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Neustarts

Diese Streaming-Serien gehen uns diese Woche sehr nahe

Historisches kennzeichnet diese Streaming-Woche: Sowohl die Female Empowerment-Serie "The Buccaneers", als auch "The Gilded Age", gehen in eine neue Runde. Dazu kommt die Verfilmung eines Kultbuches vieler Young Adult-Fans und ein recht rauher US-Krimi.

Waren im viktorianischen England keineswegs alltäglich: Offene Liebesbekundungen zwischen zwei Frauen in Staffel 2 von "The Buccaneers" auf Apple TV+
Waren im viktorianischen England keineswegs alltäglich: Offene Liebesbekundungen zwischen zwei Frauen in Staffel 2 von "The Buccaneers" auf Apple TV+Apple TV+
Martin Kubesch
Akt. 19.06.2025 22:04 Uhr

Ob sich die Streaming-Anbieter wohl abstimmen? Oder mit Absicht ihre jeweiligen Veröffentlichungen gegeneinander programmieren? Wie sonst wäre es zu erklären, dass zwei Serien, die beide das selbe Thema behandeln, just in der gleichen Woche mit ihren jeweils neuen Staffeln an den Start gehen?

Apple TV+ bringt mit der zweiten Staffel von "The Buccaneers" eine hochgelobte und als erwachsene Alternative zu "Bridgerton" gehandelte Serie auf die Bildschirme, in der das viktorianische England und die Themen weibliche Selbstbestimmung und freie Liebe über alle Schranken hinweg im Mittelpunkt stehen. Und Sky X startet gleichzeitig mit der dritten Staffel der ebenso top besprochenen Serie "The Gilded Age", quasi eine "Downton Abbey"-Kopie an der US-Ostküste der 1880er-Jahre. Fans haben so die Qual der Wahl …

Wer die Ränkespiele lieber moderner mag, dem sei "Solange wir lügen" ans Herz gelegt. Die achtteilige Verfilmung eines Bestsellers aus dem derzeit hoch gehandelten Young Adult-Genre glänzt mit einer vertrackten Story und einer hochklassigen Umsetzung.

Und für Fans handfester Krimikost bietet sich "The Waterfront" an, eine bodenständige Familiensaga, bei der sich besagte Familie mit den falschen Geschäftspartnern einlässt, um ihr Firmenimperium zu retten. Klassisch gut. Ihnen eine schöne Streaming-Woche!

Als die Welt noch in Ordnung war: Cady (Emily Alyn Lind), Mirren (Esther McGregor), Johnny (Joseph Zada) und Gat (Shubham Maheshwari) in "Solange wir lügen"
Als die Welt noch in Ordnung war: Cady (Emily Alyn Lind), Mirren (Esther McGregor), Johnny (Joseph Zada) und Gat (Shubham Maheshwari) in "Solange wir lügen"
Jessie Redmond/Prime

"Solange wir lügen" / Amazon Prime

Worum geht's Cadence Sinclair (Emily Alyn Lind) verbringt seit ihrer Kindheit jeden Sommer auf der familieneigenen Insel Beechwood Island vor Massachusetts. Gemeinsam mit ihrer Cousine Mirren (Esther McGregor), ihrem Cousin Johnny (Joseph Zada), sowie dem feschen Gat (Shubham Maheshwari), auf den sie ein Auge geworfen hat, verbringt sie hier zwei sorgenfreie Monate, in denen das Quartett allerhand Schabernack treibt – was dazu geführt hat, dass sie von allen als "die Lügner" – "the Liars" – bezeichnet werden.

Weil auf Beechwood Island die Außenwelt nicht zu existieren scheint, werden die gemeinsamen Sommer auch nur nach dem jeweiligen Alter der Clique sortiert: Sommer 12, Sommer 13, Sommer 14 … Doch im Sommer, als Cady und der Rest 16 Jahre alt waren, ist etwas unsagbares passiert. Das Mädchen wacht eines Nachts am Strand auf, halb nackt, dem Tod nahe, angespült vom Ozean. Was dazu geführt hat weiß sie nicht mehr, ebenso wenig, was in den Wochen vor dem Unglück geschah.

"Was sagt ihr, wen hat Daddy lieber?" – Die Schwester Penny (Caitlin FitzGerald), Carrie (Candice King) und Bess (Mamie Gummer)m diskutieren Essentielles
"Was sagt ihr, wen hat Daddy lieber?" – Die Schwester Penny (Caitlin FitzGerald), Carrie (Candice King) und Bess (Mamie Gummer)m diskutieren Essentielles
Jessie Redmond/Prime

Seither ist nichts mehr so wie es einmal war im Leben der mittlerweile 17-jährigen. Bis jetzt spricht niemand mit Cady über das Geschehene. Und als der Sommer 17 vor der Tür steht und sich die Familie, wie immer, auf Beechwood Island versammelt, sieht die ihre Familie mit anderen Augen: Ihre Mutter Penny, deren Schwestern Carrie und Bess, und natürlich ihr Großvater, der Familienpatriarch und Medienmogul  Harris Sinclair (Davis Morse) und seine Frau Tipper.

Als Tipper unerwartet stirbt, beginnt unter den drei Schwestern, die allesamt finanziell von ihren Eltern abhängig sind, ein Verteilungskampf um ihr Erbe. Und gleichzeitig kommen Cadys Erinnerungen an den Sommer 16 langsam zurück und sie beginnt zu verstehen, weshalb seither keiner in der Familie mit ihr über die Ereignisse des letzten unbeschwerten Sommers sprechen möchte.

Weshalb es sich lohnt "Solange wir lügen", im Original "We were liars", basiert auf einem 2014 erschienenen Bestseller der Autorin E. Lockhart und wird zum Genre der Young Adult-Literatur gezählt, die seit einigen Jahren vor allem durch Einbeziehung von Social Media – Stichwort BookTok – zu einem der wichtigsten Märkte für Verlage geworden ist.

Die Story verbindet geschickt die Elemente Mystery, Thriller, Familiensaga und Junge Liebe, das alles so erzählt, wie es Halbwüchsige wahrnehmen würden. Die Welt der Erwachsenen wirkt noch unendlich fern, und doch beginnen die Probleme der "echten" Welt langsam aber sicher das Leben der Teenager zu beeinflussen. Und damit ändert sich auch der Blick auf jene Menschen, zu denen man all die Jahre davor nur aufgesehen hat und die einem ein sorgenfreies Leben ermöglicht haben.

Der Patriarch: Harris Sinclair (Davis Morse) mit Ehefrau Tipper (Wendy Crewson)
Der Patriarch: Harris Sinclair (Davis Morse) mit Ehefrau Tipper (Wendy Crewson)
Jessie Redmond

Die achtteilige Amazon-Serie ist aufwändig umgesetzt, die Upperclass-Welt der Sinclairs wirkt nach außen hin so glatt und makellos, als wäre sie einem Ralph Lauren-Werbeclip entsprungen. Wie wenig die Innensicht der Familie zur Außenwahrnehmung passt, erschließt sich der Protagonistin wie den Zusehern nur sehr langsam, auch wenn von Anfang an klar ist, dass hier irgend etwas gar nicht stimmt.

"Solange wir lügen" ist ideale Sommerware – schön anzusehen, rasch zu bingen und bei aller moralischen Fragwürdigkeit der handelnden Personen nicht zu schwer zu verdauen. Kein Wunder, dass bei Amazon bereits mit einer zweiten Staffel spekuliert wird – Autorin E. Lockhart hat ihrem Bestseller mittlerweile zwei Fortsetzungen folgen lassen, am Stoff mangelt es also nicht.

"Solange wir lügen", Drama, Thriller. USA 2025, 8 Episoden à ca. 60 Minuten, Amazon Prime

"Sehr ihr? Das ist die Zukunft!" – "The Buccaneers", Staffel 2, startet auf Apple TV+
"Sehr ihr? Das ist die Zukunft!" – "The Buccaneers", Staffel 2, startet auf Apple TV+
Apple TV+

"The Buccaneers" Staffel 2 / Apple TV+

Worum geht's Ende des 19. Jahrhunderts reisen fünf junge Damen des amerikanischen Geldadels nach Großbritannien, um dort mit den Söhnen verarmter britischer Adelsgeschlechter verheiratet zu werden. Mit seiner ungekünstelten Art und seiner Ostküsten-Sozialisation sorgt das Quintett für Aufregung und verstrickt sich gleichzeitig in unterschiedlichste amouröse und gesellschaftliche Kalamitäten.

In Staffel 2 geht es um Nan (Kristine Froseth), die mit ihrer neuen Rolle als Herzogin hadert, während ihre schwangere Schwester Jinny (Imogen Waterhouse) mit ihrer großen Liebe Guy (Matthew Broome) nach Italien geflüchtet ist. Und auch Mabel (Josie Totah) und Honoria (Mia Threapleton) setzen ihre Affäre fort.

Weshalb es sich lohnt "Die Freibeuterinnen" – "The Buccaneers" – nannte die amerikanische Schriftstellerin Edith Wharton (1862-1937) ihren letzten Roman, den sie nicht mehr vollenden konnte. Darin beschrieb sie das Leben US-amerikanischer Upperclass-Ladys, die nach England gingen, um neues Geld gegen die Reputation alten Adels einzutauschen.

Wharton wusste, wovon sie schrieb. Sie wurde selbst in die Ostküsten-Elite hineingeboren und lernte alles über die Zwänge und Standesregeln, aber auch die Hoffnungen und Sehnsüchte jungen Frauen in diesem Mikrokosmos. Die zentralen Themen ihrer späteren Bücher waren soziale Konflikte, unterdrückte Sexualität, veraltete gesellschaftliche Strukturen und der Stand der Neureichen. Sie war die erste Frau, die einen Pulitzer-Preis für Literatur gewann und wurde 1927, 1928 und 1930 für den Nobelpreis für Literatur nominiert

Ein rotes Abendkleid am Black and White-Ball?! It's shocking, isn't it?
Ein rotes Abendkleid am Black and White-Ball?! It's shocking, isn't it?
Apple TV+

"The Buccaneers" präsentiert sich auch in der zweiten Staffel als hinreißendes Statement für Female Empowerment. Inhaltlich nahe an der Netflix-Erfolgsserie "Bridgerton", präsentiert sich die Apple-Produktion nicht nur gewohnt hochklassig, sondern vor allem auch wesentlich erwachsener, moderner und feministischer als die überkandidelte Adels-Revue. Und: Der Soundtrack ist modern und poppig – auch das ist nicht nur ein gelungener Kontrast, sondern vor allem ein Alleinstellungsmerkmal von "The Buccaneers".

"The Buccaneers", Staffel 2, Historiendrama. Großbritannien / USA 2025, 8 Episoden à ca. 45 Minuten, Episode 1 online, ab 25. Juni jede Woche eine weitere Episode, Apple TV+

Harlan Buckley (Holt McCallany) und seine Frau Belle (Maria Bello) haben schon bessere Zeiten gesehen: "The Waterfront" auf Netflix
Harlan Buckley (Holt McCallany) und seine Frau Belle (Maria Bello) haben schon bessere Zeiten gesehen: "The Waterfront" auf Netflix
DANA HAWLEY/NETFLIX

"The Waterfront" / Netflix

Worum geht's Seit den 1970ern sind die Buckleys im Fischerstädtchen Havenport an der Ostküste der USA eine große Nummer. Groß geworden mit einer Fischereiflotte samt zugehörigem Fischvertrieb, gehören ihnen inzwischen auch der Yachthafen des Städtchens sowie mehrere Lokale. Doch Patriarch Harlan Buckley (Holt McCallany) muss gesundheitlich kürzer treten, weswegen seine Ehefrau Belle (Maria Bello) und Sein Sohn Cane (Jake Weary) mehr Verantwortung übernehmen.

Doch das Mutter-Sohn-Gespann hat geschäftlich nicht annähernd der Spürsinn von Harlan. Binnen kürzester Zeit manövrieren sie das Familienunternehmen in eine finanziell schier ausweglose Lage. Und so bleibt dem angeschlagenen Senior-Chef nichts weiter übrig, als selbst wieder das Ruder in die Hand zu nehmen.

Weil das Familienunternehmen aber bereits in eine bedenkliche Schieflage geraten ist, müssen binnen kürzester Zeit ein paar Millionen Dollar her, sonst bricht alles zusammen. Also tut sich Harlan mit dem Drogenbaron Grady (Topher Grace) zusammen und setzt seine Flotte als Transportmittel für dessen Rauschgift ein. Doch schon bald hat er den örtlichen Sheriff und die Drogenbehörde DEA am Hals.

Weshalb es sich lohnt "The Waterfront" wurde erdcht und geschrieben von Kevin Williamson, einem der großen Stars im Hollywood der 90er- und Nuller-Jahre. Seine Film-Serien "Scream", Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" sowie vor allem die Teenie-Serie "Dawson's Creek" prägten eine ganze Zuschauer-Generation.

Kein Guter: Den Handschlag mit Grady (Topher Grace, r.) könnte Harlan noch bereuen
Kein Guter: Den Handschlag mit Grady (Topher Grace, r.) könnte Harlan noch bereuen
DANA HAWLEY/NETFLIX

Mittlerweile ist Williamson 60 und beweist mit "The Waterfront", dass er es noch immer drauf hat, Geschichten zu erzählen. Die acht Teile sind weder inhaltlich besonders originell, noch schauspielerisch herausragend. Aber die Art, wie Williamson das sehr handfeste Familienepos rüberbringt und die Spannungsschraube immer weiter anzieht, zeugt von großer Handwerkskunst. Gute Unterhaltung.

"The Waterfront", Thriller, Drama. USA 2025, 8 Episoden à ca. 45 Minuten, Netflix

Es ist wieder angerichtet: "The Gilded Age", Staffel 3, startet am 23. Juni bei Sky X
Es ist wieder angerichtet: "The Gilded Age", Staffel 3, startet am 23. Juni bei Sky X
HBO

"The Gilded Age" Staffel 3 / Sky X

Worum geht's "The Gilded Age" spielt handelt vom New Yorker Geldadel der 1880er-Jahre. Im Mittelpunkt der Handlung steht die Auseinandersetzung zwischen den "altreichen" Schwestern Agnes (Christine Baranski) und Ada (Cynthia Nixon) auf der inen Seite und dem neureichen Ehepaar Bertha (Carrie Coon) und George Russell (Morgan Spector), die mit dem Bau der Eisenbahn zu Geld gekommen sind, aber von den alteingesessenen Familien der New Yorker Elite nicht akzeptiert werden.

In Staffel 3 dreht sich alles darum, dass Bertha Russell ihre Tochter Gladys möglichst gut verheiraten möchten, während Marian Brook (Louise Jacobson), die Nichte der Schwestern Agnes und Ada, nach der wahren Liebe sucht. Und die schwarze Autorin Peggy Scott (Denée Benton) versucht weiter, farbigen Menschen ihren Platz in der New Yorker Society zu bereiten.

Weshalb es sich lohnt Als "Gilded Age", als "Vergoldetes Zeitalter", werden in den USA die Boom-Jahre nach dem Ende des Sezessionskrieges bis zur Jahrhundertwende bezeichnet. Diese waren einerseits geprägt von großem wirtschaftlichen Aufschwung durch die zunehmende Industrialisierung und die zunehmende Eroberung und Ausbeutung des Westens. Und andererseits waren diese Jahre von großer wirtschaftlicher Not bei der breiten Masse, einer zunehmenden Verelendung in den rasch wachsenden Städten und einer immer stärker werdenden Spaltung der amerikanischen Gesellschaft geprägt.

Auf diesen geschichtlichen Humus pflanzte der britische Autor und Serienschöpfer Julian Fellowes (u.a. "Downton Abbey") seine jüngste Serie "The Gilded Age". Die zeichnet sich vor allem durch die breitere gesellschaftliche Aufstellung der US-Upperclass aus – eine Würze, die Fellowes auch bei "Downton Abbey" bereits öfters wählte, um den etwas schwerfälligen Granthams und ihrer ebensolchen Dienerschaft einen Hauch neue Welt zu verpassen. Ein Rezept, das auch in Staffel 3 ausgezeichnet mundet.

"The Gilded Age, Staffel 3, Historien-Drama. USA 2025, 8 Episoden à ca. 50 Minuten, ab 23. Juni jede Woche eine Episode, Sky X

Martin Kubesch
Akt. 19.06.2025 22:04 Uhr