Das Marvel Cinematic Universe startet mit den Fantastischen 4 in seine Phase 6, ein Weltkriegsdrama aus Italien geht gehörig an die Nieren. Und Meistererzähler Stephen King hat wieder einmal die Vorlage für einen außergewöhnlich berührenden Film abgeliefert.
Können Sie sich noch an Phase 5 erinnern? Die war nicht so toll wie die vorhergehenden Phasen, sagen Superheldenfilm-Experten. Macht aber nichts, denn mit "The Fantastic Four: First Steps" startet das Marvel-Kinouniversum nun bereits in seine Phase 6. Und dieser Beginn verläuft in jeder Hinsicht erfreulich.
Denn der auch schon wieder vierte Film mit der Superhelden-Patchworkfamily der Fantastischen 4 besticht durch eine liebevolle, leicht augenzwinkernde Story und vor allem das gelungene Sechzigerjahre-Retrodesign. Wer sich nicht so viel aus der Handlung macht, hat bei diesem Film alleine schon gut damit zu tun, die Arbeit der Set Decoration Crew zu bewundern.
Wirklich auf die Handlung konzentrieren sollte man sich bei "Vermiglio". Das italienische Weltkrieg-2-Drama lief bei den Festspielen von Venedig 2024 und erhielt den Silbernen Löwen. Starker Tobak, gut gespielt, aber am Ende so distanziert, dass man mit den Figuren und ihrer Geschichte nie wirklich warm wird. Dennoch großes Kino, keine Frage.
Ja, und dann ist da diese Woche wieder einmal eine Stephen King-Verfilmung. Und zwar so eine, bei der keine Weltraummonster durch die Gegend schleimen oder irgendwelche Endzeit-Schlachten geschlagen werden. "The Life of Chuck" basiert auf einer Short Story des Meisters und erzählt unspektakulär, aber dafür umso berührender vom Leben und Sterben eines einfachen Mannes – und was man daraus über den Sinn des Lebens lernen kann. (Nicht nur) für Newsflix der Kinofilm der Woche. Haben Sie eine gute Zeit!
Worum es geht Charles "Chuck" Krantz (als Erwachsener: Tom Hiddleston) wächst nach dem tödlichen Unfall seiner Eltern bei seinen Großeltern Albie (Mark Hamill) und Sarah (Mia Sara) auf. Während sein Opa begeisterter Hobby-Mathematiker ist, der so manches Geheimnis mit sich trägt, interessiert sich Chuck fürs Tanzen. Er schreibt sich in einen Tanzkurs ein und wird zum Star beim Schulball.
Viele Jahre später, im Alter von 39, ist Chuck Buchhalter, verheiratet und hat ein Kind. Beim Heimweg von der Arbeit trifft er auf eine Straßenmusikerin mit Schlagzeug, seine alte Leidenschaft packt ihn und er beginnt mit einer Passantin eine wilde Performance, die schnell zahlreiche Zuschauer anlockt. Was er noch nicht weiß: Wenige Monate später wird er an einem Gehirntumor sterben.
Chucks Tod fällt in einer kosmischen Fügung mit dem Ende der Welt zusammen, das durch Unwetter, Brände und Überschwemmungen verursacht wird. Als das öffentliche Leben Stück vor Stück zusammenbricht, erscheint plötzlich überall Werbung mit dem Bild von Chuck, in der ihm für "39 wundervolle Jahre" gedankt wird.
Lohnt sich das? Zugegeben: Der oben geschilderte Plot klingt wild, noch dazu wird er in "The Life of Chuck" von hinten nach vorne erzählt. Und er basiert auf einer Kurzgeschichte von Stephen King. Doch trotz – oder gerade wegen – der absurden Züge der Story, gelang Horror-Fachmann Mike Flanagan eine existentialistische Parabel mit Bezügen, die an Werke wie "Truman Show" erinnert.
Was mit dem Ende der Welt und als schwer erträgliche Dystopie beginnt, wandelt sich im Laufe der in drei Akte geteilten Handlung in einer leichte, beschwingte Feier des Lebens. Ebenso bemerkenswert wie das Gezeigte ist der ins Philosophische gleitende Subtext des clever geschriebenen Drehbuchs, den man so deuten könnte: Angesichts der unausweichlichen Katastrophe sollte man sich auf das Wesentliche konzentrieren – das Leben an sich, in dem jeder Tag gelebt werden sollte, als wäre es der letzte.
"The Life of Chuck" ist so eine bemerkenswerte Film-Perle geworden, ein kleines Kunstwerk, das Schweres mit Leichtem, Existenzielles mit Banalem, Trauriges und Fröhliches, kurz: Tod und Leben auf eine Art und Weise verknüpft, wie das nur ganz wenigen Filmen gelingt.
"The Life of Chuck", Drama, Tragikkomödie. USA 2025, 110 Minuten, ab 24. Juli im Kino
Worum es geht Der Zweite Weltkrieg geht 1944 auf sein Ende zu, da taucht in dem abgelegenen trentinischen Bergdorf Vermiglio der sizilianische Deserteur Pietro auf. Cesare (Tommaso Ragno), der Lehrer und so etwas wie die Autorität des Dorfes entscheidet, dass dieser Pietro bei seiner kinderreichen Familie bleiben darf und versteckt ihn in einem Schuppen.
Indes verliebt sich Lucia (Martina Scrinzi), die 18-jährige Tochter Cesares, in Pietro, sie wird schwanger und die beiden heiraten. Ihre zwei Jahre jüngere Schwester Ada hat mit ihren homosexuellen Neigungen und der Missgunst ihres Vaters zu kämpfen, die auch ihr älterer Bruder Dino nur zu gut kennt.
Als der Krieg zu Ende ist, reist Pietro nach Sizilien zurück, um seiner Mutter Bescheid zu geben, dass er am Leben ist. Er will später wieder zurückkommen und verspricht Lucia, ihr zu schreiben. Der ersehnte Brief taucht aber nicht auf, stattdessen muss die Familie in der Zeitung lesen, dass der junge Sizilianer bereits verheiratet war und ihn seine Frau bei seiner Rückkehr in den Süden erschoss, als sie von seiner Ehe mit Lucia erfuhr. Lucia versinkt in tiefer Depression und will ihrem Leben ein Ende setzen.
Lohnt sich das? "Vermiglio" wurde in Venedig 2024 mit dem Silbernen Löwen ausgezeichnet und war auch für den Golden Globe als Bester Fremdsprachiger Film nominiert. Regisseurin Maura Delpero verarbeitet darin ihre eigene Familiengeschichte: Ihr Vater wuchs in Südtirol auf, ihr Großvater war damals – wie Protagonist Cesare – der Dorflehrer. Sie wollte diesen Teil der Geschichte, ihrer eigenen Vergangenheit nicht sterben lassen, so Delpero, deshalb habe sie diesen Film gedreht.
Über weite Strecken fühlt sich "Vermiglio" tatsächlich semi-dokumentarisch an: In reduzierten, aber schönen Aufnahmen fängt der Film das schwierige Leben unter ärmlichen, geradezu primitiven Verhältnissen ein, die Kargheit der Existenz im Krieg spiegelt sich direkt in den Bildern wieder. Delperos Werk hat geradezu ethnografische Züge, eine vergangene, vergessene Zeit, eine Kultur, eine Gegend an der Peripherie darf filmisch wieder auferstehen, das Gefühl eines beschwerlichen Lebens, das oft nur Überleben heißt, wird gut vermittelt.
Das Problem dabei ist, dass durch die deskriptive Inszenierung, die distanzierte Kamera stellenweise die Spannung fehlt, auch Emotion überträgt sich kaum auf das Publikum. Fazit: Ein stilistisch beeindruckend gemachter Film, dem aber die inhaltliche Dringlichkeit fehlt. Überdurchschnittlich, aber nicht gänzlich überzeugend.
"Vermiglio", Drama. Italien 2024, 119 Minuten, ab 25. Juli im Kino
Worum es geht Es ist vier Jahre her, als Reed Richards (Pedro Pascal), Sue Storm (Vanessa Kirby), Johnny Storm (Joseph Quinn) und Ben Grimm (Ebon Moss-Bachrach) als Astronauten ins All reisten. Sie kehrten mit Superkräften ausgestattet auf die Erde zurück. Als Mister Fantastic, Invisible Woman, Human Torch und The Thing sorgen sie seither als Superhelden-Patchwork-Familie für Frieden auf ihrem Heimatplaneten, den sie gegen Monster und Feinde aller Art verteidigen.
Als der fiese Weltraumgott Galactus (Ralph Ineson) auf den Plan tritt und die Erde zerstören will, steht für die vier die bisher größte Herausforderung ihrer Superhelden-Karriere an. Der Bösewicht bekommt noch dazu Unterstützung von (einer weiblichen Version des) Silver Surfer (Julia Garner). Differenzen, wie sie in Familien nun mal vorkommen, müssen in der Folge überwunden werden, um die Erde ein weiteres Mal zu retten.
Lohnt sich das? "The Fantastic Four: First Steps" ist der Start der sogenannten Phase 6 des MCU (Marvel Cinematic Universe) und die vierte Film-Adaption von Marvels "First Family". Der Erfolg der Filme aus Phase 5 war bekanntlich überschaubar, viele floppten an der Kinokasse und hatten vor allem qualitativ und kreativ kaum was zu bieten. Das ist bei Superheldenfilmen nicht unbedingt neu, aber in den letzten Jahren wurde selbst unter eingefleischten Marvel-Fans die Kritik immer lauter.
"First Steps" sollte Fans des MCU weitgehend zufrieden stellen, der Film enthält all das, was sie lieben: Bunte Bilder, krachende, temporeiche Action, eine im Kern simple Story, die diesmal auch ohne großes Vorwissen nachvollziehbar ist, eine Prise Humor. Und mit Pedro Pascal, Vanessa Kirby, Ebon Moss-Bachrach und Julie Garner bekannte und gefragte Namen, die als Superhelden bzw. Bösewichte auftreten. Als Garnitur gibt es mit dem retrofuturistischen 1960s-Look auch was fürs Auge.
So manch andere wird der Film aber vermutlich genauso langweilen wie die meisten Superhelden-Filme, die ja immer aus den selben Zutaten bestehen und mit anspruchsvoller Filmkunst wenig zu tun haben. Was für Fans Vertrautheit bedeutet, kann man auch als Vorhersehbarkeit und dramaturgische Mutlosigkeit betrachten. Was für die einen rasante Action ist, ist für andere sinnloses Herumgeballere. Doch zum Glück sind Geschmäcker ja verschieden.
"The Fantastic Four: First Steps", Superhelden-Action. USA 2025, 119 Minuten, ab 24. Juli im Kino
"Bella Roma - Liebe auf Italienisch"
In dieser Romanze reist ein älteres Ehepaar in die "Ewige Stadt" Rom, um seinen 40. Hochzeitstag zu feiern. Für sie, Gerda, weckt der Trip auch Erinnerungen an ihre Zeit als Kunststudentin, die sie in Rom verbrachte. Zufällig trifft sie nun dort, viele Jahre später, auf ihren ehemaligen Lehrer – und Liebhaber (Rolf Lassgård). Eine Zeit der Veränderung beginnt, die für ihren Mann, Kristoffer, schwer zu verstehen ist. - Die Liebeskomödie war der erfolgreichste dänische Film des Jahres 2024.
"Bella Roma - Liebe auf Italienisch", Romanze, Komödie. Italien / Schweden / Dänemark 2024, 98 Minuten, ab 25. Juli im Kino
"Grand Prix of Europe"
Animationsfilm zum 50. Geburtstag des Europa-Vergnügungsparks: Dessen Maskottchen Ed und Edda, zwei Mäuse, dürfen in ihrem ersten Kinoabenteuer an einem Autorennen teilnehmen. Als Edda, die Tochter des Jahrmarktbesitzers, durch eine Verkettung von unglücklichen Umständen selbst im Cockpit eines Rennwagens landet, erlebt sie mit Ed ein rasantes Abenteuer quer durch Europa.
"Grand Prix of Europe", Kinderfilm, Animation. Deutschland 2025, 90 Minuten, ab 25. Juli im Kino
"Oxana"
Das intensive Drama der Französin Charlene Favier porträtiert die FEMEN-Mitbegründerin Oksana Schatschko: Von ihrem Aufwachsen in ärmlichen Verhältnissen in der Ukraine über ihre ersten Erfahrungen als Künstlerin bis zu den ersten Aktionen ihrer feministischen Protestgruppe, die sich auch mit Putin anlegte und mit provokantem Aktionismus weltweit Schlagzeilen machte. Nach der Emigration nach Frankreich wählte Schatschko den Freitod, "Oxana" setzt ihr ein würdiges, filmisches Denkmal.
"Oxana", Dokumentation. Frankreich 2024, 103 Minuten, ab 25. Juli im Kino