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"The Paper"

So macht man aus Klopapier eine witzige Streaming-Serie

Die US-Version der Büro-Sitcom "The Office" begeisterte über neun Staffeln hinweg das Publikum weltweit. Nun kehrt deren Schöpfer Greg Daniels mit einem Spin-Off zurück. "The Paper" zeigt, wie das Journalistenleben nicht sein sollte. Aktuell zu sehen auf Sky X.

Zeitungen aus Papier sind Schnee von gestern? Davon wissen sie beim Toledo Truth Teller noch nichts … Die neue Serie "The Paper" nimmt das Journalistenleben auf die Schaufel
Zeitungen aus Papier sind Schnee von gestern? Davon wissen sie beim Toledo Truth Teller noch nichts … Die neue Serie "The Paper" nimmt das Journalistenleben auf die Schaufel2024 Peacock TV LLC
Christian Klosz
Akt. 10.09.2025 00:31 Uhr

Vom Slowburner zum Evergreen: So lässt sich die Geschichte von "The Office" (der US-Version) zusammenfassen, die das Mockumentary-Format (also eine Pseudo-Dokumentation) weltweit bekannt und beliebt gemacht hat. Dabei waren es gerade in den späteren Jahren weniger die Machart und das neue Konzept, sondern viel grundsätzlichere Dinge, die die Qualität der Comedy-Serie auszeichneten: Großartige Drehbücher, die inhaltlich zwischen absurd-komisch und herzlich schwankten. Sowie toll geschriebene Figuren, allesamt einzigartig und von talentierten Darstellern verkörpert.

Kein Selbstläufer Dass die US-Adaption des britischen Vorbildes (2002-2003, nur zwei Staffeln) ein Erfolg werden würde, war auch alles andere aus ausgemacht: Hinter dem Original stand unter anderem Ricky Gervais als Autor (neben Stephen Merchant) und Darsteller, die Serie war sein Durchbruch. Auch bei der US-Version war er involviert, Showrunner war aber Greg Daniels. Und gerade die kurze Staffel 1 von "The Office" war auch recht holprig, das Suchen nach dem richtigen Zugang, dem richtigen Ton spürbar. Spätestens mit Staffel 2 fand die US-Version aber ihren eigenen, unverkennbaren Stil, der sich vom britischen Vorbild abhob.

(K)eine Kopie? Warum nun das Abschweifen in Vergangenes? Weil sich "The Paper", ein offizielles Spin-Off von "The Office" und seit kurzem auf Sky X zu sehen, nicht ohne den Vorgänger erklären lässt. Mastermind hinter den zehn Folgen ist erneut Greg Daniels, Ricky Gervais ist als Executive Producer dabei. Und "The Paper" fühlt sich an wie eine Kopie, ohne eine Kopie zu sein, ein seltenes Kompliment.

20 Jahre später … Zu Beginn der Pilot-Episode erklären die (fiktiven) Dokumentarfilmer, wie es zu den neuen Folgen kam: Man habe 20 Jahre nach dem Beginn von "The Office" die Belegschaft des Papierherstellers Dunder Mifflin besuchen wollen, doch die Firma wurde inzwischen verkauft. Der neue Eigentümer heißt Enervate und produziert alles, das mit Papier zu tun hat – darunter auch die in Ohio beheimatete Zeitung "Toledo Truth Teller", die qualitativ allerdings unterste Schublade ist.

Definierte zwischen 2005 und 2013 die Gesetzte für Sitcoms neu: Die US-Version von "The Office" mit Rainn Wilson, Jenna Fischer, John Krasinksi, BJ Novak (v. l.) und Steve Carrell (vorne)
Definierte zwischen 2005 und 2013 die Gesetzte für Sitcoms neu: Die US-Version von "The Office" mit Rainn Wilson, Jenna Fischer, John Krasinksi, BJ Novak (v. l.) und Steve Carrell (vorne)
Ronald Grant Archive / Mary Evans / picturedesk.com

"Bedrucktes Klopapier" Früher eine stolze Lokalzeitung mit gutem Ruf, ist der Truth Teller nun eine unbedeutende Untersektion eines großen Konzerns, der sein Geld vor allem mit Klopapier macht. Die Printausgabe ist voller gedruckter Pressemitteilungen und großformatigen Anzeigen, die dazugehörige Website wird von inhaltsleeren Clickbait-Beiträgen dominiert. Und die Belegschaft des "Truth Teller" besteht aus unqualifizierten Angestellten und Volontären.

Aussichtloses Unterfangen? All das soll sich ändern, als Ned Sampson (Domhnall Gleeson) den Posten als Chefredakteur übernimmt – zumindest wenn es nach seinen Vorstellungen geht. Der idealistische Journalismus-Absolvent träumt von seriösem Lokaljournalismus, von gut recherchierten Stories und investigativen Berichten, kurz: von journalistischer Integrität. Doch seine neue Belegschaft hört von vielem davon zum ersten Mal. Die Serie begleitet Ned als Schein-Doku über zehn Folgen dabei, wie er dem "Truth Teller" neues Leben einhauchen will, was anfangs wie ein aussichtsloses Unterfangen aussieht.

Journalismus-Studiums-Absolvent Ned (Domhnall Gleeson, Mitte) erklärt seinem Team, was er als neuer Chefredakteur beim Toledo Truth Teller ändern möchte
Journalismus-Studiums-Absolvent Ned (Domhnall Gleeson, Mitte) erklärt seinem Team, was er als neuer Chefredakteur beim Toledo Truth Teller ändern möchte
2024 Peacock TV LLC

Ähnlich, aber nicht gleich Schon ab der ersten Minute wird klar, dass the "The Paper" keine Scheu davor hat, Altbekanntes und Erprobtes zu wiederholen, sogar die Titelmelodie ist eine Variation jener von "The Office". Auch das ganze Büro-Setting ist ähnlich gestaltet, die Dramaturgie folgt dem gleichen Schema. Dennoch hat man nie das Gefühl, dass die neue Serie eine faule Pflichtübung, ein ödes "more of the same" ist. Im Gegenteil: Trotz aller Parallelen findet "The Paper" schnell zu Eigenständigkeit, einer eigenen Stimme.

Variationen Die Serie ist eine Variation von aus "The Office" bekannten Mustern, Themen, Tropen, aber eben keine Kopie. Auch der produzierende Sender Peacock dürfte das so sehen und sehr von seinem neuen Format überzeugt sein: Bereits vor Ausstrahlung der ersten Folgen wurde bekannt, dass man eine zweite Staffel in Auftrag gegeben hat.

Sympathische Figuren Wie in "The Office", sind es auch in "The Paper" vor allem die detailreich und liebevoll gestalteten Figuren und deren Interaktionen miteinander, die alles so unterhaltsam und kurzweilig machen: Da wäre eben Ned Sampson, der sympathische Idealist, Typ perfekter Schwiegersohn, angetrieben von hehren Motiven, aber trotzdem etwas weltfremd. Allan Havey gibt als Firmenchef Marv Puttman den gutmütigen, väterlichen Freund von Ned.

Romanze am Arbeitsplatz Da ist außerdem Mare Pritti (Chelsea Frei), die einzige Truth Teller-Mitarbeiterin mit ernsthafter Journalismus-Erfahrung. Zwischen ihr und Ned kündigt sich recht bald eine Romanze an, die man wiederum als Variation des Jim-Pam-Schemas aus "The Office" lesen kann.

Wiedersehen Besonders unterhaltsam ist die Figur der Esmeralda Grand (Sabrina Impacciatore), die Chefin der Online-Ausgabe, völlig unqualifiziert, eine Büro-Diva mit italienischem Akzent, die alles für Aufmerksamkeit tut. Mit dabei ist übrigens auch wieder Oscar Martinez (Oscar Nuñez), den man bereits aus "The Office" kennt – so wird die Kontinuität auch durch die Figuren gewahrt.

Wie schon "The Office", ist auch "The Paper" wie eine Mockumentary angelegt
Wie schon "The Office", ist auch "The Paper" wie eine Mockumentary angelegt
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Fazit Und wie im Vorbild, geht es in "The Paper" um all die kleinen und großen Themen und Dramen des (Arbeits-)Lebens: Idealismus vs. finanzielle Zwänge, Eitelkeiten, Wadelbeißereien unter Mitarbeitern, Flirts und Liebeleien. Wer "The Office" liebt, wird auch "The Paper" lieben, und das ist diesmal kein Stehsatz. Zu schnell gehen die ersten Folgen vorbei und man kann Peacock nur gratulieren, direkt eine Fortsetzung gebucht zu haben: Ein seltenes Beispiel dafür, dass ein Spin-Off die gleiche Qualität des Originals erreicht. Beachtlich.

"The Paper", Mockumentary-Sitcom. USA 2025, 10 Episoden à ca. 20 Minuten, Episoden 1-4 online, ab 12. September jede Woche eine weitere Episode, Sky X

Christian Klosz
Akt. 10.09.2025 00:31 Uhr