Lokale Kritik
Die istrianische Rache der Cuisinière ist, wie sie isst!
Die Cuisinière & Der Connaisseur folgen erneut dem kulinarischen Auftrag, wobei sie diesfalls alleine Maribor und Istrien einer kulinarischen Vermessung unterzog, und das sogar in zwei Teilen.
Sie macht es also tatsächlich wahr! Was Der Connaisseur in den Kornaten kann, kann Die Cuisinière schon lange – "bodenständiger ohne Yacht als Fortbewegungsmittel!" Nur Admiral Duck durfte mit.
Und so gondelte Die Cuisinière gemächlich nach Istrien. "Sicher oben ohne!?", ätzte Der Connaisseur angesichts ihres Yacht-Remplers, worauf sie ihn empört anschaute. Er sagte, seine solide Halbbildung unter Beweis stellend, "Honi soit qui mal y pense", obwohl er weit vom Hosenbandorden entfernt ist. Eigentlich wollte er wissen, ob sie mit ihrem Cabriolet und offenem Dach unterwegs war. Was sie wiederum für eine absurde Frage ob der Jahreszeit und dem Wetter hielt.
Also mit offenem Visier und ebensolchem Dach bewegte sie sich schrittweise nach Istrien. Die Zeiten, wo sie nach einem 13-Stunden-Arbeitstag von Lausanne ohne Pause nach Wien kurvte, sind vorbei. "Kein Wunder, ist ja auch schon lange her, dass du im 'Adlon' oder in der Schweiz gearbeitet hast! Weil Alter und Kondition können es ja nicht sein …", meint er augenzwinkernd, getrieben von der Vorahnung, dass sie sich etwas anderes erwartet hätte. Nur weil er diesmal zurückgelassen wurde, war er natürlich zu keinerlei Bösartigkeiten fähig.
Ihre erste Station war wenige Kilometer nach der steirisch-slowenischen Grenze Maribor, ein hübsches Städtchen an der Drau. Bevor sie sich den kulinarischen Genüssen hingab, unternahm sie noch einen kleinen Rundgang im ehemaligen Marburg der damaligen Untersteiermark und entdeckte tatsächlich den vermeintlich ältesten Weinstock der Welt, Stara Trta, der im Stadtteil Lent, entlang der Drau, steht. "Hat das Der Connaisseur gewusst?", fragte sie spitzbübisch. "Das muss man zum erfolgreichen Trinken nicht wissen", antwortete er abgeklärt.
Ermattet von dem vielen Wissen, ließ sie sich auf der Terrasse des "City Terasa Maribor" nieder, die mit nettem Blick auf das Skigebiet Mariborsko Pohorje im fünften Stock des Hotels liegt. Das Glaserl Šipon vom Weingut Verus um 3,20 Euro hat ihr schon einmal gefallen. Auch die 23,50 Euro für das "Carpaccio vom slowenischen Freilandrind mit Trüffel und Pager-Käse-Emulsion" konnte sie nicht links liegen lassen. "Quasi zur Einstimmung für die kommenden fischlastigen Tage?", fragte Der Connaisseur. Sie meinte aber eher, dass Carpaccio schön langsam sowas wie eine Standarduntersuchung in der "Lokalen Kritik" von Newsflix wurde und hoffte, dass es nach den vielen Versuchen einmal eines "wie aus dem Büchl" sein könnte. Und: Es war stimmig, was die Dicke betraf und "bissig" - mehr will sie sich nicht äußern. Was genau "bissig" heißt, bleibt ihr Geheimnis.
Was sie allerdings verbal nicht runterschlucken konnte, war, dass die Erbsen nicht geschält waren.
Der Connaisseur wunderte sich über diese Kritik nicht, denn er kannte schon ihren Spleen, entweder zur eigenen Meditation (oder für die ihrer Mitarbeiter) Erbsen zu schälen. Der Connaisseur vermutet es eher als Strafaktion schlechthin. Die Cuisininère weiß sich aber sehr wohl zu erinnern, dass Der Connaisseur ungeschälte Erbsen im "Le Ciel" nicht akzeptiert hätte. Woran sich wiederum er beim besten Willen nicht entsinnen will.
"Burger ist auch keine Lösung", vermeinte sie die Stimme des Connaisseurs zu hören. Mut kann man nicht kaufen! Daher tat sie es – trotzdem oder deswegen – und bestellte einen "Adriatischen Burger mit Oktopus" (23,90 Euro). "Den kanntest du noch nicht?", grübelte Der Connaisseur. "Du? Dann weißt du ja jetzt schon, wie die Umsetzung eines Oktopus-Patty aussieht?" Sie genoss kurz sein Schweigen. Denn leider waren es nämlich statt dem Patty ("Du meinst das Laberl?") schlicht die Tentakel. Geschmacklich super, ein perfekt gegarter Oktopus; die Babykarotten seien dazu nicht zwingend gewesen.
Weiter südwärts dann, schon auf der istrischen Halbinsel, quert man bald den Limski-Kanal oder besser gesagt, man sollte ihn nicht queren, sondern sich an diesem einmaligen Fjord ein "spätes Mittagsjauserl" gönnen. Berühmt sind die Austern aus dem Limski-Kanal, was wäre besser geeignet für eine Verkostung als das "Restoran Fjord".
Es kam anders. Das hatte sie selbst noch nie in einer Speisekarte gelesen, geschweige denn gegessen – ja gar nicht gewusst, dass es das gibt: "Rohe Venusmuscheln auf Eis". "Das du etwas nicht kennst und das auch noch zugibst?", wunderte sich Der Connaisseur, "quasi Austern für Arme?" "Könnte man bei 19 Euro so nicht sagen", und verdrehte die Augen, nicht wegen des Preises, sondern vor lauter Schwärmen. "So was Feines, Sensationelles, und vor allem Neues", setzte sie nach.
Tage später traute sich Der Connaisseur zu fragen: "Sag mal, warst du auf Urlaub oder Weiterbildung?" Sie ließ ihn sich unkommentiert wichtig machen, wusste aber sehr genau: er hätte sich nicht drüber getraut. Und schwärmte weiter: "Diese Frische, die Nerven zuckten noch, die Konsistenz war leicht knackig, der Geschmack etwas süßlich, sehr aromatisch und natürlich deutlich kleiner als eine Auster!" "Aber geh", meinte er und würde sich wundern, wäre nicht doch – wie es sich für eine professionelle Querverkostung geziemt – auch eine Auster auf den Tisch gekommen. "Natürlich!", gestand sie, "die 3,50 Euro für eine Auster waren schon noch drin. Aber nur eine, um einen Eiweißschock zu vermeiden."
"Deswegen dann Spaghetti mit Miesmuscheln um 11,50 Euro!?", fragte er – mehr sich selbst als Die Cuisinière.
An dieser Stelle begann Die Cuisinière zu philosophieren und dachte laut darüber nach, wie lange man hier Urlaub machen könnte und sich immer noch nicht durch all die Köstlichkeiten gegessen hat.
Die letzten Kilometer zur istrischen Ostküste legte sie - beglückt nach diesem Mittagessen - zurück und kam endlich in Banjole an, um sofort ihrer absoluten Meeresliebe zu frönen und den Strand und die Adria bis in den Abend nicht zu verlassen. Womit es ihr gelungen ist, abends nichts mehr zum Essen zu kommen: geschlossen, ausreserviert oder zu spät. "Ja, wenn man erst um dreiviertel neun drauf kommt …" "Aber ein bisserl Enthaltung kann nach diesem Mittagsjauserl nicht schaden", meinte Der Connaisseur spitz.
Beim Essen versteht Die Cuisinière absolut keinen Spaß! Aber wenigstens lernfähig ist sie und reservierte im einzigen – wenigstens mit einem Bib Gourmand von Michelin versehenen – Lokal in der Gegend, der "Konoba Batelina", einen Tisch für den nächsten Abend.
Wie es weiterging? Spannend! Mehr dazu in Teil 2 der istrianischen Reise!
Kommentare, Wünsche, Beschwerden, Anregungen bitte an [email protected]
Die Cuisinière & Der Connaisseur
- Die Cuisinière und Der Connaisseur arbeiten schon länger projektweise zusammen, haben sich gefunden, um über das Essen zu reden. Und nun auch andere daran teilhaben zu lassen. Es ist, wie es isst!
- Die Cuisinière ist Jacqueline Pfeiffer, Grand-Master Chef – bis vor kurzem Chef, jüngst She-Chef – genannt. War Kochlöffel in diversen Hauben- und Sternehütten in Mitteleuropa ("Adlon", Gstaad, "Marc Veyrat" usw.), irgendwann "Köchin des Jahres" und hatte in den 10er-Jahren im Wiener "Le Ciel" vier Hauben (nach neuer Gault Millau-Zeitrechnung) erkocht. Nunmehr ist sie als Enjoyment-Consultant mit ihrem PfeiffersGIG fast ausschließlich im diskreten gastronomischen Spitzenbereich unterwegs.
- Der Connaisseur heißt Wolfgang Fischer, war Journalist und Medienmanager, zehn Jahre CEO der Wiener Stadthalle, nunmehr Geschäftsführer der DDSG Blue Danube, bester Freund von Admiral Duck – und Gourmet wie Gourmand seit Jahrzehnten. Also ein klassisch übergewichtiger weiser alter Mann.