Neuer China-Vertrag

Wie Österreich um seine Pandas kämpft

Im September läuft der Vertrag mit China aus. Wie es mit Yang Yang und Yuan Yuan weitergeht. Ein kleiner Einblicke in ein großes Stück Welt-Diplomatie.

Schlafen, fressen, schauen und dann wieder von vorne: die Pandas im Tiergarten Schönbrunn
Schlafen, fressen, schauen und dann wieder von vorne: die Pandas im Tiergarten Schönbrunn
Helmut Graf
Christian Nusser
Akt. Uhr
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Sie redeten über Krieg und Weltfrieden, die Konflikte im Nahen Osten und auf Taiwan, die Bedrohung der USA durch den Massenimport der Droge Fentanyl – und über Pandas. Mitte November trafen sich US-Präsident Joe Biden und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping in Woodside bei San Francisco. Es war eine fruchtbare Zusammenkunft. Am Ende stand fest: In den USA wird es weiterhin Pandas geben.

Das stand an der Kippe. Bei Pandas ist es nämlich so: Wenn China keinen der putzigen Bären mehr hergeben möchte, dann kann man nicht bei einem anderen Land anklopfen oder selbst ein Zuchtprogramm starten. Denn alle Pandas auf der ganzen Welt gehören dem Reich der Mitte, sie werden nur für einen bestimmten Zeitraum an Tiergärten verborgt. Das geht auch ein bisschen ins Geld. Dem Vernehmen nach fallen pro Tier pro Jahr 500.000 Dollar "Leihgebühr" an.

Das Leben ist ein einziges Fressen Die Tiergärten greifen trotzdem gern zu, denn Pandas sind überall Publikumslieblinge. Das überrascht, denn viel mehr als Bambusfressen bringen sie nicht zustande, dafür aber geben sie viel Zeit aus, zehn Stunden und mehr am Tag. Dabei verputzen sie bis zu 18 Kilo Strauchwerk und das Zeug wiegt nicht einmal was. Das geht mit der Zeit auch ins Geld.

    So haben sie die Bewohnerinnen und Bewohner des Tiergartens Schönbrunn vielleicht noch nie gesehen
    So haben sie die Bewohnerinnen und Bewohner des Tiergartens Schönbrunn vielleicht noch nie gesehen
    Helmut Graf
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    Vertrag ist ausgelaufen Ganz genau weiß man es nicht, aber so um die 19 Länder weltweit können derzeit in Zoos Pandas herzeigen. Darunter auch Österreich, das eine besondere Beziehung zu Tieren hegt. Man erinnere sich nur an den Besuch von Bundespräsident, Kanzler und der größten Delegation aller Zeiten in China. Österreich hat 2003 einen Vertrag über zehn Jahre mit der China Wildlife Conservation Association (CWCA) abgeschlossen, er wurde 2013 verlängert und lief 2023 aus. Eigentlich. Denn es gab eine Art "österreichische Lösung" für die Tiere.

    Diskrete Verhandlungen Diplomatie ist an sich eine diskrete Sache, die Panda-Diplomatie, die China mit seinen Nationaltieren betreibt, scheint da aber noch eine Spur sensibler zu sein. Verhandlungen, Kosten, Vertragsinhalte, alles geheim. Wer im Arbeitsministerium in Wien anruft, bekommt nicht viel Info-Bambus zum Knabbern. Offiziell führt der Tiergarten Schönbrunn die Verhandlungen mit der CWCA, das Ministerium von Martin Kocher aber ist für den Zoo ressortzuständig, es liest also bei der Vertragsgestaltung am Rande mit. Sagen will niemand etwas dazu. Aber man hört so einiges.

    Senioren-Gehege Im Tiergarten Schönbrunn leben derzeit zwei Pandas. Am 14. März 2003 waren Weibchen Yang Yang ("Sonnenschein") und Männchen Long Hui ("Drachenzeichen") nach Wien gekommen, Long Hui verstarb 2016 an einem Gallengangkarzinom. Im April 2019 rückte Männchen Yuan Yuan nach. Die beiden aktuell verfügbaren Tiere sind keine jungen Sprossen mehr, beide wurden 2000 geboren, in Menschenjahre umgerechnet heißt das, sie sind jetzt so um die 80 Jahre alt. Babys zeugen in dieser Lebensphase meist nur mehr Angehörige der High Society. Dazu gehören die Wiener Pandas nicht, aber ihr Alter hat eventuell andere Folgen.

    Erste Panda-Diplomatie: US-Präsident Richard Nixon (r.) mit Chinas Premierminister Zhou Enlai 1972 in Peking
    Erste Panda-Diplomatie: US-Präsident Richard Nixon (r.) mit Chinas Premierminister Zhou Enlai 1972 in Peking
    Picturedesk

    USA pandemiefrei? China ist zuweilen eine launige Diva und deshalb machte sich in den USA im letzten Jahr unter Tierfreunden etwas Panik breit. Peking begann nämlich Schritt für Schritt seine Pandas aus den US-Zoos abzuziehen, man schloss daraus, das Reich der Mitte sei etwas verstimmt über die Weltpolitik der amerikanischen Regierung. Zuletzt verlor der Nationalzoo in Washington seine pelzigen Insassen, es blieben nur mehr vier Exemplare in Atlanta übrig, dann wären die USA vollkommen ohne Pandas gewesen. Ein schockierender Zustand.

    Zigarette? Nein, Panda Die ersten Pandas kamen vor 52 Jahren in die USA. Die Anbahnung wird als Schnurre in Washington heute noch gern erzählt. US-Präsident Richard Nixon war 1972 auf Besuch in China. Am 21. Februar nahm er mit seiner Ehefrau Pat am Staatsbankett teil, Nixon saß neben Staatschef Mao, Pat neben Ministerpräsident Zhou Enlai. Auf dem Tisch lag eine Zigarettenschachtel mit einem Panda-Logo drauf und es entwickelte sich ein legendärer Dialog.
    "Sind sie nicht niedlich?", fragte Pat Nixon, "ich liebe sie."
    "Ich gebe ihnen welche", antwortete Zhou Enlai.
    "Zigaretten?"
    "Nein, Pandas."
    Politik kann manchmal so einfach sein.

    Neue Pandas im Anflug Nach dem Treffen von Biden mit Xi Jinping weht nun wieder ein ähnlicher Wind wie 1972. China versprach, noch heuer zwei Große Pandas nach San Diego zu schicken, der Panda-Diplomatie scheinen wieder sonnigere Tage ins Haus zu stehen. Das ist auch für Europa ein gutes Signal, im Dezember mussten nämlich erst die beiden letzten Exemplare des Zoos von Edinburgh nach Hause abdampfen. Aber: Nach dem Deal mit San Diego unterschrieb China einen neuen Vertrag mit Madrid. Und die "Washington Post" meldet nun, dass auch mit Washington und Wien über eine Verlängerung verhandelt werde.

    Das Schönbrunner Panda-Weibchen Yang Yang hatte am 10. August 2020 Grund zum Feiern (sie freut sich mittel): Zum 20. Geburtstag erhielt die langjährige Bewohnerin des Wiener Tiergartens eine Torte mit ihren Lieblingszutaten Bambussprossen, Karotten und Roten Rüben
    Das Schönbrunner Panda-Weibchen Yang Yang hatte am 10. August 2020 Grund zum Feiern (sie freut sich mittel): Zum 20. Geburtstag erhielt die langjährige Bewohnerin des Wiener Tiergartens eine Torte mit ihren Lieblingszutaten Bambussprossen, Karotten und Roten Rüben
    Picturedesk

    Jüngere Pandas für Wien? Das stimmt. Tatsächlich sind die Verträge zwischen Wien und Peking im September 2023 ausgelaufen, sie wurden aber noch einmal um ein Jahr verlängert. Hier kommt das Alter ins Spiel. China sieht es nämlich ungern, wenn einer ihrer Pandas im Ausland stirbt. Also ist es gut möglich, dass die beiden Oldies aus dem Schönbrunner Zoo irgendwann heuer oder nächstes Jahr die Heimreise antreten – es geht ihnen wohlgemerkt gesundheitlich prächtig – und im Gegenzug die nächste Generation aus dem Reich der Mitte ins Reich am Rande der Welt geschickt wird.

    Forscher-Hochburg Schönbrunn Österreich hat bei den Chinesen einen ziemlichen Stein im Brett. In Schönbrunn wird viel in die Forschung investiert. Die Erkenntnis, dass Pandas die Gesichtszüge von Menschen erkennen können, verdankt die Fachwelt Österreich. China selbst setzt große Anstrengungen in Hege, Schutz und Aufzucht seiner pelzigen Diplomaten, hat schon 1.900 Tiere ausgewildert. Pandas rutschten in der Auflistung der gefährdeten Tierarten in die niedrigste Kategorisierung.

    Ob Österreich weiter daran mitwirken kann? Es schaut gut aus, wenn auch wie gewohnt von allen Seiten freundlich dazu geschwiegen wird. Wie auch immer es kommen mag, es wird sicher pandastisch.

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