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Niki Glattauer

"Ich bin nicht einer, der um jeden Preis leben will"

Niki Glattauer, Lehrer, Autor und ein guter Mensch, ist todkrank. Nun will er selbstbestimmt und "mit Würde" sterben. Er hat sich für einen begleiteten Suizid entschieden. Ein Gespräch über Leben, Tod und das ganze Dazwischen.

"Wie wird dein Sterben ablaufen, Niki?" – "Würdevoll"
"Wie wird dein Sterben ablaufen, Niki?" – "Würdevoll"Christopher Mavric
Christian Nusser
Akt. 02.09.2025 17:48 Uhr

Manche Wege im Leben führen zu einer Tür, an die niemand klopfen will, denn dahinter wohnt der Tod. Im folgenden Interview geht es um assistierten Suizid. Niki Glattauer wollte darüber reden. Es war ihm in seinen letzten Tagen ein großes Anliegen, Aufmerksamkeit für diese Thematik zu erzeugen und eine öffentliche Debatte anzustoßen. Deshalb dieses Gespräch.

Die Beschäftigung mit dem Thema kann belastend sein. Bitte lesen Sie den Beitrag nur, wenn Sie sich dazu in der Lage fühlen. Am Ende des Gesprächs finden Sie Notrufnummern, unter denen Betroffenen von Suizid-Gedanken geholfen werden kann.

Als Niki Glattauer die Tür öffnet, trägt er ein sanftes Lächeln im Gesicht. Es ist Montagfrüh, der 25. August, ein sonniger Tag. Der Gemeindebau aus den sechziger Jahren liegt friedlich da. Niki hat in dieser Wohnung, mitten im Herzen von Favoriten, seine Kindheit verbracht. Er ist zurückgekehrt, nachdem die Eltern gestorben waren. Nun findet auch sein eigenes Leben hier ein Ende.

Die vier Räume sind mit Büchern und Musik-CDs vollgepackt, Tom Jones bis George Gershwin, zwischen den Regalen hängen Familienfotos. Die Möbel wurden sorgsam ausgesucht und platziert, vieles stammt aus den Fünfzigerjahren. Überm Wohnzimmertisch tickt eine moderne Kuckucksuhr. Sie wird sich während des Gesprächs zwei Mal lautstark zu Wort melden.

Glattauer leidet an Gallengangkrebs, doch heute ist er guter Dinge; die Schmerzen hat er dank der Medikamente unter Kontrolle. Er ist gerade aus Thailand zurückgekehrt, wo er – gemeinsam mit den beiden Kindern – seine Lebensgefährtin zum letzten Mal besuchte und ein letztes Mal das Meer spürte. Noch im Wasser kamen ihm die Tränen.

Das gesamte Interview mit Niki Glattauer als Video

Glattauer wird sterben. Er will es selbstbestimmt und würdevoll tun, wie er sagt. Er weiß auch, wann er sterben wird: am Vormittag des 4. September. An diesem Tag kommen eine Ärztin und eine Krankenschwester, Glattauer wird ein letztes Mal auf den Balkon treten und auf den Park blicken, der einst seine "Gstättn" war. Dann wird er sich hinlegen und eine vorbereitete Medizin in einer überdosierten Form in seinen Körper fließen lassen, ein assistierter Suizid.

Glattauer, 66, schwer krebskrank, hat sich für diese seit kurzem erst legalisierte Form des selbstbestimmten Sterbens entschieden und er will darüber öffentlich sprechen.

Deshalb hat er am 25. August zwei Journalisten zu sich gebeten, um Bilanz zu ziehen über sein Leben als Journalist, Autor, Vater und Lehrer: seinen langjährigen Begleiter und Freund Christian Nusser, wie Glattauer einst bei AZ, Kurier und News, ehemaliger Chefredakteur von Heute und nunmehriger Newsflix-Chef; und Florian Klenk, Chefredakteur des Falter. Das Gespräch, so Glattauers Wunsch, soll am Nachmittag des 2. September veröffentlicht werden. Er wird das autorisierte Interview noch lesen.

Niki, du bist 66 Jahre alt, du hast deinen Sterbetag selbst ausgesucht, es ist der 4. September dieses Jahres. Das eigene Leben zu beenden, ist der persönlichste Akt überhaupt. Warum möchtest du darüber öffentlich sprechen?
Ich möchte die Menschen darüber informieren, dass man auch in Österreich selbstbestimmt sterben kann, wenn man unheilbar krank ist. Ich habe eine Krebsdiagnose, Gallengangkrebs, mir bleibt nicht viel Zeit. Aber ich bin nicht einer, der um jeden Preis leben will. Und da erfuhr ich, dass man für einen assistierten Suizid gar nicht mehr in die Schweiz fahren muss, sondern dass man das auch in Österreich machen kann. Ein Kollege hat mir dann eine Telefonnummer einer Ärztin in Innsbruck gegeben. Sie erklärte mir, wie leicht und einfach das Prozedere geht und dass sie zu mir in die Wohnung kommen würde.

Niki Glattauer am 25. August am Ort seiner Kindheit, seines Erwachsenenlebens und seines Todes: in seiner Wohnung in Favoriten
Niki Glattauer am 25. August am Ort seiner Kindheit, seines Erwachsenenlebens und seines Todes: in seiner Wohnung in Favoriten
Christopher Mavric

Welches Prozedere musstest du durchlaufen?
Ärzte stellten fest, ob ich wirklich sterbenskrank bin – das ist in Österreich die Voraussetzung. Ich muss alle Sinne beisammen haben und darf diese Entscheidung nicht unter Druck treffen, sondern kraft meines freien Willens. Das ging ganz unbürokratisch, ganz schnell, ganz angenehm. Zwei Ärzte waren da. Ein Intensivmediziner, der auch Palliativmediziner ist, hat mich aufgeklärt, die Diagnose des Spitals studiert und dann gemeint, in meinem Fall brauche ich nicht einmal die drei Monate warten, die normalerweise Frist sind, bevor man so was machen kann. In meinem Fall könne man die Frist auf zwei Wochen reduzieren, weil ich in einem sehr fortgeschrittenen Stadium Krebs habe.

Das heißt, es reicht nicht einfach nur der freie Wille, um selbstbestimmt zu sterben, wie in Deutschland, sondern man braucht eine unheilbare Erkrankung.
Und am Schluss hat mir ein Notar bescheinigt, dass ich das auch alles ernst meine, kein Druck dahinter ist und niemand auf ein Erbe spitzt – was bei mir ohnedies vergebens wäre.

Das gesamte Interview mit Niki Glattauer als Podcast

Ist das eine Entscheidung, die reift? Oder gab es irgendeinen Auslöser? Hast du das mit dir selbst ausgemacht oder mit jemandem besprochen?
Ich habe mein ganzes Leben lang an den Tod gedacht, schon als Schüler. Wie wird das Leben zu Ende gehen? Wie soll es zu Ende gehen? Warum beginnt es überhaupt? Und ich habe mir immer schon gedacht, am schönsten wäre es, wenn man sein Lebensende selbst bestimmen könnte. Jetzt muss ich dazusagen: Meine Tante ist an Krebs gestorben und hat sehr gelitten. Meine Großmutter ist an Krebs gestorben. Meine Ex-Frau ist Krankenschwester auf der Geriatrie und dadurch tagtäglich mit Leuten konfrontiert, die gefühlt ein halbes Leben lang sterben, weil sie nicht zu Tode kommen wollen oder können. Aber ich wollte nie so sterben. Wenn eine Frau das Recht hat, abzutreiben, weil sie sich gegen ein Kind entscheidet, muss auch der Mensch am Schluss seines Lebens das Recht haben, zu sagen, ab jetzt will ich nicht mehr leben – ohne dass man sich auf grausliche Art und Weise zu Tode bringen muss, indem man sich eine Kugel in den Kopf jagt oder indem man von einem Berg stürzt. Das ist ja alles schrecklich, das ist ja alles so unfassbar gewalttätig. Florian, du hast mir doch am Telefon einen Spruch deines kleinen Sohnes gesagt, diesen Satz werde ich nicht vergessen.

Ich habe mit ihm ein altes Fotoalbum durchgeblättert, und er hat gesagt: "Papa, hast du da schon gelebt oder warst du da noch tot?"
Genau. "Warst du da noch tot?" – Und das trifft es so gut, oder? Man war früher tot. Bevor man gelebt hat, war man ja auch letztlich tot, und man ist nachher wieder tot. Das ist nichts Schreckliches. Das hat für mich keinen Schrecken. Dazu kommt, dass ich in gewisser Weise auch ein gläubiger Mensch bin. Ich glaube, da ist noch was, wobei ich es nicht bewusst erleben werde. Das Bewusstsein wird weg sein, so gescheit bin ich auch. Aber das Leben wird einen Sinn haben. Es wird aber auch das Ende des Lebens einen Sinn haben.

Für viele ist der Krebs ein Feind, den sie besiegen wollen.
Für mich ist er kein Feind. Ich will ihn auch nicht bekämpfen. Der Krebs ist für mich kein Alien, der Krebs ist ein Teil von mir.

Nur ein Jahr Altersunterschied. Niki als stolzer Aufpasser auf seinen jüngeren Bruder Daniel
Nur ein Jahr Altersunterschied. Niki als stolzer Aufpasser auf seinen jüngeren Bruder Daniel
privat

Aber warum entscheidet man sich trotzdem gegen den Kampf fürs Leben und für den Tod? Wir haben uns vor einigen Monaten getroffen, und da war die Krebsdiagnose noch nicht final. Du hast aber damals schon die Chemotherapie abgelehnt. Warum warst du nicht in der Lage, bereit oder willens, dagegen anzukämpfen?
Weil ich die Vor- und die Nachteile gegeneinander abgewogen habe. Ich hatte ein glückliches Leben, das Leben war gut zu mir. Und jetzt fangen die schweren Krankheiten an. Ich stehe vor einer Hüftoperation, auf die ich ein Jahr lang warte, weil es eine Zweiklassenmedizin gibt. Und ich bin ein Holzklasse-Patient. Ich habe ein Herzproblem. Und jetzt kommt der Krebs dazu. Man könnte ihn rausschneiden, aber dann wird die Hälfte meiner Gedärme mitgeschnitten, weil der Krebs liegt im Gallengang. Das heißt, man müsste vom Zwölffingerdarm was wegschneiden, von der Leber was wegschneiden, alles Mögliche wegschneiden. Dann kann ich nicht mehr essen, wie ich will, nicht mehr trinken, wie ich will, nicht mehr leben, wie ich will. Bewegen kann ich mich seit einem Jahr schon nicht mehr, wie ich will. So will ich nicht leben. Ich habe mein Konzert zu Ende gespielt. Warum soll ich da jetzt noch 17 Draufgaben machen? Ist nicht nötig.

Wie haben deine Kinder reagiert?
Meine Kinder sind Gott sei Dank alt genug. Wären sie klein oder hätte ich auch eine andere Partnerschaft, nämlich eine Frau, die hier bei mir in langjähriger Ehe wäre, würde ich vielleicht anders entscheiden. Aber meine Partnerin ist in Thailand und wird nicht in Österreich leben können. Ich bin hier allein. Meine Kinder brauchen mich nicht mehr. Mir reicht’s.

Welchen Stellenwert haben die Hinterbliebenen bei der Entscheidung?
Natürlich spielen sie eine Rolle. Ich habe sie gehört, aber sie durften nicht mitentscheiden. Ich habe meine Kinder und auch meine Ex-Frau – damals noch Frau – aber immer schon darauf vorbereitet, dass es eine Möglichkeit für mich ist, dass ich mein Leben selber beende, wenn ich unheilbar krank werde. Denn meine Verwandten sind alle so elendiglich gestorben. Das finde ich so würdelos. Ich wollte so nicht sterben. Ich will so auch nicht im Gedächtnis meiner Hinterbliebenen bleiben. Ich möchte, dass die mich so erleben, wie ich heute drauf bin.

Haben die Verwandten versucht, dir das auszureden?
Meine Kinder nicht. Mein Sohn hat großes Verständnis, der sagt: "Papi, ich würde an deiner Stelle wahrscheinlich genauso handeln." Er ist 16, wird 17 im Dezember. Und auch meine Tochter – sie sagt es nicht so klar. Ich habe sie langsam – wie gesagt – darauf vorbereitet. Die Tochter ist 22, wird im Oktober 23. Beide haben großes Verständnis.

Niki mit seinem Bruder Daniel vor der Wohnung, die er nach dem Tod der Eltern übernahm; hier fand auch das Interview statt
Niki mit seinem Bruder Daniel vor der Wohnung, die er nach dem Tod der Eltern übernahm; hier fand auch das Interview statt
privat

Wie geht es dir, so knapp vor deinem Tod?
Heute, Gott sei Dank, sehr gut. Ich habe zwar immer wieder Fieberschübe und Schmerzen im Bauch und muss auch relativ starke Schmerzmittel nehmen. Aber es geht, ich genieße mein Leben. Ich bin erst gestern früh aus Thailand zurückgekommen, und meine Kinder haben mir ein Frühstück gemacht. Wir haben gemeinsam gegessen. Die letzten paar Tage möchte ich nur mit meinen Kindern zusammen sein. Und die wollen das machen, was mit mir immer lustig war, nämlich: Ich koche, ich räume dann auch das Geschirr weg, manchmal helfen sie mir dabei. Wir schauen uns einen Film an, den die Kinder aussuchen, wir spielen Karten. Und das ist irrsinnig lustig. Und so möchte ich aus dem Leben treten und so möchte ich auch in Erinnerung bleiben für die, die mir am nächsten sind.

Wie wird dein Sterben ablaufen, sprichst du darüber?
Würdevoll. Es wird hier in dieser Wohnung passieren, in der ich mein ganzes Leben verbracht habe. Eine Ärztin und eine diplomierte Krankenschwester werden bei der Tür hereinkommen und dann wird es schnell gehen. Ich möchte meinen Tod in einem Rahmen erleben, der gesittet ist und wo das alles auch mit der Bestattung geklärt wird. Ich will einen Vormittagstermin, weil ich nicht den ganzen Tag darauf warten will, ich will es also so früh wie möglich. Allerdings reist die Ärztin aus Innsbruck an, und jetzt muss ich klären, ob die eh schon am Vorabend kommt, damit wir das in der Früh machen können.

Man muss sich nach dem Termin der Ärztin richten?
Ja, das ist ein bisschen die Schwachstelle, weil bei uns das System noch nicht ausgebaut ist. Gäbe es in Wien 30 Ärzte, die das machen würden, müsste ich mich nicht nach dem Terminkalender von Innsbrucker Ärzten richten, sondern könnte wirklich sagen: So, jetzt. Wobei – die haben mich natürlich gefragt, wann ich will. Ich habe mich entschieden, und dann haben wir uns auf zwei Termine geeinigt, wo es auch für die geht. Einen davon habe ich genommen, und das ist der 4. September.

Eines seiner Lieblingsstücke: Die Kuckucksuhr über dem Wohnzimmertisch schlug während des Interviews zwei Mal an
Eines seiner Lieblingsstücke: Die Kuckucksuhr über dem Wohnzimmertisch schlug während des Interviews zwei Mal an
Christopher Mavric

Hast du Angst vor dem Näherrücken dieses Tags? Gibt es einen Moment, wo dein Zustand auch in Panik umschlägt?
Nein, es ist keine Panik. Aber was ich nicht bedacht habe, ist, dass alles, was ich mache, das letzte Mal geschieht. Als ich jetzt in Thailand war, bin ich ins Meer gegangen und habe mir gedacht: "Niki, das war das letzte Mal, dass du im Meer warst. Du gehst nie wieder ins Meer."

Was macht das mit einem?
Es macht traurig. Also ich heule schon viel zwischendurch – sicher.

Aber das Weinen führt nicht zu Zweifel?
Nein, das Weinen führt zur Erkenntnis, dass das Leben jetzt endet. Es wird einem bewusster. Alles, was ich jetzt mache, mache ich zum letzten Mal. Den Kaffee trinke ich jetzt noch zehn Tage lang bis zum 4. September, und dann nicht mehr. Und wenn ich ihn das letzte Mal trinke, werde ich mir denken, die schönen Heferln werde ich nie wieder sehen. So ist das. Normalerweise – selbst wenn man alt ist – trägt man ja immer die Zukunft in sich. Da sagt man noch als 80-Jähriger: "Das schaue ich mir noch einmal an."

Viele Menschen lehnen den assistierten Suizid ab, weil sie fürchten, dass die Alten, die Sterbenden oder die Kranken unter Druck gesetzt werden könnten, endlich das Feld zu räumen, nicht zur Last zu fallen.
Deshalb gibt es ja dieses Prozedere mit Ärzten und Notaren. Das muss man einmal durchlaufen.

Versuchen die, einem den Suizid auszureden?
Nein, ausreden nicht, weil die kommen ja auf Vermittlung der Organisation, die das macht. Das sind also schon Ärzte, die dem Ganzen offen gegenüberstehen – und auch positiv, sage ich jetzt einmal. Sie hören dich einfach an, schauen sich das an und sehen, okay, der hat Krebs im terminalen Stadium, wie man so schön sagt.

Was wäre denn deine Prognose gewesen?
Weniger als ein Drittel überlebt zwei oder drei Jahre. Und die meisten sterben wesentlich früher, selbst nach dem Schneiden. Das will der Operierende gar nicht wissen, weil der ja für die Nachbetreuung gar nicht mehr zuständig ist. Ich bin übrigens ein Anhänger der Schulmedizin, kein Gegner.

Die Buben mit Vater Herbert O. Glattauer, der im Vorjahr im Alter von 88 Jahren gestorben ist
Die Buben mit Vater Herbert O. Glattauer, der im Vorjahr im Alter von 88 Jahren gestorben ist
privat

Die Ärzte im Spital, mit denen du vermutlich auch darüber geredet hast, haben auch nicht abgeraten?
Ich war bei den Barmherzigen Brüdern, ein katholisches Haus. Dort ist kein Arzt, der sagt: "Ja, recht haben Sie, gehen Sie sterben, Suizid ist super." Die sagen dort alle: "Bitte probieren Sie, weiter durchzuhalten." Ich habe für mich entschieden, ich mache das nicht. Und jetzt kommt noch etwas dazu. Der Kapitalismus – das muss ich jetzt als bekennender Linker sagen – zerstört auch die medizinische Versorgung der Menschen, weil er auf Optimierung der Ressourcen setzt. Das heißt, wir haben zu wenig Krankenhauspersonal. Wir haben Krankenschwestern, die wir schlecht bezahlen, und daher kriegen wir auch keine. Und jetzt liegst du also dort, hast keine Familie, die sich im Spital um dich kümmert, kriegst nicht das Essen, das dir schmeckt, sondern wirst dreimal am Tag von einer Krankenschwester besucht, von der du spürst, die hat keine Zeit für dich. Die ist eh lieb – die waren alle lieb, aber die haben ja gar keine Zeit, kennen sich auch überhaupt nicht aus, weil du bist der 70. Patient, den sie haben. Die wissen gar nicht, warum du da liegst. Und dann sprechen sie auch noch nicht Deutsch, weil sie aus dem Ausland kommen, weil wir Pflegepersonal aus dem Ausland nehmen, weil es billiger ist und weil es die Österreicher nicht mehr machen. Ist das ein würdiges Sterben?

Aber da klingt schon irgendwie durch, dass mangelnde Ressourcen bei deiner Entscheidung auch eine Rolle spielen.
Das spielt eine Rolle.

Das ist eigentlich schon ein Befund, der uns auf den Magen schlagen sollte, wenn der Sozialstaat deiner Meinung nach nicht mehr das bietet, was ein würdevolles Leben ermöglicht.
Das ist richtig. Aber wir leben sehr lange und es sorgen sehr viele Leute dafür, dass das Leben verlängert wird. Die Medizin sorgt dafür, die Pharmaindustrie sorgt dafür, die katholische Kirche sorgt dafür, dass wir unser Leben nicht selbst aus der Hand geben, sondern wen auch immer entscheiden lassen. Aber gleichzeitig sind die Ressourcen zur Betreuung nicht mehr da. Und das ist ein bisschen wie mit den Pensionen. Wir denken da sehr kurzfristig, aber langfristig wird das so nicht funktionieren.

Macht man damit nicht den von dir immer kritisierten kapitalistischen Systemen einen Gefallen, indem man sagt, gut, ich gehe?
Ja. Aber man muss es pragmatisch sehen. Natürlich wären andere Umstände vielleicht erstrebenswert. Haben wir aber nicht. Aber nochmals: Ich weiß ja, wie man mit Krebs stirbt. Das ist nicht lustig, selbst wenn man 17 Krankenschwestern um sich herum hätte.

Die beiden Glattauer-Buben mit ihrer Mutter, einer Kärnterin
Die beiden Glattauer-Buben mit ihrer Mutter, einer Kärnterin
privat

Könntest du deinen Sterbetag eigentlich noch verschieben?
Ja, aber auch das ist eine Kostenfrage, weil jeder Termin, der ausgemacht und wieder abgesagt wird, etwas kostet. Ich habe für die Ärzte jeweils 250 oder 350 Euro bezahlt, dann für den Notar 400 Euro, die Ärztin mit Medikament kriegt rund 1.500 Euro. Und die diplomierte Krankenschwester macht’s an sich gratis, aber der werde ich auch was geben, weil die kümmert sich um mich.

Das heißt, man muss sich das selbstbestimmte Sterben auch leisten können?
Die Variante, die ich will, kostet mich ein paar tausend Euro, ja.

Aber uns beschleicht doch ein Unbehagen, wenn du sagst, das medizinische System ist nicht ausreichend ausgestattet, Sterbende im Spital so zu pflegen, wie man sich das erwartet. Und selbst wenn man seine Entscheidung überdenken will, kostet das doch einige tausend Euro. Nehmen wir mal an, jemand hat nicht so viel Geld – entsteht da nicht ein Druck?
Nein, da entsteht kein Druck. Druck auf wen jetzt? Auf mich? Nein, ich spüre überhaupt keinen Druck. Im Gegenteil, ich bin froh, dass keiner versucht, mir meine Entscheidung ernsthaft auszureden, oder dass es niemanden gibt, der mich zu einer Operation zwingt. Ich bin so froh, dass es niemanden gibt, der sagt: "Da gibt es einen Arzt, der sagt, man könnte schneiden, also werden wir schneiden. Und so lange wir nicht geschnitten haben, dürfen Sie nicht." Ich bin heilfroh, dass es diesen Druck nicht mehr gibt.

"Ich habe mein ganzes Leben lang an den Tod gedacht"
"Ich habe mein ganzes Leben lang an den Tod gedacht"
Christopher Mavric

Reden wir über das Leben? Du hast ja vorher erzählt, dein Leben sei "auserzählt". Du hast alles erreicht, was du dir gewünscht hast. Du warst in den 1970er-,1980er- und 1990er-Jahren Journalist. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?
Ich habe als Lehrredakteur, noch unter Otto Schulmeister und Thomas Chorherr, bei der Presse begonnen. Aber ich war nie gern Journalist.

Welche Rolle war dir die liebste?
Die des Familienvaters, wirklich. Und hätte ich nur Familienvater sein können, ohne das alles, wäre es mir am liebsten gewesen. Ist nur nicht gegangen.

Aber warum bist du dann Journalist geworden?
Ich wollte immer schreiben. Ich habe mich nicht getraut, Schriftsteller zu werden als 19-Jähriger. Außerdem war schon mein Vater Journalist. Also war es irgendwie naheliegend, dass ich das probiere.

Aber warum hast du den Beruf nicht gemocht?
Weil ich draufgekommen bin, dass ich nicht neugierig genug bin. Das, was ihr offensichtlich gern und gut macht, nämlich Leute befragen, Hintergründe recherchieren – das hat mich eigentlich nie wirklich wahnsinnig interessiert.

Dafür warst du aber relativ lang Journalist.
Und ich bin auch die Erfolgsleiter relativ hoch hinaufgekommen. Ich war am Schluss stellvertretender Chefredakteur von News. Aber die News-Zeit hat mich so was von angekotzt, um ehrlich zu sein.

Niki Glattauer wurde Lehrer und Autor, sein Bruder Daniel ist Schriftsteller
Niki Glattauer wurde Lehrer und Autor, sein Bruder Daniel ist Schriftsteller
privat
Niki ist 16 Monate älter als sein Bruder, die beiden haben ein herzliches Verhältnis zueinander
Niki ist 16 Monate älter als sein Bruder, die beiden haben ein herzliches Verhältnis zueinander
privat

Heute wirft man ja dem Journalismus immer wieder vor, dass er nicht genau hinschaut, nicht die richtigen Fragen stellt und dass er Themen tabuisiert. War das damals anders?
Es gab keine sozialen Medien. Man war als Journalist eine Leitfigur. Man hatte früher die Monopolstellung, zu wissen, wie die Welt funktioniert. Und die verliert man langsam, weil mittlerweile weiß eh jeder, wie die Welt funktioniert.

Du hast dich immer wieder als "linker" Journalist verstanden, aber auch Themen wie Islamisierung und Migration beschrieben. Warum bist du eigentlich links?
Das ist eine Frage der Anständigkeit. Ich glaube, man kann nur links sein, wenn man anständig denkt. Aber ich glaube, dass die Linke in Österreich – wahrscheinlich ist es in anderen Ländern das Gleiche, in Deutschland zum Beispiel – in einem wahnsinnigen Gewissenskonflikt ist. Man will auf der einen Seite ein anständiger Mensch sein und Asylanten und Migranten helfen, und ich verstehe das. Man ist empathisch und man benutzt Menschen nicht als Fußabtreter, wie das andere machen. Aber dann sieht man auf der anderen Seite halt leider nicht genug hin, welche Probleme das bereitet. Viele trauen sich nicht mehr zu sagen: "Ich bin ein guter Mensch, ich habe nichts gegen einen Migranten, aber es gehört keiner mehr her." Das ist ein Dilemma, in dem die SPÖ meiner Meinung nach immer noch steckt. Und immer noch sind es dann die Doskozils, die sich dann hinstellen müssen und den Finger drauflegen. Ich bin zwar kein großer Sympathisant der Person Doskozil, aber ich habe damals gefunden, dass er der richtige Mann an der SPÖ-Spitze gewesen wäre, weil er einen pragmatischen Sozialismus vertritt. Und der fehlt meiner Meinung nach. Wenn der Dornauer anfängt, über Migranten zu reden, höre ich einen FPÖler. Das ist mir unsympathisch. Beim Doskozil nicht, das muss ich sagen. Da höre ich den Polizisten, der die einheimische Bevölkerung mitdenkt, aber nicht nur die einheimische, sondern auch die vielen Zugewanderten, denen man ja nichts Gutes tut, wenn man das Problem negiert.

Hat der Journalismus wirklich weggeschaut oder ist das ein Vorwurf, um Journalismus zu diskriminieren?
Wir haben eine ganz stark boulevardgeprägte Medienlandschaft. Die hat nicht weggeschaut. Die hat das Thema ja auch groß gemacht, das muss man schon sagen. Da wird ja nicht geschönt. Die legen die Finger drauf, aber halt in einer teilweise sehr unappetitlichen, nämlich spalterischen und von manchen Politikern – nämlich von der FPÖ – forcierten Tendenz. Da geht es ums Aufhetzen. Manche Journalisten hetzen mit, und andere sagen dann lieber gar nichts, weil sie halt nicht in Verdacht geraten wollen, da mitzumachen. Aber das ist halt auch falsch.

Glattauer am Montag, 25. August, am Balkon seiner Gemeindebau-Wohnung
Glattauer am Montag, 25. August, am Balkon seiner Gemeindebau-Wohnung
Christopher Mavric

Was würdest du heute einem jungen Journalisten raten?
Dass er in sich hineinhorcht, eine Haltung entwickelt, diese immer wieder überprüft und auch reflektiert. Ein Journalist darf sich nicht verbiegen, das ist einmal wichtig. Er soll auch nicht aufspringen auf Trends, sondern seine Haltung – dort, wo er es darf, also nicht in der neutralen Berichterstattung, sondern im Kommentar, in der Meinung, in den Zwischentönen – wiedergeben.

Du bist vor rund 25 Jahren dann Lehrer geworden ...
Ich habe News aus privaten Gründen, über die ich jetzt nicht reden möchte, verlassen. Und dann habe ich mich gefragt, was geht sich jetzt noch aus? Und so bin ich auf die Idee gekommen, mein Bedürfnis, zu missionieren, der Welt etwas mitzuteilen, als Lehrer auszuleben. So wurde ich Hauptschullehrer und habe drei Jahre die Pädak besucht, meine teure Wohnung aufgegeben, bin in eine Garçonnière mit Klo am Gang gezogen, habe wieder von vorn angefangen und mich wahnsinnig wohlgefühlt dabei.

Und dann sitzt du bei der ersten Lehrerkonferenz in der Feuerbachstraße im zweiten Wiener Gemeindebezirk …
… und da erlebe ich zum ersten Mal eine Konferenz. Ich war gewohnt bei den Konferenzen von News oder AZ, die großen, weltpolitischen Themen zu besprechen, also: Was schreiben wir über den Clinton oder den Jelzin? Und dann reden sie dort eineinhalb Stunden, ob die Patschen in dem Kasten sein sollen oder nicht in dem Kasten und ob man den versperren darf in Zukunft oder nicht. Und ich habe mir gedacht, um Gottes willen, in welcher Welt bin ich da gelandet! Da war ich schon fassungslos. Und diese Lehrertische! Einen halben Meter mal einen halben Meter Platz waren sie nur groß und mussten in Reih und Glied stehen. Ich habe es gewagt, zu sagen: "Die Tische könnten wir ja auseinanderschieben, ich hätte meinen gern dort" – das war eine Todsünde. Die haben gesagt, was ist das für ein Komischer, der da jetzt plötzlich seinen Tisch woanders stehen haben will?

Es gibt Schulen, in denen bis zu 70, 80 Prozent der Kinder fast kein Deutsch mehr verstehen.
Ja, das ist traurig.

Mit Florian Klenk und Christian Nusser und der Geschichte, in der die Gletschermumie "Ötzi" ihren Namen bekam – Niki Glattauer war ihr Autor
Mit Florian Klenk und Christian Nusser und der Geschichte, in der die Gletschermumie "Ötzi" ihren Namen bekam – Niki Glattauer war ihr Autor
Christopher Mavric

Warst du frustriert?
Ich lernte: Hauptschullehrer zu sein ist was anderes, als zum Hauptschullehrer ausgebildet zu werden. Das Problem waren nicht die Kinder, sondern die Kollegen. Ich habe mich nicht wohlgefühlt, es herrschten Neid und Konkurrenz, schrecklich war das. So habe ich dann beschlossen, ich gehe in die Sonderpädagogik, weil da habe ich andere Kollegen und auch andere Schüler. Ich war dann bis zum Schluss als Lehrer für solche Kinder zuständig, zuerst als Integrationslehrer an Hauptschulen, später dann an Neuen Mittelschulen. Die Arbeit mit den Kindern war höchst befriedigend, das muss ich schon sagen. Unerträglich war zu sehen, wie das System vollkommen versagt. Auch da haben wir eine Zweiklassengesellschaft. Die, die sich’s richten können, geben ihre Kinder ja nicht in solche Schulen. Und die, die sich’s nicht richten können, sind chancenlos und machtlos. Wir haben auch da eine Holzklasse. Und die ist in Österreich schlimmer als in anderen Ländern, weil die gemeinsame Schule schlicht und einfach am Widerstand der Pfründebewahrer scheitert.

Was hat dich an der Schule dann doch fasziniert?
Die Kinder. Man kann so viel Gutes machen, mehr noch als als Journalist.

Auf Vortragsreise in Japan zum Thema "Atomkraft, nein danke"!
Auf Vortragsreise in Japan zum Thema "Atomkraft, nein danke"!
privat

Warst du ein guter Lehrer?
Ja.

Wie viele Lehrer sind schlecht?
Kommt auf den Schultyp an. An den Mittelschulen würde ich sagen, die Hälfte. Es gibt einerseits viele irrsinnig gute Lehrerinnen und Lehrer. Man muss fast sagen Lehrerinnen, weil es sind ja kaum Männer. Aber es gab auch welche, die wie Diktatoren in der Klasse gestanden sind und die Kinder einfach nur schlecht behandelt haben.

Sind die Kinder verloren für die Zukunft?
Ich würde nicht sagen verloren, aber es ist traurig und es ist eine Tatsache, dass wir in Wien eine Schule haben, die mit zu viel nicht Deutsch sprechenden Kindern heillos überfordert ist. Selbst die guten Lehrerinnen können das nicht mehr auffangen. Daher sage ich etwas, wofür ich sehr kritisiert werde: Wir müssen aufhören, Kinder in unsere Klassen zu setzen, die nicht Deutsch können. Aus. Es muss uns etwas einfallen. Ein Punkt ist, die Familienzusammenführung zu stoppen. Obwohl das nicht meine politische Haltung ist, als ehemaliger Schulleiter, als Lehrer sage ich: Aus. Zweitens: Es braucht Maßnahmen im Kindergarten. Ganz entscheidend, es muss im Kindergarten Wert darauf gelegt werden, dass man die Familien "austrifiziert". Das klingt jetzt schrecklich, aber es ist so. Denn in immer mehr Kindergärten gibt es nur noch nicht deutschsprachige Kinder, während es auf der anderen Seite Kindergärten gibt, wo die Deutschsprechenden ihre Kinder hineinstopfen. So spaltet sich die Gesellschaft bereits im Kindergarten. Die wenigen deutschsprachigen Kinder, die in eine Schule mit mehrheitlich Türken oder Arabern gehen, lernen nicht nur nicht Deutsch, sie verlernen es. Was tut man diesen Kindern da an um Gottes willen, und zwar systemisch? Und das hat auch was mit der Wohnpolitik zu tun, weil sich Zuwanderer logischerweise dort niederlassen, wo schon andere Zuwanderer sind. Wir haben hier eine Ghettoisierung, und der muss man – so wie in Dänemark – von oben politisch Einhalt gebieten.

Glattauer als Journalist im Einsatz für den Kurier im Golfkrieg
Glattauer als Journalist im Einsatz für den Kurier im Golfkrieg
privat

Es wird jetzt zeitlich schwierig, aber wenn du Unterrichtsminister wärst, was würdest du denn priorisieren?
Wiederkehr – den ich an sich schätze – will das Richtige, aber auch er wird ein großer Ankündigungspolitiker bleiben. Denn es bräuchte für seine Pläne einen Schulterschluss verschiedener Ministerien. Aber NGOs, Lehrergewerkschafter und Bundesländer wollen sich nichts dreinreden lassen – und dann bleibt alles, wie es ist.

Du bist 20 Jahre lang gegen ein System angerannt, von dem du gewusst hast, dass du es nicht ändern kannst?
Ja, es ist chancenlos. Die Umstände machen eine Reform nicht möglich – aus. Es ist traurig, aber wahr. Die Kinder, die heute hier vor meinem Balkon in Favoriten spielen, sind nicht österreichisch. Sie sind Ausländer und sie bleiben es. Das ist ein Problem. Wenn du einen Chinesen in New York fragst, was er ist, sagt er, er ist American, auch wenn er Chinese ist. Wenn du aber hier den Türken fragst, was er ist, sagt er nicht, er ist Österreicher, er ist Türke. Das ist der Riesenunterschied. Und hier gelingt es der österreichischen Politik nicht, die Kinder hereinzuholen in unsere Gesellschaft. Sie wollen nicht Österreicher werden, weil sie hier ja auch abgelehnt und schlecht behandelt werden. Sie sehen die Plakate "Bleibt’s daham, beim Islam". Sie fühlen sich an den Rand gedrängt und holen sich ihre Identität durch die Abgrenzung zu Österreichern. Daher habe ich einen Appell an meine Kolleginnen in den Schulen: Behandelt’s die Ausländer endlich gut, anständig und auf Augenhöhe. Es gibt auch da so viele Fehler, die Lehrerinnen machen, indem sie Kinder mit anderen Muttersprachen abschätzig und abfällig behandeln. Das ist ganz schlecht, weil das Kind spürt von der ersten Sekunde an, ob es angenommen oder abgelehnt wird. Manche brechen und fügen sich, viele gehen in den Widerstand und manche in eine Wutreaktion hinein. Also jetzt ganz primitiv gesprochen: Als klassischer FPÖler kann ich nicht Lehrer werden in Wien. Das geht sich nicht aus. Mit der Haltung mache ich alles nur kaputt. Lehrer müssen eine andere Haltung entwickeln.

"Wenn ich den Kaffee das letzte Mal trinke, werde ich mir denken, die schönen Häferln werde ich nie wieder sehen"
"Wenn ich den Kaffee das letzte Mal trinke, werde ich mir denken, die schönen Häferln werde ich nie wieder sehen"
Christopher Mavric

Lieber Niki, der Gedanke ist unerträglich und auch für uns neu. Zwei Tage nach Erscheinen dieses Gesprächs wirst du tot sein. Hast du eine Vorstellung vom Leben danach?
Ich werde verbrannt werden und meine Asche wird am Zentralfriedhof in einem Urnengrab unter einem Ginkgobaum beerdigt. Ich finde, das ist ein schöner Gedanke.

Hast du Angst vor dem Sterben?
Vorläufig nicht. Mir sagt jeder, das kommt noch. Auch die Damen, die mich dann betreuen werden, sagen, das kommt noch. Ich schiebe das offensichtlich weg. Ich habe überhaupt nicht die Sehnsucht, tot zu sein. Ich bin nur der Meinung, ich habe den richtigen Zeitpunkt erwischt, um das Leben abzubrechen. Ich habe jetzt in Thailand mehrmals wirklich geheult wie ein Schlosshund, weil es so traurig ist, manches zum letzten Mal zu erleben. Das Beenden einer Sache – und sei es die des Lebens – ist traurig. Jeder Abschied ist traurig. Jemanden zum letzten Mal zu treffen, ist ja auch traurig. Und ich bin dabei, das Leben zum letzten Mal zu treffen.

Wie sollen dich die Menschen im Gedächtnis behalten?
Ich glaube, die, die mich gut kennen, werden sagen, er war lustig und aufrichtig.

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Christian Nusser
Akt. 02.09.2025 17:48 Uhr