Ermäßigungen nur noch für registrierte Kunden: Billa ändert seine Rabatt-Strategie und schränkt gleichzeitig die Zahl der vergünstigten Einkäufe pro Woche ein. Spar plant vorerst nicht mitzuziehen, hat aber eine andere Hürde eingebaut. Was das für Kunden bedeutet.
An der Supermarktkassa offenbart sich die Seele der Österreicher. Vor allem dort, wo es um den Umgang mit sogenannten Rabattmarkerln geht. Denn bis jetzt ließen die beiden Handelsriesen Spar und Rewe (u.a. Billa, Billa Plus) ihren Kunden und Mitarbeitern erstaunlich viel Spielraum beim Umgang mit den heiß begehrten Aufklebern. Und der wurde gerne und vielfach genutzt.
Das Rabattpickerl-Spiel bisher In der Theorie funktionierte die Sache bislang so, dass jeder Kunde drei (Billa) bzw. vier (Spar) Rabattpickerln erhält, mit denen er in einem Aktionszeitraum auf je ein Produkt seiner Wahl 25 Prozent Preisnachlass erhält. Ist der Rabatt eingelöst, verfällt die Gültigkeit des Pickerls – theoretisch.
Von "Leben und leben lassen" … In der Praxis verlängerten viele Kunden die "Lebensdauer" ihrer Markerln, indem sie diese daheim von den gekauften Produkten ablösten und aufbewahrten. Später wurde oft nicht einmal mehr aufklebt, sondern der Bogen mit den Pickerln direkt an der Kassa abgegeben – und viele Kassierer gaben die Markerln zurück – fürs nächste Mal. Und sogar Kunden, die gar keine Markerln hatten, wurde gelegentlich von freundlichen Mitarbeitern der entsprechende Rabatt gewährt. Motto: Was soll's.
… bis "Vurschrift ist Vurschrift" Es gab aber auch andere Zugänge, weniger entspannte. Kunden mit zahlreichen Pickerln, die ihre Einkäufe auf jeweils drei bzw. vier Produkte aufteilten und jeden "Durchgang" einzeln bezahlten, um nur ja möglichst viel Rabatt zu erhalten, auch wenn die Schlange dahinter bereits beträchtlich war. Sei's drum, Hauptsache ich profitiere.
Oder Kassierer, die aufgeklebte Markerln mit Filzstift oder Schere "entwerteten", um sie nicht noch einmal verwendbar zu machen – "Auftrag der Filialleitung", hieß es dann auf Nachfrage. Es soll ja nicht sein, dass jemand mehr Rabatt erhält, als ihm zusteht.
Wie dem auch sei, ab dem 3. Juli gehören derartige Vorgänge der Vergangenheit an – jedenfalls in den Supermärkten der Rewe-Gruppe. Denn der Mutterkonzern von Billa und Billa Plus stellt sein Rabattmarkerl-Programm radikal um. Was sich beim Pickerl-Programm von Billa ändert, was das für die Konsumenten tatsächlich bedeutet und wie der direkte Mitbewerb darauf reagiert. Das müssen Sie wissen:
Was bedeutet das jetzt im Detail?
Die gravierendste Änderung ist sicher, dass ab sofort nur mehr Mitglieder im Jö Bonus-Club in den Genuss der Pickerl-Rabatte kommen. Das war zwar bei den diversen anderen Rabattkupons des Unternehmens, die Kunden entweder via Post oder Medien erhielten oder in der Jö-App hinterlegt bekamen, oder dem Rabattsammler auch jetzt schon so. Aber die bisherige Anonymität der Rabattpickerln ist dahin. Billa ist damit der erste Supermarkt in Österreich, der ausschließlich registrierten Kunden Rabatte gewährt.
Wird es diese Rabattkupons auch weiterhin geben?
Ja, hier ist laut Rewe an keine Änderung gedacht, diese Gutscheine werden auch weiterhin an Kunden verschickt bzw. hinterlegt.
Ändert sich auch etwas an den anderen Aktionen, etwa dem Rabattsammler?
Nein, sonst bleiben alle Vorteile wie gehabt.
Gibt es auch die physischen Pickerln weiterhin?
Ja, die Pickerln werden auch weiterhin verteilt, entweder mit den Billa-Flugblättern im Postkasten, oder aufgeklebt auf diversen Tageszeitungen. Und natürlich können die Kunden diese auch weiterhin auf ihren Produkten aufkleben, wenn sie das möchten. Aber es muss gleichzeitig die Jö-Karte oder die Jö-App bei der Kassa vorgezeigt werden, damit der Rabatt auch abgezogen werden kann.
Welchen Sinn hat das?
Der Billa-Mutterkonzern Rewe sagt, dass so jeder Kunde immer in den Genuss seiner Rabatt-Vorteile kommen kann, auch wenn er einmal keine Pickerln vorweisen kann. Aber klar wird gleichzeitig unterbunden, dass sich Kunden öfter als maximal neun Mal pro Woche ein Produkt mit 25 Prozent Ermäßigung kaufen können.
Aber wenn ich App oder Karte sowieso brauche, wozu dann noch die Pickerln?
Billa will damit vor allem Menschen entgegenkommen, die sich bereits sehr an dieses Procedere gewöhnt haben und sich jetzt nicht umstellen möchten. Zudem ist man stolz darauf, dass es auch weiterhin die Möglichkeit gibt, ohne App am Smartphone, also nur mit der Jö-Karte, die Rabatte zu lukrieren.
Und wofür soll das gut sein?
Hier denkt man primär an Menschen, die sich kein Smartphone leisten können oder nutzen möchten. Sie sollen nicht ausgeschlossen werden.
Bisher gab es gelbe Pickerln für Billa- und Billa-Plus-Filialen und grüne, die nur bei Billa Plus galten. Bleibt das so?
Nein, die neuen Pickerln sind einheitlich gelb und gelten immer in allen Billa-, Billa Plus- und Billa Corso-Filialen.
Das heißt, auch wenn ich einen ganzen Stapel an Rabattpickerln sammle, bekomme ich nicht mehr Rabatte pro Woche?
Genau, sechs Pickerln, die auf fast allen Produkten gelten und drei weitere für die Produkte bestimmter, wechselnder Hersteller. Mehr Pickerln sind pro Woche und Jö-Mitglied nicht einlösbar.
Also auch nicht alle sechs Pickerln, aufgeteilt auf zwei Einkäufe hintereinander?
Nein, da man ja die Karte bzw. die App bei jedem Einkauf mit Pickerln aktivieren muss, registriert das System die zweifache Nutzung und verweigert die zweite Transaktion.
Gelten die Billa-Rabattpickerln auch künftig für die selben Produktgruppen wie bisher?
Daran ändert sich gar nichts, sie können für beinahe alle Produktgruppen, die bei Billa erhältlich sind, verwendet werden. Ausgenommen sind nur bestimmte Produkte wie etwa jene aus den Tchibo-Cornern, Diskontprodukte der (Eigen-)Marke Clever oder etwa Bücher, Zeitungen und Zeitschriften. Alle Ausnahmen sind auf den Rabattpickerl-Bögen aufgedruckt.
Gibt es dennoch eine Möglichkeit, mehr Rabattpickerln pro Woche einzulösen?
Wer mehrere Personen in der Familie hat, kann natürlich für jedes Familienmitglied eine eigene Jö-Karte lösen und diese dann abwechselnd einsetzen. Das wäre ein legaler Weg, die Beschränkung zu umgehen.
Muss ich weiterhin selbst entscheiden, auf welche Produkte ich die 25 Prozent durch die Pickerln haben möchte?
Bei den drei Rabatt-Pickerln pro Einkauf muss man weiterhin selbst nachrechnen, bei welchen Produkten man damit die größte Ersparnis lukriert. Bei den drei "Äpp Only"-Pickerln, die nur für die Produkte eines Herstellers gelten, wird hingegen automatisch der bestmögliche Rabatt abzogen. In der Spar-App wird, im Unterschied dazu, automatisch immer der größtmögliche Rabatt abgezogen.*
Apropos: Wird Spar sein Rabatt-Programm auch überarbeiten?
Nein, daran ist nicht gedacht. Bei Spar kann man sich auch weiterhin aussuchen, ob man seinen 25-Prozent-Rabatt auf maximal vier Produkte via Spar-App einlösen möchte, oder ob man physische Pickerln auf Produkte aufklebt. Letzteres hat allerdings den Nachteil, dass man selbst entscheiden muss, bei welchen Produkten man am meisten spart. In der App übernimmt das der Computer.
Weshalb bietet Spar vier Aufkleber an?
Man hat sich einmal dafür entschieden und bleibt jetzt dabei. Bei Billa gab es früher ebenfalls vier Rabatt-Aufkleber, doch vor einigen Jahren wurde das auf drei Pickerln reduziert. Dafür haben die Spar-Pickerln auch einige Nachteile.
Nämlich welche?
Einerseits, dass sie nur auf Lebensmittel und Getränke gelten. Das hat u.a. den Hintergrund, dass vor allem die Interspar-Märkte ein extrem breites Sortiment an Produkten haben und man so verhindern möchte, dass jemand etwa ein Küchengerät oder eine Waschmaschine mit dieser Ermäßigung kauft.
Gibt es noch weitere Nachteile?
Schon. Die Spar-Pickerln gibt es nicht jede Woche (wie bei Billa), sondern nur in ausgesuchten Aktionswochen. Und sie sind so gestaltet, dass man sie nicht unbeschadet von den Produkten abziehen und wieder verwenden kann. Einmal aufgeklebt, zerreißen sie, sobald man sie abzulösen versucht.
Aber das heißt, bei Spar kann ich mehr als sechs oder neun Rabattpickerln pro Woche einlösen?
Richtig, zumindest in den jeweiligen Aktionswochen. Dann kann ich einmal die Rabattpickerln (bei Spar heißen sie übrigens Joker) in der App einlösen – da werden automatisch die teuersten Produkte rabattiert. Und ich kann so viele Pickerln verwenden, wie ich zur Verfügung habe. Aber diese eben wirklich nur einmal – und nur vier Pickerln pro Einkauf.
Wie viele Kunden haben Spar und Billa eigentlich in ihren Apps versammelt?
Der Jö Bonus-Club von Rewe und Partnern hat derzeit knapp 4,7 Millionen Mitglieder - also so gut wie jeder zweite Österreicher. Wie viele davon auch schon die Jö-App nutzen, und wer "nur" mit einer Jö-Karte einkaufen geht, will man allerdings nicht sagen. Bei Spar gibt es ja nur die App, ohne Karten-Version. Hier waren Ende Mai etwa 3 Millionen Kunden registriert.
Wie schaut es bei den anderen Supermarkt-Ketten aus?
Der Diskonter Penny, der ebenfalls zum Rewe-Konzern gehört, gibt von Zeit zu Zeit Rabattpickerln in seinen Flugblättern aus, allerdings nicht regelmäßig. Die anderen Diskonter Hofer und Lidl verzichten auf individuelle Kundenprogramme und rabattierten automatisch ihre Produkte immer für alle Kunden, ohne dass diese ihre Daten dafür hinterlegen müssen. Eigene Rabatt-Aktionen in Verknüpfung mit Kunden-Apps** bietet aber kein Diskonter.
* Aktualisiert am 3. Juli um 15.30 Uhr ** Aktualisiert am 3. Juli um 13.30 Uhr