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Beauty-Boom bei Babyboomern: "Wir straffen, was das Zeug hält"

Schönheitsmediziner Artur Worseg über aktuelle Beauty-Trends: Warum sich die Generation 60 Plus momentan bei ihm die Türschnalle in die Hand gibt, weshalb Brust-OPs derzeit weniger gefragt sind und welchen Effekt die Abnehmspritze Ozempic auf sein Geschäft hat.

Modelliert seit 27 Jahren die Körper und Gesichter der Österreicher: Schönheitschirurg Artur Worseg
Modelliert seit 27 Jahren die Körper und Gesichter der Österreicher: Schönheitschirurg Artur WorsegSabine Hertel
Martin Kubesch
Akt. 30.10.2025 23:50 Uhr

Jede Zeit hat ihre Schönheitsideale, und keiner weiß das besser als Artur Worseg. Der renommierte Chirurg ist mittlerweile 66 Jahre alt und modelliert seit 27 Jahren die Österreicherinnen und Österreicher nach deren Beauty-Wünschen zurecht.

Bauch, Beine, Po Von Nasen- und Lidkorrekturen über Faceliftings, Fettabsaugungen, Brustvergrößerungen bis hin zu Muskel-Modellierungen reicht sein Aufgabengebiet. Ganz zu schweigen von all den Botox-, Hyaluron-, Eigenfett- und sonstigen Injektionen, die in der jüngeren Vergangenheit einen Boom erlebten – "Lunchtime Lifting" werden diese kleinen Zwischendurch-Eingriffe gerne genannt.

Die Sechziger kommen Doch während es bisher vor allem Patientinnen und Patienten zwischen 25 und 50 gewesen sind, die seine Hilfe gesucht haben, beobachtet Artur Worseg in jüngster Zeit eine Alters-Verschiebung bei seiner Klientel. Es ist zunehmend die Generation 60 Plus, die seine Ordination – seit Sommer im ästhetisch beeindruckenden Loos-Haus am Wiener Michaelerplatz gelegen – aufsucht.

Beauty-Boom bei Babyboomern Die Generation 60 Plus, von der Wissenschaft gerne auch als Babyboomer-Generation bezeichnet, umfasst grob gesprochen die Geburtenjahrgänge 1946 bis 1964. Also jene Menschen, die mehrheitlich gerade noch oder aber gerade nicht mehr im Erwerbsleben stehen, aber nach wie vor voll ins soziale Leben integriert sind.

Ozempic-Faktor: wer viel Gewicht verliert, hat danach auch viel überschüssige Haut, die gestrafft werden muss
Ozempic-Faktor: wer viel Gewicht verliert, hat danach auch viel überschüssige Haut, die gestrafft werden muss
iStock

Straffen, straffen, straffen Und die "Boomer" wissen auch ganz genau, was sie von Beauty-Doc Worseg wollen: Nämlich straffere Körper, die locker als 50-Plus-Bodies durchgehen, ohne Falten oder sonst wie hängendes Gewebe. "Die meisten Babyboomer, die zu mir kommen, fühlen sich wesentlich jünger, als sie eigentlich sind, und wollen dementsprechend auch so aussehen", sagt Artur Worseg.

Der Ozempic-Faktor Dazu kommt: Der Abnehmspritzen-Boom hat ebenfalls Auswirkungen auf die Beauty-Industrie. Denn wenn die Körper dauerhaft Fett verlieren, bleibt meistens überschüssiges und unansehnliches Hautgewebe zurück, das entfernt bzw. gestrafft werden muss. Worseg: "Dadurch gibt es zusätzlich viel für uns Chirurgen zu tun."

Artur Worseg im Newsflix-Podcast Welche Eingriffe derzeit außerdem ganz oben auf der To-do-Liste heimischer Schönheitschirurgen stehen, welche Patienten er lieber an Ärzte-Kollegen vermittelt und wie sich die Inflation auf die Beauty-Bedürfnisse der Österreicher auswirkt – darüber plaudert der renommierte Chirurg im Newsflix-Podcast. Hier die wichtigsten Passagen – Artur Worseg über:

Welche Eingriffe derzeit am stärksten nachgefragt werden
Die Babyboomer werden älter und sind derzeit zudem die einzigen, die noch wirklich Geld zur Verfügung haben. Die wollen aber keine Nasenkorrekturen oder Busenvergrößerungen, sondern ganz handfeste Dinge: Sie wollen jünger aussehen, weil sie sich auch so fühlen. Dazu kommt: Diese Generation steht oft noch im Berufsleben und sieht sich in einem Wettkampf mit den Jüngeren – und das versuchen sie über äußerliche Veränderungen.

Generation Babyboomer im Fitnessstudio: Fühlen sich jünger, als sie sind und wollen auch so aussehen
Generation Babyboomer im Fitnessstudio: Fühlen sich jünger, als sie sind und wollen auch so aussehen
Getty Images

Welchen Einfluss Ozempic und Co. auf das Beauty-Business haben
Die Abnehmspritzen verschaffen uns neue Patienten. Denn wer stark abnimmt, muss seine Haut nachher straffen lassen, sonst sieht es einfach nicht schön aus. Es gibt mittlerweile sogar einen eigenen Begriff für diese Eingriffe: Ozempic-Make-Over. So wie es früher das Mummy-Make-Over gab, wenn sich Frauen, die ein Kind bekommen haben, wieder haben straffen lassen.

Ob Botox und Co. nach wie vor boomen
Nicht mehr so sehr. Auch Unterspritzungen, Gesichtsauffüllungen und diese übertriebenen Lippen gehen zurück.

Welche Eingriffe statt dessen derzeit im Trend liegen
Heute wird vor allem biostimuliert, regeneriert und repariert. Der Körper wird angeregt, damit er selbst neue Zellen bildet, das geht alles in Richtung Longevity. Wir unterspritzen das Gewebe, um es zu reizen und körpereigene Reparaturprozesse in Gang zu setzen.

Ob er nicht selbst auch einen Trend setzen möchte
Ich habe das früher ständig gemacht, habe ein Buch geschrieben und bin in die Medien gegangen. Mittlerweile bin ich schon so lange im Geschäft, dass ich das relativ gelassen sehe. Aber uns ästhetischen Chirurgen geht es wie allen Selbständigen: Wir müssen immer schauen, dass unser Produkt interessant bleibt. Und dafür muss ab und zu etwas Neues her, um bestenfalls einen Trend zu kreieren.

Kommen Patienten mit Fotos von Prominenten und sagen, so möchten sie auch aussehen?
Das passiert immer wieder. Erst vor ein paar Tagen war eine Patientin da mit einem Bild von einer der Kardashians und hat gesagt, sie möchte genau so aussehen – nicht ähnlich, sondern genau so. Solche Patienten schicke ich dann zu Kollegen, von denen ich weiß, dass sie nichts gegen solche Vorbilder haben. Ich selbst möchte sowas allerdings nicht machen.

Kris Jenner, Mutter des Kardashian-Clans vor und nach ihrem Deep-Plane-Facelifting (unten)
Kris Jenner, Mutter des Kardashian-Clans vor und nach ihrem Deep-Plane-Facelifting (unten)
Mayer / Action Press / picturedesk.com

Wie er die wunderbare Gesichts-Verwandlung von Kris Jenner, der Mutter des Kardashian-Clans, einschätzt
Das war ein sogenanntes Deep-Plane-Lifting, eine von vielen Operationstechniken für Faceliftings. Das ist weder besonders neu, noch besonders außergewöhnlich. Aber es wurde von den Medien hochgepusht, Kris Jenner hat ihren Operateur Steven Levine (siehe Instagram-Post unten, Anm.) in den Sozialen Medien genannt und das war für beide sicher ein tolles Geschäft.

Ob Deep-Plane-Liftings die Zukunft des Faceliftings sind?
Das ist keine Wundertechnik, sondern wird eben gerade gehypt. In einem oder zwei Jahren wird dann eine andere Technik über den Klee gelobt. So etwas gibt es immer wieder. Man versucht, Trends zu setzen, manchmal funktioniert es, manchmal nicht. So ist das eben.

Warum manche Beauty-Ärzte in den Sozialen Medien wie Popstars behandelt werden
Viele Ärzte lieben die Öffentlichkeit, sie wollen gesellschaftlich anerkannt werden und leiden, wenn das nicht passiert. Dafür versucht man eben, sich von den anderen abzuheben. Ich bin etwa schonfrüh ins Fernsehen gegangen, heute passiert das meist über Social Media.

Weshalb er selbst nicht auf Social Media aktiv ist
Für mich ist es nicht mehr notwendig und ich denke, es wäre sogar eher kontraproduktiv. Ich kenne einige Kollegen in meinem Alter, die jeden Tag posten, wie es ihnen gerade geht. Das ist eher peinlich. Aber für die jüngere Generation ist das nicht mehr wegzudenken.

Weshalb seine Patienten zu ihm kommen
Weil sie mit etwas unzufrieden sind: Ihrem Aussehen, ihrer Beziehung, ihrem Alter, ihrem Beruf oder generell ihrem Leben. Aber jeder, der zu mir kommt, ist mit irgend etwas unzufrieden, sieht einen Makel, den er behoben haben möchte.

Für wen er was tun kann
Wer nur ein Problem mit seinem Aussehen hat, der geht in den meisten Fällen zufrieden bei mir raus. Wer allerdings eine generelle Unzufriedenheit mit sich herum trägt, dem ist wesentlich schwerer zu helfen, weil er auch mit einer Operation nicht zufriedener wird. Das ist auch für mich als behandelndem Arzt schwierig, weil man es sich natürlich anders wünscht.

Ob er gelegentlich auch Patienten ablehnt
Ja, wenn etwa jemand mit unrealistischen Erwartungen kommt. Oft kommen Menschen, die ein tiefliegendes psychisches Problem haben, und das manifestiert sich in einer Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper. Das muss man erkennen können und herausfiltern.

Weshalb immer mehr Menschen ihre Beauty-Eingriffe auf Social Media aller Welt vorführen
Ja, das ist ein starker Trend, den es schon länger gibt. Das Problem dabei: Da produzieren sich manche Influencer und reden ihren Followern ein, dass es eine lebensverändernde Erfahrung gewesen sei, diesen oder jenen Eingriff zu machen und dass es ihnen seither viel besser gehe. Und sie drängen ihre Follower richtiggehend da hin, das auch machen zu lassen.

Weshalb ist das schlecht?
Weil es natürlich keine Probleme löst, wenn ich mir den Busen machen oder Fett absaugen lasse. Und dann lassen sich Menschen operieren und merken hinterher, dass sie sich genauso mies fühlen wie vorher und fallen in ein umso tieferes Loch.

Aus welchen Gründen seine Patienten etwas an sich machen lassen
Das ist unterschiedlich, manche machen es wirklich nur für sich, andere weil es sich ihr Partner wünscht. Letztere erkennt man daran, dass sie besonders darauf pochen, das nur für sich selbst zu tun.

Ob er mehr weibliche oder männliche Patienten hat
Viel mehr Frauen. Das Verhältnis ist etwa 80:20, vielleicht sogar 85:15. Seit Jahrzehnten versuchen die Medien einen Schönheits-Boom bei Männern herbei zu schreiben, aber den gibt es nicht. Das Grundverständnis in Österreich ist nach wie vor das: Frauen müssen schön sein, Männer erfolgreich und vermögend.

Seltenes Bild: Nur etwa jeder fünfte Beauty-Patient von Artur Worseg ist ein Mann
Seltenes Bild: Nur etwa jeder fünfte Beauty-Patient von Artur Worseg ist ein Mann
Getty Images

Männern ist ihr Aussehen egal?
Es ist ihnen einfach nicht so wichtig. Das einzige, was sich geändert hat, ist das Selbstverständnis der Männer, die etwas an sich machen lassen. Früher durfte man darüber bloß nicht sprechen, heute ist das egal. Wer was machen lässt, steht auch dazu.

Warum wesentlich mehr Frauen Schönheits-OPs wollen
Weil sich Frauen nach wie vor wesentlich mehr über ihren Körper definieren als Männer. Und sie zweifeln auch viel stärker an sich selbst und ihrem Aussehen, wenn irgend etwas im Leben schief geht. Und mit einem Beauty-Eingriff wollen sie das wieder gerade rücken.

Ob das gelingt
Höchstens kurzfristig. Eine Beauty-OP hilft einem, sich kurzfristig besser zu fühlen. Aber sie ändert nichts an grundlegenden Problemen bei der eigenen Lebenssituation. Dafür muss man an anderen Schrauben drehen.

Wie die Alters-Zusammensetzung seiner Patienten ist?
Sie werden tendenziell jünger. Oder besser gesagt, es wird früher begonnen, etwas machen zu lassen. Zum Glück hat der Gesetzgeber die Volljährigkeit als Altersgrenze eingezogen, darunter geht gar nichts, außer es gibt wirklich medizinische Gründe für einen Eingriff.

Ob sich die Inflation bei seinen Patienten bemerkbar macht
Ja, ich spüre das sehr stark. Der Wunsch nach Veränderung und Verschönerung ist nach wie vor bei sehr vielen Menschen da, aber das Geld dafür ist einfach nicht mehr so vorhanden wie früher.

Schönheitschirurg Artur Worseg beim Newsflix-Podcast-Interview
Schönheitschirurg Artur Worseg beim Newsflix-Podcast-Interview
Sabine Hertel

Wie er dem begegnet?
Wir versuchen, noch präsenter zu sein und noch mehr anzubieten als früher. Natürlich muss man dabei in Kauf nehmen, dass der durchschnittliche Patient vielleicht nur mehr die Hälfte von früher ausgibt.

Was für ihn eine gute Beauty-OP ausmacht
Primär natürlich die Qualität des Eingriffs, das Fachliche, dass alles so wird, wie es geplant war. Aber dazu kommt immer auch der menschliche Faktor: Wenn Arzt und Patient harmonieren und sich verstehen, dann wird auch das Gesamterlebnis dadurch besser und der Patient fühlt sich gut aufgehoben und verstanden. Das ist ganz wichtig.

Martin Kubesch
Akt. 30.10.2025 23:50 Uhr