Die Preise für Bohnenkaffee schossen im vergangenen Jahr in die Höhe. Grund: Ernteausfälle, Klimawandel, die Trump-Zölle. Auf den Konsum hat das keine Auswirkungen, Kaffee wird weiter gern getrunken (nun aber öfter daheim). Monika Rosen ging auf Kaffeefahrt.

Schwarz wie die Nacht müsse er sein, heiß wie die Liebe und bitter wie der Tod. So beschreiben die Araber den Kaffee. Weniger poetische Gemüter würden dem hinzufügen, Kaffee ist bald schon so kostbar wie Gold. Das mag übertrieben sein, aber dass die Preise für das Heißgetränk in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind, steht außer Frage.
Aber warum wird der beliebte Wachmacher immer teurer? Wie wird der Kaffeepreis festgesetzt? Und trinken wir angesichts der gestiegenen Kosten jetzt wirklich weniger Kaffee?
Monika Rosen ist zwar eine begeisterte Teetrinkerin, für Newsflix macht sie aber eine Ausnahme und analysiert die Marktlage bei einem doppelten Espresso:
Wie kommt der Kaffeepreis eigentlich zustande?
Kaffee gehört zu den Agrarrohstoffen, ähnlich wie Weizen oder Orangensaft. Der Preis für diesen Rohstoff, also Kaffee, wird auf internationalen Warenbörsen ermittelt, hauptsächlich in London und New York.
Und wo liegt der Kaffeepreis aktuell?
Dazu muss man einleitend sagen, dass es den Kaffeepreis so nicht gibt. Als Richtwert kann man sagen: ein Pfund, also etwas weniger als ein halber Kilo der Sorte Arabica, die vornehmlich in New York gehandelt wird, notiert derzeit knapp über 4 Dollar.
Wie war da die Entwicklung?
Seit Jahresbeginn 2025 bedeutet das einen Anstieg um über 25 Prozent. Im Jahresvergleich, also über die letzten 12 Monate, summiert sich das Plus auf über 65 Prozent! Alles in Dollar gerechnet, wohlgemerkt.

Das heißt, hier spielt wieder einmal die Währung eine gewisse Rolle?
Ja, und zwar insofern, als der Preisanstieg in Euro weniger stark ausfällt. Da der Euro heuer gegenüber dem Dollar aufgewertet hat, hat er einen Teil der Verteuerung quasi absorbiert.
Wie haben sich die Kaffeepreise in Österreich entwickelt?
Sie sind vor allem ab 2023 geradezu explodiert. Dafür liegen eine Reihe von Parametern als Beleg vor.
Nämlich?
Laut Berechnungen der Statistik Austria im Juni legten die Großhandelspreise in der Kategorie "Kaffee, Tee, Kakao und Gewürzen" innerhalb eines Jahres um 29,3 Prozent zu. Der Preismonitor der Arbeiterkammer ergab: Der Preis für 1 Kilo Bohnenkaffee gemahlen stieg im Vergleich September 2025 zu September 2024 um 57,4 Prozent. Im Vergleich zu 2021 sogar um 150,7 Prozent.
Wie außergewöhnlich ist das?
Es wurden 40 Supermarkt-Produkte untersucht, bei keinem einzigen war die Preissteigerung auch nur annähernd so gravierend. Tafelessig (plus 40,8 %) und Orangensaft (plus 35,5 %) kommen noch am ehesten in die Nähe. Einiges wurde sogar billiger, etwa Erdäpfel oder Zucker.
Wahrscheinlich ist Wasser das weltweit am häufigsten konsumierte Getränk. Aber dann wird wohl schon der Kaffee kommen, oder?
Nein, auf Platz zwei folgt Tee. Kaffee schafft es mit über 2,25 Milliarden Tassen pro Tag aber schon noch aufs Stockerl, nämlich auf Platz drei.

Und global gesehen, wo wird vor allem Kaffee getrunken?
Das ist eine der großen Diskrepanzen dabei. 90 Prozent der weltweiten Kaffee-Ernte wird in den Ländern des globalen Südens eingefahren. Konsumiert wird der Wachmacher aber hauptsächlich in den Industrieländern. Das ist indirekt einer der Faktoren hinter dem Preisanstieg.
Wieso das?
Weil der Klimawandel im globalen Süden immer öfter für Ernteausfälle bei Kaffee, und übrigens auch bei Kakao, sorgt. Steigende Temperaturen, Dürreperioden und starke Regenfälle machen den Pflanzen zunehmend zu schaffen.
Inwiefern spielen die steigenden Temperaturen eine Rolle?
Arabica wächst ab eine Seehöhe von 1.200 Metern. Mit der globalen Erwärmung werden Anbauflächen, die bis jetzt ideale Bedingungen geboten haben, zu warm für die Pflanzen. Es gibt Studien, die nahelegen, dass bis 2050 rund die Hälfte des aktuellen Anbaugebiets für Arabica Kaffee zu warm geworden sein könnte. Der Klimawandel wirkt sich aber noch in anderer Hinsicht negativ aus.
Nämlich?
Durch die geänderten klimatischen Bedingungen treten neue Schädlinge auf, gegen die die Pflanzen nicht resistent sind.
Gibt es neben dem Klimawandel noch anderen Preistreiber?
Natürlich, und ganz oben auf der Liste steht wieder einmal das Thema Zölle. Seit August sind die Waren, die Brasilien in die USA exportiert, mit einer Zollrate von 50 Prozent belegt. Ursprünglich, sprich im April, hatte US-Präsident Trump den Zoll auf brasilianische Importe auf 10 Prozent festgelegt. Im August hatte er die Rate dann, wohl in Reaktion auf das Gerichtsverfahren gegen Ex-Präsident Bolsonaro, auf 50 Prozent angehoben.

Ist Brasilien denn ein so wichtiger Kaffeelieferant für die USA?
Ja, 30 Prozent des Kaffees, der in den Vereinigten Staaten getrunken wird, kommt aus dem südamerikanischen Land.
Sind diese 50 Prozent an Zoll jetzt in Stein gemeißelt, oder sind da noch Erleichterungen möglich?
Nun ja, Trump wäre nicht Trump, wenn es hier nicht noch eine Verhandlungsmasse gäbe …
Und wie sieht die aus?
Das Zauberwort heißt wieder einmal Seltene Erden. Trump ist ja schon länger bemüht, die Dominanz von China auf diesem Gebiet durch Verhandlungen mit anderen Ländern zu unterwandern. Zuletzt gab es hier ein großes Abkommen mit Australien. Und Brasilien verfügt eben auch über nennenswerte Vorkommen dieser Rohstoffe …
Was heißt das jetzt für den Kaffeepreis?
Der ist zuletzt etwas zurückgegangen, aber man sollte sich davon nicht täuschen lassen.
Warum?
Der leichte Rückgang entstand, weil sowohl Trump als auch der brasilianische Präsident Lula da Silva am Rande des ASEAN Gipfels in Kuala Lumpur ein bilaterales Handelsabkommen angedeutet hatten. Dann würden die Zölle auf Kaffee deutlich reduziert oder eventuell sogar ganz aufgehoben.

Spielt die US-Zollpolitik für den Kaffeepreis in Europa überhaupt eine Rolle?
Ja, denn der internationale Kaffeemarkt ist sehr vernetzt. Wenn Brasilien nicht mehr so viel in die USA exportiert, dann muss es sich andere Absatzgebiete suchen. Aber die Logistikkette, die dafür nötig ist, lässt sich nicht so schnell hochziehen.
Das bedeutet steigende Preise?
Der Aufwand an Zeit wird größer und das wiederum würde sich im Kaffeepreis niederschlagen, der dadurch zumindest kurzfristig zu steigen droht.
Und die USA würden dann doch andere Kaffeelieferanten ansprechen?
Selbstverständlich, und das wirkt dann in Europa erst recht preistreibend. Eine (wenn auch begrenzte) Alternative zu Brasilien ist Vietnam. Wenn die USA vermehrt Kaffee aus Vietnam kaufen, steigen dort die Preise, und Europa wird als Abnehmer erst recht an den Rand gedrückt.
Sieht man schon Auswirkungen der gestiegenen Kaffeepreise? Sprich, wird weniger getrunken?
Die kurze Antwort lautet, es wird mehr zuhause getrunken. Ketten wie Starbucks haben die Auswirkungen deutlich gespürt, der Umsatz ist dort zwei Jahre lang gefallen. Erst im dritten Quartal 2025 deutet sich jetzt ein Turnaround an. Hinter dem Trend, Kaffee eher zuhause zu trinken, steckt aber noch ein anderer Faktor.

Und zwar welcher?
Das Home-Office. Seit der Pandemie wird mehr von zuhause gearbeitet, und damit fällt der "Kaffee zum Mitnehmen" immer öfter weg.
Wie steht es mit dem Kaffeekonsum in Europa insgesamt?
Der ist immer noch im Steigen begriffen. Es werden auch weiterhin hochpreisige Spezialsorten nachgefragt, also der Durst auf Kaffee scheint trotz steigender Preise ungebrochen.
Das ist doch verwunderlich, oder?
Nicht wirklich, solche Phänomene kommen durchaus öfter vor. Aus Sicht des Rohstoffhandels könnte man sagen, dass die Nachfrage nach Kaffee relativ unelastisch ist. Das heißt, sie reagiert kaum auf Preissteigerungen. Der Konsument schränkt seinen Kaffeekonsum nicht ein, auch wenn dieser teurer wird.
Kann ich als Anleger von steigenden Kaffeepreisen profitieren?
Ja, das ist schon möglich, aber hoch spekulativ. Es gibt Kaffee als ETC (Exchange Traded Commodity), also in Form eines an der Börse notierten Rohstoffs. Dass das Risiko bei einem derartigen Investment aber extrem hoch ist, versteht sich von selbst. Wenn man seinen Blutdruck schon in die Höhe treiben will, wäre ein starker Espresso wahrscheinlich die bessere Wahl …
Monika Rosen war mehr als 20 Jahre bei einer heimischen Großbank tätig, ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und gefragte Spezialistin rund um alle Geldthemen