Dramatische Szenen in Washington. Ein 29-jähriger gebürtiger Afghane eröffnete das Feuer auf zwei Angehörige der Nationalgarde, beide kämpfen um ihr Leben. Präsident Trump stoppt nun alle Einwanderungs-Anträge von Afghanen. Jeder, der da ist, wird überprüft.

"Mit tiefem Bedauern müssen wir bestätigen, dass die beiden Mitglieder der Nationalgarde von West Virginia, die heute Morgen in Washington, D.C. angeschossen wurden, ihren Verletzungen erlegen sind", schrieb der Gouverneur von West Virginia, Patrick Morrissey, auf X. Da war eine Stunde seit dem Attentat vergangen.
Später ruderte Morrissey zurück und FBI-Direktor Kash Patel erklärte: Die angeschossenen Mitglieder der Nationalgarde von West Virginia seien nicht tot, befänden sich aber in kritischem Zustand.
Heute feiern die USA Thanksgiving. Das Erntedankfest ist eine gern gelebte Tradition, sie wird am vierten Donnerstag im November begangen. Nun überschatten die Schüsse den staatlichen Feiertag. Sie werden die USA verändern.
Eine Woche davor hatte US-Präsident Donald Trump im Rosengarten des Weißen Hauses wie üblich zwei Truthähne begnadigt, Waddle und Gobble. Die beiden residierten in einem Luxushotel und durften sogar den Pressebriefing-Raum im Weißen Haus besuchen.
Am Mitwochnachmittag dann der Schock. Schüsse waren zu hören, mitten im Zentrum von Washington. Was man über die Ereignisse derzeit weiß, was nicht:
Was ist die Vorgeschichte?
Am 11. August 2025 unterzeichnete Trump die Executive Order 14333. Er gab damit den Weg frei, Truppen der United States National Guard nach Washington, D.C. zu entsenden, weil dort angeblich ein "crime emergency", ein krimineller Notstand, herrsche.

Was sollte die Nationalgarde tun?
Die zusätzlichen Sicherheitskräfte sollten helfen, Kriminalität und "Unordnung" in der Hauptstadt zu bekämpfen. Der Einsatz war von Anfang an umstritten.
Was ist die Nationalgarde überhaupt?
Sie ist Teil der Streitkräfte der Vereinigten Staaten – aber mit einer sehr besonderen Struktur und Rolle. Sie ist halb militärisch, halb zivil, und unterscheidet sich klar von der regulären US-Armee. Die Nationalgarde besteht großteils aus Teilzeit-Soldaten („citizen soldiers“), die meistens einen zivilen Beruf haben und einmal im Monat trainieren. Einmal im Jahr gibt es eine zweiwöchige Übung.
Wem untersteht die Nationalgarde?
Jedem US-Bundesstaat ist quasi seine eigene Nationalgarde zugeordnet. Der US-Präsidenten kann die Einheiten für bundesweite Einsätze aktivieren, etwa für große nationale Krisen oder für Homeland Security.
Was war diesmal der konkrete Auftrag?
Offiziell sollten die Nationalgardisten unter anderem Patrouillen übernehmen, Bundesgebäude und touristische Orte schützen und die Stadtverwaltung bei öffentlichen Sicherheitsaufgaben unterstützen.
Wie viele wurden nach Washington geschickt?
2.000 bis 2.300 Personen — teils aus dem Distrikt selbst, teils aus anderen US-Bundesstaaten. Laut der gemeinsamen Einsatzgruppe waren am Dienstag 2.188 Nationalgardisten für die Mission in Washington, D.C. abgestellt – 925 Mitglieder der Nationalgarde von Washington, D.C. und 1.263 aus anderen Bundesstaaten.
Gab es einen "kriminellen Notstand"?
Viele Politiker verurteilten die Entsendung von Anfang an. Laut Umfrage lehnt auch eine große Zahl an Einwohnern den Einsatz ab.

Was sagten die Zahlen?
Die Kriminalitätsrate ist in Washington im Verhältnis zu vielen US-Städten tatsächlich relativ hoch. Aber: 2024 gab es 6.502 Gewaltdelikte, um 35 % weniger als im Jahr davor. Die Zahl der Morde sank um 32 %, Raubüberfälle um 39 %, bewaffnete Überfälle sogar um 53 %.
Warum also die Nationalgarde?
Es war wohl ein klassisches Trump-Politikum. Washington, D.C hat mit Muriel Bowser eine demokratische Bürgermeisterin.
Wieso dauert die Aktion schon so lange?
Sie sollte eigentlich schon vorbei sein. Am 20. November 2025 erklärte US-Bundesrichterin Jia Cobb den Einsatz der Nationalgarde in Washington für illegal.
Warum sind die Soldaten dann noch da?
Die Anordnung zum Rückzug wurde zunächst für drei Wochen ausgesetzt, da noch eine Berufung möglich ist — bis mindestens 11. Dezember 2025 bleibt der Einsatz damit formal bestehen.
Was passierte nun am Mittwoch?
Um 14.45 Uhr Ortszeit kam es zu dramatischen Szenen in der Innenstadt von Washington. Zwei Mitglieder der Nationalgarde wurden am in der Nähe des Weißen Hauses angeschossen.

Wie erfuhr die Nation davon?
Die meisten durch Donald Trump. Der US-Präsident setzte knapp nach der Tat auf Truth Social ein Posting ab. Das Weiße Haus wurde in Alarmbereitschaft versetzt (Alarmstufe Rot), was eine potenzielle Lebensgefahr signalisiert. Später wurde die Warnung auf Orange herabgestuft, was ein hohes Risiko, aber nicht unbedingt Lebensgefahr bedeutet.
Was schrieb Trump?
"Das Tier, das die beiden Nationalgardisten angeschossen hat – beide lebensgefährlich verletzt und nun in zwei verschiedenen Krankenhäusern –, ist ebenfalls schwer verletzt, wird aber dennoch einen hohen Preis dafür zahlen".
War der Präsident im Haus?
Nein, er verbringt das Thanksgiving-Fest in Palm Beach, Florida. Am Mittwoch war er eine Runde golfen und kehrte danach in sein Anwesen in Mar-a-Lago zurück.
Wo fielen die Schüsse?
Am Eingang der Metrostation Farragut West, rund 300 nordwestlich des Weißen Hauses. Die Nationalgarde ist seit Monaten hier präsent und steht häufig bei den Rolltreppen. Der Farragut Square ist ein belebter öffentlicher Platz mit Restaurants und Geschäften.
Wie war der Ablauf?
Darüber herrscht noch viel Unklarheit. Ohrenzeugen berichtet, dass sie zunächst zwei Schüsse, danach rund acht Schüsse gehört hätten. Das deutet darauf hin, dass der Täter zunächst gezielt auf die Gardisten feuerte und dann im Gegenzug mehrfach auf ihn geschossen wurde. Bestätigt ist das nicht.
Was weiß man konkret?
Der Verdächtige sei um eine Ecke gekommen, habe seine Waffe erhoben und auf die Nationalgardisten geschossen, sagte Jeffrey Carroll, stellvertretender Polizeichef des Washington Metropolitan Police Department.

Wie reagierten die Sicherheitsbehörden?
Die Innenstadt von Washington wurde großräumig gesperrt. Um 15.11 Uhr stellte der Reagan National Airport für 19 Minuten alle Abflüge ein. Etwa ein Dutzend ankommende Flugzeuge kreisten rund 30 Minuten lang über Maryland und Virginia.
Was passierte danach?
Fotos nach dem Vorfall zeigten, dass einer der Soldaten am Kopf getroffen wurde. Die beiden Opfer wurden ins Krankenhaus gebracht, so Vito Maggiolo, Sprecher der Feuerwehr und des Rettungsdienstes von Washington, D.C. Sie liegen auf einer Traumastation, es besteht akute Lebensgefahr.
Was ist mit dem Tatverdächtigen?
Um 15 Uhr Ortszeit teilte die Polizei von Washington D.C. mit, dass ein Verdächtiger festgenommen worden sei. Laut Washington Post wurde er von vier Schüssen getroffen und schwer verletzt ins Spital gefahren.
Was weiß man über den mutmaßlichen Schützen?
Es soll sich um einen Einzeltäter handeln, so Vize-Polizeichef Jeffery Carroll. Die Bürgermeisterin von Washington D.C., Muriel E. Bowser, bezeichnete die Schießerei als "gezielt". Laut Ermittlern stammt der mutmaßlicher Täter aus Afghanistan, ist 29 Jahre alt und reiste im Jahr 2021 in die Vereinigten Staaten ein.
Wie kam er ins Land?
Laut Kristi Noem, Ministerin für Innere Sicherheit, sei der Verdächtige im Rahmen der Operation Allies Welcome in die USA gekommen. Diese Initiative wurde von der Biden-Regierung nach dem Abzug der US-Truppen aus Afghanistan im August 2021 ins Leben gerufen.

Was war das Ziel?
Gefährdete Afghanen zu unterstützen und neu anzusiedeln, insbesondere diejenigen, die mehr als zwei Jahrzehnte lang an der Seite der US-Streitkräfte in Afghanistan gearbeitet hatten.
Hat das Attentat Folgen?
Ja. es ist Mühlen auf die Anti-Einwanderungspolitik von Trump. Er legt es auch als Beleg aus, dass die Entsendung der Truppen in das "gefährliche" Washington richtig gewesen sei. Die Tonalität und die Handlungsweisen in den USA wird sich noch einmal verschärfen. Trump kündit´gte noch am Mittwoch an, die Bemühungen der Regierung zur Abschiebung von Migranten zu verstärken.
Gibt es unmittelbare Konsequenzen?
Ja, in einer Videoansprache kündigte Trump an, seine Regierung werde eine umfassende Überprüfung aller afghanischen Staatsangehörigen durchführen, die unter Präsident Joe Biden ins Land gelassen wurden. Die US-Einwanderungsbehörde (USCIS) kündigte in einem Social-Media-Beitrag an, dass die Bearbeitung aller Einwanderungsanträge afghanischer Staatsangehöriger "bis auf Weiteres ausgesetzt" werde.
Hat das Attentat eine Vorgeschichte?
Fakt ist, dass es in den vergangenen Monaten immer wieder Drohungen gegen Nationalgardisten gab, darüber liegen Gerichtsakten vor. Ende August wurden Soldaten im Nordwesten der Stadt von einem Mann zugerufen: "Das sind unsere Straßen" und "Ich werde euch töten", berichtet die Washington Post.
Wie reagierte Trump?
Laut Verteidigungsminister Pete Hegseth ordnete der Präsident die Entsendung von 500 zusätzlichen Nationalgardisten nach Washington an. "Wir werden unsere Hauptstadt sichern. Wir werden unsere Stadt sichern", sagte Hegseth.