer Helene Fischer sein
Das Weihnachtsprogramm im Free-TV ist wesentlich besser als sein Ruf. Premieren, große Shows und unzählige Film-Perlen bestimmen zwischen 24. und 26. Dezember das Geschehen im "klassischen" TV. Was sich davon wirklich lohnt.

Was ist das Tollste am Streaming? Die riesige Auswahl – alles immer sofort für jeden, besser geht's eigentlich nicht.
Und was ist das Mühsamste am Streaming? Genau das. Denn wer streamen will, MUSS sich entscheiden. Es gibt keine Random-Wiedergabe, keine Dauerschleife, kein Laissez-faire.
Ein bisschen Fernsehen wie damals Aber manchmal ist es gar nicht so übel, die Zügel aus der Hand zu geben und die Programmplaner einfach machen zu lassen. Und gerade zu den Feiertagen gibt es kaum etwas Entspannenderes, als sich aufs Sofa zu parken, Knabbergebäck oder Kekse, Glühwein oder Bier bereitzustellen, und nach Herzenslust durch die gesamte Sender-Vielfalt zu zappen. Und bei dem einen oder anderen Sender einen Einkehrschwung zu machen, wenn gerade etwas Besonderes läuft.

Die Perlen im Programm Denn auch wenn dem linearen TV längst das Image des Unspektakulären anhaftet – gerade an Feiertagen holen die Sender manche Perle aus ihren Archiven. Oder überraschen mit Sendungen, die seit Jahrzehnten zu Weihnachten gehören – und die man auf Streaming-Plattformen kaum findet. Hier die schillerndsten Programm-Perlen an den Weihnachtsfeiertagen:
Dienstag, 24. Dezember
15.15 Uhr: "Eins, zwei, drei" / Kabel 1 Classics
Ein lange verkannter Billy-Wilder-Geniestreich aus dem Jahr 1961. James Cagney als Coca-Cola-Manager MacNamara in West-Berlin des Jahres 1961 (Mauerbau!), der sich um die Tochter des Chefs (Pamela Tiffin) kümmern soll – und diese an einen Revoluzzer aus dem Osten (Horst Buchholz) verliert. Sie heiratet ihn kurzerhand und will mit ihm nach Moskau – just dann, als sich ihre stockkonservativen Südstaaten-Eltern ansagen. Für MacNamara wäre es der Todesstoß im Unternehmen. Aber so schnell gibt sich der alte Haudegen nicht geschlagen. In nicht einmal 12 Stunden macht er aus dem heißblütigen Kommunisten einen Kapitalisten.
Weshalb es sich lohnt
Für viele Wilder-Fans steht "Eins, zwei, drei" auf einer Stufe mit seinem Meisterwerk "Manche mögen's heiß". Die Dialoge sind geschliffen, die Handlung hat ein Tempo, dass einem fast schwindelig wird und der Film strotzt nur so vor Anspielungen und kleinen Bonmots. Ein zeitloser Klassiker, den man nicht oft genug sehen kann. Und die ideale Vorbereitung auf die Bescherung.

20.15 Uhr: "Charade" / One
"Der beste Hitchcock-Film, den Hitchcock nie gedreht hat", so das Urteil der Filmkritik. Reggie (Audrey Hepburn) kommt aus dem Skiurlaub zurück nach Paris – und steht vor den Trümmern ihres Lebens. Ehemann tot, Wohnung komplett ausgeräumt, von der Polizei und der CIA der Unterschlagung verdächtigt. Und dann tauchen bei der Trauerfeier für den Verflossenen auch noch drei wirklich finstere gestalten auf. Eigentlich ist die junge Witwe mit den Nerven am Ende – aber Charmeur Peter (Cary Grant), der wie aus dem Nichts auftaucht, bietet sich an, ihr zu helfen. Aber ob man ihm auch trauen kann?
Weshalb es sich lohnt
Stanley Donens Meisterwerk aus dem Jahr 1963 gehört zu den elegantesten Gaunerkomödien aller Zeiten. Nie war Audrey schöner, nie war Cary Grant spitzbübischer. Die Handlung ist einer Hochschaubahnfahrt der Emotionen, die Musik dazu (Henry Mancini) zeitlos schön. Wer den Film noch nie gesehen hat, sollte ihn sich nicht entgehen lassen.

22.25 Uhr: "Der Name der Rose" / Servus TV
Geniale Umsetzung von Umberto Ecos Jahrhundert-Buch. Der Franziskaner-Mönch William von Baskerville (Sean Connery) kommt mit seinem Adlatus Adson von Melk (der junge Christian Slater) in eine abgelegene Abtei in Italien und wird dort in eine Verschwörung und eine damit zusammenhängende Mordserie unter den Mönchen verwickelt.
Weshalb es sich lohnt
Bestes europäisches Kino aus den 1980er-Jahren. Sean Connery auf dem Höhepunkt seines Nach-James Bond-Schaffens, eine spannende Kriminalgeschichte nach dem vielschichtigen Bestseller von Umberto Eco und eine höchst authentische Darstellung des Klosterlebens im Mittelalter – man spürt die Kälte förmlich, wenn man die Bilder sieht. Und der große Helmut Qualtinger in seiner letzten Rolle – er erkrankte bei den Dreharbeiten schwer und starb nur wenige Monate nach deren Ende im September 1986.

23.00 Uhr: Katholische Christmette / ORF 2
Wie jedes Jahr, überträgt der ORF auch heuer die katholische Christmette aus dem Petersdom in Rom zeitversetzt auf ORF 2 (der Bayerische Rundfunk überträgt live ab 19.00 Uhr). Papst Franziskus, der erst vor wenigen Tagen seinen 88. Geburtstag feierte und gesundheitlich zuletzt angeschlagen gewesen ist, soll die Messe auch heuer selbst zelebrieren.
Weshalb es sich lohnt
Für alle Gläubigen, die nicht selbst in die Christmette gehen können oder möchten, ist die Übertragung aus Rom ein weihnachtlicher Pflichttermin. Aber auch, wenn man es mit dem katholischen Glauben nicht so ernst nimmt, ist es spannend, den Ablauf der Feier in einer der prächtigsten Kirchen der Christenheit zu verfolgen. Und: Heuer wird der Papst im Petersdom die Heilige Pforte öffnen und damit den Beginn des Heiligen Jahres 2025 einläuten.

1.35 Uhr: "No Sudden Move" / Pro 7
TV-Erstausstrahlung eines Neo-Noir-Krimis aus dem Jahr 2021. Die Kleinganoven Curtis (Don Cheadle), Ronald (Benicio del Toro) und Charley (Kieran Culkin) sollen im Detroit des Jahres 1954 einen hochrangigen Angestellten aus der Automobilindustrie dabei überwachen, wie er ein Geheimdokument aus seinem Safe holt. Doch alles läuft schief und am Ende ist einer der drei tot und die beiden anderen sind auf der Flucht vor Polizei, Autoindustrie und einem Gangstersyndikat mit einem Dokument, dessen technischen Inhalt sie nicht einmal im Ansatz verstehen …
Weshalb es sich lohnt
Regisseur Steven Soderbergh (u.a. "Ocean's Eleven"-Reihe, "Logan Lucky") hat ein Faible für verzwickte Plots und lebt das auch hier meisterhaft aus. Der Film fängt die Noir-Atmosphäre der 1950er-Jahre perfekt ein, die Handlung ist wendungsreich, die Rollen sind bis ins Kleinste herausragend gut besetzt (u.a. Jon Hamm, Ray Liotta, Matt Damon, Brandon Fraser). Wer um die Zeit noch Kraft hat, nicht entgehen lassen - oder den DVR programmieren. Übrigens: Regisseur Soderbergh hat hier auch die Kamera bedient und den Schnitt besorgt – jeweils unter einem Pseudonym.

Mittwoch, 25. Dezember
16.35 Uhr: "Hexen hexen" / ATV
Neuverfilmung der Kinderbuchs von Roald Dahl. Weil sie es leid sind, alle Kinder einzeln verhexen zu müssen, ersinnt die Ober-Hexe (Anne Hathaway) einen Plan, alle Kinder auf der Welt mittels vergifteter Schokolade in Mäuse zu verwandeln. Ihren finsteren Plan präsentiert sie ihren Hexen-Kolleginnen bei einer Zusammenkunft in einem Hotel – doch sie haben die Rechnung ohne den kleinen Charlie gemacht, der mit seiner Hexen-kundigen Oma zufällig im selben Hotel wohnt.
Weshalb es sich lohnt
Aufwändige Neuinszenierung des Kinderbuchs des walisischen Exzentrikers Roald Dahl durch Robert Zemeckis ("u.a. "Zurück in die Zukunft 1-3", "Forrest Gump"). Die Handlung wurde hier in die USA im Jahr 1969 verlegt und behandelt auch das Thema Rassentrennung. Politisch nicht wirklich korrekt (die Hexen sind hier wirklich böse Hexen, mit denen auch keiner Gnade hat), dafür sehr detailreich umgesetzt. Nette Unterhaltung für Kinder, aber auch für Erwachsene absolut sehenswert.

19.00 Uhr: NFL Live – Kansas City Chiefs vs. Pittsburgh Steelers / Netflix
Ausnahmsweise kein Free-TV-Tipp, aber für alle, die Netflix haben, ein wichtiger Hinweis. Denn der Streaming-Gigant zeigt jene zwei Partien der 17. Runde der National Football League NFL, die auf den Christmas Day vorgezogen wurden, live. Das ist einerseits der regierende Champion, die Kansas City Chiefs, gegen die Pittburgh Steelers (um 19 Uhr). Und danach, ab ca. 22.30 Uhr, die Baltimore Ravens gegen die Huston Texans. Der Rest der Runde findt dann wieder, wie gehabt, am Wochenende darauf statt (u.a. live auf RTL).
Weshalb es sich lohnt
Die NFL hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zu einer Bereicherung im heimischen Sport-TV entwickelt, wozu die jahrelangen Übertragungen durch Puls 4 maßgeblichen Anteil hatten. Aktuell stehen drei der vier Mannschaften, die heute spielen, an der Spitze ihrer Division, die Baltimore Ravens liegen auf Platz 2. Hochkarätige Matches auf Augenhöhe sollten also garantiert sein.

20.15 Uhr: "Die Helene-Fischer-Show" / ORF 2
Ein bisschen Fernsehen wie früher – große Show, große Namen, über 3 Stunden Länge. Die deutsche Schlager-Königin lädt einmal mehr hochkarätige Gäste in ihre große Personality-Show ein, darunter Hape Kerkeling, Robbie Williams, Shootingstar Ayliva und den deutschen Chansonnier Reinhard Mey, der erstmals seit 25 Jahren wieder im TV auftritt.
Weshalb es sich lohnt
Keine Live-Show (das Event wurde am 6. und 7. Dezember in der Messehalle Düsseldorf aufgezeichnet), dafür aber umso bombastischer – und perfekter. Wer großen Bahnhof möchte, wir Weihnachten 2024 keinen größeren finden als diese Show.

20.15 Uhr: "Dune" / ORF 1
Schlicht grandiose Verfilmung des Science-Fiction-Epos von Frank Herbert durch Denis Villeneuve. Im Jahr 10.191 wird auf dem fernen Planeten Dune eine Droge namens Spice abgebaut, die essentiell für den Erhalt der Zivilisation ist. Vor diesem Hintergrund entspinnt sich eine dynastische Intrige, bei der der Imperator zwei Clans gegeneinander ausspielt.
Weshalb es sich lohnt
Der Stoff galt als unverfilmbar, der verunglückte Streifen von David Lynch aus dem Jahr 1984 ist dafür der beste Beweis. Dem kanadischen Regisseur Denis Villeneuve ist es dennoch gelungen - und wie. Der hier gezeigte erste Teil der Verfilmung aus dem Jahr 2021 ist großes Kino im besten Sinne. Dafür gab es 6 Oscars. Teil 2 kam Ende Februar 2024 in die Kinos und ist derzeit nur kostenpflichtig im Stream zu sehen.

22.40 Uhr: "Pulp Fiction" / VOX
Einer jener Filme, für die der Ausdruck Kult erfunden wurde. Die Geschichte der beiden Gangster Jules (Samuel L. Jackson) und Vincent (John Travolta) sowie des glücklosen Boxers Butch (Bruce Willis), die das Schicksal in Los Angeles zusammenführt. Dabei entstanden unzählige Szenen und Einstellungen, die längst zum Kanon des modernen Kino-Schaffens zählen. Kann man gar nicht oft genug sehen.
Weshalb es sich lohnt
Nicht weniger als der prägendste Game Changer für das Kino der 1990er-Jahre. Quentin Tarantinos Meisterwerk aus dem Jahr 1994 definierte die Machart von Filmen ganz neu. Verschachtelt erzählt, mit Vor- und Rückblenden, permanenten Perspektivenwechseln und einem phänomenalen Soundtrack. Alles in allem: Cool ad hell. Hunderte Regisseure wollten danach Filme wie Tarantino drehen – und wenn man sein Oevre seither betrachtet, könnte man meinen, auch Tarantino würde gerne noch einmal ein neues "Pulp Fiction" machen.

Donnerstag, 26. Dezember
13.15 Uhr: "Midnight in Paris" / Kinowelt
Romantisch-nostalgische Komödie aus dem Jahr 2011. Der erfolgreiche Hollywood-Autor Gil (Owen Wilson) ist mit seiner Verlobten und deren Eltern in Paris und befindet sich in einer Sinnkrise, da er der Welt beweisen möchte, dass er literarisch mehr zu leisten imstande ist, als seichte Drehbücher zu verfassen. Eines Nachts wird er von einer Luxuslimousine im Stile der 1920er-Jahre ausgelesen – und findet sich auf einmal wieder im Paris dieser Epoche, an der Seite von Größen wie Dalí, F. Scott Fitzgerald und Hemingway. Von nun an geht Gil jede Nacht auf Zeitreise in die Vergangenheit.
Weshalb es sich lohnt
Geniestreich von Woody Allen, der nicht nur mit seiner originellen Geschichte, sondern auch einem spielfreudigen Ensemble begeistert. Und gleichzeitig eine kluge Auseinandersetzung mit dem Thema Nostalgie und deren Wert für unser Dasein.

20.15 Uhr: "46. Internationales Zirkusfestival Monte Carlo" / SWR 3
Bereits ein Klassiker zur Weihnachtszeit. Auch in diesem Jahr traten an der Riviera im vergangenen Jänner mehr als 200 Artisten aus 17 Ländern zum Wettstreit an, die Zusammenfassung der gebotenen Leistungen ist hier zu sehen.
Weshalb es sich lohnt
Zirkus ist eine Unterhaltungskunst wie jede andere auch, und damit ist sie den Veränderungen der Zeit unterworfen. Nummern, bei denen immer noch Wildtiere eine Rolle spielen, sollten heute eigentlich in keinem Zirkus mehr etwas verloren haben, hier sind die Regelungen allerdings von Land zu Land unterschiedlich. Wer darüber hinwegsehen kann, findet hier einen faszinierenden Querschnitt durch das artistische Können der Gegenwart. Und entdeckt immer wieder Nummern, bei denen einem der Mund offen bleibt.

20.15 Uhr: "Das Traumschiff: Hudson Valley" / ORF 2
Ebenfalls seit Ewigkeiten ein Klassiker zu Weihnachten – eine brandneue Folge des "Traumschiffs". Dieses Mal geht es ins Hudson Valley, also den Hudson River, westlich von New York City, Richtung Norden. Aber die Umgebung spielt ohnedies meist nur eine untergeordnete Rolle, viel interessanter ist das Geschehen an Bord. Da ist dieses Mal die Aufregung groß, da der Reeder Henrik Hansen (Peter Kremer) mit Familie an Bord ist. Kreuzfahrtdirektor Schifferle (Harald Schmidt) findet's super, der Kapitän (Florian Silbereisen) ist cool wie immer.
Weshalb es sich lohnt
"Das Traumschiff" mag man oder mag man nicht, es gibt kaum etwas dazwischen. Wer sich darauf einlässt, wird mit wirklich schönen Natur- und Landschaftsaufnahmen belohnt, die Handlung ist so vorhersehbar wie immer.

23.20 Uhr: "Agenten sterben einsam" / ARTE
Kriegsfilm-Klassiker nach Alistair MacLean. Im Winter 1943/44 springt eine britische Kommando-Einheit unter der Führung von Major Smith (Richard Burton) und dem US-Lieutenant Schaffer (Clint Eastwood) in den Salzburger Alpen ab, um einen von den Nazis in einer alten Burg gefangen gehaltenen US-General zu befreien, da die Sorge besteht, er könnte Details zur geplanten Invasion in der Normandie verraten. Aber schon bald stellt sich heraus, dass nicht alle Soldaten der Einheit mit offenen Karten spielen. Und auch mit dem General scheint einiges nicht in Ordnung zu sein.
Weshalb es sich lohnt
Höllisch spannende Mischung aus Kriegs- und Agentenfilm mit einem ultra-coolen Richard Burton und einem vertrackten Plot. Wie so oft bei Vorlagen-Lieferant Alistair MacLean, ist hier kaum etwas so, wie es scheint. Als Bonus für österreichische Seher kommt dazu, dass der Film nahezu ausschließlich in Österreich gedreht worden ist, nämlich vor allem in Werfen, Lofer und Ebensee.

1.45 Uhr: "M – Eine Stadt sucht einen Mörder" / Servus TV
Klassiker des psychologischen Kriminalfilms. Im Berlin des Jahres 1931 geht ein Kindermörder um. Weil die Polizei bei der Fahndung nach dem Täter der örtlichen Unterwelt gehörig auf die Füße steigt, beschließt diese, den Mörder selbst zu fassen.
Weshalb es sich lohnt
Der Film vom in Wien geborenen Regisseur Fritz Lang wurde in Berlin großteils an Originalschauplätzen gedreht und bietet einen faszinierenden Blick auf die zu Ende gehende Weimarer Republik. Dazu kommt die beklemmend realistische Darstellung des Kindermörders durch den jungen Peter Lorre und der generell sehr realistisch-pessimistische Grundton des Streifens. Keine leichte Kost, sollte man aber auf jeden Fall einmal gesehen haben.
