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Martin Suter, ein Schweiß-Trick und Wein aus Österreich

In seinem neuen Buch vereint der Bestseller-Autor zwei seiner Romanfiguren. Warum "Allmen und Herr Weynfeldt" sonst noch lesenswert ist.

Martin Suter 2022 am Locarno International Film Festival, auf dem der Film "Alles über Martin Suter - außer die Wahrheit" vorgestellt wurde
Martin Suter 2022 am Locarno International Film Festival, auf dem der Film "Alles über Martin Suter - außer die Wahrheit" vorgestellt wurde
URS FLUEELER / Keystone / picturedesk.com
Christian Nusser
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Ich halte es bei Martin Suter sehr simpel. Er bringt ein neues Buch auf den Markt, ich gehe ins Geschäft und kaufe es. Einfach so. Ich warte keine Rezensionen ab, ich lasse mich auch nicht vom Cover verführen, es schaut ohnehin meist gleich aus – ein dicker weißer Rand, eine Grafik in der Mitte, die ich unbeachtet lasse, ein Titel, der mir einerlei ist. Ich lese das Buch meist in ein, zwei Hüben aus, an die Handlung kann ich mich recht bald danach nicht mehr erinnern und das ist gut so.

Suter ist wie ein guter, letzter Drink in einer Bar, "Nightcap"würde er das in seinen Romanen wohl nennen, er nimmt einen an der Hand und entführt sanft aus dem Alltag weg, hinein in eine stimmige, wohl frühere Welt, in der das Ungesagte mehr Wirkung entfaltet als das Getane. Mir gefällt diese Beiläufigkeit in seinen Sätzen und Erzählungen, die leichtfüßig daherkommt, aber diese Leichtfüßigkeit zu erzeugen, muss Schwerarbeit sein. Von dieser Schwerarbeit bleibt meist ein Kondensat übrig, so um die 200 Seiten, nicht zu viel, nicht zu wenig. Auch diesmal.

Eben ist "Allmen und Herr Weynfeldt" erschienen, es ist die Verwirklichung einer naheliegenden Idee. Suter verschmelzt zwei Hauptcharaktere seines literarischen Schaffens, er lässt die beiden – natürlich – in in einer Bar aufeinandertreffen, sich befreunden und ein Kriminalrätsel lösen. Aber das ist nur Beiwerk. Beim ersten Kontakt sitzt Weynfeldt da, einen Martini vor sich und dann den nächsten, aber er trinkt keinen Tropfen davon, sondern isst nur die Olive. Stil kann man nicht kaufen, oder aber doch.

Martin Suter 2022 zu Gast bei "Willkommen Österreich mit Stermann & Grissemann"
Martin Suter 2022 zu Gast bei "Willkommen Österreich mit Stermann & Grissemann"
Roman Zach-Kiesling / First Look / picturedesk.com

Es gibt, wenn ich richtig gezählt habe, sieben Allmen-Romane, denen "Der letzte Weynfeldt" gegenübersteht. Bei beiden Romanfiguren handelt es sich um alte, reiche Männer, wobei der eine – Weyenfeldt – wirklich vermögend ist, der andere – Allmen – hin und wieder zu Geld kommt, dazwischen aber klamm ist und trotzdem lebt wie ein Millionär. Suter beschreibt diese temporären Nöte stets sehr liebevoll. Allmen hat also nicht "Schulden", sondern "Ausstände", er ist nicht zahlungsunfähig und muss anschreiben lassen, sondern er "spätert".

Diesmal geht es um einen Picasso, der echt ist oder nicht, 2,5 Millionen teuer sein könnte oder gar nichts wert, der aber für Weynfeldt von der Herzensbildung her in seiner Gemäldesammlung das teuerste Stück ist, aber eben nun weg. Die Aufklärung des Falles verbindet die beiden alten Männer, Allmen hat so eine Art Detektivbüro, das Kunstdiebstähle aufklären soll. Wobei: Er besteht darauf, nicht zu arbeiten, sondern anderen nur Gefälligkeiten zu erweisen und Detektiv will er schon gar keiner sein. Wie gesagt, Handlung drittrangig, ohne, dass der zweite Platz vergeben sein dürfte.

Ich bin zu Martin Suter ursprünglich wegen der "Business Class"-Kolumnen übergelaufen. Er schrieb sie für die "Weltwoche" als die "Weltwoche" noch eine Weltwoche war. Suter, mittlerweile 76, ist viel herumgekommen auf der Erde, lebte früher halb auf Ibiza und halb in Guatemala, hat ein Anwesen in Marrakesch, wohnt aber eigentlich in Zürich. Er ist gelernter Werbetexter, war Creative Director der GGK, machte Reklame für Emmentaler und die Swissair, den Slogan "Lassen Sie Ihr Geld für sich arbeiten, Sie arbeiten schließlich auch für Ihr Geld", verfasste er für eine Bank.

In "Business Class" nahm er die Managerwelt auf die Schaufel, die Kolumnen wurden in Bücher zusammengefasst. In Erinnerung blieb mir etwa die Anekdote des Managers aus der zweiten Reihe, der in die erste Reihe wollte, Tag und Nacht dafür schuftete und als der Generaldirektor eines Nachts am Bürogebäude vorbeiging und noch Licht sah bei seinem Angestellten mit Ambitionen, da dachte er sich: "Wenn der jetzt schon mit seiner aktuellen Arbeit nicht fertig wird, dann würde er eine zukünftige Arbeit in höherer Position erst recht nicht schaffen."

Später kamen bei mir "Richtig leben mit Geri Weibel" dazu, die Romane nach, vor und während der Allmen-Reihe, nur das gemeinsame Buch mit Bastian Schweinsteiger ließ ich aus.

"Allmen und Herr Weynfeldt" fand ich nun aber wieder bezaubernd. Österreichischer Wein kommt darin vor, als empfehlenswert, aber unterschätzt, wir wissen das. Ich lernte, wie man Schweißgeruch besser erträgt, nämlich indem man sich vorstellt, es wäre Curry, der riecht nämlich ähnlich. Und warum es manchmal einfach ist, keine Freunde zu haben. Dann ist man nämlich "nicht durch Vertrauen vorbelastet". Schön, oder?

Martin Suter ist übrigens immer sehr adrett angezogen. Wie Weynfeldt. Und Allmen.

Martin Suter, "Allmen und Herr Weynfeldt", Diogenes, 27,50 Euro

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