Worum geht es? 2024 betrug das österreichische Haushaltsdefizit 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), für 2025 wird ein Defizit von 4,4 Prozent prognostiziert. Am Mittwoch begann die Europäische Kommission deshalb mit der Einleitung eines Defizitverfahrens gegen Österreich, da das Land die EU-Defizitgrenze von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) überschritten hat.
Was passiert nun? Der Wirtschafts- und Finanzausschuss der EU wird eine Stellungnahme abgeben. Anschließend wird der Rat der EU-Finanzminister voraussichtlich am 8. Juli 2025 die Einleitung des Defizitverfahrens fix beschließen.
Kann Österreich dagegen stimmen? Ja, aber das nutzt eventuell wenig. Die Entscheidung wird mit qualifizierter Mehrheit getroffen, sodass die Zustimmung des betroffenen Landes nicht erforderlich ist.
Wie läuft ein Defizitverfahren ab? Die Kommission analysiert zunächst die Haushaltslage eines Mitgliedstaats anhand aktueller Daten (z. B. aus den Frühjahrs-/Herbstprognosen). Bei Überschreitung der Defizitgrenzen schlägt sie dem Rat der EU (Finanzminister der Mitgliedstaaten) ein Verfahren vor. Der Rat gibt eine Empfehlung zur Korrektur des Defizits ab, darin sind konkrete Ziele, Fristen und Maßnahmen enthalten.
Wie lange ist Zeit? Der betroffene Staat hat eine Frist (meist 6 Monate), um Maßnahmen zur Defizitverringerung zu ergreifen. Er muss regelmäßig Bericht erstatten. Die Kommission prüft, ob die Empfehlungen umgesetzt wurden: Wenn ja, wird das Verfahren eingestellt, wenn nein, folgt die nächste Stufe.
Kann es Strafen geben? Das ist vorgesehen, wurde aber praktisch noch nie gemacht. Zunächst kommen verwarnende Schreiben und Ankündigung von Sanktionen. Möglich wären Kautionen (0,2 % des BIP), Geldstrafen (bis zu 0,5 % des BIP), Kürzungen von EU-Geldern.
Gegen wie viele Staaten laufen Defizit-Verfahren? Derzeit gegen sieben (Italien, Belgien, Ungarn, Malta, Polen, Slowakei und Rumänien), weil die Europäische Kommission am Mittwoch überraschend beschloss, das Defizitverfahren gegen Frankreich vorerst auszusetzen.
Worum geht es? Am kommenden Sonntag (7 bis 23 Uhr) und am Montag (7 bis 15 Uhr) sind die 52 Millionen Wahlberechtigten in Italien zu fünf Volksabstimmungen aufgerufen. Vier beschäftigen sich mit dem Thema Arbeitsmarkt, in einer wird die Verkürzung der "Wartezeit" für Migranten aus Nicht-EU-Staaten auf die Staatsbürgerschaft gefordert.
Worum geht es konkret? Referendum 1: Besserer Kündigungsschutz. Referendum 2: Erhöhung der Abfertigung nach Kündigung auf bis zu 14 Monatsgehälter. Referendum 3: Befristung von Arbeitsverträgen erschweren. Referendum 4: Haftung von Subunternehmen bei Arbeitsunfällen.
Und die fünfte Abstimmung? Hier geht es um die Frage, wie lange Menschen aus Staaten außerhalb der EU warten müssen, um die italienische Staatsbürgerschaft beantragen zu können. Früher galten fünf Jahre, aktuell sind es zehn Jahre. Via Volksabstimmung sollen nun wieder die fünf Jahre in Kraft gesetzt werden.
Wie sieht die Politik das? Die Volksabstimmungen zum Arbeitsrecht wurden vorrangig von Gewerkschaften und linken Parteien auf den Weg gebracht. Die Einbürgerungs-Erleichterung wird von der Partei +Europa (ausgesprochen: Più Europa, also „Mehr Europa“) betrieben. Es handelt sich um eine liberale, pro-europäische Partei.
Und die Regierung? Die Mitte-rechts-Koalition unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat zum Boykott der Abstimmungen aufgerufen.
Warum ist das besonders relevant? Weil sich mindestens 50 Prozent der Wahlberechtigten an der Volksabstimmung beteiligen müssen, sonst ist das Ergebnis hinfällig. Insofern ist das Referendum auch ein guter Stimmungstest für die Regierung Meloni. Bisher gab es 72 Volksabstimmungen, in 39 Fällen wurde das erforderliche Quorum erreicht.
Worum geht es? Im August 2024 wurden ein 27-jähriger Polizist und seine Kollegin zu einem Einsatz in die Nähe des Düsseldorfer Hauptbahnhofes gerufen. Ein Mann soll ein Pärchen mit einem Messer bedroht haben. Vor Ort trafen die Beamten auf einen 32-jährigen Obdachlosen. Als der Mann flüchten wollte, schoss ihm der Polizist in den Rücken.
Was passierte genau? Bei der Amtshandlung griff der Obdachlose in die Hosentasche. Später stellte sich heraus: dort befand sich kein Messer, sondern ein Schlüsselbund. Es kam zur Rangelei. Als der Verdächtige versuchte, dem Polizisten den Taser (der zuvor wirkungslos gewesen war) zu entreißen, gab der Beamte drei Schüsse ab. Der dritte traf den Mann durch den Rucksack in den Rücken – aus bis zu 7 Metern Entfernung. Eine Notoperation rettete ihm das Leben.
Was sagte nun das Gericht? Der Schusswaffeneinsatz sei nicht verhältnismäßig gewesen, da keine akute Gefahr für Leib und Leben bestand.
Aber? Der Beamte wurde freigesprochen, da er in einer "hochdynamischen Situation" eine Fehleinschätzung getroffen hatte. Der Vorsitzende Richter betonte, dass Polizisten in Sekundenbruchteilen entscheiden müssten, was zu Fehlern führen könne. Der Staatsanwalt hatte elf Monate Haft auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt gefordert.
Worum geht es? Am Montag hatte die Ukraine mit einem Drohnenangriff der russischen Luftwaffe schwere Schäden zugefügt. Nur einen Tag nach der Operation "Spinnennetz" führte der Geheimdienst SBU einen gezielten Angriff auf die Kertsch-Brücke durch, die das russische Festland mit der annektierten Krim verbindet. Videos zeigen die Explosion.
Was passierte genau? Es wurden rund 1.100 Kilogramm Unterwassersprengstoff eingesetzt, um die Brückenpfeiler zu beschädigen. Der Angriff erfolgte in den frühen Morgenstunden um um 4:44 Uhr und führte zu einer vierstündigen Sperrung der Brücke. Es wurden keine Verletzten gemeldet. Die Pfeiler aber wurden schwer beschädigt.
Die Brücke war schon öfter Kriegsziel, oder? Es handelte sich um den bereits dritten Angriff auf die Brücke seit Beginn des russischen Angriffskrieges. Ukrainischen Saboteure führten bereits 2022 und 2023 Aktionen durch, beim ersten Mal mit einer Autobombe.
Was hat das für einen Zweck? Die 19 Kilometer lange Kertsch-Brücke hat sowohl symbolische als auch strategische Bedeutung für Russland, da sie eine wichtige Versorgungsroute für die russischen Truppen auf der Krim darstellt. Die Brücke wurde nach der illegalen Annexion der Krim durch Russland gebaut. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete sie erneut als legitimes militärisches Ziel.
Worum geht es? Die Tageszeitung Kurier veröffentlichte in der Freitagausgabe vom 30. Mai ein Interview mit Clint Eastwood. Anlass war sein 95. Geburtstag am Samstag und die Veröffentlichung seines Justizthrillers "Juror # 2", der angeblich Ende des Jahres in die Kinos kommen soll (tatsächlich lief er schon im November 2024 an). Das Interview war der Aufmacher in der Rubrik "Menschen".
Was ist das Problem? Am Montag veröffentlichte Eastwood in "Deadline" eine Stellungnahme. Darin nannte er das Interview "völlig gefälscht" und schrieb mit einem Anflug von Sarkasmus: „Ich wollte das klarstellen. Ich kann bestätigen, dass ich 95 Jahre alt geworden bin. Ich kann auch bestätigen, dass ich in den letzten Wochen weder dem österreichischen Kurier noch einem anderen Autor ein Interview gegeben habe."
Was stand im Interview? Eastwood übt Kritik an Hollywoods "Remake-Wahn". Er sehne sich zurück "nach den guten alten Tagen, in denen Drehbuchautoren in kleinen Bungalows am Studiogelände Filme wie Casablanca geschrieben haben. Damals hatte jeder eine neue Idee." Seine Philosophie sei immer gewesen: Mach etwas Neues oder bleib zu Hause."
Was sagt er zum Alter? "Es gibt keinen Grund, warum ein Mann nicht mit dem Alter besser werden kann. Und ich habe heute viel mehr Erfahrung. Sicher, es gibt Regisseure, die mit zunehmendem Alter ihren Touch verlieren, aber ich gehöre nicht dazu." Und: "Ich war immer älter als meine Frauen."
Warum die Aufregung? Weil die Zitate in allen möglichen Medien weltweit ihren Niederschlag fanden. Auch in "Deadline", das den Vorgang bedauert und Eastwood um eine Stellungnahme bat.
Wie kam es zum Interview? Der Kurier veröffentlichte am Abend eine Stellungnahme "in eigener Sache". Darin wurde erklärt, dass der betreffende Artikel aus einer Zusammenstellung älterer Round Tables-Gespräche entstanden sei, ein aktuelles Interview wurde tatsächlich nicht geführt. Die Zusammenarbeit mit der Autorin wurde eingestellt.
Wer ist die Autorin? Elisabeth Sereda ist eine langjährige österreichische Journalistin, die mit 21 Jahren nach Los Angeles zog, um sich auf Filmjournalismus zu spezialisieren. Sie verfasste Hunderte Beiträge für mehrere Medien. Seit 1994 ist sie Mitglied der Hollywood Foreign Press Association (HFPA) und gehört (als eine von vier Österreicherinnen) zur Jury der Golden Globe Awards.
Worum geht es? Der US-amerikanische Bananenkonzern Chiquita Brands International bewirtschaftete in Panama insgesamt 26 Bananenplantagen mit einer Gesamtfläche von etwa 6.969 Hektar. Der Großteil dieser Anbauflächen befindet sich in der Provinz Bocas del Toro. Nun hat das Unternehmen angekündigt, alle Mitarbeiter zu kündigen.
Was ist der Hintergrund? Seit 28. April 2025 traten Arbeiter in Streik. Der Protest hat mit Chiquita nicht direkt zu tun. Die Belegschaft wehrt sich gegen eine umstrittene Rentenreform der Regierung, bekannt als Gesetz Nr. 462. Es sieht eine schrittweise Privatisierung des Sozialversicherungssystems vor. Viele Beschäftigte befürchten eine erhebliche Kürzungen der Rentenleistungen.
Wie reagierte Chiquita? Das Unternehmen kündigte zunächst etwa 5.000 der insgesamt 6.500 Mitarbeiter in Panama und bezeichnete den Arbeitsausstand als "ungerechtfertigten Arbeitsabbruch", der zu Verlusten von über 75 Millionen US-Dollar geführt habe. Nun kündigte Chiquita an, auch die verbleibenden Arbeiter zu entlassen und alle Aktivitäten in Panama einzustellen.
Worum geht es? Am Montag hatte das Berliner Verwaltungsgericht entschieden: Die Zurückweisung von Asylsuchenden bei Grenzkontrollen auf deutschem Staatsgebiet ohne vorherige Durchführung des Dublin-Verfahrens ist rechtswidrig. Die deutsche Regierung will sich vom Urteil allerdings nicht bremsen lassen. Das sorgt für viel Widerspruch.
Was passiert nun? Die Entscheidung des Berliner Gerichts enge die Spielräume zwar möglicherweise noch einmal etwas ein, sagte Kanzler Friedrich Merz (CDU) beim Kommunalkongress des Deutschen Städte- und Gemeindebundes in Berlin. "Aber die Spielräume sind nach wie vor da. Wir wissen, dass wir nach wie vor Zurückweisungen vornehmen können." Ähnlich sieht das Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU).
Was heißt das? Drei Asylwerber aus Somalia hatten geklagt, darunter eine Frau, die angab, noch minderjährig zu sein. Alle drei waren über Belarus in das EU-Land Litauen eingereist. Sie dürfen nach dem Gerichtsurteil nach Deutschland, hier wird nun ein Asylverfahren durchgeführt. Deutschland will aber mit der Praxis der Zurückweisungen weitermachen.
Warum ist das heikel? Weil es sich, entgegen aller Beteuerungen einiger Politiker ,um keine "Einzelfallentscheidung" handelt, sondern um eine "Grundsatzentscheidung". Sie gilt also für alle vergleichbaren Fälle. Und: "Die Entscheidung ist unanfechtbar", schreibt das Verwaltungsgericht ganz am Ende.
Worum geht es? Im Mai 2024 verabschiedete Frankreich ein neues Gesetz zur Sicherung und Regulierung des digitalen Raums (SREN). Ziel war es, Minderjährigen den Zugang zu pornografischen Inhalten im Internet zu verunmöglichen. Diese Regelungen betreffen sowohl französische als auch internationale Anbieter. Im April 2025 wurden die technischen Arbeiten abgeschlossen.
Was passiert nun? Pornhub, die führende Plattform für pornografische Inhalte, stellt die Ausstrahlung ihrer Programme in Frankreich ein. Davon sind die anderen Websites der Aylo-Gruppe ebenso betroffen, auch Redtube und YouPorn schließen.
Was ist der Hintergrund? Die französische Gesetzgebung verlangt von Porno-Plattformen nun, bei jedem Login das Alter der Nutzer zu überprüfen. Die Aylo-Gruppe nennt die Regelung "unverantwortlich, unverhältnismäßig und ineffektiv ". Die Altersverifizierung durch Dritte sei einen "Eingriff in die Privatsphäre" und öffne "Online-Datendieben Tür und Tor.
Wie kontert Frankreich? Der neue Standard garantiere "Privatsphäre mit doppelter Anonymität", twitterte Clara Chappaz, Ministerin für Digitales. "Lügen, wenn man das Gesetz nicht respektieren will, sind inakzeptabel." Aurore Bergé, Ministerin für Gleichstellung, schrieb: "Dann wird es in Frankreich weniger gewalttätige, erniedrigende und entwürdigende Inhalte für Minderjährige geben. Auf Wiedersehen.“
Wer oder was ist Aylo? Ein kanadisches Technologieunternehmen, das sich auf Online-Pornografie spezialisiert hat. Der Hauptsitz befindet sich in Montreal, Kanada. Aylo ist Betreiber mehrerer bekannter Plattformen darunter Pornhub, YouPorn, RedTube, Brazzers, Mydirtyhobby, Tube8, XTube. Das Unternehmen gehört zur kanadischen Private-Equity-Firma Ethical Capital Partners.
Welche Umsätze werden erzielt? Es handelt sich um eine eher diskrete Branche. Schätzungen zufolge beträgt der Jahresumsatz von Aylo zwischen 347,4 Millionen US-Dollar und 495 Millionen US-Dollar. Frankreich ist nach den USA der zweitgrößte globale Markt von Pornhub.
Gibt es die Debatte auch außerhalb Frankreichs? Pornhub und drei weitere Pornoseiten (Stripchat, XNXX und XVideos) sind Gegenstand einer Untersuchung der Europäischen Kommission im Rahmen der europäischen Digitaldienste-Verordnung (DSA). Brüssel ist der Ansicht, dass diese Plattformen keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen haben, um das Alter ihrer Nutzer zu überprüfen und Minderjährigen den Zugriff auf ihre Inhalte zu verwehren.