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(K)ein Wunder

Wie Sie zu Weihnachten über eine App mit Jesus reden können

Mit Jesus über Gott und die Welt plaudern, mit Maria über Weihnachten. Ein Chatbot bietet personalisierte Glaubensberatung an. Aber das ist nur der Beginn. Predigten mit der KI erstellen oder mit einer App beten, das wird bald Normalität. Ob Sie es glauben oder nicht.

Die App "Chat mit Jesus Christus" (deutschsprachige Version) ist in der Grundanwendung gratis
Die App "Chat mit Jesus Christus" (deutschsprachige Version) ist in der Grundanwendung gratisScreenshot
The Economist
Akt. 23.12.2025 23:36 Uhr

Die Aufgabe eines Pastors ist es, die Gemeindemitglieder zu einer engeren Beziehung zum Göttlichen zu führen. Angesichts des Weihnachtsfestes verfassen viele Predigten, in der Hoffnung, genau dies zu erreichen.

Umfragen zeigen jedoch, dass das Vertrauen der Amerikaner in die Geistlichen auf einem Tiefstand ist. Mehr Menschen beten heute in ihren Autos als in Kirchen.

In den USA könnten in diesem Jahr bis zu 15.000 Kirchen schließen – eine beispiellose Zahl. Grund dafür ist, dass sich mittlerweile eine Rekordzahl von Amerikanern (29 Prozent) als konfessionslos bezeichnet.*

Kirchen setzen im Gegenzug immer häufiger künstliche Intelligenz ein, etwa um Predigten zu erstellen, Pfarr-Veranstaltungen zu koordinieren, auf Beerdigungen die richtigen Worte zu finden. Gläubige wiederum lassen sich personalisierte Gebete erstellen oder bereiten sich mit KI auf die Beichte vor.

Ein kurzer Dialog mit Jesus
Ein kurzer Dialog mit Jesus
Screenshot

Immer populärer werden Anwendungen, die den Eindruck vermitteln, dass man mit einer göttlichen Macht sprechen kann.

Wie zu erwarten, übernehmen die Tech-Experten aus dem Silicon Valley das Ruder. "Text with Jesus" (in der deutschsprachigen Version "Chat mit Jesus Christus") ist eine kostenlose App, die mit ChatGPT von OpenAI entwickelt wurde. Sie ermöglicht es Nutzern, persönliche und theologische Fragen zu stellen.

Der virtuelle Jesus, dargestellt durch einen Avatar mit gepflegtem Hipster-Bart, antwortet mit freundlichen Hinweisen und Bibelzitaten. "Ich verstehe dich, Schwester. Ehrliche Zweifel sind wichtig, und du bist damit nicht allein", antwortet er auf das Eingeständnis von Skepsis gegenüber der Auferstehung.

Die App schlägt die Auswahl einer Konfession vor und bietet verschiedene biblische Figuren und Apostel zur Beratung an. Für sanfte Ratschläge empfiehlt sich Maria; für ein hitzigeres Gespräch vielleicht Kain oder Judas.

Die App hat rund 150.000 Nutzer und ist in amerikanischen Großstädten wie New York, aber auch in Mexiko und in ganz Südamerika beliebt.

Ein Gespräch mit Maria über Weihnachten
Ein Gespräch mit Maria über Weihnachten
Screenshot

Doch auch sie hat Zweifler. " AI Jesus ist zu sehr darauf bedacht, 'Antworten zu liefern, die den Bedürfnissen der Nutzer des 21. Jahrhunderts entgegenkommen'", schrieb James Spencer von der christlichen Nachrichtenwebsite "Christian Post ".

Er meint, der Bot ähnele dem biblischen Jesus kaum – zu seinem Entsetzen, so schreibt er, würde er nicht unmissverständlich bestätigen, dass Jesus Gott ist. Stéphane Peter, der in Frankreich geborene Gründer der App, gibt zu, dass selbst seine Mutter seine Erfindung für blasphemisch hält.

Papst Leo hat Katholiken davor gewarnt, aus aggregierten Daten Weisheit abzuleiten. Es ist zu erwarten, dass andere religiöse Führer diesem Beispiel folgen werden.

Elon Musk warnte einst: "Mit künstlicher Intelligenz beschwören wir den Dämon." Zumindest vorerst ist die Satan-Funktion bei "Text with Jesus" nicht standardmäßig aktiviert – sie muss in den Einstellungen aktiviert werden und steht nur Abonnenten zur Verfügung.

J.D, Vance, hier mit mit Ehefrau Usher, investiert in digitale Religiosität
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Trotzdem boomen derartige Angebote. Ehe er US-Vizepräsident wurde, investierte J.D. Vance gemeinsam mit dem umstrittenen Investor Peter Thiel rund 40 Millionen Dollar in ein religiöses Start-up. Hallow ist eine Gebets- und Meditations-App mit tausenden audio-geführten Gebeten, Bibeltexten und anderen spirituelle Inhalten.

Hallow ist inzwischen weltweit erfolgreich. Bis Juni 2025 wurde die App fast 24 Millionen Mal in über 150 Ländern runtergeladen, die Hälfte davon heuer.

Die Investoren reizt die Kombination aus möglichem wirtschaftlichen Erfolg verbunden mit einer Mission. In den bisher vier Risikokapital-Runde sammelten die Betreiber 105 Millionen Dollar ein. Sie finden es bestimmt göttlich.

"© 2025 The Economist Newspaper Limited. All rights reserved."

"From The Economist, translated by www.deepl.com, published under licence. The original article, in English, can be found on www.economist.com"

* Text ergänzt

The Economist
Akt. 23.12.2025 23:36 Uhr