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Trump-Sonderzölle: Vorher kaufte er in der Schweiz noch Uhren ein

Der US-Präsident ließ sein Zoll-Fallbeil auf die Schweiz niedergehen. Vorher aber kaufte er noch rasch "Swiss Made"-Uhrwerke für seine neue "Trump Tourbillon"-Luxusuhren-Edition. Was die Mega-Zölle für die Eidgenossen bedeuten, analysiert Finanzexpertin Monika Rosen.

Trump jodelt den Schweizern was: Die Eidgenossen bekamen 39 Prozent Zölle aufgebrummt
Trump jodelt den Schweizern was: Die Eidgenossen bekamen 39 Prozent Zölle aufgebrummtBRENDAN SMIALOWSKI / AFP / picturedesk.com
Monika Rosen
Akt. 13.08.2025 00:42 Uhr

In der Schweiz fragt man sich wahrscheinlich gerade, wo eigentlich die Abzweigung lag, die man hätte nehmen sollen …

Noch am 24. April, also gut drei Wochen nach der Zoll-Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, äußerte sich die Schweizer Präsidentin Karin Keller-Sutter zuversichtlich, dass ihr Land "einen guten Deal" mit den USA bekommen würde. Ausgerechnet am 1. August, dem Schweizer Nationalfeiertag, zeigte sich dann, dass der Optimismus fehl am Platz war.

Inzwischen stehen die Eidgenossen mit einer Rate von 39 Prozent da, und die Hoffnung, diese noch deutlich nach unten drücken zu können, schwindet zusehends. Augen zu und durch also für die erfolgsverwöhnte Schweiz? Oder sind doch Gegenmaßnahmen denkbar?

Welche Rolle spielt der Goldpreis bei der weiteren Strategie? Was heißt das für die leidgeprüften Kreditnehmer, die in Schweizer Franken verschuldet sind? Und kann der bleischwere Zoll-Deal der Eidgenossen doch noch ein paar goldene Glanzlichter bekommen? Finanzexpertin Monika Rosen geht all diesen Fragen nach:

Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Monika Rosen war über 20 Jahre lang Chefanalystin im Private Banking einer österreichischen Großbank. Sie ist auch Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft
Helmut Graf

Grundsätzlich: Wie ist die Zoll-Situation mit den USA? Welches Land hat aktuell welchen "Deal" für seine Exporte?
Die Lage ändert sich weiterhin  ständig, aber derzeit haben Indien und Brasilien mit jeweils 50 Prozent die höchsten US-Zölle zu verkraften. Unter den entwickelten Ländern liegt die Schweiz mit 39 Prozent auf dem unrühmlichen Spitzenplatz. Dieser wiegt umso schwerer, als sich die sie umgebende EU, ebenso wie Japan, 15 Prozent heraus verhandelt hat. Großbritannien konnte sogar nur 10 Prozent an Land ziehen, das ist offenbar die Untergrenze, die möglich ist.

Warum hat die Schweiz so einen hohen Zoll auferlegt bekommen?
Dazu gibt es viele Theorien, faktische und auch psychologische …

Aus faktischer Sicht?
Das Schweizer Handelsbilanzdefizit mit den USA beläuft sich auf 48 Milliarden Dollar. Für die Schweiz sind die USA der wichtigste Handelspartner, rund 18 Prozent der Exporte gehen über den Atlantik.

Wann treten die 39 Prozent Zoll in Kraft?
Das ist die nächste schlechte Nachricht: Sie sind schon in Kraft getreten, und zwar am 7. August.

Und sind alle Waren davon umfasst?
Laut derzeitigem Stand sind zwei wichtige Exportschlager der Schweiz ausgenommen, nämlich Pharma-Produkte und Gold.

So informierte die Schweizer Präsidentin Karin Keller-Sutter ihre Landsleute über das Ergebnis der Zoll-Verhandlungen mit den USA
So informierte die Schweizer Präsidentin Karin Keller-Sutter ihre Landsleute über das Ergebnis der Zoll-Verhandlungen mit den USA
JEAN-CHRISTOPHE BOTT / Keystone / picturedesk.com

Weshalb gibt es eine Ausnahme für pharmazeutische Produkte?
Pharmazeutische Produkte machen laut Schätzungen rund die Hälfte aller Schweizer Exporte in die USA aus. Insofern monieren einige Kritiker, weshalb gerade der Pharma-Sektor, der für das Handelsbilanzdefizit hauptverantwortlich ist, ungeschoren davonkommt.

Und stimmt das auch?
Nein. Schweizer Pharma-Firmen haben, wie auch ihre internationalen Branchenkollegen, zuletzt Post aus dem Weißen Haus bekommen. Man verlangt von ihnen, bis Ende September die Medikamentenpreise in den USA zu senken. Andernfalls droht man ihnen mit heftigen Gegenmaßnahmen, wobei teilweise noch unklar ist, worin diese bestehen würden.

Es entsteht der Eindruck, dass der Schweiz so hohe Zölle auferlegt wurden, um Druck auf ihre Pharma-Industrie auszuüben …
Die Annahme ist nicht ganz unberechtigt. Trump will die hohen Preise für Medikamente in den USA senken. Die ungewöhnlich hohen Zölle auf Schweizer Exporte sind wohl als wenig subtiler Anreiz für die Regierung gedacht, die Pharma-Industrie zur Kooperation zu bewegen. Tatsächlich sollen noch im August Gespräche zwischen den Pharma-Riesen Roche und Novartis und der Schweizer Regierung beginnen …

Was ist mit anderen Branchen, z. B. Uhren?
Die Uhrenbranche sieht sich von den Zöllen besonders betroffen. Um als Schweizer Uhr durchzugehen, müssen 60 Prozent der Produktion in der Schweiz stattfinden – "Swiss made" ist in diesem Bereich ein wichtiges Verkaufsargument. Damit kann gerade diese Branche den hohen Zöllen allein schon geographisch nicht entgehen. Dazu kommt noch eine besondere Pikanterie …

Nämlich?
Der US-Präsident verkauft als Geschäftsmann nicht nur verhältnismäßig günstige Uhren, sondern leiht seinen Namen künftig auch einer auf 147 Exemplare limitierten Luxusuhr, deren Uhrwerk – natürlich – aus der Schweiz kommt.

Geht es etwas genauer?
Im Online-Shop von Trump kann man derzeit eine "Trump Victory Tourbillon" vorbestellen – zum Okkasionspreis von 100.000 Dollar. Es gibt drei Varianten – ein 18 Karat-Gelbgoldgehäuse mit schwarzem oder goldenem Zifferblatt und Gelbgoldarmband sowie ein 18 Karat-Roségoldgehäuse mit Roségoldarmband. Die Uhr besteht aus mehr als 200 Gramm Gold, ist mit 122 Diamanten vom Reinheitsgrad VS 1 besetzt (sehr kleine Einschlüsse) und wird von einem Schweizer Uhrwerk mit Handaufzug und Tourbillon angetrieben.

Das Modell "Trump Victory Tourbillon" gibt es in Gelb- und Roségold mit Diamantbesatz und Tourbillon-Werk. Preis: 100.000 Dollar
Das Modell "Trump Victory Tourbillon" gibt es in Gelb- und Roségold mit Diamantbesatz und Tourbillon-Werk. Preis: 100.000 Dollar
Screenshot gettrumpwatches.com
Auszug aus der Shopping-Seite gettrumpwatches.com: Das Handaufzugs-Tourbillon-Werk ist nach eigenen Angaben "Swiss-made"
Auszug aus der Shopping-Seite gettrumpwatches.com: Das Handaufzugs-Tourbillon-Werk ist nach eigenen Angaben "Swiss-made"
Screenshot gettrumpwatches.com

Was ist ein Tourbillon?
Eine sogenannte Komplikation in einem mechanischen Uhrwerk (also einem Uhrwerk, das nicht von einer Batterie bewegt wird), die die Ganggenauigkeit der Uhr verbessern soll. Nur wenige Hersteller sind technisch in der Lage, Uhrwerke mit einem Tourbillon zu bauen.

Woher nimmt Trump die Werke für "seine" Uhr?
Laut Recherchen des Schweizer Fernsehens wurden die Werke für die Luxusuhr in der Schweizer "Uhrenstadt" La Chaux-de-Fonds (hier haben zahlreiche Hersteller von Weltruf ihren Sitz, etwa Breitling, TAG Heuer oder Girard-Perregaux) gekauft, und zwar bei der Firma BCP Tourbillons. Wo die Gehäuse gefertigt worden sind und der Zusammenbau der Uhren erfolgte, ist allerdings nicht bekannt.

Musste Trump für "seine" Uhren auch bereits 39 Prozent Zoll bezahlen?
Davon ist nicht auszugehen, da der Zoll erst am 7. August in Kraft getreten worden ist. Die Uhrwerke wurden aller Wahrscheinlichkeit nach bereits wesentlich früher  gekauft. Die erste Ankündigung der "Trump Tourbillon"-Uhr erfolgte im September 2024.

Wenn es bei den 39 Prozent Zoll bleibt, wie hoch wäre dann der Schaden für die Schweizer Wirtschaft?
Schätzungen gehen davon aus, dass die Wirtschaftsleistung (das Bruttoinlandsprodukt, kurz BIP) um 0,3 bis 0,6 Prozent gedämpft würde. Sollte der Pharma-Sektor ebenfalls unter die 39 Prozent fallen, könnte das BIP sogar um 0,7 Prozent geringer ausfallen. Manche Häuser sind allerdings deutlich optimistischer und schätzen, dass das Wachstum der Schweiz heuer und nächstes Jahr nur um 0,1 Prozent gebremst werden könnte. Nochmals zur Klarstellung: Wir sprechen nicht von einer Rezession in diesem Ausmaß, sondern von einem geringeren Wachstum!

Können die 39 Prozent noch "herunter verhandelt" werden?
Ja, davon geht man derzeit eigentlich schon aus. Allerdings wird die Schweiz am Ende wohl dennoch mit einer höheren Rate als z. B. die EU dastehen, die ja bekanntermaßen mit 15 Prozent ausgestiegen ist.

Die Schweizer Präsidentin Karin Keller-Sutter fand nicht den richtigen Ton in den Verhandlungen mit Trump, so Beobachter
Die Schweizer Präsidentin Karin Keller-Sutter fand nicht den richtigen Ton in den Verhandlungen mit Trump, so Beobachter
PETER KLAUNZER / Keystone / picturedesk.com

Überlegt sich die Schweiz schon Gegenmaßnahmen?
Der Ruf nach einer härteren Gangart wird lauter, zumal alle Zusagen der Schweiz, noch mehr in den USA zu investieren, nichts gebracht haben. Mit über 300 Milliarden Dollar an Direktinvestitionen ist die Schweiz jetzt schon auf Platz sieben der größten Auslandsinvestoren in den USA. Somit ist es nicht verwunderlich, dass auch der geplante Ankauf von 36 Kampfjets vom Typ F-35 der US Rüstungsfirma Lockheed Martin offenbar zur Diskussion steht. Wert dieses Deals: 6 Milliarden Schweizer Franken.

Kommen wir zum Gold …
Beim Thema Gold herrschte zunächst einige Verwirrung. Die US-Zollbehörde hatte verfügt, dass die 39 Prozent auch für Goldimporte gelten sollten – übrigens für alle Länder, nicht nur für die Schweiz. Das hätte aber nicht nur die Eidgenossen hart getroffen, sondern auch den Goldhandel in New York.

Warum?
Fast die Hälfte der Goldmenge, die die USA importieren, kommt aus der Schweiz. Insofern hätte diese Bestimmung das Zeug gehabt, den Goldhandel in New York erheblich zu beeinträchtigen.

Wieso kommt so viel Gold ausgerechnet aus der Schweiz?
Das Gold wird in der Schweiz natürlich nicht abgebaut, sondern nur in kleinere Barren umgeschmolzen und dann in die USA weiter exportiert. Die Schweiz verarbeitet rund 70 Prozent des Goldes weltweit und verfügt über einige der größten dafür nötigen Anlagen. So leicht ist das Land in dem Sektor also nicht zu ersetzen.

War das auch der Grund, warum es letztlich nicht dazu kam?
Vermutlich. Trump stellte mittlerweile klar, dass auf Goldimporte kein Zoll eingehoben wird.

Der größte Streitpunkt zwischen der Schweiz und den USA: die Pharma-Industrie. Trump möchte, dass die Schweizer Pharma-Hersteller ihre Preise in den USA senken
Der größte Streitpunkt zwischen der Schweiz und den USA: die Pharma-Industrie. Trump möchte, dass die Schweizer Pharma-Hersteller ihre Preise in den USA senken
FABRICE COFFRINI / AFP / picturedesk.com

Wie reagieren die Märkte auf die Schweizer Zoll-Belastung?
Die Aktienkurse gingen natürlich auf Talfahrt. Fast noch spannender ist aber die Entwicklung des Schweizer Franken …

Für einige Kreditnehmer in Österreich auf alle Fälle. Was tut sich da?
Der Franken geriet im Zuge des Zoll-Schocks unter Abwertungsdruck, auch weil jetzt eine Zinssenkung durch die Schweizer Notenbank wahrscheinlicher geworden ist. Man darf sich hier aber nicht allzu viel erwarten. Das heurige Jahreshoch des Euro zum Franken lag bei 0,9661, das gilt als mittelfristiges Ziel. Die Kurse, bei denen viele Frankenkredite in Österreich abgeschlossen wurden, sind damit selbst mit einem Fernrohr von einem Schweizer Berggipfel aus nicht in Sichtweite.

Noch ganz kurz zu den psychologischen Gründen für den schlechten Deal der Schweiz?
Das sind natürlich nur Mutmaßungen, aber man könnte den Eindruck gewinnen, dass der sehr stark sachbezogene Verhandlungsstil der Schweizer ihnen hier keine guten Dienste geleistet hat. Ein Beobachter hat es so ausgedrückt: Die Schweiz musste erleben, wie gefährlich es ist, bei Trump die Einhaltung international üblicher Usancen vorauszusetzen …

Monika Rosen war mehr als 20 Jahre bei einer heimischen Großbank tätig, ist Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und gefragte Spezialistin rund um alle Geldthemen

Monika Rosen
Akt. 13.08.2025 00:42 Uhr