Der 225-Millionen-Dollar-Film "Superman" versucht dem Superhelden-Thema einmal mehr neue Seiten abzugewinnen. Aus Irland kommt ein Herzwärmer mit Tiefgang, aus Deutschland das feinfühlige Porträt zweier Frauen. Und Al Pacino gibt mit 85 erstmals einen Priester.
Er ist und bleibt der bravste aller Superhelden: Superman, der dank seiner intergalaktischen Herkunft jeder Bedrohung widerstehen kann. Während Batman und Spiderman Traumen im Dutzend mit sich herumschleppen, Wolverine oder der Punisher aus ihren dunklen Charakter-Anteilen das Beste machen und Spawn überhaupt des Teufels ist, ist Supermans blauer Anzug so rein wie seine Seele.
Aus dieser charakterlichen Eindimensionalität will der Regisseur James Gunn (u.a. "Guardians of the Galaxy") nun den Film-Stoff gebastelt haben, aus dem Blockbuster sind. Was seine "Superman"-Interpretation kann, lesen Sie hier, wie erfolgreich der Film wird, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Hollywood setzt jedenfalls voll auf den "Mann aus Stahl" und bastelt bereits an einem ganzen Film-Universum um den nun vorliegenden ersten 225-Millionen-Dollar-Streich.
Wer es langsamer mag, der ist bei den anderen Neustarts der Woche gut aufgehoben: "Vier Mütter für Edward" ist eine warmherzige Komödie aus Irland über einen jungen Schriftsteller, dem zu seiner eigenen drei Ersatz-Mütter zufallen. Und in "Zikaden" wird die vorsichtige Annäherung zweier höchst unterschiedlicher Frauen geschildert.
Ja, und dann ist da noch Al Pacino. Der 85-jährige Star aus Jahrhundert-Filmen wie "Der Pate", "Scarface" oder "Der Duft der Frauen" muss es im Alter etwas billiger geben. Der Exorzismus-Horrorfilm "The Ritual" ist weit weg von jener Subtilität, die Pacinos frühere Auftritte so einzigartig gemacht haben. Schlecht ist er deshalb aber keineswegs – unser Heimkino-Tipp der Woche. Gute Unterhaltung!
Worum es geht Superman alias Clark Kent (David Corenswet) ist etwa 25 Jahre alt, lebt etabliert im Städtchen Metropolis, hat ein gutes Verhältnis zu seinen Zieheltern, die den intergalaktischen Migranten einst gefunden und großgezogen hatten, schwärmt für seine toughe Kollegon Lois Lane (Rachel Brosnahan, u.a. "The Marvelous Mrs. Maisel") und führt seine Doppel-Identität als Superheld einerseits und als lauterer Journalist beim Daily Planet andererseits so pflichtbewusst, wie es sein soll. So weit so gewöhnlich.
Doch dann beginnt die Welt um ihn herum verrückt zu spielen: Im fiktiven osteuropäischen Land Boravia (dessen Anführer sich gerne als maskuliner Held auf einem Pferd präsentiert) bricht ein Konflikt aus, der auf die gesamte Welt überzugreifen droht. Dazu tauchen feuerspeiende Monster auf, eine schurkische Macht namens "Hammer von Boravia" löscht unseren Helden beinahe vom Antlitz der Erde und sogenannte Metahumans" haben es ebenfalls auf den Mann in Blau abgesehen. Etwas viel auf einmal, selbst für einen Kryptonier.
Es stellt sich heraus, dass die Wurzel allen Übels der glatzköpfige Superschurke Lex Luthor (Nicholas Hoult) ist, ein Tech-Milliardär, der überall auf der Welt zündelt und gleichzeitig daheim in den USA bei der Regierung gegen Superman intrigiert, um diesem das Leben auf dem blauen Planeten unmöglich zu machen.
Und das alles nur deshalb, weil Superman aufgrund seiner natürlich Begabungen einerseits nahezu unbesiegbar ist, andererseits diese Macht aber nicht so nutzt, wie es Luthor täte. Sondern sich vielmehr dem Guten verschrieben hat und in jeder Situation versucht, das "Richtige" zu tun, wie es ihm sein moralischer Kompass, den Luthor nie bekommen hat, vorgibt. Supermans Güte ist Luthors Hybris.
Schwere Zeiten also für "Supie" – wären da nicht die Mitglieder der Justice Gang, einer Superhelden-Gruppierung, die sich mit dem "Mann aus Stahl" zusammentun, um Lex Luthors Dämonen mit vereinten Kräften auszutreiben.
Weshalb es sich lohnt Die mit einem geschätzten Produktionsbudget von 225 Millionen Dollar opulent in Szene gesetzte Superhelden-Geschichte versucht bewusst auf traditionelle Werte zu bauen. Der vom bislang eher unbekannten David Corenswet sehr sympathisch, aber auch recht eindimensional dargestellte Mann vom Planeten Krypton hat etwa nichts von der sinistren Abgründigkeit eines Batman, wie ihn das Duo Christopher Nolan (Regie) und Christian Bale (Schauspiel) in drei Filmen kongenial auf die Leinwand gebracht hat.
Auch die pubertäre Leichtigkeit des Spider Man, den Tobey Maguire in drei Filmen dargestellt hat, oder die sympathische Schlitzohrigkeit von Iron Man (Robert Downey Jr.) sind ihm eher fremd. Dieser Superman bedankt sich noch bei seinen Schutzbefohlenen dafür, dass er sie retten durfte. Ein höflicher Held, wie ihn Amerika gefühlt seit Jahrzehnten nicht mehr hervor gebracht hat.
Und genau in diesem Kontext muss man auch den neuen Superman-Film sehen, der den dritten Versuch (nach "Superman Returns" aus 2006 und "Man of Steel" aus 2013) darstellt, den ikonischen Ur-"Superman" aus dem Jahr 1978 mit Christopher Reeve, Marlon Brando und Gene Hackman zu toppen. Denn auch wenn tricktechnisch Welten zwischen diesen Filmen liegen, ist der 47 Jahre alte Streifen "Superman – The Movie" doch bis heute jener Superman-Film, der die Zuschauer am ehesten berührt.
Regisseur James Gunn, der mit der "Guardians of the Galaxy"-Trilogie zum Big Player in Hollywood wurde, hatte denkbar schlechte Karten. Einerseits haben Superhelden-Filme seit Jahren einen schweren Stand an der Kinokasse, zu viele gibt es davon bereits und zu übersättigt ist das Publikum von epischen Schlachten um das Schicksal der Welt oder des Universums.
Und andererseits ist Superman, obwohl er als der Ur-Superheld schlechthin gilt, einer der eindimensionalsten und langweiligsten Charaktere im Superhelden-Universum, ganz gleich, ob man jetzt eher die Helden von DC, Marvel oder anderen Verlagen bevorzugt.
Diese Faktoren sowie die Prämisse, dass dieser Superman betont nett, unzynisch und menschlich wirken soll, haben es dem Regisseur und seinen Drehbuchautoren extra schwer gemacht, einen "leichten" Film zu drehen. Ja, und dass "Superman" zudem noch die Basis einer ganzen Reihe neuer Superhelden-Streifen aus dem DC-Universum darstellen soll, war wohl das Tüpfelchen auf dem i.
Angesichts all dessen wirkt das Ergebnis erstaunlich leichtfüßig. "Superman" ist weit weg davon, einen vorderen Rang in den Charts der besten Superhelden-Filme einzunehmen. Aber er ist mindestens ebenso weit davon weg, langweilig zu sein. Der Film ist spannend, komplex, nimmt Bezug auf aktuelle Themen und ist vor allem sympathisch. Und gerade davon haben wir heute ohnedies viel zu wenig.
"Superman", Action, Abenteuer, Superhelden. USA 2025, 129 Minuten, ab 10. Juli im Kino
Worum es geht Edward (James McArdle), ein Schriftsteller Mitte Dreißig, steht kurz vor seinem literarischen Durchbruch – sein Verlag plant sogar eine Lesereise in die USA. Allerdings lebt er noch bei seiner resoluten Mutter, die nach einem Schlaganfall auf seine tägliche Fürsorge angewiesen ist.
Als seine Freunde spontan zu einem Kurzurlaub nach Spanien aufbrechen, bringen sie ihm ihre Mütter – sehr unterschiedliche Damen – zur Betreuung. Was folgt, ist ein turbulentes Wochenende voller Chaos, aber auch herzlicher Momente, in dem Edward versucht, seine aufkeimende Karriere mit der Fürsorge für die nun insgesamt vier exzentrischen Frauen in Einklang zu bringen.
Weshalb es sich lohnt "Vier Mütter für Edward" basiert auf dem italienischen Film "Das Festmahl im August". Die "warmherzige Darstellung einer ungewöhnlichen Wahlfamilie" wurde beim London Film Festival 2024 mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.
Natürlich sind die vier alten Damen in ihrer Schrulligkeit massiv überzeichnet, aber die daraus entstehende Dynamik zwischen dem zögerlichen Edward und den vier alten Ladys sorgt für Humor, Tiefgang und menschliche Wärme. Sympathisches Feel-good-Movie.
"Vier Mütter für Edward", Komödie. Irland 2024, 89 Minuten, ab 11. Juli im Kino
Worum es geht Isabel (Nina Hoss) ist als Architektin in Berlin erfolgreich. Doch die Sorge um ihre pflegebedürftigen Eltern, sowie die dauer-kriselnde Ehe mit ihrem Mann Philipp (Vincent Macaigne) belasten sie zunehmend.
In dieser Situation trifft sie auf Anja (Saskia Rosendahl), eine alleinerziehende Mutter, die mit prekären Jobs versucht, sich und ihre Tochter Greta über Wasser zu halten. Zwischen den drei so unterschiedlichen Frauen entwickelt sich eine für alle neuartige Beziehung.
Weshalb es sich lohnt Der Film erkundet zentrale Themen wie Pflegeverantwortung, soziale Ungleichheit, Lebensübergänge und die Suche nach Zugehörigkeit, dabei bleibt viel Raum für Interpretation – das Erzähltempo ist ruhig, detailverliebt und fragmentarisch.
"Zikaden" ist ein leiser, poetischer Film über zwei Frauen, deren Wege sich kreuzen und deren Leben ins Wanken geraten. Er zeichnet sich durch ruhige Intensität, starke Kameraarbeit und viel Interpretationsspielraum aus – die Beziehung zwischen Isabell und Anja bleibt bewusst ambivalent und offen.
"Zikaden", Drama. Deutschand 2025, 100 Minuten, ab 11. Juli im Kino
Worum es geht Priester Joseph Steiger (Dan Stevens) leitet eine kleine, beschauliche Kirchengemeinde, er selbst hadert mit dem Tod seines Bruders. Eines Tages kommt sein Vorgesetzter vorbei und erteilt ihm einen ungewöhnlichen Auftrag, den Steiger lieber ablehnen möchte: Die junge Emma Schmidt (Abigail Cowen) soll in seiner Kirche einen Exorzismus an sich durchführen lassen, da alle bisherigen, medizinischen und psychiatrischen Behandlungsversuche fehlgeschlagen sind.
Als Exorzist wird der erfahrene Pater Theophilus Riesinger (Al Pacino) hinzugezogen, der bereits mehrere solcher "Rituale" durchgeführt hat. Steiger steht ihm anfangs skeptisch gegenüber, er kann überhaupt mit der Idee eines "Exorzismus als letzter Ausweg" wenig anfangen. Nach den ersten Sessions wird aber auch ihm klar, dass hier ein außergewöhnlicher Fall vorliegt, der sich nicht rational erklären lässt und ungewöhnliche Methoden erfordert.
Weshalb es sich lohnt "The Ritual" ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Hollywood seine großen, altgedienten Stars links liegen lässt, die sich deshalb in Nischenfilmen oder obskuren B-Movies verdingen müssen: Dass sich ein Top-Star wie Al Pacino für einen zweitklassigen Horrorfilm wie diesen hergibt, wäre vor wenigen Jahren undenkbar gewesen. Sein Auftritt wirkt auch eher wie eine Pflichterfüllung.
Trotzdem hat "The Ritual" gerade für Fans von religiösem Horror oder Exorzismus-Streifen etwas zu bieten: Der Film basiert – wie eine Einblendung zu Beginn vermittelt – auf einem realen Vorbild, dem "bestdokumentierten Exorzismus" in den USA. Die filmtechnische Umsetzung ist ausbaufähig, aber zumindest die Darstellung der "Dämonenaustreibung" ist ziemlich gruselig und erschreckend. Wer keinen ausgefeilten Plot erwartet und sich mit simplem Effekt-Horror begnügt, wird auch an "The Ritual" Gefallen finden. (ck)
"The Ritual", Horror. USA 2025, 98 Minuten, ab 11. Juli auf DVD und als Video-on-Demand