Das Weltall gewinnt an Bedeutung, militärisch, aber auch für Anlagestrategien. Welche Papiere überirdische Dividenden versprechen, wie sehr die Investments in die Weltraumfahrt steigen und auf welchem Schatz Elon Musk sitzt, weiß Finanz-Expertin Monika Rosen.
Seit der Mensch denken kann, ist er fasziniert von den Sternen. Schon in der Antike dienten die Sternbilder der Seefahrt zur Orientierung. Im 20. Jahrhundert begann mit der bemannten Raumfahrt die eigentliche Eroberung des Alls – zumindest jenes Teil, der die Erde unmittelbar umgibt.
Von Anfang an ging es dabei nicht nur um Wissenschaft, sondern auch um Verteidigung. Nicht umsonst rief US-Präsident Ronald Reagan schon in den frühen 1980er-Jahren die "Star Wars"-Initiative ins Leben, um feindliche Interkontinentalraketen bereits außerhalb der Erdatmosphäre abfangen zu können.
Heute, mehr als 40 Jahre später, ist das Weltall offenbar alles auf einmal: der nächste große Kriegsschauplatz, ein riesiges Innovationslabor, ein Ressourcen-Reservoir und, je nach Betrachtungsweise, Goldgrube oder Milliardengrab. Selbstverständlich mischt da auch die Börse mit. Ob und womit im All bereits Geld verdient wird, analysiert Monika Rosen:
Zunächst einmal – wie ging die ganze Sache überhaupt los?
Die bemannte Raumfahrt begann nach dem Zweiten Weltkrieg, wobei die Russen mit Juri Gagarin den ersten Menschen in die Umlaufbahn der Erde gebracht haben, und zwar am 12. April 1961. Die Amerikaner wiederum landeten am 20. Juli 1969 als erste mit einer bemannten Kapsel auf dem Mond. 1979 flog die europäische Trägerrakete Ariane erstmals ins All. Und seit der Jahrtausendwende mischen auch China und Indien in der bemannten Weltraumfahrt mit.
Weshalb sind heute vorwiegend private Geldgeber wie Elon Musk oder Jeff Bezos im Weltall unterwegs?
Da muss man mit einem Mythos aufräumen. Schon die Saturn V-Rakete, die bei der ersten Mondlandung zum Einsatz kam, wurde nicht von der NASA gebaut, sondern vom Flugzeughersteller Boeing, einem börsennotierten Unternehmen. Private Firmen bzw. Geldgeber haben von Anfang an im Weltraum mitgemischt.
Um welche Summen geht es heute im All, und wie ist das Engagement verteilt?
Das Volumen der Raumfahrtindustrie wird aktuell auf 570 Milliarden Dollar geschätzt. In den nächsten zehn Jahren soll die Branche einen Wert von 1,8 Billionen Dollar erreichen. Über 60 Prozent der weltweit im All investierten Mittel kommen derzeit aus den USA.
Und wie hoch ist der Anteil der öffentlichen Hand?
Der ist mit 20 bis 30 Prozent überraschend gering. Der Löwenanteil der eingesetzten Gelder kommt also von privaten Investoren.
Warum ist das überraschend?
Weil diese Projekte oft über lange Zeit unprofitabel sind. Von der Entwicklung einer Idee bis zur serienreifen Produktion dauert es sehr lange. In der Zwischenzeit können Regulatoren, Regierungen oder auch ein Mitbewerber eingreifen und das Projekt zu Fall bringen. Private Geldgeber brauchen hier also einen langen Atem. Insofern ist das Engagement der Tech-Milliardäre (allen voran Elon Musk und Jeff Bezos) auch wieder nicht überraschend. Es geht hier nicht nur um sehr tiefe Taschen, sondern auch um Ego und Prestige.
Wie sieht die Militärpräsenz im Weltall aus?
Seit 2019 haben die USA eine Space Force, die organisatorisch der Air Force zugeordnet ist. Im April diesen Jahres hat die US Space Force die Oberhoheit im All als "essenziell für die langfristige Sicherheit der USA" definiert.
Geht es dabei auch um den von US-Präsident Donald Trump angekündigten Golden Dome?
Ja. Das Grundprinzip hinter Golden Dome ist der Anspruch, feindliche Objekte, z. B. ballistische Raketen oder Hyperschallwaffen, bereits im Flug, also im All abzufangen und damit zu neutralisieren. Aber die eigentliche Zukunft der Verteidigung im Weltall ist die Reaktion auf einen Angriff direkt im All, und nicht mehr von der Erde aus. Die Waffen, die feindliche Angriffe stoppen sollen, müssen dabei nicht mehr erst von der Erde abgefeuert werden, sie befinden sich bereits im All.
Worin besteht der Unterschied zum Iron Dome der Israelis?
Der Iron Dome fängt feindliche Objekte von der Erde aus ab. Darin ist er höchst effektiv. Das kann er aber nur sein, wenn der Angriff aus relativer Nähe erfolgt, was bei der Verteidigung von Israel bislang immer der Fall gewesen ist.
Insofern wäre der Golden Dome eine Weiterentwicklung?
Ja, absolut. Beim Iron Dome wird das Flugobjekt von der Erde aus neutralisiert, beim Golden Dome direkt vom All aus. Das ist auch wichtig für eine potenzielle Verteidigung von Taiwan.
Inwiefern?
Taiwan ist nahe an China, aber weit weg von den USA. Eine effektive Verteidigung von Taiwan durch die Amerikaner könnte eigentlich nur vom Weltraum aus gelingen.
Bei welchen zivilen Anwendungen spielt der Weltraum eine Rolle?
Der Weltraum ist jetzt schon bei vielen Dingen im Spiel, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Es geht um Kommunikation, Navigation, Tracking (sei es von Menschen oder Dingen) und auch um Zahlungssysteme.
Und was ist mit dem Weltraumtourismus?
Der ist zwar schlagzeilenträchtig, da spektakulär, spielt im kommerziellen Sinn aber keine Rolle, da er zu teuer ist. Das heißt aber nicht, dass hier nicht weiter geforscht wird. Eines der großen Ziele lautet, die Startkosten für Raketen zu senken.
Stichwort Kosten – was macht die Börse aus dem Thema?
Vielleicht vorweg: Anleger erliegen, wenig überraschend, gerne der Faszination des Themas Weltraum. Sie neigen dabei aber gelegentlich dazu, die hohen Risiken zu übersehen, die mit einem derartigen Investment einhergehen. Wenn man sich auf die börsennotierten Unternehmen konzentriert, so wird das Thema Raumfahrt de facto über Rüstungsaktien abgebildet. Wirklich große, reine Raumfahrtaktien gibt es kaum. Wer eine Übersicht über Luftfahrt- und Rüstungsaktien (mit und ohne Weltraumbezug) haben möchte, wird hier fündig.
Und was ist mit Start-ups?
Der Weltraum ist bei Start-ups ein heißes Thema. In den letzten zehn Jahren hat sich das Wagniskapital im Bereich der Raumfahrt verzwanzigfacht!
Wann geht SpaceX an die Börse?
Die Wall Street, und nicht nur sie, wartet schon seit Jahren darauf, dass das von Elon Musk gegründete Unternehmen an der Börse abhebt. Man spricht immer wieder davon, dass es innerhalb der nächsten zwei Jahre so weit sein könnte. Dabei gibt es mehrere Varianten: SpaceX könnte als Gesamtheit börsennotiert werden. Sie könnten Starlink (das Internet-Satelliten-System) auskoppeln und nur diesen Teil an die Börse bringen. Oder sie könnten weiter privat bleiben.
Wie viel ist SpaceX derzeit wert?
Offenbar läuft gerade eine neue (private) Finanzierungsrunde, nach deren Abschluss SpaceX 400 Milliarden Dollar wert wäre. Damit wäre es das wertvollste private Unternehmen weltweit. Aber auch hier lauern Risiken, wie der jüngste, sehr öffentliche Konflikt zwischen Elon Musk und US-Präsident Donald Trump gezeigt hat.