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Ölpreis

Wird Tanken jetzt billiger oder teurer? Und warum?

Die Ölpreise waren zuletzt auf Rutschfahrt. Nach dem Pakt zwischen China und den USA drehte sich der Trend. Was heuer noch zu erwarten ist, wie der Ölpreis "gemacht" wird und was das für unsere Zapfsäulen heißt. Geld-Profi Monika Rosen analysiert.

Skeptischer Blick auf die Zapfsäule: Werden Treibstoffe langfristig günstiger? Ja, sagen die Finanzmärkte
Skeptischer Blick auf die Zapfsäule: Werden Treibstoffe langfristig günstiger? Ja, sagen die FinanzmärkteiStock
Monika Rosen
Akt. 14.05.2025 21:09 Uhr

Die Zollpolitik von US Präsident Trump schlägt nirgends schneller und deutlicher zu Buche als an den Finanzmärkten. Noch bevor die Maßnahmen wirklich in Kraft treten, versucht die Börse schon, sie einzupreisen.

Der Ölpreis ist da keine Ausnahme, im Gegenteil. Er reagiert äußerst sensibel auf alle wirtschaftlichen Veränderungen in den großen Verbraucherländern. Aber auch die OPEC hat ein gewichtiges Wort mitzureden, ist sie doch für rund 40 Prozent der weltweiten Ölförderung verantwortlich.

Wo also ist die Schnittmenge aus Konjunktur und Geopolitik, wenn es um den Ölpreis geht? Und wohin könnte sich dieser über den Sommer hinbewegen? Antworten von Monika Rosen:

Der Ölpreis ist heuer eher unter Druck, oder?
Tendenziell ja. Die in Europa dominierende Sorte Brent hat sich seit Jahresbeginn um über 10 Prozent verbilligt. Wenn man den Chartverlauf genauer anschaut, gibt es einige Auffälligkeiten.

Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Helmut Graf

Und zwar?
Ein Fass Rohöl der Sorte Brent hat Anfang Jänner rund 74 US-Dollar gekostet, aktuell sind wir bei rund 65 US-Dollar. Das Jahreshoch wurde aber mit 82 US-Dollar kurz vor Amtsantritt von Trump erreicht.

Wo gibt es da einen Zusammenhang?
Ich denke, man kann schon sagen, dass Trump punkto Konjunktur viele Vorschusslorbeeren bekommen hat. Man hat sich einfach erwartet, dass er der US-Wirtschaft (und auch dem Rest der Welt) Rückenwind verleihen würde. Das hat sich aber so nicht bewahrheitet, seine Maßnahmen haben zumindest die Stimmung eher belastet.

Inwiefern wirkt das auf den Ölpreis?
Der Ölpreis spiegelt immer auch wider, wie die Marktteilnehmer die konjunkturelle Lage einschätzen. Wenn sich das Wachstum in den großen Verbraucherregionen (USA, Europa, China) abschwächt, oder man eine Abschwächung erwartet, drückt das auf den Ölpreis.

Und die Zollpolitik von Trump erweist sich als Belastung?
Ja. Zölle sind de facto Handelshindernisse, die in Summe Wachstum kosten. Und wenn sich die Aussichten für das Wirtschaftswachstum eintrüben, wird das im Ölpreis schon vorweggenommen, sprich er geht nach unten.

Fanfarenstöße, dann marschierte Trump ins Weiße Haus zurück
Fanfarenstöße, dann marschierte Trump ins Weiße Haus zurück
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Zuletzt gab es im Zollstreit mit China aber eine Entspannung …
Ja, und auch das hat sich im Ölpreis niedergeschlagen. Da nun eine Einigung zwischen den USA und China viel wahrscheinlicher geworden ist, sollte sich das Wachstum weniger stark abkühlen als zuvor befürchtet. Der Ölpreis nimmt auch das vorweg und steigt. Man kann also schon sagen, dass der Ölpreis die aktuelle Einschätzung der weiteren Entwicklung reflektiert. Wenn sich diese Einschätzung ändert, reagiert auch der Ölpreis.

Das alles bezieht sich auf die Nachfrage. Was ist mit dem Angebot, sprich der OPEC?
Das ist die andere Seite der Medaille. Die OPEC hat zuletzt mehrfach die Fördermenge erhöht, was den Ölpreis zusätzlich unter Druck gesetzt hat. In Summe wird die OPEC bis Ende Juni 800.000 Fass zusätzlich pro Tag fördern.

Warum hat man das getan? Ausgerechnet jetzt, in einer Phase erhöhter konjunktureller Unsicherheit …
Im Markt werden dazu zwei Erklärungen genannt. Einerseits wollte Saudi-Arabien als führender Player der OPEC den USA entgegenkommen. Dort braucht vor allem Trump einen günstigen Öl- und damit Benzinpreis, um den Preissteigerungen durch die Zölle entgegenzuwirken.

Und die zweite Theorie?
Dabei geht es darum, OPEC-Mitglieder zu disziplinieren, die mehr Öl fördern, als ihre jeweiligen Quoten erlauben würden. In der Kritik steht vor allem Kasachstan.

Energiegeber: Kasachstan-Präsident Kassym-Jomart Tokayev mit Scheich Mohamed bin Zayed al-Nahyan, Herrscher von Abu Dhabi, auf einem Meeting 2022
Energiegeber: Kasachstan-Präsident Kassym-Jomart Tokayev mit Scheich Mohamed bin Zayed al-Nahyan, Herrscher von Abu Dhabi, auf einem Meeting 2022
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Aber worin besteht hier die "Strafe" für OPEC-Mitglieder, die zu viel fördern?
Im fallenden Preis. Durch die offizielle Anhebung der Fördermenge bringt die OPEC den Preis weiter unter Druck. Damit erzielen alle Mitglieder geringere Einnahmen, aber eben auch jene, die ihre Quoten überschreiten. Sie können nicht mehr so stark von der Förderdisziplin der anderen profitieren.

Was heißen tiefere Ölpreise für die US-Ölindustrie?
Das ist ein heikler Punkt für Trump. Einerseits macht er sich immer für die Ölindustrie stark, andererseits braucht er niedrigere Benzinpreise, um seine Wähler nicht zu enttäuschen. Er muss also einen gewissen Interessensausgleich erzielen, wobei die Konsumenten (sprich niedrige Ölpreise) offenbar stärker ins Gewicht fallen.

Hat die US-Ölbranche schon reagiert?
Ja, einige Unternehmen schrauben ihre Investitionspläne für heuer bereits zurück. Man spricht davon, rund 10 Prozent der Förderkapazitäten aus dem US-Markt zu nehmen.

Wie wird sich der Ölpreis in weiteren Jahresverlauf entwickeln?
Große Investmenthäuser wie Goldman Sachs haben ihre Schätzungen zuletzt gesenkt. Damit adressiert man die gestiegenen Unsicherheiten rund um die Zollpolitik. Goldman Sachs erwartet heuer einen durchschnittlichen Preis für Brent von 60 US-Dollar (zuvor 63 US-Dollar). Die britische Barclays Bank sieht heuer im Schnitt 66 US-Dollar, nächstes Jahr dann 60 US-Dollar. Alle Prognosen beziehen sich auf den durchschnittlichen Jahrespreis für ein Fass Brent.

Wie hat sich der Ölpreis in Österreich entwickelt?
Die Preise sind im Jahresvergleich deutlich gesunken. Heizöl wurde im Jahresvergleich von März 2024 bis März 2025 um 8,6 Prozent billiger, Diesel um 7,8 Prozent, Super um 4,7 Prozent.

Was viele nicht wissen: In den USA wird weltweit das meiste Öl gefördert
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Bleibt der Trend?
"Ein Blick auf die aktuellen Großhandelspreise deutet auf weitere Preisrückgänge im kommenden Monat hin", sagt Lukas Zwieb, Experte für Energiewirtschaft bei der Österreichischen Energieagentur.

Wie schaut es aktuell aus?
Die E-Control ermittelt laufend den Median über die Spritpreis-Meldungen an den offiziellen Spritpreisrechner. Am 13. Mai lag dieser österreichweit bei Diesel bei 1,489 Euro, bei Super 1,503 Euro.

Ist das viel?
Das ist Ansichtssache. Die bisher höchsten Preise gab es laut ÖAMTC 2022, da kostete Diesel (Medianwert) 1,716 Euro, Super 1,816 Euro. Vor fünf Jahren allerdings lagen die Preise von Diesel bei 1,088 Euro, bei Super 1,045 Euro. Die 1-Euro-Schwelle wurde 2005 erstmals überschritten.

Woher bezieht Österreich sein Öl?
Ein kleiner Teil wird selbst gefördert, rund 900.000 Tonnen pro Jahr. Das deckt aber nur 10 Prozent des Bedarfs ab.

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Woher kommt also der Rest?
2024 bezog Österreich den Großteil seines Rohöls aus Kasachstan, das mit einem Anteil von 57 Prozent der wichtigste Lieferant war. Weitere bedeutende Lieferländer waren Libyen, der Irak, Algerien, Guyana und das Vereinigte Königreich.

Bezieht Österreich noch Öl aus Russland?
Jein. Direkt aus Russland importiert Österreich keine Treibstoffe und seit dem Frühjahr 2022 auch kein Rohöl mehr. Inzwischen ist das auch wegen der EU-Santkionen untersagt. Aber Länder, aus denen Österreich Treibstoffe importiert, sind zum Teil stark von russischem Rohöl abhängig, wodurch sich auch eine indirekte Abhängigkeit Österreichs ergibt.

Wie läuft das Geschäft?
Das haben das "Centre für Research on Energy and Clear Air" (CREA) und das "Center für the Study of Democracy" (CSD) gemeinsam untersucht. Umschlagplatz ist vor allem die Türkei. Das Land wurde 2023  zum weltweit größten Abnehmer fossiler Brennstoffe aus Russland. Und: Zwischen Februar 2023 und Februar 2024 verdoppelten sich die EU-Gesamteinfuhren von Erdölprodukten aus der Türkei.

Monika Rosen war mehr als 20 Jahre bei einer heimischen Großbank tätig, ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und gefragte Spezialistin rund um alle Geldthemen

Monika Rosen
Akt. 14.05.2025 21:09 Uhr