Wer in Bitcoin investiert ist, hat seit Jahresbeginn über 10 Prozent verloren. Zuletzt ging es wieder etwas nach oben, aber es stellen sich Fragen: Soll ich den Einstieg wagen? Verkaufen? Mein Geld besser in Gold stecken? Monika Rosen hat die Antworten.

Bitcoin, das ist für die einen die digitale Währung der Zukunft, die Finanztransaktionen einfacher, schneller und kostengünstiger machen wird. Für die anderen ist Bitcoin ein Zockerinstrument, mit dem übereifrige Investoren in regelmäßigen Abständen viel Geld verlieren.
Aber was ist Bitcoin eigentlich wirklich? Ist es ein Zahlungsmittel, eine Anlageklasse oder doch, wie manche sagen, eine Alternative zu Gold? Welche ökonomischen Faktoren wirken auf den Kurs ein? Gibt es langfristige Trends, bzw. kann man bei einem so neuen Finanzinstrument überhaupt von Langfristigkeit sprechen?
Monika Rosen hat sich ins System gehackt und ein paar überraschende Antworten zu Tage gefördert. Was Sie über Bitcoin aktuell wissen müssen:
Vorab, was versteht man unter "Bitcoin" überhaupt?
Eine einfache Frage, die aber gar nicht so leicht zu beantworten ist. An sich ist Bitcoin eine digitale Währung, die auch als Investment sowie als Zahlungsmittel fungiert. Es gibt aber auch Experten, die bezweifeln, dass Bitcoin als Währung durchgeht.

Warum?
Die EZB liefert dazu ausführliche Erklärungen. Geld muss gut teilbar, wertbeständig und allgemein akzeptiert sein. Gut teilbar wäre Bitcoin ja, aber es ist nicht wirklich wertbeständig und weit davon entfernt, allgemein akzeptiert zu sein.
Und als Zahlungsmittel?
Selbst wenn heute ein Unternehmen Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptiert, gibt es keine Garantie, dass das auch in Zukunft so sein wird. Diese Funktion erfüllt nur Geld, sprich eine echte Währung.
Wie kann man Bitcoin also am besten definieren?
Bitcoin ist wahrscheinlich am ehesten als Investment, sprich als Anlageklasse (ähnlich wie Aktien oder Gold) zu sehen.
Wann und wie ist Bitcoin entstanden?
Der genaue Ursprung, und auch der Erfinder, sind ein bisschen ein Mysterium. Es gibt aber ein paar gesicherte Fakten.
Und zwar?
Am 18. August 2008 wurde die Internetseite Bitcoin.org registriert. Das Datum ist vielleicht kein Zufall …
Warum?
Weil 2008 das Jahr der Finanzkrise war. Da geriet das etablierte Finanzsystem in schwere Turbulenzen, insofern war der Boden für eine Alternative aufbereitet.

Gibt es noch ein bekanntes Datum in Bezug auf Bitcoin?
Ja, und zwar den 22. Mai 2010. Da wurde die erste kommerzielle Transaktion mit Bitcoin getätigt. Ein Programmierer aus Florida schrieb damals in einem Internetforum, er habe solchen Hunger und würde 10.000 Bitcoin für zwei große Pizzas anbieten. Ein Brite nahm das Angebot an und bestellte online zwei Pizzas für den Amerikaner.
Was passierte dann?
Die Pizzas kosteten 25 Dollar, 10.000 Bitcoin hatten damals einen Gegenwert von 41 Dollar. Also selbst zu diesem Zeitpunkt machte der Brite ein gutes Geschäft. Heute würden 10.000 Bitcoin einer knappen Milliarde Dollar entsprechen … eine fürstlich bezahlte Pizza!
Ein anderer Begriff in Zusammenhang mit Bitcoin ist die Blockchain. Was hat es damit auf sich?
Blockchains sind dezentrale Datenbanken. Auf ihnen werden die Transaktionen von digitalen Währungen (Bitcoin!) verwaltet, ohne dass eine zentrale Autorität erforderlich ist. Hier kommt der "rebellische" Charakter von Bitcoin zum Vorschein. Es geht darum, Finanztransaktionen außerhalb der gängigen Systeme zu ermöglichen.
Aber so rebellisch ist Bitcoin heute doch nicht mehr, oder?
Nein, in den letzten beiden Jahren hat sich Bitcoin immer mehr als reguläre Anlageklasse etabliert. Seit Jänner 2024 gibt es – allerdings nur in den USA - Exchange Traded Funds oder ETFs, die in Bitcoin investieren. Damit besteht für Amerikaner die Möglichkeit, Bitcoin wie ein Wertpapier ins Depot zu nehmen.

Konnte man das vorher etwa nicht?
Nein, an sich werden Bitcoin-Transaktionen in sogenannten "Wallets" (englisch für Geldbörse) abgewickelt. In diesen Wallets verwahrt man seinen Bestand an Bitcoins und kann dort Zahlungen leisten und entgegennehmen.
Und inwieweit stellen ETFs hier eine Weiterentwicklung dar?
Indem man (wie erwähnt derzeit nur in den USA) Bitcoin auch als ETF kaufen kann, wird die Kryptowährung für ein breiteres Publikum zugänglich. Wallets sind dann nicht mehr nötig. Man besitzt damit zwar keine Bitcoins direkt, nimmt aber an deren Kursentwicklung teil.
Kurzer Exkurs: was sind ETFs?
ETF steht für Exchange Traded Fund. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Investmentfonds bildet ein ETF einen zugrundeliegenden Index oder Sektor möglichst genau ab, weist also keine Über- oder Untergewichtungen auf. Man nimmt so an der Kursentwicklung der zugrundeliegenden Anlageklasse teil (die eben auch Bitcoin heißen kann).
Und was beeinflusst den Bitcoin Kurs jetzt eigentlich? Zuletzt ging es ja mehrheitlich nach unten …
Wenn wir uns darauf einigen, dass Bitcoin eine Anlageklasse ist, so bedeutet das auch, dass es bis zu einem gewissen Grad den Gesetzmäßigkeiten des Marktes unterliegt.
Was heißt das konkret?
Zunächst, dass die Gesetze von Angebot und Nachfrage gelten. Wenn Bitcoin weniger nachgefragt wird, sinkt der Kurs. Darüber hinaus hat sich in der Vergangenheit immer wieder eine Parallele zwischen Bitcoin und Tech-Aktien aufgebaut.

Bitte da um eine nähere Erläuterung …
Es gab immer wieder Phasen, in denen sich Bitcoin und Tech-Aktien gleichförmig entwickelt haben, und zwar nach oben wie nach unten. Beide sind irgendwie Gradmesser für die Risikotoleranz, die im Markt generell herrscht. Wenn die Anleger optimistisch sind und mehr Risiko akzeptieren, greifen sie sowohl bei Tech-Werten als auch bei Bitcoin zu.
Aber dieser Zusammenhang gilt oder galt nicht immer?
Nein, es gab auch Zeiten, da entwickelten sich die Nasdaq (an der die meisten US Tech-Aktien notieren) und Bitcoin sogar gegenläufig. Die stärkste Entkoppelung gab es 2019 und 2021.
Was ist mit dem Vergleich zwischen Bitcoin und Gold?
Bitcoin wird immer wieder als "digitales Gold" bezeichnet. Manche sehen darin eine moderne Alternative zum Edelmetall. Sowohl Gold als auch Bitcoin sollen im Portfolio ein Gegengewicht zu den klassischen Anlageformen (Aktien, Anleihen, Cash) bilden.
Und wie sieht es mit der Kursentwicklung aus?
Im heurigen Jahr hat Gold mit einem Anstieg von über 50 Prozent seinen digitalen "Rivalen" meilenweit hinter sich gelassen. Bitcoin müht sich heuer nämlich redlich damit, eine positive Performance zu schaffen.
Das sind Zahlen in US-Dollar, oder?
Sehr richtig. Da der Dollar heuer gegen den Euro abgewertet hat, bleibt für den in Euro denkenden Anleger bei Bitcoin auf alle Fälle ein Verlust übrig.

Lohnt es sich, Bitcoin ins Portfolio aufzunehmen?
Wie immer kommt es sehr stark auf die eigene Risikotoleranz an. Der typische Investor in Bitcoin ist sicher etwas spekulativer eingestellt. Und es zeigt sich, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Mann ist.
Gibt es dazu Zahlen?
Ja. In allen risikoreichen Anlageklassen sind mehr Männer als Frauen investiert, am höchsten ist die Diskrepanz aber bei Bitcoin, bzw. Kryptowährungen. Laut einer aktuellen Umfrage aus den USA ist der Prozentsatz jener, die Bitcoin besitzen oder besessen haben, bei Männern doppelt so hoch wie bei Frauen.
Bitcoin ist also hoch spekulativ. Gibt es dennoch einen ernstzunehmenden Rat, ob man sich an ein Investment wagen soll?
Ich darf dazu Larry Fink zitieren, den CEO von BlackRock, dem größten Vermögensverwalter der Welt. Fink meinte, dass Bitcoin keine schlechte Wahl sein, um das Portfolio zu diversifizieren. Aber es sollte keinen allzu großen Anteil darin haben.
Ist BlackRock im Kryptomarkt aktiv?
Ja, sie bieten einen Bitcoin ETF an. Mehr als die Hälfte der Nachfrage kommt von Privatanlegern, und drei Viertel dieser Käufer hatten davor noch nie einen ETF erworben. Bitcoin spricht also offenbar ein neues Investmentpublikum an. Das ist, bei aller gebotenen Vorsicht, auch eine gute Nachricht.
Monika Rosen war mehr als 20 Jahre bei einer heimischen Großbank tätig, ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und gefragte Spezialistin rund um alle Geldthemen