Am Dienstag beschloss die EU-Kommission aus Aus für das Verbrenner-Aus. Nach dem Klimagipfel in Brasilien der zweite Schlag in die Magengrube in diesem verkorksten 2026. Im nächsten Jahr steht beim Klima viel am Spiel. Wo die Risiken liegen und wo die Chancen.

2025 war ein verlorenes Jahr für die Klimapolitik, vor allem aber war es ein Jahr der Mutlosigkeit. Zu viele Entscheidungen wurden vertagt, abgeschwächt oder gleich rückgängig gemacht.
2026 darf kein weiteres Jahr des Zögerns werden. Denn es geht längst nicht mehr nur um Emissionsziele – es geht um selbstbestimmte Politik, industrielle Zukunft und gesellschaftliche Handlungsfähigkeit.
Der Blick über den Atlantik zeigt, was auf dem Spiel steht. Mit Donald Trumps Amtsantritt im Jänner ist aus klimapolitischer Rücksichtslosigkeit offene Sabotage geworden. Die USA haben sich vorerst vom Klimaschutz verabschiedet und setzen stattdessen auf Kulturkampf gegen Windräder und saubere Technologien.
Wer glaubt, Europa könne sich davon elegant abkoppeln, verkennt die geopolitische Realität.
Umso wichtiger wäre es gewesen, dass Europa geschlossen und selbstbewusst reagiert. Anfang 2025 gab es dafür durchaus Hoffnung, denn auf EU-Ebene legte die Kommission mit dem Clean Industrial Deal ein industriepolitisches Anschlussprojekt zum Green Deal vor. Für einen Moment schien klar: Europa hält Kurs.

Doch parallel dazu begann die schleichende Demontage des Green Deals. Berichtspflichten für Unternehmen wurden nicht nur erleichtert, sondern in ihrer Zielsetzung ausgehöhlt, Klimaziele relativiert, der Emissionshandel abgeschwächt.
Und nun folge das Aus für das Verbrenner-Aus 2035, das 2025 kommen sollte. Viele konservative Politiker – speziell in Deutschland – spielen sich als "Retter" der Autoindustrie auf, führen sie jedoch genau damit wohl in die industrielle Bedeutungslosigkeit.
Denn die europäische Autoindustrie gerät nicht wegen ambitionierter CO₂-Grenzwerte unter Druck, sondern weil der globale Absatzmarkt für Verbrenner schrumpft – schneller, als viele wahrhaben wollen. Wer diesen Strukturbruch ignoriert, verspielt technologische Führungsansprüche und Investitionssicherheit zugleich. Die Entscheidung ist sowohl strategisch als auch wirtschaftlich kurzsichtig.
Auch in Österreich startete die Regierung nicht schlecht. ÖVP, SPÖ und Neos kündigten in ihrem Regierungsprogramm sinnvolle Schritte zur Ökologisierung an. Doch unmittelbar darauf folgte die Aufteilung des Klimaschutzministeriums. Die drei emissionsrelevanten Sektoren Energie, Verkehr und Klimawanderten in unterschiedliche Ministerien und die Koordination wurde damit erheblich erschwert.
Ein kluges Klimagesetz hätte dieses Defizit ausgleichen können. Mit verbindlichen Zielen, Zuständigkeiten und Prozessen wäre die Verantwortung für die Emissionsreduktion klar aufgeteilt. Doch dieses Gesetz existiert bis heute nicht, ein geleakter Entwurf enthielt weder verbindliche Reduktionspfade noch klare Zuständigkeiten pro Sektor.

Für Unternehmen, die investieren wollen, ist das ein fatales Signal: Wer nicht weiß, wohin die Reise geht, investiert nicht – oder woanders.
Auch budgetpolitisch blieb 2025 eine vertane Chance. Statt klimaschädliche Subventionen abzubauen, wurden durch die Verdreifachung des Pendlereuros neue geschaffen. Gleichzeitig kürzte man klimafreundliche Förderungen mit hoher konjunktureller Hebelwirkung, etwa für Sanierungen und Heizkesseltausch. Das schadet dem Klima – und kostet heimische Betriebe reale Aufträge.
In einem Bereich gab es aber durchaus Fortschritte. Beim Ziel der Energiefreiheit – einer sicheren, leistbaren Stromversorgung aus heimischer, erneuerbarer Produktion – ist Österreich vorangekommen. Zwei wichtige Energiegesetze wurden auf den Weg gebracht. Mit dem Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) wurde letzte Woche ein durchaus gelungenes Gesetz im Nationalrat beschlossen.
Beim Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) steht ein solider Entwurf, jedoch sind noch ein paar Nachbesserungen notwendig. Ohne klare Verpflichtungen für die Bundesländer wird der dringend notwendige Ausbau – speziell der Windkraft – weiter stocken.

Wer Klimaschutz weiterhin als moralisches Projekt missversteht, übersieht den Kern der Debatte. Es geht um Wettbewerbsfähigkeit, um Energiesicherheit, um Resilienz in einer Welt zunehmender geopolitischer Spannungen. Fossile Abhängigkeiten sind kein Naturgesetz – sie sind eine politische Entscheidung.
Europa steht vor einer klaren Wahl: Wollen wir mit den USA unter Donald Trump bei den Technologien der fossilen Vergangenheit stehen bleiben und uns damit weiterhin der Willkür den dubioser Öl- und Rohstoffexporteure ausliefern?
Oder investieren wir entschlossen und mit Pioniergeist in eine saubere industrielle Basis, die Wohlstand, Innovation und Selbstbestimmtheit verbindet? Diese Frage sollte Europa und Österreich im kommenden Jahr beschäftigen.

Gerade jetzt braucht Europa strategische Klarheit. Der schnelle Ausbau erneuerbarer Energien, die Elektrifizierung von Industrie, Verkehr und Gebäuden und verlässliche regulatorische Leitplanken sind keine Ideologie, sondern ökonomische und geopolitische Notwendigkeit.
Instrumente wie der Net-Zero Industry Act, die Gebäuderichtlinie und das Ende der Autoabgase 2035 setzen dafür den richtigen Rahmen. Sie müssen konsequent umgesetzt werden – nicht ständig neu verhandelt.
Denn im globalen Wettbewerb um saubere Zukunftstechnologien ist dieser Zickzackkurs fatal. Das betrifft E-Mobilität, PV-Anlagen, Batterien, Wärmepumpen und Windräder: will Europa hier global mitspielen, statt zum Importeur chinesischer Technologien zu werden, dann braucht es klare politische Leitplanken.
Neben den dafür notwendigen Gesetzen, muss auch das Geld der öffentlichen Hand die Transformation unterstützen und als sicherer Abnehmer für heimische Zukunftstechnologien grüne Leitmärkte schaffen. Zurzeit ist Europa stark in Forschung und Patenten, aber schwach in der Skalierung von eigenen Produkten.
Ebenso zentral ist der Aufbau einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft. Der für Herbst 2026 angekündigte Circular Economy Act ist eine große Chance, Europas Rohstoffabhängigkeit zu reduzieren und neue industrielle Wertschöpfung zu schaffen.

Auch in Österreich stehen maßgebliche Richtungsentscheidungen an. Die Industriestrategie, die Mitte Jänner präsentiert wird, muss deshalb mehr sein als eine Absichtserklärung. Gibt sie der Kreislaufwirtschaft und sauberen Industrie eine zentrale Rolle, eröffnet das reale Chancen für den Standort.
Ein ambitioniertes Klimagesetz mit dem verbindlichen Ziel der Klimaneutralität bis 2040 würde endlich Planungssicherheit schaffen – für Unternehmen ebenso wie für Haushalte.
In der Energiepolitik braucht es klare Vorgaben an die Bundesländer, damit der Ausbau der Windkraft endlich Fahrt aufnimmt. Außerdem sind Investitionen in Netze und Speicher, sowie die Industrietransformation notwendig. Die finanziellen Spielräume dafür sind vorhanden, wenn klimaschädliche Subventionen endlich reformiert werden.
Auf EU-Ebene gehörte Österreich im Jahr 2025 zu jenen Ländern, die bei der Ökologisierung auf der Bremse standen und wichtige Maßnahmen des Green Deals abschwächen wollten. 2026 bietet die Chance, diesen Kurs zu korrigieren.
Denn die Welt dreht sich weiter. In China wird die Kommunistische Partei im März den nächsten Fünfjahresplan vorlegen. Zu erwarten ist, dass das Reich der Mitte künftig international noch protektionistischer auftritt. Exportbeschränkungen für seltene Erden betreffen Europa bereits heute ebenso, wie die schwindenden Märkte für die heimische Wirtschaft.

In den USA wird das politische Jahr im Zeichen der Midterm Elections stehen. Möglicherweise wenden sich Land und Partei von Trump ab. Möglicherweise aber auch nicht. Egal jedoch, wie es ausgeht, es braucht ein selbstbewusstes Europa – und Mitgliedstaaten, die Verantwortung übernehmen.
Die aktuelle US-Administration sieht in Österreich einen potenziellen Spaltpilz für die Europäische Union. Die richtige Antwort darauf kann nur sein, dass wir stattdessen Vorreiter eines handlungsfähigen und selbstbestimmten Europas werden.
Die Ökologisierung bietet dafür eine zentrale Chance. In Österreich finden im nächsten Jahr keine Wahlen statt – weder auf Bundes- noch auf Länderebene. Das bedeutet: keine Ausreden, keine Ablenkung.
Es ist eine seltene Gelegenheit, Politik zu machen, die über die nächste Wahlumfrage hinausdenkt. 2026 kann ein Jahr des Aufbruchs werden. Es muss eines werden.
Katharina Rogenhofer studierte Zoologie in Wien und "Biodiversity, Conservation and Management" an der Universität Oxford. Sie ist Initiatorin von FridaysForFuture Österreich, Autorin, war Sprecherin des Klimavolksbegehrens. Aktuell ist sie Vorständin des KONTEXT Institut für Klimafragen