Seit 2010 ist Nathalie Benko die Ehefrau von René Benko. Nun wurde sie von der Staatsanwaltschaft angeklagt. Sie soll für ihren Mann Vermögen vor Gläubigern versteckt haben. Wann ihr der Prozess gemacht werden soll, welche Strafe ihr droht, welche Rolle sie spielt.
Lässt ausgerechnet eine Luxusuhr Milliarden-Pleitier René Benko und seine Ehefrau Nathalie untergehen? Noch dazu eine mit dem vielsagenden Namen "Nautilus" – benannt nach dem U-Boot von Kapitän Nemo aus dem Abenteuer-Klassiker "20.000 Meilen unter dem Meer"?
Das ist mittlerweile nicht mehr auszuschließen. Denn Nathalie Benko, 42, gebürtige Schweizerin, Ex-Model, seit 2010 Ehefrau des Tiroler Immobilien-Investors und Mutter der drei gemeinsamen Kinder, wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA)* seit kurzem als Mit-Beschuldigte bei einer Anklage gegen ihren Mann geführt.
Der Vorwurf: Sie soll Bargeld und Wertgegenstände – darunter eben auch eine wertvolle "Nautilus"-Armbanduhr der Schweizer Luxusmarke Patek Philippe im Wert von etwa 100.000 Euro, beiseite geschafft haben, um diese vor Gläubigern zu verstecken. Gesamte Schadensumme laut Anklage: 370.000 Euro. Dafür drohen Nathalie Benko bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft.
Dass man die Luxusuhr sowie die übrigen Wertgegenstände überhaupt gefunden hat, ist dabei nur einem Zufall zu verdanken. Denn der Schatz war in einem Geheimtresor im ehemaligen Bunker bei Verwandten von Nathalie Benko gut versteckt. Wie die Ermittler dennoch auf die richtige Spur kamen, was dabei noch alles gefunden wurde, wann der Prozess gegen René und Nathalie Benko startet und wie es um die weiteren Ermittlungen gegen den Tiroler Ex-Tycoon steht – das müssen Sie über den Fall Nathalie Benko wissen:
Worum geht es?
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA)* klagt Nathalie Benko gemeinsam mit ihrem Mann René wegen betrügerischer Krida an. Sie soll für ihren Mann Bargeld, Luxusuhren und Schmuck in einem geheimen Safe bei Verwandten versteckt haben, berichtet die Kronen Zeitung. Geschätzter Gesamtwert des Schatzes und damit Schadensumme: 370.000 Euro. Insgesamt ist die Anklageschrift 18 Seiten lang.
Was war alles in dem Safe?
120.000 Euro in bar, außerdem elf Luxusuhren der Marken Rolex, Audemars Piguet, Cartier, Hublot, IWC, Omega, Breitling und eben die "Nautilus" von Patek Philippe (siehe auch Instagram-Link oben) mit einem Gesamt-Schätzwert laut Gutachter von 229.000 Euro. Dazu sieben Ringe, vier Paar Manschettenknöpfe (Schätzwert 9.400 Euro) sowie Ersatz-Uhrbänder um 8.500 Euro.
Welches "Nautilus"-Modell wurde gefunden?
Es handelt sich um einen Chronograph mit der Referenz 5980R-001 in Roségold. Das Modell mit Automatikwerk wurde von 2010 bis 2024 produziert und kostete zuletzt einen Listenpreis von etwa 76.000 Euro. Wie die meisten "Nautilus"-Modelle, kostet auch dieses Modell auf dem Sekundärmarkt inzwischen mehr als den seinerzeitigen Listenpreis. Aktuell ist die Uhr gebraucht nicht unter 90.000 Euro zu finden, der durchschnittliche Verkaufspreis liegt bei etwa 100.000 Euro.
Wo wurde der Safe gefunden?
Im Haus der Tante von Nathalie Benko im kleinen Tiroler Ort Pfunds, berichtet der Stern. Dort war der Safe in einem ursprünglich als Bunker errichteten Kellerraum hinter Weinkisten und Haushaltsgütern versteckt.
Wie kam die Justiz auf die Spur des Tresors?
Über einen früheren Bodyguard des Ex-Milliardärs. Der gab den Behörden einen Tipp, worauf es im Jänner 2025 schließlich zu einer Hausdurchsuchung kam und der Tresor entdeckt wurde.
Weshalb tat der Ex-Bodyguard das?
"Er ist selbst wegen einer Verfehlung ins Fadenkreuz der Justiz geraten und hat den Ermittlern daraufhin sein Wissen angeboten", sagt Aufdeckerjournalist, Buchautor und Signa-Experte Rainer Fleckl ("Inside Signa"), der seit Jahren in der Causa recherchiert.
Wie kam der Tresor überhaupt dorthin?
Nathalie Benko habe ihre Verwandten im Jahr 2024 gebeten, einige Dinge in deren Tresor verwahren zu dürfen, so die Ermittler. Nachdem es in dem Haus aber keinen Geldschrank gab, habe Frau Benko den Tresor eigens in Innsbruck bestellt – laut Staatsanwaltschaft übrigens exakt an jenem Tag im März 2024, als René Benko Privatinsolvenz beantragte.
Und warum waren Geld und Wertgegenstände in dem Tresor verwahrt und nicht in der Villa des Paares in Innsbruck?
Weil es seiner Frau einfach wichtig gewesen sei, manche Dinge außerhalb der Villa in Igls aufzubewahren, erklärte René Benko damals. Um sie vor dem Zugriff des Masseverwalters in Sicherheit zu bringen, so der Verdacht der Ermittler. Den Gläubigern Benkos sei somit der Wert der Gegenstände entzogen worden – eben besagte 370.000 Euro.
Wie hoch sind die Gläubigerforderungen gegen René Benko?
"Von ihm persönlich werden aktuell etwa 2,7 Milliarden Euro gefordert", sagt Aufdecker Rainer Fleckl. Die Forderungen im gesamten Signa-Komplex würden mittlerweile bei etwa 30 Milliarden Euro liegen, so der Experte.
Was sagen die Benkos zu der "Safe-Anklage"?
Sie bestreiten die Vorwürfe laut Kronen Zeitung "heftig". Sowohl Nathalie, als auch René Benko haben Einspruch dagegen erhoben.
Gibt es eine Erklärung dafür, weshalb Geld und Wertsachen in dem Tresor lagerten?
Es wird behauptet, dass René Benko die Uhren und die Manschettenknöpfe bereits zuvor seinen minderjährigen Söhnen geschenkt hätte. Signa-Experte Rainer Fleckl: "Es ist aber anhand von zahlreichen Bildern nachvollziehbar, dass Benko die Uhren auch dann noch trug, als er sie angeblich bereits seinen Söhnen geschenkt hatte."
Was wurde bei der Hausdurchsuchung in Pfunds noch gefunden?
Laut Anklage fand man am Dachboden des Hauses auch eine Kiste mit der Aufschrift "Nathalie Jagd". Darin seien weitere 60.000 Euro sowie "Chatprotokolle" gefunden worden, "in denen sich der Erst- und die Zweitangeklagte (René und Nathalie Benko, Anm.) streiten".
Was schließt die Staatsanwaltschaft daraus?
Dass es sich dabei "um eine Art Notgroschen" von Nathalie Benko handelt, "mutmaßlich für den Fall einer Scheidung, und um entsprechende 'Beweismittel' gegen den Erstangeklagten" zu haben, zitiert die Kronen Zeitung aus der Anklage.
Werden die 60.000 Euro "Notgroschen" ebenfalls in die Anklage wegen betrügerischer Krida mit einbezogen?
"Nein, offenbar geht die Behörde davon aus, dass es sich dabei um Geld von Nathalie Benko persönlich handelt", so Signa-Kenner Rainer Fleckl. Damit gehört es nach Ansicht der Justiz auch nicht in die Insolvenzmasse von René Benko.
Wie geht es in der Sache jetzt weiter?
Nachdem beide Benkos Einspruch gegen die Anklage erhoben haben, muss das Gericht nun entscheiden, ob dem Einspruch stattgegeben wird. Wenn das nicht der Fall ist, dann wird die Klage möglicherweise gleich beim ersten Prozess gegen René Benko, der am 14. Oktober in Innsbruck beginnen soll, mit verhandelt. Rechtlich gesehen wäre das jedenfalls möglich.
Worum geht es bei dem Prozess ab 14. Oktober?
Ebenfalls um betrügerische Krida. Benko soll auch in diesem Fall Vermögenswerte in der Höhe von insgesamt 660.000 Euro beiseite geschafft haben, und zwar im Rahmen einer Miet- und Betriebskostenvorauszahlung für eine Villa in Innsbruck-Hungerburg (in der Höhe von etwa 360.000 Euro) und einer Schenkung (etwa 300.000 Euro).
Hat er gegen diese Klage auch Einspruch erhoben?
Nein.
Und ist Nathalie Benko in dieser Klage ebenfalls eine Beschuldigte?
Nein, sie wird nur in der Sache mit dem geheimen Safe als Zweit-Angeklagte beschuldigt.
Wie lange wird der Prozess dauern?
Er ist jetzt auf zwei Tage angelegt, könnte aber um einen Tag verlängert werden, wenn die "Safe-Anklage" noch mit einbezogen wird.
Nur drei Tage Prozess – warum geht das so flott?
"Weil Prozesse dieser Art relativ einfach abzuhandeln sind", so Aufdeckerjournalist Fleckl. "Man muss nur wenige Zeugen befragen, der Sachverhalt ist nicht wahnsinnig kompliziert, es bedarf keiner Gutachter. Die Urteilsfindung ist dabei nicht so komplex."
Warum findet der Prozess überhaupt in Innsbruck statt, wenn Benko doch in Wien in U-Haft sitzt?
Benkos Anwälte hatten eine Verlegung des Prozesses nach Wien beantragt, doch das wurde vom Obersten Gerichtshof (OGH)
abgelehnt. Einerseits, weil es sich hier um einen "nicht so komplexen Prozessstrang" handle, der kein juristisches Spezialwissen benötige, das nur in Wien angesiedelt sei. Und andererseits, weil die Schadensumme vergleichsweise gering sei.
Sind in absehbarer Zeit noch weitere Anklagen gegen René Benko zu erwarten?
"Es liegt in mehreren Ermittlungssträngen zumindest schon viel am Tisch", analysiert Signa-Experte Rainer Fleckl. "Etwa im Fall der Verschiebung der Gardasee-Villen in die liechtensteinische Stiftung Benkos. Auch die Ermittlungen bezüglich der Kreditverlängerung der Schellhammer Capital Bank sind weit gediehen. Und bezüglich der Kapitalerhöhung wenige Monate vor der Signa-Insolvenz im November 2023", zählt Fleckl auf. Gut möglich, dass man den Ex-Investor also schon bald öfter im Gerichtssaal zu sehen bekommen wird.
* am 2. Oktober um 13.20 Uhr korrigiert