Eine Stimme aus dem anderen, dem alten Amerika: Das Springsteen-Biopic "Deliver Me From Nowhere" erzählt, wie der "Boss" sein Meisterwerk "Nebraska" gegen Widerstände durchboxte. Sonst ist das Kino-Wochenende der blanke Horror. Gut so!
Der Mann ist eine lebende Legende: Bruce Springsteen, mittlerweile 76 Jahre alt, gehört zu den – vor allem auch international – meist geschätzten und geachteten Musikern Amerikas. Und das liegt nicht alleine an seiner Musik, sondern vor allem an der Art, wie er sie macht und verbreitet: immer authentisch, immer das Gemeinsame, Einende im Blick, niemals eitel.
Springsteen, der bis heute den Spitznamen "The Boss" trägt, weil er seinen Musikern in den Sechziger- und Siebzigerjahren immer direkt nach den Auftritten ihre Gagen ausbezahlt hat, steht für viele Menschen bis heute für ein anderes Amerika. Ein solidarisches Amerika, das seine Stärke einsetzt, um "das Richtige" zu tun und auf der Seite derjenigen steht, die dieser Hilfe bedürfen.
Das mag, zumal heutzutage, naiv klingen. Es erklärt aber, weshalb Springsteen nach wie vor eine der meist gehörten Stimmen jener "anderen USA" ist. Und auch mit seiner Meinung über die herrschenden Umstände im Land nicht hinter dem Berg hält.
Mit "Springsteen: Deliver Me From Nowhere" läuft diese Woche eine Film-Biographie der etwas anderen Art über den "Boss" an. Darin wird die Geschichte der Entstehung seines minimalistischen Meisterwerks "Nebraska" erzählt. Man bekommt dabei ein bisschen mit, wie sehr der Musiker Springsteen immer auch seine Seele mit in die Waagschale warf, wenn er etwas Neues schuf. Vielleicht ist auch das ein grund dafür, weshalb ihn die Menschen bis heute so schätzen. Haben Sie eine stimmungsvolle Kino-Woche!
Worum es geht Die frühen 1980er-Jahre: Bruce Springsteen (Jeremy Allen White, "The Bear") ist gerade 32 und nach den Erfolgen seiner Alben "Born to run" (1975) und "The River" (1980) steht er an der Schwelle zum internationalen Superstar. Doch der Druck des Erfolgs und Dämonen aus der Vergangenheit nagen an dem jungen Mann – er verfällt in tiefe Depressionen und Angstzustände und zieht sich in ein Mietshaus in New Jersey zurück.
Springsteen fühlt sich entfremdet von sich selbst, vom Erfolg, weiß nicht, was er mit dem plötzlichen Ruhm anfangen soll und kanalisiert seinen Seelenzustand in das auf einem 4-Spur-Recorder aufgenommene Akustik-Album "Nebraska". Die Songs handeln vom Leben der Arbeiterklasse, der Springsteen selbst entstammt, vom Scheitern am "American Dream" und der vergeblichen Suche nach Erlösung.
Während Springsteens Manager und Freund Jon Landau (Jeremy Strong) ihm den Rücken freihält, drängt die Plattenfirma auf kommerzielle Hits. Doch der "Boss" muss sich seinen Gefühlen stellen und sich auch mit seiner traumatischen Kindheit mit einem alkoholkranken Vater auseinandersetzen: Die Akzeptanz der eigenen Verletzlichkeit sollte der Weg aus der persönlichen Krise werden – und die Grundlage für eines der ungewöhnlichsten, aber auch besten Alben in Springsteens Diskografie.
Lohnt sich das? Musiker-Biopics gab es in den letzten Jahren gefühlt wie Sand am Meer: "Elvis", "Girl you know it's true" (Millie Vanilli), "Better Man" (Robbie Williams) und "Like a Complete Unknown" (Bob Dylan) sind nur einige Beispiele, die versuchten, die Essenz der porträtierten Künstler auf Film zu fassen und deren Persönlichkeit zu ergründen.
"Deliver Me From Nowhere" geht einen etwas anderen Weg, da sich der Film dezidiert auf eine knappe, aber umso prägendere Phase fokussiert, eben die Entstehung von Springsteens Album "Nebraska". Regisseur Scott Cooper ("Crazy Heart") entwirft sein Drehbuch auf Grundlage des Buches "Deliver Me From Nowhere: The Making Of Bruce Springsteen's Nebraska", um eine verletzliche, manchen mitunter unbekannte Seite des "Bosses" zu zeigen.
Das Ergebnis ist durchwachsen: Lob gab es für die nuancierte Darstellung des Protagonisten durch Jeremy Allen White, der nach "The Bear" beweist, dass er auch klassische Charakterstudien kann. Kritik gab es allerdings für das recht generische Drehbuch und das mitunter schleppende Tempo der Erzählung. Bruce Springsteen selbst ist übrigens dennoch begeistert von "Deliver Me From Nowhere": In einem gemeinsamen Interview mit Allen White bei Jimmy Kimmel war er voll des Lobes für das Werk und seinen jungen "Imitator".
"Springsteen: Deliver Me From Nowhere", Biopic, Drama. USA 2025, 120 Minuten, ab 24. Oktober im Kino
Worum es geht 1982: Vier Jahre sind vergangen, seit der jugendliche Finney Blake (Mason Thames) die Gewalttaten des "Grabbers" (Ethan Hawke) überlebte und den Serienmörder zur Strecke brachte, wirklich abschließen konnte er mit den Erfahrungen aber nicht – das Trauma wirkt als immer wieder hervorbrechende Aggression nach.
Seine Schwester Gwen wird obendrein plötzlich von unheimlichen Visionen heimgesucht: Sie träumt von drei vermissten, mit einer Axt erschlagenen Jungen und hört ein altmodisches schwarzes Telefon, aus dem ihre Mutter spricht, die sich sieben Jahre zuvor umgebracht hat. Ihre Stimme kommt aus dem Jahr 1950, als sie in dem abgelegenen Wintersport‑Camp "Alpine Lake" als Lageraufseherin gearbeitet hatte und von ähnlichen Visionen heimgesucht wurde.
Um der Sache auf den Grund zu gehen, überredet Gwen Finney dazu, sich als Freiwillige für das Camp zu melden. Dort geraten sie in einen Schneesturm, der die beiden und einige Betreuer des Camps isoliert zurücklässt. Im Verlauf ihrer Nachforschungen wird klar, dass der "Greifer" immer noch aktiv ist und durch das schwarze Telefon und Gwens Visionen auf übernatürliche Weise zurückgekehrt zu sein scheint. Und er will Rache.
Lohnt sich das? Mit "Black Phone" gelang Regisseur Scott Derrickson 2021 ein Überraschungshit: Sein auf einer Kurzgeschichte von Joe Hill, dem Sohn von Horror-Legende Stephen King, basierender Horror-Thriller spielte das Vielfache seines relativ überschaubaren Budgets ein und präsentierte Ethan Hawke in einer ungewohnten Rolle, die das Publikum dennoch überzeugte. Schnell war klar, dass es eine Fortsetzung geben muss. Das Problem natürlich: Der Bösewicht ist eigentlich besiegt und die literarische Vorlage erschöpft.
Derrickson und sein Co-Autor C. Robert Cargill machten sich dennoch an die Arbeit. Die Notwendigkeit, eine abgeschlossene Erzählung auszudehnen, ergibt sich einzig aus finanziellen Motiven, und das merkt man "Black Phone 2" stellenweise auch an. Das Drehbuch muss einige wilde Haken schlagen, um zu erklären, warum der "Grabber" nun doch wieder zurückkehrt.
Das Ergebnis ist ein durchschnittlicher, solider Horrorstreifen, der Anleihen am Achtzigerjahre-Slasher-Film nimmt und die Pflicht erfüllt, ohne zu glänzen. Trotz überzeugender Visuals erinnert "Black Phone 2" zu sehr als Klassiker wie "Nightmare on Elm Street". In den USA ist der Film bereits vor einer Woche angelaufen, und das durchaus erfolgreich. Nicht auszuschließen also, dass es auch noch einen dritten Teil geben wird. Auch wenn ein solcher wahrscheinlich dann schon mehr als verzichtbar wäre.
"Black Phone 2", Horror-Thriller. USA 2025, 114 Minuten, ab 23. Oktober im Kino
"Franz K."
Ein Jahr nach den Feiern rund um Kafkas hundertsten Todestag im Juni 2024 erscheint Agnieszka Hollands unkonventioneller Biopic-Versuch. "Franz K." nähert sich dem oft mystifizierten Schriftsteller multiperspektivisch und von einer Meta-Ebene aus an und bricht dabei gängige Konventionen des Genres. Ein anspruchsvoller Film für Kafka-Kenner, der auch neue Facetten des Künstlers offenbart. "Franz K." ist übrigens auch Polens Einreichung für den Auslands-Oscar 2026.
"Franz K." Biopic, Drama. Tschechien / Polen / Deutschland 2025, 128 Minuten, ab 24. Oktober im Kino
"Mother's Baby"
Die erfolgreiche Dirigentin Julia, 40, und ihr Partner wünschen sich nichts mehr als ein Kind. Nach langem Warten und einer experimentellen Behandlung in einer Fruchtbarkeitsklinik, die vom mysteriösen Dr. Vilfort geleitet wird, klappt es schließlich mit der Schwangerschaft. Doch die Geburt verläuft dramatisch und das Baby wird Julia abgenommen und weggebracht. Als sie es später wieder bekommt, ist sie überzeugt, dass mit ihrem Neugeborenen etwas nicht stimmt, doch niemand will ihr glauben. Neuer Film der österreichischen Regisseurin Johanna Moder, Premiere hatte der Streifen im Wettbewerb der Berlinale 2025.
"Mother's Baby" Thriller. Österreich / Deutschland / Schweiz 2025, 108 Minuten, ab 24. Oktober im Kino
"All das Ungesagte zwischen uns – Regretting you"
Weitere Filmadaption eines Bestsellers von BookTok-Kultautorin Colleen Hoover ("Nur noch ein einziges Mal"): Im Zentrum steht die Beziehung der jungen Mutter Morgan und ihrer Teenager-Tochter Clara, die nach dem tragischen Tod von Morgans Ehemann Chris in eine tiefe Krise gerät. Clara rebelliert gegen Morgan, während die mit Echos aus ihrer Vergangenheit ringt, die die Familie auseinanderreißen könnten. Melodram mit Allison Williams und Dave Franco.
"All das Ungesagte zwischen uns – Regretting you", Drama. USA 2025, 117 Minuten, ab 24. Oktober im Kino
"Chainsaw Man – The Movie: Reze Arc"
Erster Langfilm auf Basis der japanischen Anime-Serie: Denji arbeitet als Kopfgeldjäger für Yakuza, bevor die ihn töten lassen wollen. Um sein Überleben zu sichern, verschmilzt Denjis "Teufelshund" Pochita mit seinem Herrchen – der "Chainsaw Man" ist geboren, der auf Rache sinnt. In seinem neuen Abenteuer tritt das mysteriöse Mädchen Reze, das er in einem Cafe trifft, in sein Leben. Buntes, überdrehtes Anime-Action-Abenteuer, in Japan lange Zeit auf Platz 1 der Kino-Charts.
"Chainsaw Man – The Movie: Reze Arc", Anime. Japan 2025, 100 Minuten, ab 23. Oktober im Kino
"Downhill Skiers"
Nach "Streif - One hell of a ride" folgt Regisseur Gerald Salmina mehreren Abfahrts-Stars rund um Marco Odermatt, Vincent Kriechmayr und Dominik Paris eine ganze Saison lang und zeigt sie bei ihren Vorbereitungen für den Saison-Höhepunkt, die Ski-WM in Saalbach-Hinterglemm 2025. Ein Versuch, die Faszination Skisport zu ergründen, auch mit persönlichen Einblicken und Statements der schnellen Männer. Auf die schnellen Frauen wurde leider vergessen …
"Downhill Skiers", Sport-Dokumentation. Österreich 2025, 130 Minuten, ab 23. Oktober im Kino
"Home is the Ocean"
Vor 20 Jahren stach die inzwischen achtköpfige Schweizer Familie Schwörer in See, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen und Feldforschung in den entlegensten Regionen der Welt zu betreiben: Eine einmalige Verschmelzung zwischen Aktivismus, Alltagsleben und Utopie. Regisseurin Livia Vonaesch begleitete die Schwörers sieben Jahre lang mit der Kamera.
"Home is the Ocean", Dokumentation. Schweiz 2024, 94 MInuten, ab 24. Oktober im Kino