Am Donnerstag stürzte ein Boeing 787‑8 Dreamliner der Air India 32 Sekunden nach dem Start ab und landete in einer Siedlung. Allein an Bord starben 241 Menschen. Ein 40-jähriger Brite überlebte, er saß auf einem Notfallsitz. Was man über die Katastrophe weiß.
Es ist ein erstaunliches Video. Es zeigt einen aufgeregten Mann mit ein paar Bluckflecken am Shirt, er humpelt zu einem Rettungswagen und macht dabei ein paar abwehrende Handbewegungen. Laut indischen Medien handelt es sich um Vishwash Kumar Ramesh, den einzigen Überlebenden von Flug Air-India 171.
Wenig später ist der Brite in einem Spitalsbett zu sehen. 30 Sekunden nach dem Start habe er ein lautes Geräusch gehört, sagt er, dann sei die Maschine abgestürzt. Die Gründe dafür sind rätselhaft. Was man über die Flug-Katastrophe weiß, was nicht:
Wie kam es zum Unglück?
Der Air-India-Flug 171 verließ den Sardar Vallabhbhai Patel International Airport in Ahmedabad am Donnerstag um 13.39 Uhr Ortszeit. Die Landung in London Gatwick war für 18.25 Uhr britischer Zeit geplant. Unmittelbar nach dem Start stürzte die Maschine ab.
Wo liegt Ahmedabad?
Etwa 950 Kilometer südwestlich der Hauptstadt New Delhi. Es handelt sich mit 5,6 Millionen Einwohnern (Volkszählung 2011) um die fünftgrößte Stadt Indiens.
Wann kam es zum Absturz?
Laut der Tracking-Website FlightRadar24 ging das Signal des Flugzeugs "weniger als eine Minute nach dem Start" verloren.
Wie hoch war die Maschine zu diesem Zeitpunkt?
Laut Flugverfolgungsdaten befand sie sich in einer Höhe von 190 Metern.
Um welchen Flugzeugtyp handelt es sich?
Um eine Boeing 787‑8 Dreamliner der Air India.
Gilt der Dreamliner als sicher?
Die Boeing 787 wurde 2011 in Dienst gestellt. Es handelt sich um den ersten Totalverlust seit Serienstart. Aber es gab immer wieder technische Probleme.
Was weiß man über die Maschine?
Laut Boeing handelt es sich beim Dreamliner um "das meistverkaufte Großraumflugzeug aller Zeiten". Mehr als 2.000 Bestellungen von 89 Kunden würden bereits vorliegen. Das Modell ist 57 Meter lang, 17 Meter hoch und hat eine Flügelspannweite von 60 Metern.
Wie alt war die betroffene Maschine?
12 Jahre.
Was passierte genau?
Videos zeigen, wie die Maschine kurz nach dem Abheben nach unten absackt. Es wirkt, als hätte sie den Halt in der Luft verloren. Die Schnauze zeigt dabei weiter nach oben.
Gab es Vorzeichen?
Es gibt ein Video, das den Start zeigt, und schon da wirkt nicht alles rund. Der Pilot konnte noch einen Notruf absetzen. "Mayday … kein Schub, Leistungsverlust, kann nicht abheben." Laut Barkha Dutt, Kolumnistin der Washington Post und Gründerin der digitalen Plattform Mojo Story, hatte der Kapitän nur 32 Sekunden Zeit für eine Reaktion.
Wohin stürzte der Dreamliner ab?
In ein dicht bebautes Gebiet mit Büros und Wohnungen namens Meghani Nagar. Er landete im B.J. Medical College, einem Ärztewohnhaus, zeigt ein Video. Der vordere Teil stürzte auf den Wohntrakt, Nase und Vorderrad trafen die Kantine, in der viele gerade zu Mittag aßen.
Wie viele Menschen befanden sich an Bord?
242 Personen (230 Passagiere und 12 Crewmitglieder) – 169 Inder, 53 Briten, 7 Portugiesen und 1 Kanadier sowie die Besatzung.
Gab es Überlebende?
Zunächst hatte es laut Polizei geheißen, dass alle Menschen an Bord gestorben sein. Dann wurde bekannt, dass es doch einen Überlebenden gibt.
Existiert eine offizielle Opferzahl?
Nein, auch am Boden dürften mehrere Menschen gestorben sein. Indische Medien sprechen von insgesamt 265 Todesopfern, das würde bedeuten, dass in der Siedlung 24 Menschen gestorben wären. Die Zahl wurde in der Nacht von der Polizei bestätigt.
Was weiß man über den Überlebenden?
Laut indischen Medien ist sein Name Vishwas Kumar Ramesh. Der Britisch-Inder ist 40 Jahre alt und war nach einem Verwandtenbesuch auf dem Weg zurück nach London. Er lebt seit 20 Jahren mit Frau und Kindern in Großbritannien. Er hat sie inzwischen telefonisch kontaktiert.
Ist das ein Märchen, oder wahr?
Offenbar Realität. Zunächst gab es Augenzeugenberichte, Menschen hatten einen Mann aus dem vollkommen zerstörten Wrack springen gesehen. Später bestätigte das die Air India. Auch sein Flugticket wurde hergezeigt.
Warum ist das ein Wunder?
Weil der Dreamliner unmittelbar nach dem Aufprall in Flammen aufging. Innenminister Amit Shah hatte am frühen Abend erklärt, dass die Temperatur im Inneren des abgestürzten Flugzeugs aufgrund des brennenden Treibstoffs so hoch gewesen sei, dass keine Chance bestehe, dass jemand gerettet werden könne.
Wie viel Treibstoff hatte er geladen?
Da die Tanks nach dem Start noch fast voll waren, etwa 125.000 Liter Kerosin.
Was erzählt Vishwas Kumar Ramesh über den Absturz?
"Dreißig Sekunden nach dem Abheben gab es ein lautes Geräusch, dann stürzte die Maschine ab. Es ging alles so schnell", sagte er der Hindustan Times. Der Verletzte liegt in einem Krankenzimmer des Civil Hospital Asarwa in Ahmedabad.
Was passierte nach dem Aufprall?
"Ich sprang einfach auf und rannte los", sagte Vishwas Kumar Ramesh. "Überall waren Leichen". Über den Notausgang gelangte er ins Freie. "Überall lagen Flugzeugteile. Jemand packte mich, setzte mich in einen Krankenwagen und brachte mich ins Krankenhaus".
Welche Verletzungen hat der Überlebende?
Er selbst spricht gegenüber der Hindustan Times von lediglich "Aufprallverletzungen" an Brust, Augen und Füßen. Sein behandelnder Arzt sieht das kritischer: "Er war desorientiert und hatte zahlreiche Verletzungen am ganzen Körper", sagte er. "Aber er scheint außer Lebensgefahr zu sein."
War Vishwas Kumar Ramesh allein unterwegs?
Nein, mit seinem Bruder Ajay. Sie bekamen aufgrund hoher Belegung getrennte Plätze. Ramesh saß auf Platz 11A.
Wo liegt Sitzplatz 11A?
In der ersten Reihe nach der Business Class am Fenster. Es handelt sich um einen Notfallsitz.
Was ist ein "Notfallsitz?"
Jedenfalls keine offizielle Bezeichnung. "Exit Row Seats" befinden sich neben den Notausgängen. Passagiere, die hier sitzen, müssen bereit und fähig sein, im Notfall beim Öffnen der Notausgänge zu helfen. Bedingungen: Man muss volljährig, gesund und der Sprache mächtig sein, die in Sicherheitsanweisungen verwendet wird.
Ist 11A immer der beste Sitz?
Das lässt sich so nicht sagen, weil es vom Unglücksverlauf abhängt. Eine Analyse der Federal Aviation Administration (FAA) aus 35 Jahren durch das Time Magazine 2015 ergab, dass die mittleren Sitze im hinteren Bereich eines Flugzeugs im Durchschnitt die niedrigste Todesrate bei Abstürzen aufwiesen, bei denen einige Passagiere starben und andere überlebten.
Gibt es noch weitere Indizien?
Eine Studie der University of Greenwich aus dem Jahr 2008 ergab, dass die Überlebenschancen ebenfalls steigen, wenn man sich im Umkreis von fünf Reihen eines Notausgangs befindet, da dies eine schnellere Evakuierung ermöglicht, berichtet die Times.
Was war die Ursache des Unglücks?
Derzeit wird ein möglicher Triebwerksschaden diskutiert, da beide Triebwerke offenbar Leistungseinbrüche hatten.
Was war auffällig?
Dass das Fahrwerk nach dem Start ausgefahren blieb, während die Tragflächenklappen eingefahren waren – eine ungewöhnliche Konfiguration, die auf mögliche technische Probleme hinweisen könnte. Die genaue Ursache des Absturzes wird derzeit vom Aircraft Accident Investigation Bureau (AAIB) Indiens sowie von internationalen Experten untersucht.
Was weiß man über die Besatzung?
Kapitän Sumeet Sabharwal mit 8.200 Flugstunden und Erster Offizier Clive Kunder mit 1.100 Flugstunden führten das Flugzeug.
Wie wird das Unglück nun untersucht?
Die zentrale Rolle spielt die "Black Box", zwei leuchtend orangefarbene, crashsichere Geräte, die alle Daten des Flugzeuges speichern, auch die Pilotengespräche. Aufgezeichnet werden die jeweils letzten 25 Stunden.
Wer entschlüsselt die "Black Box?"
Mutmaßlich spezielle forensische Labore des AAIB. Vorläufige Ergebnisse müssen laut internationalem Reglement spätestens 30 Tage nach dem Absturz veröffentlicht werden. Der Endbericht dauert 12 bis 24 Monate.
Was ist die Air India?
Sie wurde 1932 gegründet und ist seit 2014 Mitglied der Star Alliance (Lufthansa, AUA). Zur Flotte gehören über 120 Maschinen, darunter 34 Stück 787‑8 Dreamliner. Die Air India war lange im Staatsbesitz, 2022 wurde sie vom Gründungsunternehmen Tata Group zurückgekauft, also privatisiert.