Newsflix.at Logo
Lokale Kritik

Zum Hunderter ein Hatscher durch Wien: Es ist eben, wie es isst

Was Methusalem, Augarten, Amador und Wieninger miteinander zu tun haben, wie der 100. Geburtstag von Profiküchen-Hersteller Lohberger damit zusammen hängt und warum sich ein Dutzend der besten Kochlöffel am Wiener Nussberg zusammengetan haben.

Die idealtypische Unterlage für die großartigen Wieninger-Weine am Nussberg: Brettljause und Aufstriche
Die idealtypische Unterlage für die großartigen Wieninger-Weine am Nussberg: Brettljause und AufstricheHarald Artner
Jacqueline Pfeiffer  und Wolfgang Fischer
Akt. 15.09.2025 12:57 Uhr

"Ja, dürf'n die des??" Die Cuisinière war empört. Oder sagen wir: gespielt empört. Denn hinter der zutiefst wienerischen Beamten-Entrüstung über die Einladung von Gastro-Küchengerätehersteller Lohberger und Gault-Millau zur kulinarischen Jubiläumswanderung unter dem Motto "100-jähriges Jubiläum" verbarg sich pure Freude. "Hast du wirklich geglaubt, du hast das Wandern mit Genuss erfunden?" – ein Seitenhieb auf ihre eigenen Special PfeiffersGiG.

"Bist du als eine der zwölf Spitzenköche eingeladen? Warum bin dann auch ich eingeladen?", fragte Der Connaisseur in selten vorkommender Bescheidenheit. Die allerdings rasch verflogen war. "Oder doch als "kultige Kulinarik-Tester", wie uns Edelfeder Christian Nusser in Newsflix bezeichnet hat", war Der Connaisseur "schon wieder ganz der Alte. "Selbstironisch, pointiert, hungrig auf Genuss und Geschichten", wie Die Cuisinière festhielt.

Die Cuisinière schlug zur Klärung vor, den Organisator des Events, Stefan Ratzenberger, zu befragen. Mit dem hatte sie nämlich die Schulbank gedrückt. "Kürzlich!?" Sie murmelte irgendetwas Unverständliches, der Ort dagegen war wieder leichter verständlich: "Im Sacré Coeur in Pressbaum." Das war ein Rückschlag für des Connaisseurs Selbstbewusstsein: "Deswegen sind wir eingeladen …?"

Die Cuisinière versuchte, des Connaisseurs Depression gar nicht aufkommen zu lassen, und gestand freiwillig, dass diese Schule, "eine der mehreren war", die sie nicht "ganz" abgeschlossen habe: "Ehrlich gesagt, wir waren nur ein Schuljahr gemeinsam." Die kurzfristige Niedergeschlagenheit des Connaisseurs war verflogen, er witterte eine Spitze, denn, "besser einen guten Freund verlieren, als eine Pointe auslassen", war eines seiner obersten Lebensmottos. Also: "Wie viele Schulen waren es dann insgesamt?" Die Cuisinière hob die Hand und spreizte alle fünf Finger. "Hauptsache, du hast kochen gelernt!", gab sich Der Connaisseur selten charmant, aber ehrlich.

Alle  Gastgeber in der Porzellanmanufaktur Augarten, am Beginn des Hatschers: Karl und Martina Hohenlohe, Reinhard Hanusch, Stefan Ratzenberger und Erhard Grossnigg
Alle Gastgeber in der Porzellanmanufaktur Augarten, am Beginn des Hatschers: Karl und Martina Hohenlohe, Reinhard Hanusch, Stefan Ratzenberger und Erhard Grossnigg
Harald Artner

Am Weg zur ersten Station, dem Palais Augarten, versuchte sie dem Connaisseur etwas Spitzengastro-Bildung beizubringen: "Lohberger ist die Oberliga der heiligen Küchen." Wer sonst würde es schaffen, "für einen Tag mehrere Küchenblocks auf die Ischgler Idalpe für den renommierten "Sterne-Cup der Köche" auf 2.300 Höhenmeter zu stellen", machte sich Die Cuisinière wieder wichtig. Natürlich auch und vor allem, um des Connaisseurs Frage, "und wie hast du dabei abgeschnitten?" zu evozieren.

Er wollte kein Spielverderber sein, auch wenn er ihre Antwort kannte. "Ich habe natürlich dreimal gewonnen!", sagte sie stolz. "Na, dann haben wir noch etwas! Du kannst also nicht nur kochen!" Und ihre schreiberischen Qualitäten lobte er dann auch gleich in einem Aufwaschen. Mit gutem Grund: er wusste, dass er beinahe den ganzen Tag mit ihr zu verbringen haben würde.

Marco, der Chef, im Einsatz
Marco, der Chef, im Einsatz
Privat
Corporate Design auf wienerisch: Auch die Stehtische bei Augarten tragen Porzellan-typische Malerei
Corporate Design auf wienerisch: Auch die Stehtische bei Augarten tragen Porzellan-typische Malerei
Privat

Dass eine derartige Genusswanderung in einem so feudalen Rahmen wie dem Palais Augarten beginnt, kommt selten vor, waren sich die beiden ausnahmsweise einig – aber die Porzellanmanufaktur Augarten sei zweifelsfrei ein geeigneter Ort, um einen interessanten Tag mit einem Frühstück zu starten – und die flüssige Begleitung war "nicht nur Kaffee", hörte man allenthalben ein großes Aufatmen.

Marco Salvatori, Gründer des Schaumwein-Kontors, hatte englische (!) Schaumweine zu verkosten, und zwar nicht in Flöten oder Kristallschalen, sondern in vergoldeten Augarten-Porzellanschalen (käuflich erwerbbar ab 250 Euro – das Stück). "Was wenig ändert …", sagte Der Connaisseur halblaut und mehr zu sich.

Die Verbindung von Augarten und Lohberger? Erhard Grossnigg, der visionäre Unternehmer und Gründer der Austro Holding, unter deren Dach sich diese beiden Traditions-Unternehmen befinden. Und während sich Der Connaisseur in "tiefem sittlichem Ernst" am englischen Sprudel versuchte ("Du nimmst deine Mission eben ernst", lautete ihr vielschneidiges Lob), feierte Die Cuisinière ein zweites Klassentreffen der Spitzenköche: Parvin Razavi oder Thomas Seifried, Martin Sieberer, Silvio Nickol, Michael Böhm, Robert Letz bis zu Alain Weissgerber, sie alle sind angetreten zu dieser ganztägigen Geburtstagsfeier anlässlich des Hunderter von Gastgeber Lohberger.

Das Kochlöffel-Klassenfoto von der Endstation wurde vorgezogen
Das Kochlöffel-Klassenfoto von der Endstation wurde vorgezogen
Harald Artner

Dann begab sich Die Cuisinière zu einer Führung durch die heiligen Hallen der Porzellanmanufaktur, indessen sich Der Connaisseur weiter in der praktischen Verwendung ihrer Produkte übte. "So oft bekommt man nicht aus Augarten-Porzellanschalen zu trinken", war seine Begründung, obwohl er sich noch immer nicht an den englischen Sekt gewöhnen konnte. "Also, ich finde ihn sehr ok", meinte Die Cuisinière, die ja bekanntlich auch etwas vom Trinken versteht. Gottlob gab es auch anderes …

Das Wetter war, wie es ist, und vor lauter "Wichtlerei" haben Die Cuisinière & Der Connaisseur den Abmarsch zur etwa einstündigen Wanderung vom Augarten in die Grinzinger Straße versäumt. Aber weil das Wetter war, wie es ist, haben sie es nicht einmal bereut, sondern ihre helfenden Hände für die Übersiedlung der Displays, Fahnen und sonstigen Aussatttung angeboten. Dafür gab es einen Lift rauf zum Amador Restaurant – "von einer heiligen Halle zur anderen", stellte Die Cuisinière treffend fest.

Die sportlichsten Methusalems und ein sportlicher Milan Stevic bei Kattus
Die sportlichsten Methusalems und ein sportlicher Milan Stevic bei Kattus
Privat

Und von einem Empfang zum nächsten, allerdings ohne den großen Meister selbst – Juan Amador war verhindert. Dafür war Laurent-Perrier präsent, mit einigen Methusalems. die von Kattus-Manager Milan Stevic, einer Institution der Wiener Gastronomie, mit Grandezza ausgeschenkt wurden. "Das war die richtige Reihenfolge!", spielte Die Cuisinière auf den Schaumwein im Palais Augarten an.

Und weil sich nichts besser mit Champagner verträgt als Austern, wurden dazu die Poget Auster Nr. 2 aus Frankreich gereicht, ebenfalls von einem Meister vorbereitet bzw. geöffnet, nämlich dem Rungis-Express-Chef Ernst Rosmanith. Das versetzte Die Cuisinière in Glück, währenddessen sich Der Connaisseur an einen berühmten Spruch eines ganz großen Wieners hielt: "Das wenige, was ich essen muss, kann ich trinken auch." – "Das sind die Ingredienzien, wo die Stimmung nicht einmal durch schlechtes Wetter getrübt werden kann." Darüber war man sich einig. Und weiter ging die Wanderung zum Nussberg.

So schnell kann Ernst Rosmanith gar nicht sein: Mann kann's kaum erwarten, die Poget-Austern zu schlucken
So schnell kann Ernst Rosmanith gar nicht sein: Mann kann's kaum erwarten, die Poget-Austern zu schlucken
Harald Artner

Die beiden hatten schon Lift-Übung und sich gleich wieder freiwillig zum Transport der Utensilien gemeldet. So kam es, wen wundert's – geht's doch die Grinzinger Straße ziemlich bergauf – , dass Die Cuisinière & Der Connaisseur ziemlich erste Sieger mit Blick auf Kahlenberg, Leopoldsberg und Donau waren.

Und gleich gab es wieder einen kulinarischen Genuss im großartig gelegenen kleinen Weingarten von Sigi Machatschek mit Wiener Weitblick (wie auch sein Grüner Veltliner heißt). Dazu kreative Heurigen-Gerichte wie Liptauer-Cornetto, Mediterraner Couscous und Schweinsbraten anders.

Der Grund der wiederholten freiwilligen Liftübung
Der Grund der wiederholten freiwilligen Liftübung
Privat

Die vermeintlich letzte Station war dann die großartige Buschenschank von Fritz Wieninger, sicher 150 Meter von Sigi Machatscheks Winzerhäusl entfernt, was Die Cuisinière & Der Connaisseur dann tatsächlich aus eigener Körperkraft geschafft haben. Die Verkostung der großartigen Weine dieser Wiener Winzer-Ikone bildete einen weiteren Höhepunkt, dazu passend für eine Buschenschank: Brettljause. Und dann ein Gruppenfoto aller Kochlöffel, von denen einige – manche weil sie arbeiten mussten, andere weil ihnen die Wanderung zu beschwerlich gewesen sein könnte – erst später dazu stießen.

Interview, Handy schauen, ein Glaserl, ein Flascherl alles mit Blick über Wien
Interview, Handy schauen, ein Glaserl, ein Flascherl alles mit Blick über Wien
Harald Artner
Good Morning am Nachmittag, findet Sigi Machatschek
Good Morning am Nachmittag, findet Sigi Machatschek
Harald Artner

Womit der offizielle Teil beendet war, aber eine kleine exklusive Runde hatte noch nicht genug, Die Cuisinière zweifelsfrei mit dabei! "Einem Besuch im Prater kann ich nicht widerstehen, das letzte Mal bin ich bei meiner Firmung mit dem Riesenrad gefahren!", erinnerte sich Die Cuisinière an lange vergangene Zeiten. Die Aussicht – im doppelten Sinn –, einmal im exklusiven Gourmet-Waggon in lustiger Runde Wien bei Nacht zu sehen, war wohl zu verlockend. Und bot quasi die andere Perspektive nach dem Nussberg.

Der 150 Meter Wander-Abschnitt mit Blick zum Leopoldsberg
Der 150 Meter Wander-Abschnitt mit Blick zum Leopoldsberg
Harald Artner
Fritz Wieninger (r.) unterhält sich mit Stefan Ratzenberger über den Inhalt der Flaschen
Fritz Wieninger (r.) unterhält sich mit Stefan Ratzenberger über den Inhalt der Flaschen
Harald Artner

Der Connaisseur wurde fast neidisch und verfluchte seine Disziplin … "Welche?", wurde Die Cuisinière frech und erzählte rasch von den vier Runden, zu denen Robert Theuer, der Betreiber der exklusiven Restaurant-Waggons des Riesenrads, eingeladen hatte, natürlich erneut mit erfrischender Begleitung.

Und so endete die kulinarische Jubiläums-Wanderung mit österreichischen Spitzenköchen nach guten zwölf Stunden.

"Das nenne ich Einsatz!", blieb diesmal dem Connaisseur das letzte Wort.

Der letzte Wien-Blick nach anstrengenden zwölf Stunden - mit anderer  Perspektive
Der letzte Wien-Blick nach anstrengenden zwölf Stunden - mit anderer Perspektive
Privat

Ach so, übrigens haben Die Cuisinière & Der Connaisseur eine eigene Facebook-Seite und zum Newsletter kann man sich hier anmelden!

Kommentare, Wünsche, Beschwerden, Anregungen bitte an [email protected]

Die Cuisinière & Der Connaisseur

  • Die Cuisinière & Der Connaisseur arbeiten schon länger projektweise zusammen, haben sich zusammengetan, um über das Essen zu reden. Und seit geraumer Zeit auch für Newsflix darüber zu schreiben, und damit einen Beitrag zur kulinarischen Lebensqualität und gastrosophische Erwachsenenbildung zu leisten. "Die kultigen Gourmet-Kritiker" (OT Christian Nusser) bilden ein unvergleichliches Duo, das die kulinarische Welt bisweilen aus einer etwas anderen Perspektive betrachtet. Sie bringen frischen Wind in die gelegentlich bierernste Gastrokritiker-Szene und servieren witzige und kulinarische Erkenntnisse und sonstige Wichtigtuereien satirisch auf den Tisch und ins Netz! Dabei verbinden sie Expertise und Humor zu einer Mischung, die ihresgleichen sucht. Ihr Motto? Es ist, wie es isst!
  • Die Cuisinière ist Jacqueline Pfeiffer, Grand Master Chef, war Kochlöffel in diversen Hauben- und Sterne-Hütten in Mitteleuropa ("Adlon", Gstaad, "Marc Veyrat" usw.), irgendwann "Köchin des Jahres" und hatte in den 10er-Jahren im Wiener "Le Ciel" (nach neuer Gault Millau-Zeitrechnung) vier Hauben erkocht. Nunmehr ist sie als Enjoyment-Consultant mit ihrem PfeiffersGiG selbst kochend fast ausschließlich im diskreten gastronomischen Spitzenbereich oder als Coach und Beraterin einiger Gastronomiebetrieben tätig und schwingt den Kochlöffel meist nur mehr im diskreten Private Cooking.
  • Der Connaisseur heißt Wolfgang Fischer, war Journalist und Medienmanager, zehn Jahre CEO der Wiener Stadthalle, nunmehr Geschäftsführer der DDSG Blue Danube, bester Freund von Admiral Duck – und Gourmet wie Gourmand seit Jahrzehnten. Also ein klassisch übergewichtiger weis(s)er alter Mann.