Eine spektakuläre Neuverfilmung mit Flugsauriern, der ehemalige "King of Queens" als Mafia-Geldeintreiber und großes Personenkino aus Skandinavien – die Kinostarts der Woche haben viel zu bieten. Und Ex-Playmate Pamela Anderson hat auch ihren großen Auftritt.
Erinnern Sie sich an den Kino-Hit "Der Gott des Gemetzels" von Roman Polanski mit "unserem" Christoph Waltz, Jodie Foster und Kate Winslet in den Hauptrollen? Die Verfilmung eines Bühnenstückes von Yasmina Reza zerpflückte genüsslich den immer heftiger eskalierenden Konflikt zwischen zwei Paaren, deren Kids in der Schule aneinander geraten waren. 2011 war das.
An diese Grundkonstellation erinnert entfernt der norwegische Film "Armand", der diese Woche in den österreichischen Kinos anläuft und unser "Film der Woche" ist. Auch hier geht es um Kinder, zwei Sechsjährige, deren Verhalten in der Schule dazu führt, dass die Mutter Armands und die Eltern seines Kontrahenten vor den Schuldirektor zitiert werden.
Doch anstatt bürgerliche Anstands-Fassaden genüsslich zum Einsturz zu bringen, ziseliert Regisseur Halfdan Ullmann Tøndel vielmehr eine zunehmend komplexe Reflexion über Menschen in einem höchst diffizilen Beziehungsgerüst. Das kennt man von früher, etwa dem großen Schweden Ingmar Bergman, und das kommt auch nicht von ungefähr, denn Tøndel ist Bergmans Enkel. Großes Personenkino.
Ein ganz anderes Tempo schlägt die Live Action-Verfilmung von "Drachenzähmen leicht gemacht" an. So bezeichnet man neuerdings Real-Verfilmungen von früheren Animationsfilmen. Disney hat damit begonnen ("Dschungelbuch", "Dumbo", "Schneewittchen" …), Konkurrent DreamWorks macht es nun nach. Und wählte dafür seinen 2010er-Animations-Hit über einen Wikinger-Burschen, der sich mit einem feuerspeienden Ungeheuer anfreundet, das sich als gar nicht so ungeheuerlich herausstellt. Herzerwärmend.
Und dann ist da noch Kevin James. Als Doug Heffernan vulgo "King of Queens" erhellte er jahrelang unsere TV-Vorabende, seit einigen Jahren setzt James auch Kino-Filme. und nachdem er da auch sehr erfolgreich den liebenswerten Einfaltspinsel gegeben hat (etwa in "Hitch – Der Date Doktor", 2005), setzt er jetzt auf eher härtere Sachen. Sein neuer Actioner "Guns Up" läuft diese Woche ebenfalls an. Was davon zu halten ist, lesen Sie weiter unten. Eine schöne Kino-Woche!
Worum es gehtElizabeth (Renate Reinsve) ist die Mutter von Armand. Sarah (Ellen Dorrit Petersen) und Anders (Endre Hellestveit) sind die Eltern von Jon. Sie alle werden vom Direktor in die Schule ihrer Söhne zitiert: Zwischen den beiden 6-jährigen soll es einen bedenklichen Vorfall gegeben haben. Armand, dessen Vater (der auch Sarahs Bruder war) erst kürzlich verstorben ist, soll gegenüber Jon sexuell übergriffig gewesen sein, die Schule macht sich große Sorgen.
Entsprechend erregt ist vor allem Sarah, die Elizabeth zudem die Schuld am vermuteten Suizid ihres Bruder gibt - die "zur Hysterie neigende Schauspielerin", die allen etwas vormache, habe ihn in den Tod getrieben, so Sarah. Elizabeth ist wiederum ob der Vorwürfe gegen sie und Armand schockiert, sie kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass ihr Sohn getan hat, was ihm unterstellt wird.
Im Gespräch mit Direktor, Lehrerin und Schulpsychologin wird versucht, zu vermitteln und eine Lösung zu finden. Sieht sich zu Beginn vor allem Elizabeth in der Rolle der Verantwortlichen, die sich erklären muss, tun sich im Laufe dieses Nachmittags neue Fragen auf.
Anschuldigungen schwirren umher, niemand weiß genau, was passiert ist, Vermutungen und Unterstellungen lassen die Involvierten Partei für die eine oder andere Seite ergreifen. Um die beiden Buben geht es bald nur noch am Rande. Die Suche nach der Wahrheit wird zu einer Konfrontation mit Abgründen toxischer Beziehungs- und Familiengeschichte(n).
Weshalb es sich lohnt Dem norwegischen Regisseur Halfdan Ullmann Tøndel ist mit seinem in Cannes 2024 mit dem Preis für den besten Debütfilm prämierten Werk eine spannende, komplexe und anspruchsvolle filmische Reflexion zu Themen wie Wahrheit, Schuld und elterliche Verantwortung gelungen. "Armand" wirft Fragen auf, ohne klare Antworten zu geben, porträtiert seine komplexen Figuren detailreich und realitätsnah.
Darstellerisch sticht die inzwischen auch in Hollywood angekommene Renate Reinsve ("Presumed Innocent") hervor, die ihren etwas undurchsichtigen, schwierigen Charakter erstklassig spielt und so trotzdem nahbar macht.
"Armand" arbeitet auf der Bildebene gekonnt mit subtilen Symbolismen und kann einen hervorragenden Soundtrack vorweisen, der die packende Erzählung unterstützt. Ein dichtes Kammerspiel, dessen Handlung sich über wenige Stunden erstreckt, sich fast gänzlich in den Innenräumen einer alten Schule abspielt und auch traumartige, surreale Sequenzen einbaut, um Elizabeths Geisteszustand zu illustrieren. Und dessen Gehalt weit über das simple Sujet "innerschulischer Konflikt" hinausgeht. Unbedingt sehenswert.
"Armand", Drama, Thriller. Norwegen 2024, 100 Minuten, ab 13. Juni im Kino
Worum es gehtDie auf der Insel Berk lebenden Wikinger kämpfen seit Generationen gegen Drachen, die man als "natürliche Feinde" betrachtet. Hicks (Mason Thames), der schmächtige Sohn des Häuptlings Haudrauf (Gerard Butler), ist dort ein Außenseiter, da er mehr mit Einfallsreichtum als mit Drachenjagdlust glänzt.
Als Berk erneut von Drachen angegriffen wird, schießt Hicks einen gefürchteten Nachtschatten-Drachen namens Ohnezahn ab. Doch anstatt ihn zu töten, freundet er sich mit dem verletzten Drachen an und entdeckt, dass dieser kein brutales Monster, sondern ein liebenswertes Wesen ist. Hicks baut eine Prothese für Ohnezahns verletzte Schwanzflosse, wodurch sie gemeinsam fliegen können.
Durch ihre Freundschaft lernt Hicks die wahre Natur der Drachen kennen und stellt die jahrhundertealten Traditionen seines Volkes infrage. Unterstützt von Astrid (Nico Parker) und dem Schmied Grobian (Nick Frost) versucht er, Frieden zwischen Wikingern und Drachen zu schaffen. Doch es ist schwer, gegen alt eingefahrende Traditionen und Vorurteile anzukommen …
Weshalb es sich lohnt"Drachenzähmen leicht gemacht“ ist kein Re-Release zum 15-jährigen Jubiläum des erfolgreichen Animationsfilms aus 2010, sondern ein Live-Action-Remake desselben, der seinerseits auf Cressida Cowells Buchreihe basiert und seither zwei Fortsetzungen und eine Serie folgen ließ. Regisseur Dean DeBlois, der bereits die Animations-Trilogie inszenierte, führt auch hier Regie und schrieb zudem das Drehbuch.
Das Studio Dreamworks macht es damit Konkurrent Disney gleich und setzt auf Live Action-Remakes statt neuer Stoffe. Man kann durchaus die Frage stellen, ob es nötig ist, nur 15 Jahre nach dem Original eine solche Adaption zu bringen, bei der die Hälfte des Films – die Drachen – ja auch wieder animiert ist. Immerhin: Das 150 Millionen dicke Budget garantiert für eine sichtbar gelungene Umsetzung.
Wer den Originalfilm mochte, dem wird wohl auch diese Neuverfilmung gefallen, sie bleibt nah am emotionalen Kern der Geschichte. Es wird wohl durchaus Kalkül gewesen sein, die nunmehr erwachsenen Fans der 2010er-Films (und ggf. deren Kinder) ins Kino zu locken - Nostalgie ist ein starkes Verkaufsargument. So ist "Drachenzähmen leicht gemacht" vor allem eine Empfehlung für Familien: Die atemberaubenden und rasant inszenierten Kampf- und Flugszenen versprechen gute Unterhaltung für Jung und Alt.
"Drachenzähmen leicht gemacht", Abenteuer, Live Action. USA 2025, 125 Minuten, ab 12. Juni im Kino
Worum es geht Cop Ray Hayes (Kevin James) hängt seinen soliden, aber schlecht bezahlten Job an den Nagel und wechselt die Seiten: Als Schuldeneintreiber und "Man fürs Grobe" für eine lokale Kriminellenbande kommt er zwar regelmäßig mit blauen Flecken und kleinen Wunden nach Hause, aber auch mit jeder Menge Kohle. Der Plan: Gemeinsam mit seiner Frau Alice (Christina Ricci), die eingeweiht ist, ein Diner eröffnen – und so ihren beiden Kindern die Chance auf eine gute Zukunft eröffnen.
Als Ray das nötige Geld fast beisammen hat, läuft aber ein Auftrag aus dem Ruder. Nachdem auch noch ein neuer Boss den Laden übernimmt, werden Ray und seine Familie zur Zielscheibe der Gangster. Alice und Ray müssen alles tun, um ihre Familie zu schützen. Und den Traum vom Diner am Leben zu halten.
Weshalb es sich lohnt Was für "Guns Up" spricht, ist schnell erzählt: Der ansehnliche Cast um "King of Queens" Kevin James, der sich nach "Becky" erneut im Action-Genre versucht, Christina Ricci und Luis Guzman. Leider hat der Film daneben wenig zu bieten: Die Story ist generisch, den Charakteren fehlt Tiefe und die Action lässt sich bestenfalls als solide bezeichnen. Zudem fehlt jegliche Spannung.
Drehbuchautor, Regisseur und Produzent Edward Drake setzt in seinem B-Movie ganz auf die Zugkraft seiner Stars. Kevin James-Fans, deren Anspruch nicht sonderlich hoch ist, können sich dabei mitunter ganz gut unterhalten. Für alle anderen ist dieser Film entbehrlich. Warum er einen Kinostart bekommt, weit bessere Werke wie "Juror #2" oder "The Alto Knights" aber nicht, ist schwer nachvollziehbar.
"Guns Up", Action. USA 2024, 92 Minuten, ab 12. Juni im Kino
"Happyland"
Helen (Andrea Wenzl) hat in London große (Pop-)Karriere gemacht und kehrt nun an ihre österreichische Heimat an der Donau zurück, wo sie das Sportzentrum "Happyland" ihrer Mutter übernehmen soll. Zurück in der alten Umgebung trifft sie auf ihre Jugendliebe Tom (Michael Pink) und den Außenseiter Joe (Simon Frühwirth). Zwischen alten Bekanntschaften und neuen Begegnungen versucht Helen, ihr Leben neu zu kalibrieren. Neuer Film von Diagonale-Siegerin Evi Romen ("Hochland"), gedreht unter anderem in Klosterneuburg.
"Happyland", Drama. Österreich 2025, 90 Minuten, ab 13. Juni im Kino
"On the Border – Europas Grenzen in der Sahara"
Die Wüstenstadt Agadez inmitten der Sahara ist seit Jahrhunderten ein zentraler Siedlungsraum für die Tuareg und ein Knotenpunkt für Handelsrouten und Migration. Die nigrische Regierung verabschiedet im Rahmen einer EU-Kooperation jedoch ein Gesetz, das Migration über Nacht kriminalisiert. Der Unmut der Einheimischen entlädt sich in Protesten, die durch einen Militärputsch niedergeschlagen werden, Russland ernennt sich zum neuen "sicherheitspolitischen Partner". Im neuen Film von Gerald Igor Hauzenberger ("Inland") gemeinsam mit Gabriela Schuld erzählen drei Bewohner von Agadez, wie ihre Heimat zum Spielball geopolitischer Interessen wurde.
""On the Border – Europas Grenzen in der Sahara, Dokumentation. Österreich / Schweiz / Deutschland 2024, 103 Min., ab 13. Juni im Kino
Worum es geht Shelly Gardner (Pamela Anderson), laut eigenen Angaben um die 40, in Wirklichkeit inzwischen 57, ist mit voller Leidenschaft Tänzerin in Las Vegas. Seit über 30 Jahren ist sie das Herz der Revue "Le Razzle Dazzle". Als die Show überraschend eingestellt wird, bricht für sie eine Welt zusammen. Nicht nur finanzielle Fragen tun sich auf – für sie ist es das Ende eines Traumes, für den sie sogar ihre Tochter Hannah (Billie Lourd) aufgegeben hat.
Ihr Umfeld, darunter jüngere Tänzerinnen, ihre Freundin Annette (Jamie Lee Curtis) und vor allem Hannah können Shellys Liebe für dieses "trashige Nacktgetanze" nicht nachvollziehen. Doch für sie war es der ganz große Traum, den sie gelebt und für den sie vieles geopfert hat. Während sie mit ihrer Vergangenheit und ihren Lebensentscheidungen konfrontiert wird, muss sie sich in einer sich ändernden Umgebung neu (er)finden.
Weshalb es sich lohnt "The Last Showgirl" von Gia Coppola (die Enkelin von Francis Ford) ist zum einen Star-Vehikel für Pamela Anderson, die hier zum ersten Mal eine seriöse, ernste Rolle spielen darf. Und zum anderen ein nostalgisches Porträt des alten Las Vegas, des Showzirkus, der Showgirls und der Traumwelt, die sie repräsentieren.
Die Figur Shelly lebt selbst in dieser Traumwelt aus Glitzer, Glamour und Applaus, die sie der Realität vorzog, die aber trotzdem ihre eigene Realität wurde. Sie ist ein naiv-liebenswerter Charakter, der wohl auch vieles der echten Pamela Anderson in sich trägt - und der nur für sie geschrieben wurde. Eine große Schauspielerin wird aus Anderson nicht mehr werden, aber "The Last Showgirl" setzt ihr ein würdiges Denkmal. Und ist vor allem eine geradezu unschuldige Ode an das Träumen.
"The Last Showgirl", Drama. USA 2024, 89 Minuten, ab 13. Juni auf Blu-Ray / DVD und als Video-on-Demand zum Leihen und Kaufen