US-Präsident Trump und Israels Premier Netanjahu haben sich auf ein Friedensplan geeinigt. Eckpunkte: Sofortiges Kriegsende, ein "Board of Peace" mit Tony Blair managt den Neuaufbau, die UNO wieder die Hilfe. Nur das Ja der Hamas (die entmachtet wird) fehlt.
Am Ende war Trump voll des Lobes, auch für ihn fiel etwas davon ab. Den Montag nannte er "einen wunderschönen Tag, möglicherweise einen der großartigsten Tage der Zivilisation". Man sei einem Frieden im Gazastreifen "ganz nah".
Stundenlang hatte der US-Präsident mit Israels Premier Netanjahu im Weißen Haus debattiert. Schon vor dem Gespräch war klar: Trump will den nun schon fast zwei Jahre dauernden Krieg beenden. Man sollte nicht außer Acht lassen: Im Oktober entscheidet das Norwegische Nobelkomitee, wer 2025 den Friedensnobelpreis erhält. Ein Lebenstraum für Trump.
Ein Plan aus 20 Vorhaben soll den Frieden nach Gaza bringen. Viele Vorschläge sind recht konkret, sie reichen von der Freilassung der Geiseln innerhalb von 72 Stunden bis zur politischen Entmachtung der Hamas. Die Terrororganisation wollte sich am Montag noch nicht festlegen, ob sie dem Plan zustimmt. Sie habe den Text noch nicht erhalten, hieß es.
Der eigentliche Mastermind des Friedenspakts ist Tony Blair. Der heute 72-Jährige war von 1997 von 2007 britischer Premierminister und er soll auch bei der Umsetzung nun eine bedeutsame Rolle spielen.
Trump will nämlich einen "Board of Peace" einsetzen, ein Gremium, das den Wiederaufbau – des Landes und des politischen Systems – managen soll. Der US-Präsident will diesen "Board" persönlich leiten. Im Dokument ist zu lesen, dass "weitere Staatsoberhäupter" Teil davon werden sollen. Namentlich genannt ist nur einer: Tony Blair.
Gerüchte über einen bevorstehenden Friedensplan gab es bereits in der vergangenen Woche, Trump hatte sie angeheizt. Am Rande der Vollversammlung der Vereinten Nationen erläuterte er einigen ausgewählten Staats- und Regierungschefs arabischer Länder die Ideen.
Wie sehr Trump das Heft an diesem Montag in der Hand hielt, zeigt ein Detail. Auf Geheiß des US-Präsidenten musste Netanjahu den katarischen Premierminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani anrufen, um sich für den Luftangriff auf ein Wohnhaus in der katarischen Hauptstadt Doha zu entschuldigen, in dem sich hochrangige Hamas-Vertreter versammelt hatten.
Tatächlich drückte Netanjahu sein "tiefes Bedauern" darüber aus, dass unbeabsichtigt ein katarischer Soldat getötet wurde. Dass Israel durch den Angriff auf die Hamas-Führung die Souveränität Katars verletzt habe, und er bekräftigte, dass Israel einen solchen Angriff in Zukunft nicht mehr durchführen werde.
Ursprünglich sollte die Entschuldigung ein eigener Punkt im Gaza-Friedensplan sein. Diese Demütigung ersparte Trump am Ende dann aber Netanjahu doch.
Hier ist der vollständige Text des Vorschlags, der vom Weißen Haus bereitgestellt wurde und der in mehreren US-Medien veröffentlicht wurde (die Titel wurden hinzugefügt, um den Text zu strukturieren):
Punkt 1 Terrorfreie Zone
Gaza wird zur deradikalisierten, terrorfreien Zone, die keine Bedrohung für ihre Nachbarn darstellt.
Punkt 2 Neubau von Gaza
Gaza wird zum Wohle der Bevölkerung von Gaza, die mehr als genug gelitten hat, wiederaufgebaut.
Punkt 3 Sofortiges Kriegsende
Sollten beide Seiten diesem Vorschlag zustimmen, wäre der Krieg sofort beendet. Die israelischen Streitkräfte würden sich auf die vereinbarte Linie zurückziehen, um die Freilassung der Geiseln vorzubereiten. Während dieser Zeit würden alle militärischen Operationen, einschließlich Luft- und Artillerieangriffe, ausgesetzt, und die Frontlinien würden so lange eingefroren bleiben, bis die Bedingungen für einen schrittweisen Rückzug erfüllt seien.
Punkt 4 Rückkehr aller Geiseln
Innerhalb von 72 Stunden nach der öffentlichen Annahme dieses Abkommens durch Israel werden alle Geiseln, ob lebend oder verstorben, zurückgegeben.
Punkt 5 Freilassung von Inhaftierten
Sobald alle Geiseln freigelassen sind, wird Israel 250 zu lebenslanger Haft Verurteilte sowie 1.700 nach dem 7. Oktober 2023 inhaftierte Gaza-Bewohner freilassen, darunter alle in diesem Zusammenhang inhaftierten Frauen und Kinder. Für jede freigelassene israelische Geisel wird Israel die sterblichen Überreste von 15 verstorbenen Gaza-Bewohnern freigeben.
Punkt 6 Amnestie für Hamas
Sobald alle Geiseln freigelassen sind, wird Hamas-Mitgliedern, die sich zu einem friedlichen Zusammenleben und der Abgabe ihrer Waffen verpflichten, Amnestie gewährt. Hamas-Mitgliedern, die Gaza verlassen möchten, wird freies Geleit in die Aufnahmeländer gewährt.
Punkt 7 Hilfe in vollem Umfang
Nach Annahme dieser Vereinbarung wird umgehend die gesamte Hilfsgütermenge in den Gazastreifen geschickt. Die Hilfsgüter werden mindestens den im Abkommen vom 19. Januar 2025 festgelegten humanitären Hilfsleistungen entsprechen. Dazu gehören die Wiederherstellung der Infrastruktur (Wasser, Strom, Abwasser), die Sanierung von Krankenhäusern und Bäckereien sowie die Bereitstellung der notwendigen Ausrüstung zur Trümmerbeseitigung und Straßenöffnung.
Punkt 8 UNO übernimmt Hilfsarbeit
Die Verteilung und Versorgung des Gazastreifens mit Hilfsgütern erfolgt ohne Einmischung beider Parteien über die Vereinten Nationen und ihre Organisationen, den Roten Halbmond sowie andere internationale Institutionen, die in keiner Weise mit einer der beiden Parteien verbunden sind. Die Öffnung des Grenzübergangs Rafah in beide Richtungen unterliegt demselben Mechanismus, der im Abkommen vom 19. Januar 2025 umgesetzt wurde.
Punkt 9 Komitee statt Regierung
Gaza wird vorübergehend unter der Übergangsregierung eines technokratischen, unpolitischen palästinensischen Komitees verwaltet, das für die alltäglichen öffentlichen Dienste und die kommunalen Aufgaben der Bevölkerung von Gaza verantwortlich ist.
Dieses Komitee wird sich aus qualifizierten Palästinensern und internationalen Experten zusammensetzen und unter Aufsicht und Kontrolle eines neuen internationalen Übergangsgremiums stehen, dem "Board of Peace", dessen Vorsitz und Leitung Präsident Donald J. Trump innehaben wird. Weitere Mitglieder und Staatsoberhäupter, darunter der ehemalige Premierminister Tony Blair, werden noch bekannt gegeben.
Dieses Gremium wird den Rahmen für den Wiederaufbau des Gazastreifens festlegen und die Finanzierung dafür verwalten, bis die Palästinensische Autonomiebehörde ihr Reformprogramm, wie es in verschiedenen Vorschlägen – darunter Präsident Trumps Friedensplan 2020 und dem saudi-französischen Vorschlag – dargelegt ist, abgeschlossen hat und die Kontrolle über Gaza sicher und effektiv zurückerlangen kann.
Das Gremium wird sich an die besten internationalen Standards halten, um eine moderne und effiziente Regierungsführung zu schaffen, die den Menschen im Gazastreifen dient und Investitionen anzieht.
Punkt 10 Experten-Gemium für Wunderstädte
Ein Wirtschaftsentwicklungsplan von Trump zum Wiederaufbau und zur Stärkung des Gazastreifens soll durch die Einberufung eines Expertengremiums erarbeitet werden, das an der Entstehung einiger der florierenden modernen Wunderstädte im Nahen Osten beteiligt war.
Zahlreiche wohlmeinende internationale Gruppen haben bereits durchdachte Investitionsvorschläge und spannende Entwicklungsideen erarbeitet. Diese werden berücksichtigt, um die Sicherheits- und Regierungsrahmen zu schaffen, die diese Investitionen anziehen und erleichtern und so Arbeitsplätze, Chancen und Hoffnung für den zukünftigen Gazastreifen schaffen.
Punkt 11 Neue Wirtschaftszone
Es wird eine Sonderwirtschaftszone mit bevorzugten Zoll- und Zugangspreisen eingerichtet, die mit den teilnehmenden Ländern ausgehandelt werden.
Punkt 12 Wer bleiben will, bleibt
Niemand wird gezwungen sein, Gaza zu verlassen. Wer gehen möchte, kann dies tun und zurückkehren. Wir werden die Menschen ermutigen zu bleiben und ihnen die Möglichkeit bieten, ein besseres Gaza aufzubauen.
Punkt 13 Amtsverbot für Hamas, Zerstörung der Tunnel
Hamas und andere Gruppierungen verpflichten sich, weder direkt noch indirekt oder in irgendeiner Form an der Verwaltung des Gazastreifens mitzuwirken. Sämtliche militärische, terroristische und offensive Infrastruktur, einschließlich Tunnel und Waffenproduktionsanlagen, wird zerstört und nicht wieder aufgebaut. Unter Aufsicht unabhängiger Beobachter wird Gaza entmilitarisiert.
Waffen werden im Rahmen eines vereinbarten Abrüstungsprozesses dauerhaft unbrauchbar gemacht. Unterstützt wird dies durch ein international finanziertes Rückkauf- und Reintegrationsprogramm, das von den unabhängigen Beobachtern überprüft wird. Das neue Gaza wird sich voll und ganz dem Aufbau einer prosperierenden Wirtschaft und der friedlichen Koexistenz mit seinen Nachbarn widmen.
Punkt 14 Verbündete als Aufpasser
Regionale Partner werden eine Garantie dafür geben, dass die Hamas und die Fraktionen ihren Verpflichtungen nachkommen und dass das neue Gaza keine Bedrohung für seine Nachbarn oder seine Bevölkerung darstellt.
Punkt 15 Neue Stabilisierungstruppe
Die USA werden mit arabischen und internationalen Partnern zusammenarbeiten, um eine temporäre Internationale Stabilisierungstruppe (ISF) aufzubauen, die sofort in Gaza stationiert werden soll. Die ISF wird geprüfte palästinensische Polizeikräfte in Gaza ausbilden und unterstützen und sich mit Jordanien und Ägypten beraten, die über umfangreiche Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen. Diese Truppe soll die langfristige innere Sicherheit gewährleisten.
Die ISF wird mit Israel und Ägypten zusammenarbeiten, um die Grenzgebiete zu sichern, und dabei auch neu ausgebildete palästinensische Polizeikräfte einsetzen. Es ist entscheidend, den Transport von Munition nach Gaza zu verhindern und einen schnellen und sicheren Güterfluss für den Wiederaufbau und die Revitalisierung Gazas zu ermöglichen. Die Parteien werden sich auf einen Mechanismus zur Konfliktvermeidung einigen.
Punkt 16 Rückzug von Israel
Israel wird Gaza weder besetzen noch annektieren. Sobald die ISF die Kontrolle und Stabilität hergestellt haben, werden sich die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) auf der Grundlage von Standards, Meilensteinen und Zeitrahmen im Zusammenhang mit der Demilitarisierung zurückziehen, die zwischen den IDF, den ISF, den Garantiestaaten und den USA vereinbart werden.
Ziel ist ein sicherer Gazastreifen, der keine Bedrohung mehr für Israel, Ägypten oder seine Bevölkerung darstellt. In der Praxis werden die IDF das von ihnen besetzte Gaza-Gebiet schrittweise an die ISF übergeben, gemäß einer Vereinbarung mit der Übergangsregierung, bis sie vollständig aus Gaza abgezogen sind. Eine Sicherheitspräsenz bleibt bestehen, bis Gaza vor einer erneuten Terrorgefahr geschützt ist.
Punkt 17 Ultimatum an Hamas
Sollte die Hamas diesen Vorschlag verzögern oder ablehnen, werden die oben genannten Maßnahmen, einschließlich der verstärkten Hilfsmaßnahmen, in den terrorfreien Gebieten, die von der IDF an die ISF übergeben wurden, fortgesetzt.
Punkt 18 Interreligiöser Dialog
Auf der Grundlage der Werte der Toleranz und der friedlichen Koexistenz soll ein interreligiöser Dialogprozess etabliert werden, um die Denkweisen und Ansichten von Palästinensern und Israelis zu ändern, indem die Vorteile hervorgehoben werden, die sich aus dem Frieden ergeben.
Punkt 19 Eigenstaatlichkeit für Palästina
Wenn der Wiederaufbau des Gazastreifens voranschreitet und das Reformprogramm der Palästinensischen Autonomiebehörde gewissenhaft umgesetzt wird, könnten endlich die Voraussetzungen für einen glaubwürdigen Weg zur palästinensischen Selbstbestimmung und Eigenstaatlichkeit geschaffen werden, die wir als das Streben des palästinensischen Volkes anerkennen.
Punkt 20 USA als Vermittler
Die Vereinigten Staaten werden einen Dialog zwischen Israel und den Palästinensern einleiten, um sich auf einen politischen Horizont für ein friedliches und erfolgreiches Zusammenleben zu einigen.