Airbnb ist 78 Milliarden Dollar wert, aber die Bäume wachsen nicht mehr in den Himmel. In vielen Städten rebellieren die Einwohner. Nun möchte Brian Chesky, Mitbegründer des Unternehmens, mehr als nur ein Bett zum Schlafen anbieten. Auch ein Autoverleih soll kommen.

Im Jahr 2007 war er einer der Mitbegründer von Airbnb. Da trug der damals 26-jährige Brian Chesky Blue Jeans und unscheinbare T-Shirts und war ein strahlender Design-Absolvent. Der 44-jährige Tech-Chef, der den Economist nun in komplett schwarzer Kleidung empfängt, macht einen ganz anderen Eindruck.
Wie sein Geschäftsführer hat sich auch Airbnb mit dem Alter verändert. Die Buchungsplattform, die mehr als 8 Millionen Angebote in fast allen Ländern vorweisen kann, ist "jetzt ein erwachsenes Unternehmen", betont Chesky.
Vorbei sind die Zeiten, in denen man in der Eile, zu wachsen, Geld verbrannte. Die operative Marge von Airbnb lag im zweiten Quartal bei stattlichen 21 %. Im August kündigte das Unternehmen an, Aktien im Wert von 6 Milliarden Dollar zurückzukaufen. Mit einem Marktwert von 78 Milliarden Dollar übertrifft es Marriott, den weltweit größten Hotelbetreiber.
Dennoch befürchten Investoren, dass die Reife zu Stagnation geführt hat. Obwohl die über die Plattform getätigten Buchungen in den zwölf Monaten bis Juni mit einem Wert von 86 Milliarden Dollar einen Anstieg von 10 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum darstellten, ist die Wachstumsrate rückläufig.
Analysten erwarteten weitere Anzeichen einer Verlangsamung, als das Unternehmen am 6. November seine Quartalsergebnisse veröffentlichte. Der Umsatz stieg um 10 % auf 4,1 Milliarden US-Dollar, der Nettogewinn im dritten Quartal blieb mit 1,37 Milliarden US-Dollar aber wo er war.*

Die Aktien von Airbnb sind im vergangenen Jahr um 11 % gefallen. Um das Wachstum wieder anzukurbeln, sucht das Unternehmen nach neuen Märkten, neuen Produktlinien und neuen Technologien. Wird der Plan aufgehen?
Airbnb begann damit, dass Chesky und zwei Freunde in ihrem Wohnzimmer in San Francisco eine Luftmatratze vermieteten. Die Idee einer Plattform, die Menschen dabei hilft, ihre Wohnungen gegen Bezahlung an Gäste zu vermieten, erwies sich als voller Erfolg, und schon bald vermittelte das Trio Unterkünfte für Gastgeber auf der ganzen Welt.
In einer Wachstumsphase vor der Pandemie wagte sich das Unternehmen weit über den Bereich der Unterkünfte hinaus. Im Jahr 2016 richtete es einen Marktplatz für „Erlebnisse” wie Stadtführungen sowie einen Reiseführer ein. Im Jahr 2019 richtete es ein Filmstudio ein. Die Kosten stiegen in diesem Jahr um 45 %, obwohl sich das Umsatzwachstum verlangsamte.
"Es wurde chaotisch”, erinnert sich Chesky. „Ich hatte keine Ahnung, was ich tat.” Die Lehren, die er aus dieser Zeit zog – darunter die Notwendigkeit, die Kontrolle über Entscheidungen zu behalten, sich mit den Details auseinanderzusetzen und so wenig Mitarbeiter wie möglich zu haben – haben seitdem Cheskys Führungsstil geprägt. Paul Graham, ein renommierter Start-up-Investor, verwendete später Cheskys Ansatz, um zu veranschaulichen, was er als „Gründer-Modus" bezeichnete.
Dann kam die Covid-19-Pandemie. Als die Buchungen zum Erliegen kamen, sah Chesky eine Chance, das Unternehmen neu aufzubauen. Er entließ ein Viertel der Belegschaft, fusionierte Abteilungen, baute Managementebenen ab und stoppte die Expansion in den Bereich "Erlebnisse".

Trotz der Lockdowns war der Börsengang von Airbnb im Dezember 2020 ein Erfolg: Der Aktienkurs verdoppelte sich an diesem Tag. Als das Reisen wieder aufgenommen wurde, kehrte das Unternehmen zu seinem Wachstum zurück, indem es verschiedene Kritikpunkte der Nutzer behob, darunter mangelnde Transparenz bei den Gebühren, zu viele minderwertige Angebote und enttäuschender Kundenservice.
In letzter Zeit hat sich das Wachstum von Airbnb jedoch abgekühlt. Die Unsicherheit, die durch die immer wiederkehrenden Zölle von Präsident Donald Trump ausgelöst wurde, hat dazu geführt, dass Verbraucher ihre Reisebuchungen verschieben.
Politiker in Städten wie Paris und New York haben Beschränkungen für die Plattform eingeführt, da sie ihrer Meinung nach zum Anstieg der Immobilienpreise beiträgt. Der Wettbewerb durch Reisewebseiten wie Booking.com und Expedia verschärft sich im Bereich der Kurzzeitvermietungen. Der Web-Traffic auf Airbnb nimmt ab.
Als Reaktion darauf sucht das Unternehmen nach neuen Wachstumschancen. Es bemüht sich, sein Beherbergungsgeschäft über seine fünf Kernmärkte USA, Australien, Großbritannien, Kanada und Frankreich hinaus auszuweiten, die laut AirDNA, einem Datenanbieter, etwa die Hälfte der über die Plattform gebuchten Übernachtungen ausmachen.
Airbnb hat die Buchungen in Brasilien durch Investitionen in lokales Marketing und zusätzliche Zahlungsoptionen gesteigert und versucht Ähnliches in anderen Ländern, darunter Indien, wo der Tourismus boomt. AirDNA schätzt, dass die Zahl der über die Plattform gebuchten Übernachtungen in den weniger etablierten Märkten mehr als dreimal so schnell wächst wie in den fünf Kernländern.

Airbnb steigt auch in das Hotelbuchungsgeschäft ein. Ellie Mertz, die Finanzchefin des Unternehmens, schätzt, dass nur jede zehnte Übernachtung, die Amerikaner außerhalb ihres Zuhauses verbringen, in einer Airbnb-Unterkunft stattfindet. Durch das Hinzufügen von Hotels dürfte die Plattform insbesondere Geschäftsreisende anziehen.
Hotels schätzen Airbnb, weil es im Gegensatz zu anderen Buchungsseiten nicht viel Geld für Google-Anzeigen ausgibt, die ihre eigenen Websites in den Suchergebnissen nach unten drängen.
Gleichzeitig erweitert Airbnb sein Angebot erneut über Unterkünfte hinaus. Im Mai wurde eine aktualisierte App eingeführt, die nicht nur neue Erlebnisse wie Backen mit einer Großmutter in Paris, sondern auch Dienstleistungen wie Personal Training mit einem Bodybuilding-Champion in Los Angeles anbietet.
Und im Oktober wurden soziale Funktionen eingeführt, die es Nutzern, die sich über ein Airbnb-Erlebnis kennengelernt haben, ermöglichen, in Kontakt zu bleiben. Analysten erwarten, dass Autovermietungen und ein Treueprogramm folgen werden.
Es gibt Gründe, skeptisch zu sein. Viele andere Websites helfen Menschen dabei, Aktivitäten für ihre Reisen zu buchen. Untersuchungen der Bank Wells Fargo deuten darauf hin, dass der Konkurrent Viator zehnmal so viele Erlebnisse in Großstädten wie London und New York anbietet. Viele Reisende, die einen Friseur suchen, suchen bei Google oder gehen einfach zum nächsten Einkaufszentrum oder in die nächste Einkaufsstraße.

Während eines Besuchs in San Francisco zahlte eine Economist-Korrespondentin 44 Dollar für einen einstündigen Fitnesskurs auf Airbnb, nur um festzustellen, dass die Frau, die neben ihr keuchte und schnaufte, weniger als die Hälfte davon auf ClassPass, einer Buchungswebsite für Workouts, bezahlt hatte.
Dann gibt es noch die künstliche Intelligenz (KI), die das Reisen auf den Kopf stellen könnte. Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens McKinsey aus diesem Jahr nutzten 55 % der Amerikaner bei der Planung einer Reise ChatGPT von OpenAI oder ein ähnliches Tool. 2024 wares es noch 38 %. Einige werden vielleicht anfangen, Zimmer direkt über diese Dienste zu buchen, sobald dies einfach möglich ist.
Im Gegensatz zu einigen Konkurrenten hat Airbnb bisher davon abgesehen, KI-Dienste wie ChatGPT zu integrieren. Chesky, der mit Sam Altman, dem Gründer von OpenAI, befreundet ist, sagt, er habe sich vor einigen Jahren, als das KI-Unternehmen an ihn herantrat, dagegen entschieden, weil er der Meinung war, dass dies keine „gute Benutzererfahrung” wäre.
Er habe Altman gesagt, dass Unternehmen wie Airbnb nicht zu „reinen Rohstofflieferanten” degradiert werden wollen, die lediglich Daten bereitstellen. Stattdessen plant Chesky, KI zu nutzen, um Airbnb in eine Konversations-App zu verwandeln, die nach und nach ein tieferes Verständnis dafür entwickelt, was ihre Nutzer wollen.

Der Chef von Airbnb sieht noch einen weiteren Vorteil dieser Technologie für die Plattform. Da die Menschen immer mehr Zeit vor ihren Bildschirmen verbringen und mit Bots interagieren, sehnen sie sich möglicherweise nach Erfahrungen in der realen Welt, darunter auch Reisen zu neuen Orten.
„Von Anfang an haben wir dies als eine Bewegung gesehen”, sagt er und spricht dabei ganz im „Gründer-Modus”. „Wir haben es nicht als Website gesehen. Wir haben es nicht als App gesehen. Wir haben es nicht als kommerzielle Idee gesehen.” Die Frage ist: Suchen die Nutzer nach einer Bewegung oder nur nach einem Ort, an dem sie sich ausruhen können?
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