Trumps Zölle
Aktien-Zickzack: Was soll ich jetzt mit meinem Geld machen?
Für Millionen Menschen in Österreich hat die Hochschaubahnfahrt der Aktienmärkte direkte Auswirkungen auf ihr Geldbörsl. Warum das vielen gar nicht bewusst ist. Wie sie nun reagieren sollen und ob Gold eine Alternative ist: Geld-Profi Monika Rosen hat Antworten.

Die Zollpolitik von US-Präsident Trump entfaltet ihre volle (verstörende) Wirkung derzeit vor allem an der Börse. Die Finanzmärkte reagieren mit teilweise extremen Ausschlägen auf die ständig wechselnden Ankündigungen aus dem Weißen Haus. Und zumindest in einigen Punkten scheinen sie auch dazu zu führen, dass Maßnahmen aufgeschoben oder sogar zurückgenommen werden.
Jüngstes Beispiel sind die Zölle in Höhe von 145 Prozent auf Importe aus China, die für High-Tech-Produkte wie Mobiltelefone oder Halbleiter jetzt nicht gelten sollen. Oder gelten sie doch?
Was also sollen Anleger tun, wenn sich die Nachrichten derart überschlagen? Kaufen, verkaufen, zuwarten? Und kann man das Portfolio gegen zukünftige Querschläge vielleicht ein bisschen schützen? Das sagt Geld-Profi Monika Rosen:
Was sind die jüngsten Entwicklungen?
Trump verwirrte am Sonntag mit einem Posting auf Truth Social. Er hatte etwa Smartphones von den China-Sonderzöllen ausgenommen. Nun erklärte er, dass die Ausnahmen gar keine Ausnahmen seien. Betroffenen Produktgruppen seien lediglich in einen anderen "Eimer" verschoben worden. Für sie würden weiterhin die "Fentanyl-Zölle" von 20 Prozent auf Importe aus China gelten.

Wie auch immer: warum ist das Thema Aktien für Österreich überhaupt relevant?
Weil immer mehr Menschen Aktien haben. Laut aktueller Studie der Wiener Börse besitzen bereits 30 Prozent der österreichischen Wohnbevölkerung Wertpapiere, das sind 2,3 Millionen Menschen.
Nimmt das zu?
Ja, sogar ziemlich. Die Zahl der Wertpapierbesitzer stieg innerhalb eines Jahres um 200.000 Personen, so viel wie Linz Einwohner hat.
Aber das ist doch ein Reichendings, oder?
Mitnichten! 1,3 Millionen der Wertpapierbesitzer verdienen weniger als 3.000 Euro im Monat.
Kann mir Trump egal sein kann, wenn ich keine Aktien besitze?
Nein, vielen Menschen ist nicht bewusst, dass ihre Finanzsituation "indirekt" vom Wertpapiermarkt abhängig ist. Nur ein Beispiel: 3,5 Millionen Personen in Österreich sind bereits im System "Abfertigung neu". Die "Betrieblichen Vorsorgekassen" haben Geld im Wertpapiermarkt investiert. Ob Aktienkurse steigen oder fallen, hat also Auswirkungen darauf, wie viel Ihnen am Ende ausbezahlt wird.

Man hat den Eindruck, so groß waren die Ausschläge an der Börse noch nie. Aber stimmt das?
Die Kurse schwanken derzeit schon extrem stark, aber dass etwas Vergleichbares noch nie da war, stimmt auch nicht.
Wann war es schon einmal so arg?
Der breite US Leitindex S&P 500, der die 500 größten börsennotierten US Unternehmen abbildet, verbuchte am 9. April seinen drittstärksten Anstieg seit dem Zweiten Weltkrieg. Das war der Tag, als Trump die Zölle für 90 Tage aussetzte. Auf Platz eins und zwei der größten Tagesanstiege landen übrigens Handelstage im Oktober 2008, also während der Finanzkrise.
Beschränkt sich die Nervosität auf die Aktienmärkte?
Nein, man kann schon sagen, dass die Rentenmärkte fast noch mehr Nerven zeigen als die Aktien. In einer Woche ist die Rendite auf 10-jährige US-Staatsanleihen um über 50 Basispunkte gestiegen. Einen derart heftigen Anstieg in so kurzer Zeit gab es zuletzt 2001.
Was sind Rentenmärkte?
Ein Teil des Finanzmarktes. Auf den Rentenmärkten (Bondmärkten im Englischen) werden festverzinsliche Wertpapiere gehandelt, vor allem etwa Staatsanleihen und Unternehmensanleihen.
Was bedeuten also steigende Renditen am Rentenmarkt?
Wenn die Zinsen steigen, werden bestehende Anleihen, deren Verzinsung unter dem aktuellen Niveau liegt, weniger wert, ihre Kurse sinken. Deshalb sind steigende Renditen schlecht für den Anleihenteil im Portfolio.

Gilt das andersrum auch?
Ja, natürlich. Bei sinkenden Zinsen steigt der Wert der schon begebenen Anleihen, ihre Kurse steigen. Gemessen werden die Bewegungen der Renditen in Basispunkten, das heißt in Hundertstel eines Prozentpunktes. 50 Basispunkte sind demnach 0,5 Prozent.
Warum ist der Nervosität bei den Anleihen noch höher als bei den Aktien?
'Weil die USA bei ihren Staatsanleihen wesentlich verwundbarer sind als am Aktienmarkt. Ihre Verschuldung liegt derzeit bei rund 123 Prozent der Wirtschaftsleistung, das Defizit bei über 6 Prozent. Damit würden sie die in der Eurozone geltenden Maastricht-Kriterien klar verfehlen.
Aber wo liegt da die Achillesferse?
In der Abhängigkeit der USA. Die Vereinigten Staaten sind darauf angewiesen, dass andere Länder (allen voran China und Japan) ihre Staatsanleihen kaufen.
Und wenn nicht?
Wenn die bei neu begebenen US-Staatsanleihen in einen sogenannten Käuferstreik treten, also nicht mehr so beherzt zugreifen, oder sogar ihre bestehenden Positionen auch nur teilweise abstoßen, steigen automatisch die Renditen. Die USA, die diese Anleihen begeben, müssen höhere Zinsen bieten, um Käufer anzulocken. Dann wird der Schuldendienst für die USA nochmals deutlich teurer.
Hat daher der Anstieg der US-Renditen bei Trump zu einem Umdenken geführt?
Genau weiß man das natürlich nicht, aber ein derartiger Verdacht liegt nahe. Offenbar ist die US Regierung bereit, Ausschläge an den Aktienmärkten in einem viel höheren Ausmaß zu tolerieren, als dies bei den Staatsanleihen der Fall ist. Als die Renditen quasi unter Beschuss geraten sind, hat man eingelenkt (und die Zölle für 90 Tage ausgesetzt).

Warum ist das für die Anlagestrategie wichtig?
Es zeigt, dass Trump die Finanzmärkte nicht unbegrenzt unter Stress setzen kann. Das ist aber auch eine indirekte Botschaft an die Anlegerinnen und Anleger.
Inwiefern?
Man muss nicht auf jede kurzfristige Bewegung der Märkte reagieren, auch wenn diese heftig ausfällt. Die Lage beruhigt sich wieder, dann kann man gegebenenfalls immer noch überlegen, ob man seine Strategie anpassen sollte.
Welche Schritte kämen denn überhaupt in Frage?
Zunächst wiederhole ich meinen Aufruf, sich beraten zu lassen. Welche Risikotoleranz habe ich, welchen Zeithorizont, welches Ziel? In der aktuellen Lage ist eine breite Streuung im Portfolio wahrscheinlich kein Fehler. Die absolute Dominanz einiger weniger US-Tech-Aktien ("Magnificent Seven") scheint zumindest vorerst vorbei zu sein.
Was heißt das für die europäischen Börsen?
Auch die fallen unter das Stichwort "Streuung". Der Eurostoxx 50 Index hat seit Jahresbeginn etwas über 2 Prozent verloren, der S&P 500 über 8 Prozent. Das heißt, ich habe heuer zwar sowohl mit europäischen, als auch mit amerikanischen Aktien Geld verloren. Aber meine Verluste fallen mit europäischen Aktien wesentlich geringer aus. Die reine Konzentration auf US-Aktien, die in den letzten Jahren super Ergebnisse gebracht hat, war bis jetzt im Jahr 2025 nicht richtig.

Das heißt, die Anleger sehen die USA derzeit skeptisch?
Ich meine, ja. Man sieht das auch am US-Dollar. In Zeiten einer Krise an den Märkten ist der Dollar üblicherweise gefragt. Derzeit trifft das aber nicht zu, da die USA als Kern des aktuellen Problems wahrgenommen werden. Gegenüber dem Euro hat der Dollar seit Jahresbeginn über 10 Prozent verloren.
Gibt es eine Möglichkeit, sich gegen zukünftige Ausschläge an den Börsen ein bisschen zu wappnen?
Der Gedanke ist verständlich, aber schwierig umzusetzen. Neben der schon erwähnten breiten Streuung ist ein gewisser Anteil an Gold im Portfolio für viele Anleger das Mittel der Wahl. Der Goldpreis hat heuer schon über 20 Prozent zugelegt. Aber auch hier gilt: nicht alles auf eine Karte setzen. Gold sollte eine Beimischung sein.
Vielleicht noch grundsätzlich: warum ist Streuung wichtig? Wenn etwas gut läuft, könnte ich doch darauf setzen und mir den Rest sparen, oder?
Das klingt verlockend, erweist sich aber in der Praxis als de facto nicht umsetzbar. Wie die vorige Woche gezeigt hat, kann die Richtung am Markt blitzschnell umschlagen. Die Kurse, die eben noch massiv auf Talfahrt waren, gehen plötzlich durch die Decke. Wenn ich dann nicht schon investiert bin, bin ich nicht dabei.
Monika Rosen war mehr als 20 Jahre bei einer heimischen Großbank tätig, ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und gefragte Spezialistin rund um alle Geldthemen