Tesla, SpaceX, Dragon und die Börse: Die Schlammschlacht der beiden mächtigsten Männer in den USA geht auch an die Geldbörse. Expertin Monika Rosen erklärt den Konflikt. Und legt offen, womit Tesla wirklich Milliarden verdient (mit Klimaschutz).
"Warum streiten die beiden erst jetzt?" Das war einer der pointierteren Kommentare zum sehr öffentlichen Schlagabtausch zwischen US Präsident Trump und seinem ehemaligen Effizienz-Berater Elon Musk.
Wenn man einmal die Seifenoper weglässt, geht es dabei wieder einmal um eines: sehr viel Geld. Trump drohte damit, Musk die Regierungsaufträge zu entziehen. Der Tech-Milliardär konterte mit der Ankündigung, die Raumkapsel Dragon aus dem Verkehr zu ziehen. Dann könnten die USA die Raumstation ISS nicht mehr erreichen.
Eine De-Eskalation ist also dringend anzuraten und scheint sich auch abzuzeichnen.
Davon abgesehen stellen sich aber ein paar grundsätzliche Fragen: Inwieweit ist der Konflikt zwischen den beiden Männern für die Märkte relevant? Ist das alles nur überschäumendes Ego, oder gibt es langfristige wirtschaftliche Konsequenzen für Elon Musk, und damit auch für seine Investoren? Monika Rosen sieht sich die Familienaufstellung an der Wall Street genauer an.
Kurz gesagt: Worum geht es in dem aktuellen Konflikt zwischen Trump und Musk?
Elon Musk hat per Ende Mai seine Funktion als Effizienzberater des US Präsidenten niedergelegt, seither kritisiert er dessen Steuerpaket. Teilweise findet er dafür recht deutliche Worte. Beobachter (und auch Trump) meinen, Musk stoße sich vor allem an der Tatsache, dass E-Autos die steuerliche Begünstigung entzogen werden soll.
Inwieweit beschäftigt der Streit die Finanzmärkte?
Die Börse bildet das Auf und Ab der Beziehung zwischen Trump und Musk im Aktienkurs von Tesla ab. Musk hat viele Unternehmen gegründet, das (derzeit) einzige mit einer Börsennotierung ist Tesla. Insofern wird dessen Aktienkurs zum Brennspiegel des Konflikts.
Was heißt das in konkreten Zahlen?
Die Aktie von Tesla hat seit Jahresbeginn rund 30 Prozent verloren. Allein am 5. Juni ging sie mit einem Abschlag von 14 Prozent aus dem Handel. Während der Erholung der Märkte im Mai hatte Tesla allerdings über 20 Prozent zugelegt. Das Papier ist also nichts für schwache Nerven.
Geht es hier nur um den Konflikt von zwei Alpha-Männern?
Nein, wohl nicht. Die Absatzzahlen von Tesla sind zuletzt in einigen Märkten regelrecht eingebrochen. Das Image der Marke nimmt hier messbaren Schaden.
Wieviel steht in dem Streit für beide Seiten jeweils auf dem Spiel?
Sehr, sehr viel! Musk verfügt über ein persönliches Vermögen von knapp 390 Milliarden Dollar. Der Streit vom 5. Juni hatte für ihn durchaus einen unmittelbaren Preis, und zwar in Höhe von über 25 Milliarden Dollar.
Aber der eigentliche Hebel von Trump kommt doch über die Unternehmen von Musk, oder?
Natürlich. Hier geht es um vor allem um die beiden Flaggschiffe im Musk-Imperium, nämlich Tesla und SpaceX.
Beginnen wir mit SpaceX …
Einen Flug ins All können sich selbst unter den Betuchten nur wenige leisten. Insofern sind die Regierungsaufträge für SpaceX im wahrsten Sinn des Wortes "Goldes Wert". Schätzungen beziffern das Volumen (inklusive zukünftiger Zusagen) auf knapp 90 Milliarden Dollar. Das ist das Vierfache des erwarteten Umsatzes von SpaceX im heurigen Jahr.
Und wie sieht es bei Tesla aus?
Die Washington Post schätzt, dass die steuerliche Förderung für Teslas bis jetzt rund 3,4 Milliarden Dollar ausgemacht hat. Wesentlich mehr hat Tesla allerdings mit den Emissionsgutschriften verdient.
Wie muss man sich das vorstellen?
Die Umweltauflagen der US-Bundesstaaten sind teilweise sehr streng. Wenn andere Autohersteller sie nicht erfüllen (können), kaufen sie Emissionszertifikate von Tesla. Daran hat das Unternehmen laut Washington Post bis jetzt über 11 Milliarden Dollar verdient.
Was ist die Schlussfolgerung daraus?
In beiden Fällen, sowohl bei der steuerlichen Förderung als auch bei den Emissionszertifikaten, profitiert Tesla indirekt von der US-Regierung. Dennoch gibt es zwischen Tesla und SpaceX einen wichtigen Unterschied …
Und zwar?
Während bei SpaceX der einzige Kunde die US-Regierung ist, hat Tesla Endkunden. Und die drücken ihre (politische) Meinung unter anderem auch dadurch aus, dass sie die Autos kaufen … oder auch nicht.
Wie sehen dazu die Zahlen aus?
Die Absatzzahlen von Tesla haben sich in Europa im April gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres halbiert. Und das auch noch gegen den Trend, denn der Verkauf von E-Autos ist in Europa im April um über 30 Prozent gestiegen!
Hat die US-Regierung, abgesehen von Förderungen und Aufträgen, gegenüber Tesla noch einen anderen Hebel?
Ja, und zwar über die Regulierung. Tesla investiert viel in das autonome Fahren, ein großer Test ist für den 12. Juni in Texas geplant. Wenn die Sicherheitsauflagen in dem Bereich verschärft würden, wäre das für das Unternehmen ebenfalls ein herber Rückschlag.
Welche Rolle spielt China in diesem Konflikt?
Eine große. Einerseits will die US Regierung China als aufstrebende Wirtschaftsmacht in die Schranken weisen. Andererseits sind die Beziehungen zu Peking für das Imperium von Musk von zentraler Bedeutung. Die Tesla Fabrik in Shanghai ist die größte außerhalb der USA.
Was bedeutet wiederum das in Zahlen?
Über 20 Prozent der Umsätze von Tesla werden im Reich der Mitte erzielt, Tendenz allerdings fallend. Im Mai gab es den achten monatlichen Rückgang in Folge. Und auch die lokale Konkurrenz (BYD) setzt Tesla zunehmend unter Druck. Im Vorjahr konnte das US-Unternehmen mit 10,3 Prozent seinen Marktanteil in China nur noch knapp im zweistelligen Bereich halten.
Was heißt das jetzt alles für die Anleger?
Dass die Amtszeit von Trump den Blutdruck der Börsianer gelegentlich in die Höhe treibt, dürfte mittlerweile allen klar sein. Davon abgesehen, muss man als Anleger zwei Dinge unterscheiden: bin ich quasi direkt an dem Konflikt beteiligt, weil ich in Tesla investiert bin? In dem Fall muss ich wohl weiter mit einer erhöhten Volatilität rechnen, auch aufgrund der beiden involvierten Persönlichkeiten (Trump und Musk).
Und wenn nicht?
Wenn ich nicht direkt in Tesla investiert bin, dann bin ich insoweit betroffen, als das Drama die Stimmung an der Börse insgesamt belasten könnte. Danach sieht es derzeit aber nicht wirklich aus.
Monika Rosen war mehr als 20 Jahre bei einer heimischen Großbank tätig, ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und gefragte Spezialistin rund um alle Geldthemen